- Connexität
Connexität (Connexitas causarum), die Eigenschaft mehrerer an u. für sich getrennter, selbständiger streitiger Rechtssachen, vermöge deren sie auf[366] die Behandlung od. Entscheidung von einander Einfluß haben. Eine Rechtssache, welche jene Eigenschaft besitzt, heißt Causa connexa, das Gegentheil Causa inconnexa. Die C. ist entweder eine formelle, wenn die verschiedenen Sachen gleichzeitig in einem Proceß verhandelt werden (z.B. die Wiederklage u. Arrestanlegung); od. eine materielle, wenn die Rechtssachen ihrem Inhalte nach in einer wechselseitigen Beziehung auf einander stehen. In letzter Beziehung unterscheidet man dann Präjudicialsachen (Causae praejudiciales), wenn sich die Sachen so zueinander verhalten, daß die Entscheidung der einen nothwendig die Entscheidung der anderen voraussetzt; od. vorbereitende Sachen (Causae praeparatoriae), wenn durch den Sieg in dem einen Processe der Sieg in keinem anderen wesentlich erleichtert wird, z.B. bei Besitzstreitigkeiten; od. endlich Incidentsachen (Causae incidentes), wenn eine Streitsache noch durch eine andere, bereits anhängige entsteht, z.B. Litisdenunciationen. Nach einer andern Richtung unterscheidet man auch Haupt- u. Nebensachen u. versteht unter den ersteren dann diejenige Sache, wegen welcher der Richter eigentlich u. zunächst angegangen ist, unter Nebensachen diejenigen, welche die erstere nach sich zieht. Für den Civilproceß hängt die Rangordnung der Verhandlung der unter sich connexen Sachen von ihrem Einflusse auf einander ab, welcher sich nach allgemeineren Regeln kaum bestimmen läßt. Auch hat die Praxis den allgemeinen Grundsatz gebildet, daß der Richter in der Hauptsache zugleich über alle damit verbundenen Nebensachen, insofern er nur für Sachen der Art Gerichtsbarkeit besitzt, erkennen soll, in welcher Beziehung man von einem eigenen Gerichtsstand der C. (Forum continentiae causarum ex identitate) spricht. Im Strafprocesse bildet die C. keinen Grund zu einem besonderen Gerichtsstand, vielmehr wird jeder einzelne Verbrecher da processirt, wohin er vermöge seines ordentlichen od. außerordentlichen Criminalgerichtsstandes (s. u. Gerichtsstand) gehört, wenn nicht Particulargesetze für gewisse Criminalfälle das Forum connexitatis causarum (Gerichtsstand des Zusammenhanges der Sache) sanctioniren. Die C. c., wenn mehrere solche Gesetzübertretungen einer Person, deren Strafen nicht mit u. neben einander verhängt werden können, od. wobei die Strafe der einen nur mit Berücksichtigung der andern erkannt werden kann, od. wenn mehrere an Begehung eines Verbrechens Antheil genommen haben, od. wenn die eine Sache für die andere in der Strafe präjudiciell ist, daß das eine Verbrechen nicht ohne das andere gedacht werden kann: wirkt, daß die verschiedenen Gerichte unter einander in Communication treten, u. die von anderen abhängigen Erkenntnisse so lange ausgesetzt bleiben müssen, bis die Untersuchung sämmtlich geschlossen, die präjudiciellen bezüglich abgeurtheilt sind.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.