- Canarienvogel
Canarienvogel (Canarienzeisig, Fringilla canaria L., Linota can. et Crithagra can. Sws.), Singvögel aus der Familie der Kegelschnäbler, von früheren Naturforschern zu den Finken gezählt, jetzt in der civilisirten Welt als Stubenvogel fast überall verbreitet, lebt ursprünglich wild auf den Canarischen Inseln, namentlich auf Madeira u. Teneriffa A. von Humboldt traf in der Nähe der Stadt Orotawa auf Teneriffa ganze Schaaren dieser Vögel. Nach Heinecken ist bei denen auf Madeira das Männchen oben grünlich gelb, unten goldgelb Schenkel u. die Schwanzwurzel unten schmutzig weiß, ebenso die Seiten, aber dazu braun gefleckt. Wirbel, Backen, Flügel u. Schwanzdeckfedern sind bräunlich aschgrau mit braunen Längsflecken, die kürzeren Schwung- u. Schwanzfedern braunschwarz mit aschgrauen Rändern, die fünf ersten Schwungfedern grünlich mit weißem Außenrande. Iris dunkelbraun. Beim Weibchen sind die Farben schmutziger u. der Bürzel ist grünlichgelb. Sie nisten auf hohen Sträuchern, in Bäumen u. Wurzeln, bauen ihr Nest aus Moos, Federn u. Haaren, legen im Februar 4–6 blaßblaue, oft rothbraun gefleckte Eier u. dann noch vier- bis fünfmal des Jahres. Sie sind nicht scheu, vielmehr zutraulich, brüten in Gärten u. singen 9 Monate lang. Außer der Brütezeit fliegen sie mit Lein- u. Distelfinken u. lassen sich dann selten in Gärten sehen. Sie mausern sich im August u. September. Sie paaren sich gern mit gezähmten, u. ihre Jungen werden dann stärker u. bessere Sänger. Olina (1622) erzählt, daß ein Schiff, welches eine Menge C. nach Livorno bringen sollte, unterging, die Vögel dadurch frei wurden, auf der Insel Elba sich niederließen, wo ihnen aber so nachgestellt wurde, daß sie bald ausstarben. Hier fing man sie nämlich ein, suchte sie, obwohl anfangs mühsam, aufzuziehen u. von hieraus scheinen sie sich zuerst über Europa verbreitet zu haben. Früher waren es vorzüglich die Tyroler, welche sich mit der Erziehung der C. beschäftigten u. sie bis nach London, Constantinopel etc. in großen Bauern auf dem Rücken trugen, um sie zu verkaufen. Mit Girlitzen, Hänflingen, Zeisigen u. Citronenzeisigen, Stieglitzen, Finken etc. zieht man auch fruchtbare Bastarde, welche Canarienstieglitz, Canariengrünling etc. heißen. Für die besten Sänger gelten die C., welche mit ihrem Gesang mehrere Strophen des Nachtigallenschlags verbinden u. nicht so arg schmettern, sondern trillernd eine ganze Octave herabgehn u. dazwischen Terteng rufen. Starke Schläger sprengen im Frühjahre oft die Adern in der Luftröhre[625] u. fallen todt vom Stängelchen. Auch Melodien lernen die C. pfeifen (s. Abrichten der Thiere). Das Weibchen singt auch, aber nur im Frühjahr, einige schwache Strophen. Der C. wird mit Sommerrübsen, Canariensamen (wovon er aber zu fett wird), Hanf, Mohn, auch mit etwas Grünem gefüttert u. in Canarienhecken, großen, 4eckigen, hohen Bauern od. gegitterten Fenstern u. Kammern, in die man Bäumchen stellt, gezogen. Zur Paarzeit setzt man in diese Hecken 3–5 Paare, die Weibchen dürfen aber nicht 5, die Männchen nicht 6 Jahr alt sein. Man paart gleichfarbige Vögel u. vermeidet, solche mit Hollen zusammenzupaaren, indem diese nur glattköpfige Junge od. deren mit Monstrositäten bringen. In die Hecken wirft man nun Wolle, Flocken u. Haare, die sie in die, in den Ecken befestigten künstlichen Nester von Flechtwerk eintragen. Die C. sind bei der Begattung sehr hitzig, u. das Weibchen reizt sie dazu durch stetes Herumdrehen im Neste, wodurch es dasselbe auch rund macht u. das Männchen zu demselben lockt. Das Weibchen legt des Jahres 2–4mal 2–6 meergrüne Eier u. brütet sie in 13 Tagen aus. Zum Futter für die Jungen setzt man klar gehackte Eier, in Wasser geweichte, ausgepreßte Semmel, die jedoch nicht sauer werden darf, u. gekochten Rübsen hin. Das Männchen füttert die Jungen fast allein, das Weibchen bedeckt aber die Nackten bis zum 12. Tage; mit dem 30. Tage fressen sie allein, u. mit 4 Wochen thut man sie in eigene weite Käfige, füttert sie aber mit dem eben genannten Futter fort, da sie sonst leicht sterben. Das Weibchen hat aber seit dem 12. Tage Anstalten zu einem neuen Nest gemacht u. brütet gewöhnlich, wenn die Jungen ausgeflogen sind, wieder. Krankheiten, bes. zur Zeit der Mauser: Darre, Nierenfäulniß, Bruch, Krätze, Pips, Durchfall, Schweißsucht, Niesen, Keuchen, Verstopfung. Lange Nägel muß man ihnen mit einer scharfen Schere abschneiden.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.