Favre

Favre

Favre (spr. Fawer), 1) Pierre, geb. 1506 zu Villaret in Savoyen, hütete Anfangs die Schafe, wurde später zum Geistlichen bestimmt u. studirte seit 1527 in Paris Als Ignaz Loyola nach Paris kam, um den philosophischen Cursus zu machen, wurde ihm F. zum Repetitor gegeben; Loyola entdeckte ihm u. dessen Stubengenossen, dem Spanier Fr. Xavier, den Plan zur Gründung eines neuen Ordens; Beide schlossen sich ihm an u. legten den 15. Aug. 1534 in der Abtei auf dem Montmartre mit noch drei Anderen ihr Gelübde ab. In Rom, wohin sich F. zur Bestätigung des Ordens mit Loyola gewandt hatte, wurde er Professor der Theologie, ebenso später in Parma; 1541 wurde er nach Regensburg gesandt u. verbreitete in Deutschland, wo er 1544 das Jesuiter-Collegium in Köln stiftete, u. Spanien den neuen Orden. Er st. 1546 in Rom. Man hat von ihm einige Briefe, die mit denen des Canisius gedruckt sind; sein Leben beschrieb Nic. Orlandini in der Historia societatis Jesu, Rom 1615, Fol., bes. gedruckt Lyon 1617. 2) Antoine, Freiherr v. Peroges bekannter als Antonius Faber, geb. 1557 in Bourg en Bresse, studirte in Paris u. Turin, wurde vom Herzog Emanuel I. von Savoyen zum ersten Präsidenten des Senats von Savoyen ernannt, war großer Rechtsgelehrter u. Staatsmann u. st. 1624 in Chambéry. Er schr. u.a.: De erroribus pragmaticorum et interpretum juris, Lyon 1658, 2 Bde.; Comment. in pandectas, ebd. 1659–63, 6 Thle.; Codex Fabricianus, ebd. 1661; Conjectura jur. civ., ebd. 1661; gesammelt als Opera jurid., ebd. 1658–63, 10 Bde., Fol.: er war auch Dichter. 3) Peter Franz, geb. zu Anfang des 18. Jahrh. von katholischen Eltern zu St. Barthelemi im Canton Waadt, wurde Priester zu Laudun in Niederlanguedoc u. begleitete als Secretär u. Beichtvater den Bischof von Halikarnassus, Franz de la Baume, der als Visitator nach Cochinchina ging, um dem Unwesen der jesuitischen Missionäre, welche die heidnischen Gebräuche mit dem Christenthum vermischen wollten, zu steuern, auf dieser Expedition. Der Bischof machte ihn in Cochinchina zum Provisitator der südlichen Provinzen; Beide aber konnten wenig gegen òie Jesuiten ausrichten, der Bischof st. 1741, u. F. sah sich genöthigt, 1742 nach Frankreich zurückzukehren. In seiner Heimath brachten es die Jesuiten dahin, daß F. alle priesterlichen Functionen untersagt wurden; er st. um 1783 zu Assens u. schr.: [143] Lettres édifiants et curieuses sur la visite apostolique de M. de la Baume à la Cochinchina en l'année 1740, Neufchatel 1746. 4) Jules, der Sohn eines Kaufmanns, geb. am 21. März 1809 in Lyon; nachdem er in Paris die Rechte studirt hatte, wurde er 1830 Advocat daselbst, nahm lebhaften Antheil an der Julirevolution u. äußerte ganz radicale Grundsätze, verließ aber hierauf Paris u. kehrte nach Lyon zurück. Hier vertheidigte er am 21. Novbr. 1831 die angeklagten Arbeiter u. wurde in dem darnach ausbrechenden Aufstande verhaftet. Ein Kriegsrath sprach Erschießung auf der Stelle aus, da jedoch das Urtheil nicht einstimmig war, wurde F. vor den Präfecten Gasparin geführt, welcher ihn wieder in Freiheit setzte. 1834 vertheidigte er die Aprilangeklagten vor dem Pairshofe. Nach der Februarrevolution 1848 ernannte ihn Ledru-Rollin zum Generalsecretär im Ministerium des Innern u. am 11. Mai d. I. wurde er Unterstaatssecretär des Auswärtigen. Als er im Juni 1848 in die Constituirende Versammlung trat, gab er diese Stelle auf. Im Juni 1851 wurde er in den Ausschuß für Revision der Verfassung gewählt u. war Vertheidiger mehrerer Angeklagten im Lyoner Complot. Nach dem Staatsstreiche wurde er verhaftet, doch bald wieder freigegeben u. nicht ausgewiesen. 1857 vertheidigte er Bel-Hadj im Proceß gegen Doineau u. 1858 Migeon u. Orsini in dem Attentatsproceß. Bei der Wahl 1858 für den Gesetzgebenden Körper von der Opposition aufgestellt, erhielt er gegen den Regierungscandidaten die Majorität. Als vorzüglicher Redner u. tüchtiger Jurist, gilt er seit Cavaignacs Tode als das Haupt der republikanischen Opposition in Frankreich.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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