- Neipperg [2]
Neipperg (Neuperg), alte katholische, ehemals reichsunmittelbare Familie Schwabens, deren Dasein sich erst im 13. Jahrh. erweisen läßt, hatte in dem Dorfe Neipperg ihren Stammsitz u. verbreitete sich zeitig nach der Schweiz, Kärnten, Krain etc. Die N-s wurden im Anfang des 18. Jahrh. Reichsfreiherren, 1734 Reichsgrafen u. 1766 in das Schwäbische Grafencollegium eingeführt. Sie besitzen in Württemberg das unmittelbare Gut Bebenhausen im Oberamt Tübingen, sowie die aus der Stadt Schwaigern u. den Dörfern Neipperg, Klingenberg u. Massenbachhausen bestehende Grundherrschaft, u. in Baden, gemeinschaftlich mit dem Freiherrn von Gemmingen, die beiden Dörfer Adelshofen u. Gemmingen; Wappen: drei silberne Ringe in Roth. Merkwürdig sind: 1) Freiherr Eberhard Friedrich, Haupt der Schwäbischen Linie, trat in kaiserl. Dienste, wurde kaiserl. Feldzeugmeister, Director der Ritterschaft im Kraichgau u. Commandant von Philippsburg; er st. 1725 als kaiserlicher Feldmarschall. 2) Graf Wilhelm Reinhard, Sohn des Vor., geb. 1684, trat 1702 in kaiserliche Dienste u. war 1717 Oberst über ein Infanterieregiment; zeichnete sich bei Temeswar u. Belgrad aus, wurde 1723 Generalmajor u. erhielt die Erziehung des Herzogs Franz Stephan von Lothringen (nachmals Kaiser Franz I.) übertragen; wurde 1730 Commandant von Luxemburg u. zum Grafen ernannt, zog 1733 als Feldmarschalllieutenant nach Italien, wo er Mirandola entsetzte; 1735 Feldzeugmeister geworden, kam er 1737 als Gouverneur nach Temeswar, focht gegen die Türken, zeichnete sich bei Kornea aus u. rettete durch die Ankunft mit seinem Corps bei Groczka das Heer, schloß im Aug. 1739 den Frieden von Belgrad, welcher aber in Wien nicht gefiel, u. er wurde deshalb verhaftet u. blieb bis 1741 in Untersuchung. In der That hatte er die Abtretung von Belgrad, der österreichischen Walachei, Orsowas u. eines Theiles von Bosnien versprochen, was bei den Siegen der Russen unnöthig war. 1741 erhielt er den Oberbefehl in Schlesien gegen Friedrich II., wurde aber bei Mollwitz geschlagen u. zog sich nach Mähren zurück; von hier wurde er 1742 nach Wien zurückberufen u. machte 1743 die Schlacht bei Dettingen mit, ging aber später wieder nach Wien; 1753 war er commandirender General in Österreich, begleitete 1754 Franz I. ins Lager vor Kollin, wurde 1755 Hofkriegsrathspräsident u. st. 1774 in Wien. 3) Graf Leopold, geb. 1728, Sohn des Vor., war mehre Jahre Gesandter in Neapel u. st. 1792. Er erfand eine Copirmaschine u. gab eine Beschreibung von Wien, Wien 1764, heraus. Auch ließ er zur Vertheidigung seines Vaters einen auf die Actenstücke aller in Bezug auf den am 18. Septbr. 1739 geschlossenen Frieden zwischen Karl VI., Rußland u. der Pforte gewechselten Verhandlungen gegründete Geschichte dieses Vorganges in Wien 1790 drucken. 4) Graf Albrecht Adam, geb. 8. April 1775, trat in österreichische Dienste u. zeichnete sich bes. im Französischen Revolutionskriege in der Campagne 1796 u. 1797 in Italien gegen Napoleon[774] aus u. wurde dann Gesandter in Schweden, wo er 1812 viel zu dem Vertrage von Örebro beitrug, durch welchen Schweden u. der Kronprinz Karl Johann für die Sache der Alliirten gewonnen wurden. 1813, nach Aufhebung des Waffenstillstandes, befehligte er als Generalmajor eine Brigade bei dem österreichischen Hauptheer in Italien, landete im November 1813 mit derselben im Rücken des rechten französischen Flügels u. unterhandelte seit 1814 mit dem König Murat von Neapel, wodurch sich dieser den 11. Jan. 1814 den Alliirten anschloß. Dagegen mißglückten ihm die Unterhandlungen mit Eugen, um denselben von Napoleon abspenstig zu machen. Er war 1814 bei dem Feldzuge in Südfrankreich u. empfing Maria Luise zu Aix in Savoyen. Später begleitete er dieselbe durch die Schweiz u. nach Wien u. zeigte sich überall ihrem Interesse so ergeben, daß sie ihm ganz vertraute, u. ihm war hauptsächlich die Acte zuzuschreiben, durch welche Maria Luise sich 1815 von Napoleons Projecten lossagte. 1815 befehligte er als Feldmarschalllieutenant die Avantgarde des Heeres gegen Murat, wurde Gouverneur in Neapel, von diesem Posten jedoch bald wieder abgerufen, um das Commando in den, durch die Österreicher besetzten Departement Gard, Ardeche u. Hérault zu übernehmen. Er kehrte dann zu Maria Luise zurück, wurde Ehrencavalier, Minister des Auswärtigen u. des Militärwesens, sowie Obercommandeur der Truppen in Parma, u. nach dem Tode seiner ersten Gemahlin, einer Schwedin, morganatisch u. insgeheim mit Maria Luise vermählt u. zeugte zwei Kinder mit ihr; er st. 22. Febr. 1829 in Parma. 5) Graf Alfred, Sohn des Vor. aus erster Ehe, geb. 26. Jan. 1807, württembergischer Standesherr u. Generalmajor, folgte seinem Vater 1829 in der Standschaft; vermählt 1835 mit der Gräfin Josephine von Grisoni, u. als diese 1837 starb, 1840 mit der Prinzessin Marie von Württemberg, ältester Tochter des Königs Wilhelm I. von Württemberg (geb. 1816); er hat keine Kinder. 6) Graf Gustav, Bruder des Vor., geb. 1811, machte als Major im österreichischen Generalstab die Feldzüge 1848 u. 1849 in Italien mit u. starb 30. Decbr. 1850 in Stuttgart. 7) Graf Erwin, Bruder des Vor., geb. 1813, ist österreichischer Generalmajor u. seit 1852 in zweiter Ehe vermählt mit Rosa geb. Prinzessin von Lobkowitz; sein Sohn Reinhard ist 1857 geboren.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.