- Pragmatische Sanction
Pragmatische Sanction, 1) ursprünglich im Römischen Kaiserreich ein landesherrlicher Befehl (Sanction), welcher gewöhnlich auf Antrag einer Provinz od. Stadt bezüglich deren öffentlichen Verwaltung erlassen wurde; pragmatisch hieß ein solcher Befehl deshalb, weil er erst nach reiflicher Berathung u. Verhandlung nach der Wichtigkeit der Sache erlassen war; daher auch später 2) ein über einen wichtigen, den Staat od. die Kirche betreffenden Gegenstand gegebenes landesherrliches Grundgesetz, welches ewig in Kraft bleiben soll. Die wichtigsten P-n S-n dieser Art sind: a) P. S. Ludwigs IX. (des Heiligen) Königs von Frankreich, v. J. 1268 (1269), welche die Grundlage der Freiheiten der Gallicanischen u. die Schutzwehr gegen die übergreifenden Ansprüche der Papstes in. die Landeskirche bei Stellenbesetzungen u. Geldforderungen wurde. Erneuert wurde sie nach Annahme der Reformationsdecrete 7. Juli 1438 unter Karl VII. (daher P. S. Karls VII.); von Franz I. 1516 aber aufgehoben, nachdem sie lange schon nicht mehr gegolten hatte, s. u. Gallicanische Kirche I. u. Frankreich (Gesch.) IV. Manche glauben, daß die Ludwigsche P. S. unecht u. erst zwischen 1406 u. 1438 angefertigt sei; vgl. R. Thomassy, De la Pragmatique Sanction attribuée à St. Louis. Par. 1844; K. Rösen, Die P. S., welche unter[458] dem Namen Ludwigs IX. auf uns gekommen ist, Münch. 1853. b) P. S. Kaiser Karls VI., das Hausgesetz des Kaisers Karl VI. von 1713 u. 1724 wegen der Vererbung der Habsburgischen Lande an seine weibliche Nachkommenschaft, welche die Veranlassung des Österreichischen Erbfolgekrieges (s.d.) wurde. c) Badische P. S. von 1808 über Staatsschulden u. Staatsveräußerungen, s. Baden (Gesch.) V. B). 2) Uneigentlich mehre, auf ewige Zeiten gelten sollende Edicte u. Verträge, so das Edict von Nantes, die Goldene Bulle des Kaisers Karl IV., der Passauer Vertrag von 1552, der Augsburger Religionsfrieden von 1555, der Westfälische Frieden von 1648 u. m. a.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.