Neujahr

Neujahr

Neujahr, der erste Tag eines Jahres; über die Bestimmung desselben der Zeit nach s. Jahr 1) B). Das N. war von jeher ein den Menschen wichtiger Tag, welchen sie auf verschiedene Weise feierten. Der Neujahrstag der Juden war der erste Tag des Monats Tischri; er wurde für den Tag gehalten, an welchem Gott Gericht hielt (daher Jom Haddin, Gerichtstag), so wie für Adams Erschaffungstag. Bei den Persern war ein großes Volksfest (Nevruz), welches jedesmal den ersten Tag, wo die Sonne in das Zeichen des Widders tritt (daher Nevruzi-Hamal, Tag des Widders), gefeiert wird u. dessen Feier die Perser auch bei der Verbesserung des persischen Kalenders durch Dschelal ed- Din Melik Schah u. selbst bei Annahme des Islam, obgleich seitdem der arabischen Kalenderrechnung folgend, beibehielten. Die Römer opferten am Neujahrstag dem Janus, bes. einen weißen Stier. Im Janustempel, so wie in der ganzen Stadt, wurde viel Räucherwerk angezündet, die neuerwählten Magistrate zogen in Procession ins Capitol u. opferten him dem Jupiter. Man nahm allerhand Geschäfte vor, weil man deren Gelingen für eine glückliche Vorbedeutung für das ganze Jahr erachtete. Bes. waren die Neujahrwünsche u. Neujahrgeschenke (Strenae) üblich, welche letztere in vergoldeten Datteln u. Pflaumen, Feigen, Honig, alten seltnen Münzen u. verschiedenen Kleinigkeiten bestanden. Annum novum faustum felicemque tibi! (ein neues glückliches u. gesegnetes Jahr dir!) riefen sich die Begegnenden zu. Die Kaiser machten nachher die Neujahrsgeschenke zu einer drückenden Abgabe, z.B. Caligula nahm, einen ganzen Tag in der Vorhalle des Palasts stehend, solche Geschenke von Hohen u. Niedrigen ein. In der Christlichen Kirche war der Neujahrstag anfänglich kein Festtag; bald aber wurde er kirchlich begangen, um die Gläubigen von dem heidnischen Spectakel abzuziehen u. zu einer Bußfeier zu vereinigen. Nach der Feststellung des Geburtstags Jesu auf den 25. Decbr. wurde auf den 1. Januar das Fest der Beschneidung Jesu verlegt u. dies auch in der Evangelischen Kirche beibehalten, wiewohl die Predigt in der neueren Zeit weniger den Festgegenstand, als vielmehr Rück- u. Vorblicke in die Zeit behandelt. Von den alten Sitten haben sich die Neujahrsgeschenke, welche in einigen Ländern (wie in Frankreich) noch üblich sind, u. die Neujahrwünsche erhalten. Die Sitte, daß am N. die Stadtmusiker od. auch die Spielleute der Regimenter in den Städten Umgänge hielten, um gegen Aufwarten mit Musik (Neujahrsblasen) ein Geschenk zu erhalten, u. der in gleicher Absicht in Städten u. Dörfern gehaltene Umgang der Lehrer od. Chorschüler (Neujahrsingen) ist meist abgekommen. In vielen Gegenden wird das Epiphaniasfest auch Hohes N. genannt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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