Necker [1]

Necker [1]

Necker, 1) Noel Joseph, geb. 1729, Arzt; widmete sich bes. der Botanik; wurde Botaniker u. Historiograph der kurfürstlich pfälzischen Lande u. st. 1793 in Manheim; er schr.: Methodus muscorum, Manh. 1771; Physiologia muscorum, ebd. 1774; Traité sur la mycetologie, ebd. 1788; Elementa botanica, Neuwied 1791, 3 Bde., u.a.m. 2) Jacques, Bruder des Vorigen, geb. 30. September 1732 in Genf, wo sein Vater, ein Brandenburger, Professor des deutschen Staatsrechts war; widmete sich in Paris dem Handel, legte, nachdem er sich während des Siebenjährigen Krieges ein beträchtliches Vermögen erworben hatte, seine Handelsgeschäfte nieder, wurde Resident der Republik Genf bei dem französischen Hofe u. hierdurch als Finanzmann den Ministern bekannt. Durch seine Abhandlung über den Getreidehandel 1775, worin er als Anhänger des Mercantilismus gegen die Physiokraten auftrat, u. durch eine Denkschrift über die Hülfsquellen der französischen Staatseinnahme zog er die Aufmerksamkeit des Königs Ludwig XVI. auf sich u. wurde 1776 Finanzminister u. 1777 Generaldirector der Finanzen. Unter ungünstigen Verhältnissen leistete N. über Erwarten viel, stellte den Staatscredit[764] her, schaffte durch Anleihen die zum Nordamerikanischen Kriege nöthigen Summen, schränkte die Ausgaben des Hofes u. bei der Verwaltung ein, schaffte die Generalpächter ab, führte die Provinzialständeversammlungen ein, hob viele überflüssige Ämter auf u. konnte bald die gute Wirkung seiner Amtsführung darthun u. in einer öffentlichen Rechnungsablegung (Compte rendu au roi, 1781, deutsch von Mylius, Berl. 1781) einen Überschuß der Einnahme gegen die Ausgabe von 10 Millionen nachweisen. Dieser glückliche Erfolg machte ihn zum Abgott des Volks, zog ihm aber den Neid der Minister, bes. des Grafen von Maurepas, den Haß des hohen Adels u. die Feindschaft der Parlamente zu, u. als er Sitz u. Stimme im Staatsrath verlangte (was ihm als Protestanten bisher verweigert worden war), gab ihm der König im Mai 1781 plötzlich seine Entlassung. N. ging nach der Schweiz u. kaufte daselbst die Herrschaft Coppet am Genfer See im Canton Waadt. Aber seine Nachfolger bei der Finanzverwaltung, Calonne u. Lomenie de Brienne, machten durch ihre Unfähigkeit N-s Verlust doppelt fühlbar; als der Erstere die Schuld der durch seine Verschwendung erneuten Verwirrung der Finanzen auf N-s Verwaltung schob, kam N. 1787 nach Paris u. wies den ihm gemachten Vorwurf in einer Denkschrift zurück, weshalb ihn der König, welcher ihm die Veröffentlichung der Rechtfertigungsschrift untersagt hatte, von Paris verbannte. Doch 1788 wurde N. zurückgerufen u. als Staatsminister wieder an die Spitze der Finanzverwaltung gestellt. Nun war aber die Lage der Dinge so sehr verschlimmert worden, daß die der Regierung zu Gebote stehenden Mittel nicht mehr ausreichten, die Gemüther waren in Gährung, die Zusammenberufung der Reichsstände war unvermeidlich. Dadurch daß N. sich für die doppelte Zahl der Deputirten des dritten Standes erklärte, wurde er den Großen wieder verhaßt u. gab eigentlich die Veranlassung zur nachherigen Constituirung der Nationalversammlung. Als er nicht in das Vorgehen der Hofpartei gegen diesen Stand willigen wollte, verabschiedete ihn der König am 11. Juli 1789 nochmals u. verbannte ihn aus Frankreich. Aber als unmittelbar darnach u. deshalb Unruhen ausbrachen, rief ihn der König auch sogleich wieder zurück. Er vereinigte sich nun mit den andern Ministern zu der Einführung des Zweikammersystems, worauf er die Stimmung des Volkes gegen sich erhielt, u. Mirabeau u.a. Volkshäupter bemächtigten sich der öffentlichen Meinung u. setzten die Creation von Assignaten gegen N-s Plan einer Anleihe durch. N. nahm nun im September 1796 seine Entlassung u. zog sich mit Zurücklassung von 2 Millionen Francs, die er der Regierung vorgeschossen hatte, u. seiner Grundstücke in Paris, nach Coppet zurück, wo er 9. April 1804 starb u. auch begraben ward. Er schr.: Vertheidigung der Französisch-Ostindischen Compagnie gegen die Physiokraten, Par. 1769; Eloges de Colbert, ebd. 1783; Essai sur la législation et le commerce des grains, ebd. 1778; Compte rendu au roi, ebd. 1778; De l'administration des finances, ebd. 1784; De l'administration de Necker par lui même, 1791 (deutsch, Hildburgh. 1792); Du pouvoir exécutif dans les grands états, 1792; Réflexions offertes à la nation française, 1793 (Vertheidigungsschrift Ludwigs XVI., nach deren Erscheinen er auf die Emigrantenliste kam); De la revolution française, 1796, 4 Bde., u.ö.; Cours de morale religieuse, 1800, 3 Bde.; Derniers vues de politique et de finances, ebd. 1802 (gegen Bonaparte). Vgl. N-s Charakter u. Privatleben, von der Madame de Staël (seiner Tochter), aus dem Franz., Rostock 1805. 3) Susanne, Tochter des protestantischen Predigers Curchod zu Nyon im Canton Bern, lernte als Erzieherin den Vor., ihren nach herigen Gatten, in Paris kennen, sah in ihrem Hause die berühmtesten Männer der französischen Hauptstadt u. st. 1794 in Coppet; aus ihrer Ehe mit dem Vor. stammt dir Frau von Staël (s.d.); sie schr.: Des inhumations précipités, Par. 1790; Mémoire sur l'établissement des hospices; Réflexions sur le divorce, ebd. 1795; Mélanges extraits des manuscrits de Mad. Necker, ebd. 1798, 3 Bde, (deutsch: Nahrung für Witz u. Gefühl, aus den hinterlassenen Schriften der Frau N., Chemn. 1799, 2 Bde.); vgl. Aug. de Staël-Holstein, Notice sur Mad. N., Par. 1820.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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