- Laute [1]
Laute, die articulirten, d. h. gegliederten Bestandtheile der menschlichen Sprache, welche die Elemente der Wörter sind. Dem Auge wahrnehmbar werden die L. durch Buchstaben ausgedrückt, daher Lautschrift. so v.w. Buchstabenschrift, im Gegensatz der ganze Begriffe ausdrückenden Bilder- od. Begriffsschrift (s.u. Schrift). Im Allgemeinen unterscheidet man. als Stimm- od. Selbstlauter (Vocale), die Laute an sich, welche durch mehrere od. mindere Öffnung u. Verengerung des Lippen- u. Gaumenkanals entstehen, u. Mitlauter (Consonanten), wodurch jenen, unter mancherlei Verschließungen, Stemmungen u. Annäherungen der Mund- u. Gaumentheile, durch welche die Luft hindurch geht, eigene Modificationen ertheilt werden. I. Die Vocale sind theils Grundlaute, z.B. in den Germanischen Sprachen i, a, u, theils Nebenlaute, e, welches zwischen i u. a, u. o, welches zwischen a u. u fällt. Nach der Zeitdauer, welche zu ihrer Aussprache erfordert wird, sind sie entweder kurze od. lange; wenn i od. e u. u mit anderen zu Einem L. verbunden werden, so entstehen Diphthongen (s.d.), wozu in manchen Sprachen noch Triphthongen (sd.), drei L. zu einem Laut verbunden, kommen. II. Die Consonanten theilt man ein: A) nach dem Organ, womit sie gesprochen werden: a) in Lippenlaute (Labiales) p, b, f, v, m; b) Zungenlaute (Linguales) t, d, th, s, n, l, r; u. c) Kehllaute (Gutturales) k, g, ch, h, q, n; B) im Lautsystem zerfallen sie in a) Spirantes, bei deren Bildung die Mundhöhle nicht geschlossen ist: h, s, v, j, b) Mutae, bei deren Bildung die Mundhöhle geschlossen ist u. dann geöffnet wird; sie sind: aa) Tenues: p, k, t; bb) Mediae: b, g, d; cc) Aspiratae: f (ph), h (ch), th; c) Liquidae, welche den Vocalen am nächsten stehen u. sich leicht mit den Mutae verbunden aussprechen lassen: l, r, m, n. Im Allgemeinen unterliegen die Consonanten einer Weiterbildung nicht, eine solche ist auch nicht die [173] Lautverschiebung, d. h. die Erscheinung, daß die Mutae im Germanischen um eine Stufe weiter vorgetreten sind, als in den übrigen Indogermanischen Sprachen, u. im Althochdeutschen wieder eine Stufe weiter, als im Gothischen, Altnordischen, Angelsächsischen u. Altsächsischen, z.B. die Labialen im griech. ὑπέρ (Tenuis), goth. ufar (Adspirata), alth. ubar (Media). Dagegen sind die Vocale vielen Alterationen unterworfen, so durch den Umlaut, wenn a, o, u durch einen folgenden L. getrübt od. verdünnt zu ä, o, ü werden; od. durch Lautsteigerung, wenn vor einem Vocal ein kurzer od. langer Vocal vorgeschoben wird, so durch Guna u. Vriddhi (s. b.) od. Zulaut. Je nach dem Ort, wo ein L. im Worte od. in der Sylbe steht, unterscheidet man Anlaut, wenn er zu Anfang, Auslaut, wenn er am Ende der Sylbe, Inlaut, wenn er zwischen beiden steht; so ist a Anlaut in alt, Inlaut in bald, Auslaut in da. Die Lautlehre (Phonologie od. Phthongoiogie) bildet mit der Wortbiegungs- (Flexion) u. Wortbildungslehre (Etymologie) den formellen Theil der Grammatik.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.