Hydrostatische Presse

Hydrostatische Presse

Hydrostatische Presse, 1) neurer, vom Grafen Real, später besonders von E. Rommershausen vervollkommnet dargestellter Apparat zur Ausziehung wirksamer, vorzugsweise vegetabilischer Stoffe, bestehend aus einem zinnernen, hohlen, unten verschloßnen u. mit einem Hahne versehnen, od. trichterförmig verengten, offnen Cylinder, auf dem sich eine oben aufgeschraubte, bis zu 30 u. mehr Fuß lange Röhre von Weißblech befindet. In dem, innen nach unten zu mit einem siebförmig durchlöcherten Unterschied versehenen Cylinder werden die zu extrahirenden, gröblich gepülverten Substanzen etwas fest eingedrückt u. mit einer durchlöcherten Zinnplatte bedeckt; dann wird die Röhre voll Wasser gefüllt, welches wegen des starken Druckes der Wassersäule bei seinem Durchgange durch die zu extrahirenden Substanzen alle ausziehbaren Theile in sich aufnimmt u. möglichst damit gesättigt in das untergestellte Gefäß abfließt. Bei spirituösen Auszügen wird blos die vorgeschriebene Menge Weingeist auf die auszuziehenden Substanzen gegossen, die Röhre aber mit Wasser gefüllt, welches erst den Weingeist vollständig durchpreßt, ehe es selbst nachfolgt. Die auf diese Weise bereiteten Tincturen u. wässrigen Auszüge sind bes. kräftig, u. letztere bedürfen nur eines Abdampfens bei gelinder Wärme, um zu vorzüglichen Extracten zu werden; nur eignen sich nicht alle Substanzen, z.B. solche, die viel Schleim enthalten, für diesen Apparat. 2) Eine von dem Engländer Bramah erfundne (daher Bramahsche Presse) u. von Murray verbesserte Presse zum Pressen von Zeugen, Papier etc. Der Theil des Apparats, auf welchen der Druck übertragen wird, besteht in einer starken, von unten nach oben beweglichen, horizontalen Eisenplatte (Preßplatte), welche bei ihrer Bewegung zwischen zwei od. vier eisernen Säulen geleitet wird, u. welcher oberhalb eine zweite mit dem Stativ fest verbundene Platte gegenübersteht. Von der Preßplatte führt ein massiver eiserner Cylinder zu einem dicken Kolben, welcher sich wasserdicht in einem starken Gefäß von unten nach oben bewegen kann. Der zweite Theil des Avparais, durch welchen der Druck ausgeübt wird,)-besteht in einer Sang- u. Druckpumpe, welche ms einem Reservoir beim Aufwärtsgehen eines Kolbens von kleinem Durchmesser Wasser aufnimmt, beim Niedergehen desselben aber das aufgesaugte Wasser durch eine seitliche Röhre forttreibt. Diese seitliche Röhre führt aber zu dem vorhingenannten Gefäß, in welchem sich der mit der Preßplatte verbundene starke Kolben befindet. Unter letzterem wird also durch die Druckpumpe das Wasser getrieben. Da nun nach hydrostatischen Gesetzen der Druck in einer Flüssigkeit sich so fortpflanzt, daß er gegen jeden gleichgroßen Theil der Gefäßwand gleich ist, so ist der gegen den Preßkolben ausgeübte Druck im Vergleich zu dem von dem schwachen Kolben der Druckpumpe ausgehenden so viel mal größer, als wie oft die Basis des erstern die des letztern übertrifft, od. er vergrößert sich im quadratischen Verhältniß des Durchmessers beider Kolben. Wenn daher der Kolben der Druckpumpe im Durchmesser zehnmal kleiner ist, als der der Preßplatte, überdieß aber durch einen einarmigen Hebel bewegt wird, an welchem der Hebelarm der Kraft zehnmal größer ist, als der Hebelarm des Kolbens, u. ein Mensch auf diesen Hebel mit einer Kraft von 50 Pfund drückt: so[664] wird die Preßplatte mit einer Kraft von 50,000 Pfund emporgepreßt. In der Verbindungsröhre zwischen der Druckpumpe u. dem Gefäß, welches den größern Kolben enthält, ist ein Sicherheitsventil angebracht, das durch ein beschwerendes Gewicht so regulirt ist, daß es sich hebt u. das Wasser austreten läßt, so bald der innere Druck eine gewisse Grenze überschreiten würde, von welcher an die Maschinentheile leiden würden. Die Hauptschwierigkeit bietet der wasserdichte Schluß des Preßkolbens; sie ist aber durch eine Erfindung Bramahs gehoben, indem ein in einer Vertiefung liegendes ringförmiges u. wie ein Ärmel umgeschlagenes Leder durch den Seitendruck des Wassers um so fester gegen den Cylinder einerseits u. gegen den Kolben andrerseits gedrückt wird, je mehr sich der innere Druck steigert. Soll die H. P. nicht mehr wirksam sein, so wird das Entleerungsventil geöffnet; das Wasser strömt in den Wasserkasten zurück u. der Preßkolben, sowie die Preßplatte sinken durch ihr eignes Gewicht nieder.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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