- Heilige Kriege
Heilige Kriege, 1) der heiligen, d.h. wegen Verletzung heiliger Örter geführten Kriege zählt die Griechische Geschichte drei: a) Erster heiliger Krieg. Die Krissäer (Einwohner von Krissa, Kirrha u. Antikirrha) verlangten von den durchziehenden Kaufleuten u. den zum Delphischen Orakel Reisenden (obgleich nach einer Verordnung der Amphiktyonen Jeder zum Orakel freien Zutritt hatte) starke Abgaben, verheerten 549 v. Chr. die Umgegend von Delphi, plünderten den Tempel, mordeten die Orakelfrager im heiligen Haine u. widersetzten sich den Abgeordneten der Amphiktyonen. Letztere erklärten. den Krieg, welcher neun Jahre erfolglos geführt wurde, bis Eurylochos, Fürst von Thessalien, die Fluren der Krissäer verheerte, ihre Dörfer verbrannte u. Krissa selbst endlich durch Vergiftung der Wasserleitungen eroberte. b) Zweiter heiliger od. Phokischer Krieg. Die Phokeer hatten 3560. Chr. dem Apollon geweihte Ländereien zwischen dem Fluß Kephissos u. dem Berg Thurios angebaut u. waren, von den Thebanern verklagt, von den Amphiktyonen in eine Geldstrafe verurtheilt worden. Sie widersetzten sich diesem Ausspruche, plünderten 353 unter Anführung des Philomelos den Delphischen Tempel u. befestigten u. besetzten Delphi. Vergebens wurden die von Athen u. Sparta unterstützten Phokeer von den Thebanern, Lokrern, Thessaliern u. Anderen neun Jahre lang bekriegt, bis Philomelos die Schlacht bei Neon verlor u. sich selbst tödtete. Zwar setzte dessen Bruder Onomarchos den Krieg nicht unglücklich fort; als aber Philippos von Macedonien dem Delphischen Gott mit den Waffen beistand, verlor Onomarchos 346 eine Schlacht an der Küste von Magnesia. Die Amphiktyonen schlossen die Phokeer von dem griechischen Völkerbunde aus, nahmen ihnen die zwei Stimmen bei dem Amphiktyonengericht u. gaben sie dem Philippos, zwangen sie, Waffen u. Pferde zu verkaufen, das daraus gelöste Geld u. überdies noch jährlich 60 Talente an den Tempel zu zahlen, bis 1000 Talente (12 Millionen Thaler) voll waren u. die Städte, außer Delphi u. Elatea, in einzelne getrennte Dörfer zu verwandeln. In der Folge wurde jedoch dies Urtheil gemildert. c) Dritter heiliger Krieg. Um den Delphischen Tempel wieder zu bereichern, schickten mehrere Staaten neue Weihgeschenke in denselben, u.a. die Athener goldene Schilde mit der Aufschrift: von den gegen Griechenland fechtenden Medern u. Thebanern erbeutet. Die Thebaner machten deshalb dem athenischen Gesandten Äschines bei der Amphiktyonenversammlung Vorwürfe, ja ein Lokrer beschuldigte die Athener der Gottlosigkeit, weil sie sich der Phokeer angenommen hatten. Da wälzte Äschines in einer Rede die Beschuldigung auf die Lokrer zurück; die Amphissäer hätten die Kirrhäische Ebene u. den Hafen angebaut, da doch die ganze Gegend dem Apollon geheiligt sei. Die Amphiktyonen befahlen, alle Gebäude auf dieser Ebene zu zerstören. Dies geschah. Aber die Amphissäer überfielen die Abgesandten des Gerichts bei ihrer Rückkehr u. zerstreuten od. nahmen sie gefangen. Die Amphiktyonen beschlossen Krieg, u. der König Philippos von Macedonien zum Feldherrn ernannt, benutzte diese Gelegenheit, in Griechenland einzubrechen u. siegte 338 v. Thr. durch die Schlacht bei Chäronea, s.u. Griechenland (Gesch.). 2) so v.w. Kreuzzüge.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.