- Apollo [1]
Apollo, Sohn des Zeus u. der Leto (Latona), Zwillingsbruder der Artemis, geb. in Lycien, nach Späteren auf Delos (daher sein Beiname Delios). Er ist eigentlich der Gott des Lichtes, u. zwar des Lichtes der strahlenden Sonne (Phöbos), sowohl in seiner milden Bedeutung (Sonnengott), als auch in ernster, da er mit gesendeten Strahlen rächt u. straft (Bogenschütz); in der späteren Zeit tritt die freundliche Bedeutung mehr hervor, u. er gilt als heilender, weihsagender, den Gesang liebender, Heerden schützender, Städte gründender Gott etc.; er kommt von u. geht zu dem seligen Volke der Hyperboreer (s.d.) u. holt von dort seine Priester u. Priesterinnen. Als Bogenschütz (daher Argyrotoxos, der Silberbogner; Klytotoxos, der mit dem Bogen Prangende; Arcitĕnens, der Bogenhalter; Hekatebolos, der weit Schießende), verleihet er den Bogenschützen unter den Menschen Kunst u. Glück u. tödtete den Eurytos, der ihn in der Bogenkunst herausgefordert hatte. Mit dieser Fertigkeit im Bogenschießen hing die Idee des A. als Todesgott zusammen. Er bringt den Jünglingen, sowie seine Schwester Artemis den Jungfrauen, mit sanften Pfeilen den schnellen, schmerzlosen Tod bei gesundem Körper, also bes. den Tod, der in den Jahren der Kraft das frische Leben anfällt, so bei den Kindern der Niobe, bei Otos u. Ephialtes, Rhexenor u. A. Auch sendet er mit seinen Pfeilen die Pest (daher Loimios, der Pestsender). Dagegen ist er auch der Helfende (Epikurios, Akesios, Alexikakos), der Übel Abwendende (Apotropäos). A. war auch Gott der Musik, er spielte die Cithar, während die Musen sangen; erst der nachhomerischen Zeit gehört es an, daß er auch Sänger ist u. die Dichtkunst versteht. So ward er der Musenführer (Musagetes) u. sang u. spielte im Kreise der Musen bei den olympischen u. irdischen Freudenmahlen, wenn an letzteren auch Götter theil nahmen. Die Lyra spielend, wettkämpfte er mit Marsyas, der die Flöte, u. mit Pan, der die Syrinx spielte. Als Seher (Prophet) ertheilte A. schon beim Homer dem Kalchas die Fähigkeit der Weissage; Spätere erzählen, er habe diese Gabe von Zeus empfangen. Vorzüglich berühmt war er in dieser Hinsicht als Vorsteher des Orakels zu Delphi. Am Fuße des Parnassos erlegte er an der Quelle Kastalia die Schlange Pytho u. gründete hier das Orakel (s. Delphi), daher sein Beiname Pythios. Um für Pytho Priester zu erhalten, führte er, in Gestalt eines Delphins, ein kretisches Colonistenschiff nach Krissa. Hier zeigte er sich plötzlich als Gott u. vollbrachte vermittelst des heiligen Dreifußes die Weihung, davon hatte er den Beinamen Delphinios. Als Freund u. Beschützer der Heerden nennt ihn schon Homer. Als er die Kyklopen erschossen hatte, weil sie dem Zeus die Donnerkeile gefertigt, womit dieser des A. Sohn Asklepios erschlug: wurde er zur Strafe aus dem Olymp verbannt u. weidete bei Admetos (s.d.) in Pherä dessen Heerden. Als Hirtengott führte er den Beinamen Nomios (der Weidende). Als Städtebauer half er, schon bei Homer, mit Poseidon dem Laomedon Troja's Mauern um bedungenen Lohn bauen; dieser betrog ihn darum, u. A. sendete dafür eine Pest. Als Städtegründer wurde er auch auf Gassen u. Märkten als Agyieus verehrt. Als Sonnengott (Phöbos, Titan) erscheint A. später an der Stelle des alten Helios, darum gibt er heiteres Wetter, u. wer eine Seereise unternahm, rief ihn (als Epibaterios u. Embasios) um günstige Fahrt an u. dankte ihm beim Aussteigen (als Ekbasios) am Ziele der Reise. Den A. als Sonnengott scheint auch die Benennung A. Grannus in celtischen Ländern zu bezeichnen (vgl. Grannawr). Der Apollodienst, ursprünglich dem dorischen Stamme eigen, hatte sich ungemein verbreitet; Spiele u. Tempel hatte A. zu Delos, Delphi, Tralles, Milet, Magnesia, Thessalonich etc. Orakel (die seinigen waren die berühmtesten u. reichsten) zu Delphi, Patara, Kyrene, Sminthos, Grynion, Delos, Klaros, Larissa, Orope, Didymä. Bei den Römern ward er wahrscheinlich erst nach Numa's Zeit als ländlicher Gott u. Bogenschütze bekannt. Bes. prachtvoll ward seine Verehrung zu Rom unter Augustus (in 9 Tempeln) u. Nero. Zu Cumä ertheilte er auch Orakel. Es waren ihm die Hyakinthia, Karnea, Säcularischen, Apollinarischen u. Actischen Spiele gewidmet. Eine Gemahlin wird dem A. nicht zugeschrieben; von seiner unerhörten Liebe zu Daphne, sowie von seinen Lieblingen Hvatinthos, den er unversehens im Diskoswerfen tödtete, u. Kyparissos s.d. a. Die Bildung u. Darstellung des A. war das höchste Ideal männlicher Jugend u. Schönheit, mit schlankem Körper, in heiterer Jugend, mit langem, lockigem Haupthaar (daher Akersekomes, Comaeus, der Langhaarige), von Lorbeer umkränzt (daher Daphnäos), in der Hand Leier od. Bogen haltend, unbekleidet od. mit leichtem Gewand. Heilig waren ihm Lorbeerbaum, Habicht u. Rabe. Beinamen des A. s. oben. Die schönste unter allen Apollostatuen ist unstreitig der Vaticanische A. od. A. von Belvedere, von unbekanntem Meister. Er erscheint als Ideal männlicher Schönheit im Vorschreiten, u. eben als er einen Pfeil abgeschossen hat, mit ausgestrecktem linken u. zurückgezogenem rechten Arm dargestellt; Stolz, Gefühl der Stärke u. Verachtung thront auf dem Gesicht. Diese Statue wurde um 1500 zu Antium (s.d.) aufgefunden u. ist zu Rom im Belvedere aufgestellt, daher ihr Name. Außerdem der Lycische A., sonst zu Versailles, jetzt in Paris, u. der Apollino, eine der lieblichsten Bildungen, zu Florenz, u. v. a. Ganz abweichend von diesen Darstellungen des A. ist die des A. Musagetes, im langen Musengewande u. mit der Lyra im Arm, z.B. in der Glyptothek zu München. Vgl. Fresenius, De Apollinis numine solari. Marb. 1840; W. Schwartz, De antiquissima Apollinis natura, Berl. 1843.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.