- Grab
Grab, Ort, wo menschliche Leichname beigesetzt werden. Den Ägyptiern dienten als G. in Felsen gehauene Gewölbe (Felsengräber), mit mehreren, oft 20–30 Gemächern, von denen jedes gewöhnlich 4 Mumien faßte. Berühmt waren die ägyptischen Königsgräber in Theben (Biban el Moluk), zu Königsgräbern dienten die Pyramiden. Die Hebräer legten (wie noch jetzt alle Orientalen) die Gräber im Freien an; nur Könige durften in Städten beigesetzt werden Gewöhnlich waren auch bei ihnen die Gräber Höhlen u. Grotten (am liebsten in schattigen Umgebungen); bei Königen u. Vornehmen waren sie erblich; sie wurden mit Thüren od. großen Steinen verschlossen, u. in dem Monat Adar (Mai) übertüncht, um die Vorübergehenden vor Berührung zu warnen. Sie gehen senkrecht (mit Treppen) od. horizontal in die Erde. Im Innern sind Abtheilungen, oft eine tiefer als die andere, die meisten mit Vertiefungen in den Wänden, worein die Leichen geschoben wurden. Die jetzigen Juden machen eine Grube von 4 Fuß Tiefe, in welche blos Seitenbreter u. ein Bret über den Leichnam kommen. Die etruskischen Gräber waren meist einfache Grüfte, deren jede gewöhnlich drei Nischen hatte; der Eingang derselben war nach Süden gerichtet; bekannt ist besonders das G. des Porsena (s. Labyrinth). Bei den Griechen waren die ältesten Gräber auch Höhlen (Hypogeen), od. über den Leichnam od. die Asche aufgeworfene Grabhügel (Choma); die steinernen Grabmäler ruhten auf Säulen mit Inschriften. Inwendig waren die prächtigen Gräber mit Säulen versehen, an denen Lampen hingen. Bei den Römern war der gewöhnliche Ort von Privatgräbern die beiden Seiten der Landstraßen (hier kleine, mit Anaglypten geschmückte Vierecke od. Rotunden), doch oft auch ein Feld, Garten. Die öffentlichen Begräbnisse um den Staat verdienter Männer waren auf dem Campus Martius u. dem Esquilinus. Gewöhnlich hatte jedes vornehmere Geschlecht, od. auch einzelne Familien eine eigene Grabstätte (Sepulcrum gentilitium s. familiare), in der ein Zimmer war, in dessen Wänden Columbarien mit Vasen angebracht waren. Unter den erhaltenen sind zu bemerken das G. der Scipionen, das Mausoleum Augusts, das Septizonium des Severus, die Pyramide des Cestius u.a. Die Gräber selbst waren heilig; den an ihnen Frevelnden traf der Zorn der Götter, u. man konnte wegen Grabverletzung od. Gräberraub (Sepulchriviolatio, wozu Zerstörung, Benutzung zu unschicklichen Zwecken, Wohnen bei denselben, Begraben eines dahin nicht Gehörrnden, Raub an einem Leichname selbst od. Verletzung desselben etc. gehörte) klagen. Die Strafen eines solchen Verbrechens waren Geldbuße, Verlust einer Hand, Verurtheilung in die Bergwerke, Exil, Tod. Bei den germanischen Völkern finden sich verschiedene Arten von Gräbern; die ältesten sind die Hünenbetten (s.d.), die für Häuptlinge waren, sie bestanden in Steinkammern, über welche dann Grabhügel aufgeschüttet wurden. Gewöhnlich wurden die Leichen verbrannt u. die Asche in Urnen in kleine nicht tiefe Gräber gesetzt u. dann Hügel darauf geworfen; die späteste Art war die Leichen zu begraben, was in Gruben geschah, die mit Steinplatten ausgelegt u. mit einer gleichen überdeckt waren, worauf dann der Grabhügel aufgeschüttet wurde. Die Grabplätze wurden gewöhnlich mit Feldsteinen umlegt, um sie kenntlich zu machen; dies geschah sowohl mit einzelnen Gräbern, als auch mit ganzen Leichenfeldern. Diese wurden gewöhnlich an Landstraßen, auf Anhöhen, an Flüssen etc., in Skandinavien auch an der See angelegt. Übrigens waren die Gräber bei den Germanen durch Sitte u. Gesetz vor willkürlicher Verletzung geschützt. Bei den Christen war Anfangs die Anlegung der Gräber in gemeinschaftlichen unterirdischen Katakomben (s.d.) gewöhnlich. Geistliche erhielten im Mittelalter ihre Gräber in Kirchen; adelige u. fürstliche Geschlechter in Familiengrüften, welche in, von ihnen gegründeten od. begabten Kirchen u. Klöstern angelegt waren; Erbbegräbnisse für bürgerliche Familien werden auf dem Gottesacker od. mit besonderer kirchlicher Genehmigung auf besonderen. Plätzen angelegt; sonst erhalten einzelne Todte einzelne nach der Reihe gegrabene Gräber auf dem Gottesacker (s.d. 2). Über solchen Gräbern erheben sich Grabhügel von Erde u. Rasen, zuweilen mit Blumen bepflanzt, von Trauerweiden od. anderen Bäumen beschattet, mit Denkmälern geschmückt; letztere bestehen in hölzernen, steinernen od. eisernen Kreuzen u. Grabsteinen, mit allegorischem Bildwerk od. mit einer Inschrift (Grabschrift, Epitaphium) versehen. Größere Denkmäler nennt man Grabmäler, s. Mausoleum. Verletzung der Gottesäcker im Allgemeinen wird, unter Berücksichtigung der größeren Strafbarkeit durch Anvertrauung des Gegenstandes an den öffentlichen Schutz, polizeilich gestraft; auf den Raub eines Leichnams steht Festungs- od. Zuchthausstrafe.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.