- Fata Morgāna
Fata Morgāna, eine von den Italienern, so von einer Fee Morgana bezeichnete optische Erscheinung in der Atmosphäre, französisch Mirage, deutsch Luftspiegelung od. Kimmung benannt, welche auf einer Strahlenbrechung u. einer Reflexion in Luftschichten von verschiedener Dichtigkeit beruht. Sie kommt bes. an heißen Tagen u. in großen Ebenen, daher auf der See u. in Sandwüsten vor. Man erblickt die Gegenstände, die sich nahe am od. auch unter dem Horizonte befinden, über demselben erhaben, manchmal in der Luft schwebend od. unter[132] dem Horizonte liegend, in der Regel in umgekehrter Stellung. Den Seefahrern erscheinen dadurch Gestade noch weit entlegener (unter dem Horizonte befindlicher) Länder u. schwinden dann wieder, wenn sie darauf zusteuern. Auf dem Lande wird dadurch ein Gegenstand, z.B. ein Dorf, sichtbar, das ohnedies durch einen Hügel, Wald etc. verdeckt ist. In den afrikanischen Sandebenen erscheinen entfernte Dörfer im Wasser zu stehen, in welchem sie sich verkehrt zeigen; das vorgespiegelte Wasser aber zieht sich bei Annäherung zurück. Die Erscheinung ist zuerst von Monge auf ihren wissenschaftlichen. Grund zurückgeführt worden, als bei Gelegenheit der französischen Expedition in Ägypten das durch die Sonnenhitze erschöpfte Heer oft durch die F. M. getäuscht wurde u. Wasserspiegel zu sehen hoffte, wo es nur heiße Sandflächen fand. Wenn nämlich bei starker Sonnenhitze u. ruhiger Luft über dem heißen Erdboden sich warme Luftschichten lagern, welche sich nicht rasch genug mit den darüber befindlichen kälteren ausgleichen können, so werden die von einem hohen Gegenstande ausgehenden, schräg gegen den Erdboden gerichteten. Lichtstrahlen, beim Übergange in die dünneren Luftschichten, mehr u. mehr vom Einfallsloth abgelenkt u. gelangen bald in eine so schräge Richtung, daß sie nicht weiter in eine noch dünnere, darunter befindliche, übergehen können, sondern eine totale Reflexion erfahren u. von nun an aufwärts sich fortsetzen. Außer den directen Strahlen erhält also der Beobachter noch reflectirte von unten kommende u. erblickt daher unter obigen Umständen den Gegenstand unter seinem wahren Bilde noch einmal, aber in umgekehrter Stellung, als ob es sich hier abspiegelte. Da die von den, zwischen dem wahren u. dem Spiegelbilde liegenden Punkten kommenden Strahlen nicht ins Auge gelangen, so erscheint dieser Raum leer, u. das Auge hält ihn um so leichter für Wasser, in welchem der Gegenstand schwimmt, da die schwachen Luftströme die Luft am Boden in zitternde, den Wasserwellen ähnliche Bewegung zu versetzen pflegen. In seltenen Fällen steht unter diesem Spiegelbild noch ein zweites, aufrechtes. Ist dagegen die Luft in der Tiefe kälter, als in der Höhe von wenigen Fußen, wie über dem Meere od. Eisfeldern, so erscheint das gespiegelte Bild wegen unterwärts gehender Strahlenbrechung über chem geraden, wie es z.B. der Physiker Vince in Ramsgate oft beobachtete, u. zuweilen erscheint über diesem verkehrten Bilde, wenn dieses von Neuem sich in den höheren Luftschichten spiegelt, ein drittes, aufrechtes. Übrigens sieht man unter diesen Umständen auch Gegenstände, die noch unter dem Horizonte sich befinden, der Gesichtskreis wird also bedeutend erweitert, was bei Seefahrten zu allerlei Irrungen Anlaß geben kann. Wenn die Luftschichten von verschiedener Dichtigkeit seitlich neben einander gelagert sind, so kann man neben dem direct gesehenen Gegenstande durch die F. M. auch ein seitliches Spiegelbild wahrnehmen, wie dies Soret u. Jurine auf dem Genfer See beobachteten, dessen östliches Ufer nach einiger Zeit im Schatten lag, während die Luft daneben schon durch die Sonne erwärmt wurde. Wenn aber die Luftschichten von verschiedener Dichtigkeit nicht in ebenen Flächen an einander grenzen, sondern in unregelmäßig gekrümmten, so führt dies zu allerlei Verzerrungen der Bilder, u. die zu Neapel u. an den Ufern von Sicilien beobachteten F. M. sind ohne Zweifel so zu erklären. Ubrigens zeigt sich die Luftspiegelung auch in den Ebenen Norddeutschlands öfter, als man glaubt, bes. wenn man den Kopf dem Boden nähert. Das Zittern der in einiger Entfernung liegenden Gegenstände bei heiterem Sonnenscheine u. Windstille, das dabei so häufige Verdoppeln kleiner Gegenstände etc. ist nichts als eine unvollständige Luftspiegelung. Häufig folgen auf eine lebhafte Luftspiegelung Stürme.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.