- Gemeinschaftliche Werkstätten
Gemeinschaftliche Werkstätten, Werkstätten, die den Arbeitern, welche daran Theil nehmen, außer dem Lohn für ihre Arbeit, auch noch jedem einen Antheil an demjenigen Gewinne einbringen, welchen sonst die Fabrikherren od. die Handwerksmeister aus ähnlichen Unternehmungen ziehen. Es kommen dabei hauptsächlich zweierlei derartige Unternehmungen in Betracht: a) solche, bei denen Meister verschiedener Gewerbe zur Anfertigung eines zusammnengesetzten Artikels in ein gemeinsames Geschäft zusammentreten, z.B. Stellmacher, Schmiede, Sattler u. Lackirer zur Anfertigung von Kutschwagen; u. b) solche, bei denen die Meister eines einzigen Gewerbes, welches mannigfaltige u. zusammengesetzte Artikel liefert, diese verschiedenen Artikel od. die zur Herstellung derselben auf einander folgenden Arbeiten nach der in den Fabriken mit Vortheil angewendeten Arbeitstheilung, ebenso wie den gemeinsam erzielten Gewinn unter einander vertheilen. Obgleich diese Art von Werkstätten mancherlei Vortheil hat, z.B. daß jeder Arbeiter durch fortgesetzte Übung einer u. derselben ihm ohnehin schon geläufigen Arbeit es in dieser zur höchsten Fertigkeit u. Geschicklichkeit bringt, u. daß jeder Theilnehmer sich schon seines eigenen Nutzens willen für den glücklichen Fortgang des ganzen Unternehmens lebhaft interessirt u. dadurch nicht allein selbst zur Thätigkeit, sondern auch dazu angetrieben wird, den Fleiß u. die Sorgfalt seiner Mitarbeiter aufmerksam im Auge zu behalten; so sind doch auch die entgegenstehenden Schwierigkeiten sehr groß u. nur in sehr seltenen Fällen zu überwinden, da die Beschaffung eines Anlage- u. Betriebscapitals, die Entwerfung eines Planes über die Ausdehnung des Geschäftes über die nöthigen Arbeitskräfte u. die Vertheilung der Arbeiten, die Findung eines Credits, die Leitung der Einkäufe, Bauausführungen, Erweiterungen u. Beschränkungen des Geschäftes, Annahm- od. Entlassung von Arbeitern, Bewilligung u. Abweisung fremder Forderungen etc., einem Einzelnen od. Wenigen möglich od. leichter werden wird, als einer Mehrheit. Daher haben auch die Versuche solcher G. W., welche bes. seit dem Aufkommen des Socialismus u. Communismus in Frankreich, England u. Deutschland ins Leben gerufen wurden, im Vergleich mit den Unternehmungen der Fabrikanten u. der Meister kaum etwas der Rede werthes geleistet. Höchstens Erwerbszweige, welche nur ein geringes Anlage- u. Betriebscapital erfordern, könnten mit Vortheil solche G. W. halten, ein allgemeines u. dauerndes Bestehen derselben aber ließe sich nur nach einer socialistischen Organisation des ganzen Staats- u. Gemeindewesens denken, wo alle bestehende Macht-, Vermögens- u. Innungsverhältnisse umgekehrt werden müßten.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.