- Spanien [3]
Spanien (Gesch.). I. Vorgeschichtliche Zeit. Die Pyrenäische Halbinsel war den Griechen lange unbekannt; als man Kunde von dem Lande erhalten hatte, hieß der östliche Theil Iberia, der südöstliche od. südwestliche Theil jenseit der Säulen Tartessis. Erst später begriff man das ganze jetzige S. mit Portugal unter dem Namen Iberia, welches von Griechen u. Römern auch Hispania od. Spania (nach Ein. das Kaninchenland vom pun. span, d.i. Kaninchen, nach And. das Küstenland vom bask. ezpaña, d.i. Saum) genannt wurde. Von Ureinwohnern bewohnten die Westländer Hispaniens die Cyneter (Kynesi), bei denen jener Geryon König gewesensein soll, dessen Heerden Hercules (s.d.) entführte; um die Meerenge die Tartessier, diesseit der Enge die Elysiker; im Mittellande die Iberer (nach And. waren diese Iberer mit den Iberern Asiens von gleichem Stamm u. hier eingewandert). Man wußte, daß früh Celten eingewandert waren, aber nicht wenn; sie führten lange u. blutige Kriege mit den Iberern u. vereinigten sich endlich mit denselben zu einem Volk, Celtiberer, in Mittelspanien als Celtiker am Anas (Guadiana) u. nördlicher als Artabri, im jetzigen Galicien. Kurz nach dem Trojanischen Krieg hatten die handels- u. reiselustigen Phönicier nach Gadeir (Cadiz) eine Colonie geführt. Griechische Niederlassungen waren das phokäische Emporium u. das zakynthische Sagunt. Von ihnen nahmen die hispanischen Stämme im Süden Sitten u. Bildung an, während die Lusitani, Carpetani, Galläci u. Vaccäi auf der Westseite, die Astures, Cantabri u. Vascones im Norden S-s, die Oretani, Olcades, Bastitani südlich der Pyrenäen ungekannt von den Fremden blieben. Nach irischen Sagen kamen auch Celten aus S. nach Irland. Vgl. W. von Humboldt, [353] Prüfung der Untersuchung über die Urbewohner Hispaniens, Berl. 1821; Hoffmann, Die Iberer im Westen u. Osten, Lpz. 1838.
II. Von den Niederlassungen der Carthager bis zum Einfall der Alanen u. Germanen. Die eigentliche Geschichte S-s beginnt für uns erst mit den Niederlassungen der Carthager im Lande, 238 v. Chr. Die Carthager suchten sich für die im ersten Punischen Krieg auf den Inseln des Mittelmeeres verlorenen Besitzungen durch Eroberungen in S. zu entschädigen. Hamilcar unterwarf in Kurzem viele Völker, aber als er nördlich über den Bätis vordringen wollte, stieß er auf die tapferen Vettonen u. fiel 229 v. Chr., worauf sich die Carthager zurückziehen mußten. Hamilcars Schwiegersohn, Hasdrubal, gewann durch Unterhandlungen mehre Stämme u. gründete 229 Neu-Carthago. Die Römer sahen die Ausdehnung der Carthager in S. mit Neid u. Furcht u. stipulirten in dem Wb mit ihnen gemachten Vertrage, daß sie sich nicht jenseit des Iberus ansiedeln u. daß Saguntum, obgleich auf der Westseite des Iberus gelegen, neutral bleiben u. römischen Schutz genießen sollte. Nach Hasdrubals Ermordung 221 v. Chr. erhielt Hamilcars Sohn, Hannibal, den Oberbefehl u. nahm, ohne sich an den Vertrag zu kehren, 218 Sagunt ein. Dies gab den Römern die längst gewünschte Gelegenheit nach S. zu marschiren u. veranlaßte den zweiten Punischen Krieg, welcher größtentheils in S. geführt wurde; die Römer kämpften lange gegen die Carthager, mit welchen sich die Spanier verbanden, unglücklich unter Cn. u. Publ. Scipio, welche Beide hier 212 fielen, dann unter L. Marcius u. Cl. Nero, bis 210 P. Scipio, der Sohn des Vor., das Commando in S. erhielt, die Spanier durch Milde gewann u. von den Carthagern abzog u. bis 206 die Carthager aus S. vertrieb; widerspenstige Städte, wie Castulo, Iliturgis, Astapa, Gades, wurden erobert, u. die Carthager mußten 201 v. Chr. auf S. verzichten, s.u. Punische Kriege. Bis jetzt war aber erst der südliche Theil S-s den Römern unterthan, die Eroberung des nördlichen, von den Carthagern nie betretenen u. den Fremden ganz unbekannten Theiles, kostete die Römer einen fast 200jährigen Kampf. Die Celtiberer (s.d.) wurden 197 von Cato gedemüthigt, aber erst 178 von Tib. Gracchus unterworfen. L. Licin. Lucullus griff 150 die Vaccäer, bei denen es Goldgruben gab, unter dem Vorwand an, daß sie die Celtiberer in einem ungerechten Krieg unterstützt hätten, eroberte ihre Stadt Cauca u. ließ daselbst Alles niederhauen, wurde aber hierauf durch einen allgemeinen Aufstand zum Rückzug gezwungen. Noch gefährlicher wurde der Krieg mit den Lusitanern (Lusitanischer Krieg), bes. um das reiche Turdetania; nach blutigen Kämpfen ließ 149 v. Chr. Servius Galba sie auf die Ebene locken u. niederhauen. Unter den Entkommenen war Viriathus (s.d.), welcher 10,000 Mann sammelte, mit denselben die Römer unter C. Acilius schlug u. endlich den Lusitanern die Freiheit behauptete. Cäpio erregte neue Kriege u. ließ 141 v. Chr. den Viriathus ermorden. Die Lusitaner wählten nun den Tantalus zum Anführer, doch dieser mußte sich den Römern ergeben, die Lusitaner wurden entwaffnet u. auf Landereien diesseit des Tagus beschränkt; 137 endigte S. Junius Brutus auch mit anderen lusitanischen Stämmen den Krieg. Auch die Celtiberer hatten sich empört, ergaben sich aber bald, nur Numantia hielt sich (Numantinischer Krieg) u. wurde erst 133 nach vierzehnmonatlicher Belagerung von dem jüngeren Scipio erobert. Später reizte Sertorius, ein Gegner des Sulla, die Spanier gegen Rom, führte seit 81 v. Chr. einen glücklichen Krieg gegen Sulla's Anführer u. dehnte seine Macht über den größten Theil S-s aus (Sertorianischer Krieg). Er fing auch zuerst an in S. römische Bildung zu verbreiten u. durch Anlegung einer Schule in Osca zu befestigen, so wie er das Regiment des Landes mit einem nationalen Senat von 200 Mitgliedern theilte. Seit 76 begann der Krieg unter Pompejus von Neuem gegen ihn u. wurde abwechselnd unglücklich für ihn geführt, bis er endlich 72 v. Chr. durch einen von den Römern erkauften Mörder erstochen wurde (s.u. Sertorius). M. Perperna, welcher nach ihm das Commando über die Spanier übernommen hatte, konnte nichts ausführen u. S. mußte sich den Römern unterwerfen. Die Angriffe der nördlichen Gebirgsbewohner dauerten fort; die räuberischen Lusitaner unterwarf 61 v. Chr. J. Cäsar wieder u. hielt sie in strenger Zucht. Seit 48 spielte der Bürgerkrieg zwischen Cäsar u. den Söhnen des Pompejus in S. (Hispanischer Krieg, s.u. Rom S. 285), doch hatte derselbe keinen Einfluß auf die Verfassung des Landes. Es folgten die Cantabrischen Kriege 24–18 v. Chr., in welchen die Cantabrer, welche wiederholte Einfälle in das Römergebiet gemacht hatten, nach fünfjährigem Kampf in ihren Gebirgen eingeschlossen u. zur Übergabe gezwungen wurden, mit ihnen die Asturer; sie erhielten zwar Wohnsitze im ebenen Land, empörten sich aber so oft, daß die Römer die Cantabrer ganz ausrotten wollten; um der Sklaverei zu entgehen, ermordeten sich die meisten Cantabrer selbst, die Asturer versprachen aber neuen Gehorsam. Damals umfuhr auch, um die Unternehmungen zu unterstützen, eine römische Flotte S. Nun unterwarfen die Römer auch die nördlichen Völker, außer den Basken. Augustus schickte mehre Colonien nach S., legte Landstraßen an, welche den Verkehr mit den entlegensten Völkern erleichterten, u. veranstalte eine neue Eintheilung des Landes. Seit der Vertreibung der Carthager war es nämlich in das diesseitige (Hispania citerior) u. das jenseitige S. (H. ulterior) getheilt gewesen, von denen jede Provinz ihren Proconsul, seit 200 einen Proprätor gehabt hatte; jetzt wurde das Land in drei Theile getheilt, Tarraconensis, Bätica u. Lusitania (s. oben S. 333); Bätica wurde eine sebnatorische, Tarraconensis u. Lusitania aber kaiserliche Provinzen. Der Prätor von Tarraconensis hatte consularische Gewalt u. ihm waren zwei Legaten mit drei Legionen beigegeben; sein Sitz war in Tarraco od. in Carthago Nova; Bätica verwaltete ein Prätor ohne Armee in Corduba, Lusitanien ein Proprätor. Die Finanzen verwalteten in der senatorischen Provinz Quästoren, in den kaiserlichen aber Procuratoren. Zur Schlichtung von Rechtsstreitigkeiten in letzter Instanz wurden in den 14 bedeutendsten Städten Obergerichtshöfe eingesetzt u. so viele Gerichtssprengel (Conventus juridici) abgetheilt. Die Städte erhielten nun unter den späteren Kaisern eine geordnete Verfassung (s.u. Municipium), von Vespasianus im Jahr 70 n. Chr. das Jus Latii u. von Antoninus Pius das römische Bürgerrecht, wiewohl mit einigen Beschränkungen, welche aber Caracalla auch aufhob. Die Bewohner S-s nahmen vollständig römische [354] Sitten u. Bildung an u. gehörten zu den gebildetsten Völkern des Rbmerreichs, wie denn mehre Gelehrte u. Dichter, als Seneca, Quintilianus, Lucanus u. Martialis u. mehre der besten Kaiser, als Trajanus, Hadrianus u. Theodosius geborene Spanier waren. Constantin der Große unterstellte bei seiner neuen Reichseintheilung S. dem Praefectus praetorio Galliae, welcher einen Vicarius als Gouverneur dahin sendete, u. theilte S. in sieben Provinzen; von diesen hatten Bätica, Lusitania u. Galläcia mit den Hauptstädten Hispalis, Emerita u. Bracaro jede einen Consul, dagegen Tarraconensis, Carthaginensis, Balearis u. Mauritania Tingitana (in Afrika) mit den Hauptstädten Cäsaraugusta, Carthago Nova, Palma u. Tingis jede einen Präses als Unterstatthalter, welche alle unter dem Vicarius standen. Neben diesen Civilgouverneuren standen noch, unabhängig von dem Vicarius, drei Generale als Commandanten der drei Besatzungsheere dort.
Das Christenthum, welches nach einer späteren Sage von dem älteren Jakobus zuerst in S. gepredigt worden sein soll, fand hier viele Anhänger, u. viele Spanier wurden als Kirchenlehrer u. Märtyrer berühmt. 259 u. 303 waren zwar große Christenverfolgungen, bald aber gewannen die Christen wieder die Oberhand, u. von nun an zeichnete sich S. durch Glaubenseifer aus. Unter der Herrschaft der Römer genoß S. einer langen Ruhe u. blieb seiner Lage wegen, so lange das Römische Reich bestand, von Kriegsübeln frei, stark bevölkert u. blühend. Als das Römische Reich aber verfiel, stellten sich auch in S. Empörer an die Spitze der Legionen, nahmen den Kaisertitel an u. machten sich von Rom unabhängig. Zwar wurden sie gewöhnlich bald gestürzt, doch nur um anderen Empörern Platz zu machen (s. Rom S. 290). Diese inneren Zerrüttungen machten das Land zur leichten Beute für fremde Eroberer. 406 gingen die Alanen, Sueven, Vandalen u. andere germanische Völker über den Rhein u. verheerten das Land bis gegen die Pyrenäen. Ihren Verwüstungen suchte der von den britischen Legionen 407 zum Kaiser ausgerufene Constantin zu wehren u. forderte auch S. auf sich ihm zu unterwerfen. Didymus u. Verinianus, zwei Brüder, welche S. für den rechtmäßigen Kaiser Honorius vertheidigten, wurden von Constans, dem Sohne Constantins, überwunden, welcher den Gerontius als Statthalter zurückließ u. ihm bes. die Vertheidigung der Pyrenäenpässe gegen die Barbaren auftrug; Gerontius empörte sich aber gegen Constantin u. öffnete den Deutschen die Pyrenäen.
III. Von dem Einfall der Alanen u. Germanen in S. bis zum Erscheinen der Mauren, 409–711. Im Sept. 409 drangen die Alanen, Sueven u. Vandalen wirklich in dem westlichen Theile S-s ein, verwüsteten das Land u. theilten sich 411 in dasselbe. A) Die Alanen, an Zahl die mächtigsten, erhielten bei der Theilung unter ihrem König Raspendial 411 den südwestlichen Theil von S.; aber schon 417 u. 418 wurden sie von den Römern u. den Westgothen angegriffen u. so geschwächt, daß sie, nachdem ihr König Alar in der Schlacht gefallen war, genöthigt wurden sich mit den Vandalen zu verbinden. B) Die Vandalen, hatten unter Gunderich 411 ein Anfangs kleines Reich bei Zamora u. Segovia gegründet; Andalusien u. einen Theil von Estremadura bekam ein Stamm von ihnen, die Silinger. Nach ihnen wurde ihr Wohnsitz Vandalitia (später Andalusien) benannt. 416–418 vereinten sich die Silinger, von den Römern u. Westgothen bedrängt, u. auch die Alanen mit ihnen. Seit 419 von den Römern u. Westgothen angegriffen, verloren sie 420 Bracara u. mußten sich nach Bätica zurückziehen; aber 422 ermannten sie sich, besiegten die Römer, eroberten 423 die Balearen u. Cartagena u. 425 Hispalis (Sevilla), wo Gunderich 428 starb. Sein Nachfolger Genserich wurde von Bonifacius, dem römischen Statthalter in Afrika, eingeladen dahin zu kommen u. das Land mit ihm zu theilen. Als er im Begriff war sich einzuschiffen, fielen die Sueven in sein Gebiet. Er schlug sie bei Emerita (Merida), schiffte 429 nach Afrika über u. wurde Stifter des Vandalenreiches in Afrika (s. Vandalen). Die zurückgebliebenen Vandalen verschmolzen mit den Sueven u. später mit den Westgothen. C) Das Reich der Sueven begriff unter Ermanarich (Hermerich) 409 n. Chr. das nordwestliche S., doch waren die Einwohner nicht völlig besiegt. 419 wurden sie von den Vandalen angegriffen, jedoch durch die Römer u. Westgothen befreit. Nach ihrer Niederlage durch die Vandalen bei Emerita wurden sie in den biskaischen Gebirgen eingeschlossen, jedoch wieder durch die Römer befreit. Nach fortwährenden Kriegen mit den Galiciern legte Hermerich 438 die Regierung zu Gunsten seines Sohnes Rechila nieder; dieser schlug 440 die Römer am Xenil u. besetzte die von den Vandalen verlassenen u. dann von den Römern in Besitz genommenen Provinzen Lusitanien, Andalusien u. Cartagena. Kriege mit den Römern entstanden nun, u. namentlich versuchte Vitus einen Einfall in Cartagena, wurde jedoch 440 geschlagen. Rechila st. 448 u. sein Sohn Rechiar, bereits vor seines Vaters Tode König, vermählte sich mit der Tochter des Westgothenkönigs Theoderich u. verheerte das von den Römern besessene Taraco, schloß aber 450 mit Valentinian Frieden, in welchem er Cartagena, welches die Römer damals besetzt hatten, ihm ganz abtrat. Doch bald brachen die Sueven den Frieden wieder, wurden aber 456 bei Astorga geschlagen u. Rechiar auf dem Rückzug gefangen u. auf Befehl Theoderichs hingerichtet. Theoderich hatte den südlichen Theil des Suevenlandes besetzt u. Agiulf zum Statthalter ernannt. Dieser wollte sich zum König ausrufen lassen, wurde aber von Theoderich geschlagen. Der südliche Theil der Sueven war für immer den Westgothen unterworfen, der nördliche, in den Gebirgen wohnende, hatte aber 450 Maldra zum König gewählt. Ihm entgegen trat Fratores (Frontanes) auf; als er aber starb, fielen alle Sueven dem Maldra zu. Dieser wurde 460 ermordet u. sein Sohn Remismund (Thorismund) u. dessen Bruder od. ein edler Sueve Freomar (Frumarius) theilten. Unter ihnen wurden die Römer in Lugo am Ostertage alle verrätherisch ermordet, u. dies zog ihnen einen Einfall von Theoderichs Feldherren, Sumerich, zu. Beide Könige machten nun aus, daß jeder 4 Jahre lang regieren sollte. Remismund begann, sein Bruder starb aber schon 465 u. Remismund blieb allein König. Als der Westgothenkönig Eurich 484 der Römerherrschaft in S. ein Ende machte, zogen sich die Sueven in die galicischen Gebirge zurück. Hier regierte Remismund u. seine Nachfolger. Remismund st. 468, u. da Idacius mit ihm seine Chronik schließt; so kennt[355] man seine nächsten Nachfolger nicht bestimmt; Einige nennen nach Remismund: Rechila, Theudemund, Hermanrich, Ricilian; 550 wurde Cariarich König. Er war ein Heide, war aber, nachdem St. Martin eine glückliche Cur an seinen Kindern vollbracht hatte, Christ geworden. Ihm folgte 559 sein Sohn Mir I. (Theodemir), welcher 565 auf dem Concil zu Braga dem Arianismus feierlich entsagte; diesem folgte 569 (570) sein Sohn Mir II., welcher den von dem Westgothenkönig Leovigild gedrängten Katholiken, mit welchen sich Leovigilds Sohn, Hermenegild, gegen seinen Vater empört hatte, 582 zu Hülfe ziehen wollte, aber von Leovigild eingeschlossen, mußte er von seinem Vorhaben abstehen u. starb bald darauf. Sein Sohn Eborich (Eurich) wurde 563 von Andeca entthront u. in ein Kloster geschickt. Gegen diesen zog 585 Leovigild, besiegte u. fing ihn u. schickte ihn, zum Priester geweiht, nach Badajoz. Dem Suevenreich in S. wurde so ein Ende gemacht u. Land u. Volk den Westgothen unterthan. D) Die Römer besaßen beim Einfall der Alanen u. Germanen nur auf der Ostküste S-s, im heutigen Valencia, Aragonien u. Murcia, noch einen Schatten von Macht; ihr Hauptsitz war Taraco (Tarragona). Sie beriefen die Westgothen aus Gallien zum Beistand gegen die Eindringlinge. Die Westgothen eroberten 414 Catalonien u. traten unter Wallia 416 zuerst als Verbündete der Römer auf, zerstörten 416–418 das Reich der Silinger in Südspanien u. schwächten die Alanen so, daß sie sich mit den Vandalen vereinen mußten. Gegen die Vandalen waren die Römer unter Asturius u. Maurocellus u. wieder von den Westgothen unterstützt, glücklich, aber 422 erlitten sie unter Castinius eine schwere Niederlage u. das an dieselben verlorene Lusitanien u. Andalusien kam erst nach dem Abzug der Vandalen nach Afrika, 429, wieder in ihre Gewalt. Dagegen hatten die Westgothen als Lohn einen Theil von Aragon behalten. Kaum hatten die Römer wieder Kraft gewonnen, als sie von den Sueven angegriffen u. 440 am Xenil geschlagen wurden u. die kaum gewonnenen Eroberungen diesen abtreten mußten, ja selbst aus Cartagena u. Taraco wieder vertrieben wurden. Das Ausbreiten der Westgothen in Gallien schwächte die Macht der Römer auch in S., bes. seit Attilas Besiegung 451, von wo an die spanischen Besitzungen der Römer verloren gingen, bis Eurich 484 sich der letzten römischen Besitzungen bemächtigte u. die Römer gänzlich aus S. vertrieb. So wurde S. E) Sitz des Westgothischen Reiches mit der Residenz in Toledo. Leovigild stürzte 585 das Reich der Sueven in S. u. durch die Annahme des römischen Katholicismus durch die früher arianischen Gothen unter König Reccared, 586, verschmolzen Gothen u. Römer u. dazu nahmen die Gothen auch bald noch die Römische Sprache an. Zeitig bildete sich auch die Rechtspflege u. Gesetzgebung aus, welche noch die Grundlage der spanischen Gesetzgebung ausmacht (s. oben S. 346). Nach 554 rief der Westgothenkönig Athanagild die Byzantiner gegen seinen Gegner Agila in das Land, u. diese bemächtigten sich der Südküste von S. u. behaupteten sie auch bis 615, wo sie von dem Westgothen Sisebut überwunden, auf Algarbien beschränkt u. durch Swinthila 824 gänzlich aus S. vertrieben wurden. So wurden die Gothen Herren von ganz S., s.u. Gothen S. 499. Am 19. Juli 711 wurde aber ihr König Roderich bei Xeres de Frontera von den Mauren unter Tarik geschlagen u. das Westgothische Reich vernichtet.
Die christliche Kirche in Spanien hatte, seit dem der Arianismus mit dem Einzuge der Westgothen herrschend geworden war, an dem bischöflichen Stuhle in Rom eine Stütze gesucht, als aber seit der Vertauschung des Arianismus mit dem Katholicismus unter Reccared die Kirche dieses Schutzes nicht mehr bedurfte, stand sie unter dem Erzbischof von Toledo ganz selbständig da u. wies alle Suprematsgelüste des römischen Bischofs entschieden ab. Die spanischen Christen hatten auch bis ins 11. Jahrhundert allgemein eine eigne von der römischen abweichende Liturgie, die nachmals Mozarabische genannte, welche aus ältester Zeit, u. zwar von den ersten Verkündigern des Evangeliums in S. selbst stammen sollte. Die Bischöfe wurden in der arianischen Zeit von den Gemeinden, unter den katholischen Königen auf Vorschlag der Kirchen des Sprengels von dem Könige u. seit Ende des 7. Jahrh. von dem Könige allein unter Concurrenz des Erzbischofs von Toledo ernannt. Die Geistlichen wurden von den Bischöfen ernannt, die an den von Privaten gestifteten Kirchen auf den Vorschlag der Gründer derselben. Klöster kommen einzeln seit dem 6. Jahrh. in S. vor, seit dem Siege des Katholicismus mehrten sie sich sehr. Die Einkünfte der Kirche, welche theils aus freiwilligen Gaben, theils aus dem Ertrage von liegenden Gütern entsprangen, waren Anfangs von Leistungen an den Staat frei, später nicht mehr. Nach der Mitte des 7. Jahrh. mußten sich auch die Bischöfe u. niederen Geistlichen zur Landesvertheidigung stellen, waren auch in Streitigkeiten mit Laien den weltlichen Gerichten unterworfen. Wahrscheinlich gab die Unterordnung des Clerus unter die Staatsgesetze später Veranlassung zu einer engern Verbindung der Kirche mit Rom, um sich den Gesetzen zu entziehen, weshalb König Witiza zu Anfang des 8. Jahrh. diese Verbindung verbot. Juden gab es schon unter der gothischen Regierung in S., sie wurden unter strenger geistlicher Aufsicht gehalten, weil ihre Verbindung mit denen in Afrika dem Christenthum Gefahr zu drohen schien.
IV. Von der Eroberung S-s durch die Mauren bis zur Vereinigung der Königreiche Castilien u. Aragonien, 711_–1479. A) Geschichte der Mauren in Spanien. a) Bis zum Sturz der Almohadendynastie 1220. Nach Zertrümmerung des Westgothischen Reichs erschien Musa, Statthalter des Khalifen Walid von Damask, in Afrika, dessen Araber in fanatischer Eroberungssucht zu Ende des 7. u. Anfang des 8. Jahrh. nach Nordafrika vorgedrungen waren u. dieses bis in die Gegend von Marokko überschwemmt hatten (vgl. Arabien S. 643, Khalifen S. 456 u. Mauren S. 21 etc.), u. vollendete bes. durch seinen Feldherrn Tarik bis 714 die Eroberung von S., nur einige Gebirgsgegenden in Asturien widerstanden. Da Tarik u. Musa sich entzweit hatten, berief sie der Khalif 714 zurück u. Musa setzte seinen Sohn Abd-ul Aziz als Statthalter in S. ein, welcher mit königlicher Gewalt regierte, aber weil er sich mit der Wittwe des Westgothenkönigs Roderich vermählt hatte, 715 vom Volk ermordet werde. Er hatte das Land mit Milde regiert, neue Städte gebaut, die vorhandenen befestigt, viele Araber, Mauren u. Juden waren eingewandert, so daß die Bevölkerung S-s schnell[356] stieg. Auch den Christen gewährte er Duldung, u. während der ganzen Zeit der maurischen Herrschaft in S. wurden sie in ihrem Cultus nicht gestört, nur mußten sie schwere Abgaben geben u. zwar 1/10 ihrer Einkünfte, wenn sie sich ohne Widerstand unterwarfen, 1/5 wenn sie mit Gewalt unterworfen worden waren. Sie behielten ihren eignen Gerichtsstand u. hatten einen Grafen zum obersten Beamten. Verboten war ihnen den Koran zu verspotten, den Propheten zu schelten, überhaupt den Islam zu beschimpfen, Muhammedanerinnen zu heirathen, Moslem von ihrem Glauben abspenstig zu machen u. den Feinden des Islam Hülfe zu leisten. Auch die Juden hatten keinen Druck zu erleiden u. entwickelten sich hier zur höchsten Blüthe, indem sie in den Wissenschaften sich auszeichneten u. auch in den christlichen Staaten großen Einfluß durch Handel u. Reichthum erlangten, aber meist von dem Volke wegen ihrer Habsucht gehaßt wurden. Abd-ul Aziz' Nachfolger, El Hor, nicht weniger gerecht u. mild, fiel in Südfrankreich ein u. eroberte einen Theil des gothischen Galliens. Er wurde 719 zurückberufen u. durch Zama ersetzt, welcher 721 von dem Herzog Endes bei Toulouse geschlagen wurde u. dort fiel. Nun kämpften die arabischen Statthalter mit wechselndem Glück gegen die Franken, bis Abd-ur-Rahman, welcher bis Arles u. Nismes vorgedrungen war, 732 in der Schlacht bei Poitiers von Karl Martel geschlagen wurde u. blieb. Sein Nachfolger Abd-ul-Malek hatte nicht mehr Glück u. wurde 737 seiner Bedrückungen wegen abgesetzt, ins Gefängniß geworfen u. bis 740 von Akbeh Ben Hedahadi (Aukupa od. Okpah) ersetzt, welcher sich durch Milde, Gerechtigkeit u. weise Gesetze berühmt machte. Bei einem Einfall in Frankreich 738 wurde auch er von Karl Martel geschlagen, u. in Folge dieses unglücklichen Feldzugs entkam Abd-ul-Malek 740 aus dem Kerker u. folgte auf Akbeh Ben Hedahadi als Statthalter, wurde aber 744 auch abberufen. Nun wurden die Statthalter (Abulkatiar u. 748 Jussuf) nicht mehr von dem Khalifen, welche bisher die formelle Oberherrschaft in S. behauptet hatten, sondern von den Feldherren eingesetzt, u. es entstand ein lebhafter Kampf um die Herrschaft. Dem Stamme der Omajjaden war das Khalifat von dem Abbassiden Abul Abbas entrissen u. dieselben hart verfolgt worden. Ein Omajjade, Abd-ur-Rahman I., floh nach S. u. wurde daselbst 756 von den Freunden seines Stammes zum ersten Khalifen von S. ausgerufen, welcher seine Residenz in Cordova nahm. Jussuf, welcher gegen ihn kämpfte, wurde bei Cordova geschlagen u. darauf 759 in Toledo ermordet. Die Söhne Jussufs empörten sich, wurden aber bald überwunden; dagegen sandte der abbassidische Khalif Abu Dschaafer I. el Manßur 763 eine Schaar Araber nach S., um Abdur-Rahman I. zu verjagen; viele spanische Mauren nahmen für ihn Partei, sein Feldherr eroberte Sevilla, doch verlor er es wieder. Die Häupter flohen nach Afrika, sammelten daselbst ein neues Heer u. landeten 766 abermals in S.; bemächtigten sich Andalusiens u. verheerten von da aus das Land. Eine neue Schaar landete 768 bei Tortosa. Abd-ur-Rahman I. überfiel sie aber u. vernichtete sie, jedoch erst 772 gelang es ihm die Afrikaner gänzlich zu vertreiben. Um nicht mit mehren Feinden zugleich zu kämpfen, trat er 759 Septimanien an Frankreich ab. Von den Christen in Asturien erlitt er 761 u. 765, wie später sein Nachfolger Hescham, Niederlagen. Von den Statthaltern von Huesca u. Saragossa eingeladen, überstieg Karl der Große 778 die Pyrenäen u. eroberte Navarra, Catalonien u. einen Theil von Aragonien u. bildete daraus die Spanische Mark (s.d.). Als 779 Karls Heer im Thal Roncesvalles vernichtet worden war, vertrieben die Araber die Franken aus den eroberten Provinzen, welche nun lange der Gegenstand blutiger Kriege zwischen beiden Völkern waren, s. unten. Abd-ur-Rahman I. starb 788; von seinen drei Söhnen, Suleiman, Hescham u. Abdallah, welche um den Thron kämpften, siegte Hescham I. u. regierte bis 795. Sein Sohn El Hakem I. führte mit seinem Oheim Abdallah Krieg, währenddem die Franken sich in der Spanischen Mark befestigten u. das arabische Gebiet verheerten; er st. 822. Abd-ur-Rahman II. der Siegreiche führte glückliche Kriege erst mit dem aufrührerischen Statthalter Muhammed von Merida, dann mit den christlichen Gebirgsbewohnern von Galicien u. mit den Franken, doch widerstanden ihm die Asturier u. Alfons der Keusche, König derselben, schlug ihn. Die Normannen landeten zum ersten Mal 822 auf der westlichen Küste, dann 844 u. 845 in Granada u. Andalusien u. verheerten das Land. 838 schloß Abd-ur-Rahman einen Handelsvertrag mit dem griechischen Kaiser Theophilos u. st. 852, nachdem er seit 850 eine Verfolgung über die Christen hatte ergehen lassen, weil einzelne Schwärmer unter denselben den Propheten Muhammed verspottet hatten. Muhammed I., weniger glücklich als sein Vater, mußte lange Kriege mit dem empörten Statthalter Musa von Saragossa u. dessen Sohn Ebn Lob Abdallah führen, welche von den Galiciern Beistand erhielten. Die Normannen plünderten wiederholt die andalusischen Küsten u. die Mauren wurden in mehren Gefechten, bes. von Alfons III., König von Leon, 882 in Alava u. Castilien geschlagen; Muhammed I. st. 885. Seine Söhne Almazir, bis 888, u. Abdallah wurden durch die Empörungen ihrer Statthalter so geschwächt, daß sie den Christen keinen hinreichenden Widerstand leisten konnten, u. erlitten bei Grajal de Ribera 898 eine Niederlage. Von 903–905 thaten die Galicier Einfälle in das maurische Gebiet. Ebn Lob wurde 907 bei Pampeluna geschlagen, u. von 908–911 drangen die Christen aus Navarra vor, plünderten Altcastilien u. nahmen das Land bis zum Ebro in Besitz. Die Streitigkeiten zwischen den Omajjaden u. Abbassiden zerrütteten während Abdallahs Regierung das Reich; Abdallah st. 912. Abd-ur-Rahman III. entriß zwar den Christen die Städte am Ebro u. die Provinz Rioja wieder, dagegen erlitt er gegen Leon 914–921 Verluste u. bes. 918 eine Hauptniederlage bei Talavera de la Reyna. 920 besiegte er zwar die Navarresen, doch wurde er bald darauf in den Pyrenäen überfallen u. geschlagen. Bei einem neuen Krieg mit Leon eroberten die Christen 931 Madrid u. die von ihnen gewonnenen Schlachten bei Osma 933, bei Simancas 938 u. bei Talavera 949 zeigten das Sinken der maurischen Macht. Abd-ur-Rahman III. starb 961. Von ihm stammen die herrlichen Bauwerke in Cordova her, auch war er andern Künsten u. den Wissenschaften hold. Sein Sohn El Hakem II. bestand nun mit Castilien 965 eine kurze Fehde u. starb 976. Er hinterließ einen unmündigen Sohn Hescham II., für welchen der Wesir Muhammed Ebn Almanzor (Almahadi) 22 Jahre[357] lang mit großer Kraft regierte, er besiegte in 50 Schlachten die Christen von Castilien, Leon, Galicien u. Portugal, vernichtete deren Heere u. zerstörte deren Städte, u.a. Leon 996. Eben so verheerte er Catalonien u. Navarra u. eroberte Barcelona. Endlich stellten ihm alle christlichen Fürsten in S. ein mächtiges Heer unter dem König Bermudo von Leon u. dem Grafen Garcias von Castilien entgegen u. besiegten ihn 998 in der Schlacht bei Calatagenazar. Almanzor starb bald darauf, u. sein Sohn Abd-ul-Malek führte nun als Wesir die Regierung so kraftvoll als sein Vater u. erfocht, bevor er 1005 starb, einen Sieg über die Castilianer, wo Garcias blieb. Sein Bruder Abd-ur-Rahman folgte ihm, aber seine schlechte Aufführung erbitterte dergestalt gegen ihn, daß noch in dem nämlichen Jahre, 1005, sich Muhammed Almahadi empörte, Hescham II. gefangen nahm u. einsperrte u. sich auf den Thron setzte. Diese Unruhen entkräfteten die Mauren so, daß 1006 Sancho, der Sohn Garcias', mit den Heeren von Leon, Castilien u. Navarra tief in das Land der Mauren eindringen konnte. Während Almahadi gegen diese kämpfte, befreite sich Hescham II. in Cordova, aber schnell kehrte Almahadi um u. stillte den Aufstand; doch ein neuer erhob sich 1007. Der Omajjade Suleiman wurde zum Khalifen ausgerufen u. schlug 1008 mit Hülfe Sanchos III. von Castilien den Wesir Almahadis, Alhamer, bei Cordova, mußte aber 1010 vor Almahadi, welchem die Grafen von Barcelona u. Urgel halfen, nach Afrika fliehen. Doch schon 1011 erschien Suleiman mit einem neuen Heere u. belagerte Almahadi in dem Alkazar, der Citadelle von Cordova, u. trieb denselben so in die Enge, daß er endlich Hescham II. aus dem Gefängniß entließ, um Suleiman einen Gegner zu zeigen: Hescham II. wurde nun von Neuem als Khalif anerkannt u. Almahadi enthauptet. Hescham II., wie Suleiman, bemühten sich nun um christliche Bündnisse; Erster erkannte selbst den Abdallah, Sohn Muhammed Almahadis, als König von Toledo an, aber schon 1013 nahmen dessen Gegner Toledo ein u. tödteten Abdallah. Dagegen verwüstete Suleiman mit Hülfe der afrikanischen Hülfsvölker die Gegend um Cordova, erregte da durch eine Hungersnoth in der Stadt u. stürmte 1014 dieselbe. Hescham II. floh nach Afrika u. Suleiman bestieg den Thron. Hairam, ein mächtiger Großer, ließ nun 1016 den Omajjaden Ali Ebn Hamud zum Khalifen in Malaga ausrufen, welcher 1017 Suleiman schlug, gefangen nahm u. hinrichten ließ u. nun als Khalif anerkannt wurde. Von jetzt folgte ein Thronwechsel auf den andern. Ali Ebn Hamud wurde von seinem beleidigten Wesir Hairam u. von Mundir, König von Saragossa, angegriffen, geschlagen u. 1017 entsetzt. Doch die Sieger veruneinigten sich u. Mundir zog ab, Hairam aber erklärte Abd-ur-Rahman Almortada zum Khalifen. Ali Ebn Hamud hatte indessen durch obigen Zwist wieder an Anhängern gewonnen, schlug Hairam u. eroberte Jaca, wurde aber 1018 ermordet. Hairam u. Mundir versöhnten sich nun u. erhoben Abd-ur-Rahman Almortada auf den Thron: als dieser aber der geleisteten Dienste vergaß, verließen sie ihn, u. da sich ein Gegenkönig. Alkazin, in Cordova erhob u. sich die Macht Abd-ur-Rahmans eigentlich nur auf Murcia beschränkte, so wurde dieser 1020 bei der Belagerung von Granada geschlagen u. mußte Alkazin auch Murcia überlassen. In Cordova war aber 1021 ein neuer Aufrührer, Hiaya (Dschochia) Ebn Ali, aufgestanden; allein kaum hatte er Cordova verlassen, um seinen Gegner zu bekämpfen, so nahmen die berberischen Miethstruppen den Alkazin in Cordova auf; bald wurde er aber durch einen Aufruhr der spanischen Mauren vertrieben u. Hescham III. zum Khalifen gewählt: auch dieser wurde schon 1024 wiedernach Sevilla verjagt, u. nun folgten Muhammed II., welcher jedoch 1025 vergiftet, u. Abd-ur-Rahman IV. Almortada, welcher ebenfalls bald darauf ermordet wurde, u. Hiaya Ebn Ali. Gegen diesen empörten sich Statthalter, ermordeten ihn u. schickten seinen Kopf an Hescham III nach Sevilla, welcher dort König war; doch erkannten die Cordover diesen König nicht an, sondern wählten, während Idris Ebn Ali, Hiaya's Bruder, zu Malaga den Thron prätendirte, Hescham IV. 1027 zum Khalifen; dieser mußte aber bald nach Saragossa flüchten, u. Dschalmar Ebn Muhammed war der Letzte, welcher als Khalif genannt wird.
Bis dahin war immer ein Khalif in Cordova gewesen, aber die Statthalter u. Wesire hatten oft königliche Gewalt besessen u. nahmen jetzt auch königliche Titel an, u. das Reich zerfiel nun in mehre Staaten, deren Existenz oft nur Jahre, ja nur Monate dauerte. Die einzelnen Reiche waren: aa) In Orihuela herrschte Hairam, welcher schon 1017 Wesir des Khalifen Ali Ebn Hamud u. bei fast allen folgenden Thronveränderungen thätig gewesen war (s. oben), um 1024 aber sich in Orihuela unabhängig machte u. den Königstitel annahm. Mit od. kurz nach Hairams Tod scheint das Reich Orihuela erloschen od. mit Valencia verschmolzen zu sein. bb) Toledo erscheint schon 1012, einmal unter Abdallah, Sohn des Usurpators des Khalifats, Muhammed Almahadi, als unabhängiges Reich (s. oben), indessen war dies bald durch Suleiman 1013 wieder zerstört u. Abdallah getödtet worden. 1024 machte sich der Statthalter Adafer Ali Maymon daselbst unabhängig, wurde aber vom König Ferdinand I. von Castilien 1048 genöthigt sich ihm für zinsbar zu erklären u. st. 1053. Zu seinem Sohn Ali Maymon flüchtete 1070 der König Alfons VI. von Leon, als er von seinem Bruder Sancho vom Throne verdrängt wurde. Ali schloß einen Freundschaftsbund mit ihm, welchen Alfons VI. treu hielt, als er 1072 Leon u. Castilien zurückerhielt. 1073 starb Ali Maymon u. sein Sohn Haschem folgte ihm, diesem schon 1074 dessen tyrannischer Bruder Hiaya. Von den Toledanern selbst aufgefordert, erschien König Alfons VI. von Castilien 1081 u. eroberte erst die Grenzplätze u. endlich 1085 Toledo. Hiaya trat seinen Besitz ab, erhielt freien Abzug u. ging nach Valencia (s. unten), Toledo wurde dann die Residenz Alfons' VI. cc). In Valencia machte sich Muzeik um 1025 unabhängig; später gehörte es zu Toledo, wenigstens zog sich Hiaya, König von Toledo, nach seiner Vertreibung von dort hierher zurück. 1092 wurde Hiaya von Ebn Japhat des Thrones u. Lebens beraubt; unter diesem wurde 1093 Valencia von dem Cid für Castilien erobert, 1102 aber von dem Almoraviden Jussuf (s. unten S. 359) wieder erobert u. stand unter eigenen Statthaltern dieser Familie, 1145 machte sich beim Zerfallen des Reiches der Almoraviden Muhammed in Valencia, Merida, Tolosa u. Murcia unabhängig, wurde aber 1147 von Muhammed Ebn Zat (Ebn Lob), welcher mit Almoraviden aus Afrika kam, vertrieben. Valencia[358] wurde nun Provinz von Murcia, welches Muhammed Ebn Zat zum Mittelpunkt seines Staates wählte. Als sein Reich nach seinem Tode 1172 von den Almohaden zerstört wurde, kam auch Valencia, von dessen Gebiet Tortosa, Lerida etc. an die Christen verloren gegangen war, als Provinz an die Almohaden in Marokko u. blieb es, bis 1212 auch diese fielen u. Valencia 1220 wieder eigene Herrscher erhielt; seine weitere Geschichte s. unten, S. 360. dd) In Saragossa hatte sich der Statthalter Mundir schon 1017 unabhängig gemacht, mit Hairam verbunden den Khalifen Ali Ebn Hamud enthront u. Abd-ur-Rahman Almortada einsetzen helfen, ward aber auch wieder entsetzt u. st. 1023. Außer Saragossa umfaßte sein Reich noch Huesca, Lerida, Tudela u. Gegend. Seinen Sohn Hiaya (od. Hescham) Almondasar vertrieb 1025 sein Feldherr Suleiman Ebn Hut aus dem größten Theile seines Besitzes; diesen zwang 1042 der König Ramiro I. von Aragon einen christlichen Priester in Saragossa zu dulden, u. endlich erklärte er sich 1049 für zinsbar an Ferdinand von Castilien. Als daher Suleiman 1063 von Ramiro I. von Aragon angegriffen wurde, brachte Castilien Hülfe u. Ramiro I. blieb in der Schlacht bei Saragossa 1073. Auf Suleiman folgte Almutadir Vila; dieser erklärte sich dem König von Navarra, als dieser in Saragossa einfiel, als Vasall; dennoch fielen die Christen aus Bekehrungseifer nach wie vor in das Gebiet von Saragossa ein, so 1080 u. 1085 König Sancho von Aragon u. Navarra. Auch der Graf von Barcelona nahm 1088 Saragossa die Orte ab, welche die Muhammedaner in Catalonien besaßen. 1096 versuchte Almukazin, eben König geworden, mit andern Muhammedanern dem bedrängten Huesca gegen Peter von Aragon Hülfe zu bringen, wurde aber geschlagen u. das Reich Huesca zerstört. Der Einfall der afrikanischen Almoraviden unter Jussuf u. dessen Siege über Alfons VI. von Castilien machte dem Könige von Saragossa etwas Luft, u. er vermochte sogar in Catalonien einzufallen. Doch als Jussuf starb, fiel 1114 Tudela, u. Alfons I. von Aragon eroberte 1118 Saragossa, zerstörte dies Reich u. nahm die Stadt Saragossa zur Residenz. Die Einnahme von ee) Tarragona, welches Anfangs Saragossa unterworfen, später unabhängiger Staat gewesen zu sein scheint, folgte auf die von Saragossa 1119. Auch ff) Lerida hatte zu Saragossa gehört, war später unabhängig geworden, kam jetzt an Valencia u. wurde 1149 von den Christen mit Tortosa erobert. Auch gg) Huesca, früher zu Saragossa gehörig, machte sich, wahrscheinlich während der Kriege Saragossas mit Navarra u. Aragon, unabhängig, wenigstens kommt 1085 ein eigener König von Huesca vor. Zugleich mit Saragossa war es mit Navarra u. Aragon in Krieg verwickelt u. erklärte sich endlich 1190 dem König Sancho von Navarra für zinspflichtig, um einem, ihm von Castilien drohenden Einfall zu entgehen. 1096 wurde König Abd-ur-Rahman von Alfons I. von Aragon angegriffen u. obgleich von den Königen von Saragossa, Denia u. von den Städten Lerida u. Tortosa unterstützt, unterlag er doch u. mußte sich den Aragoniern ergeben. hh) Denia wurde beim Zerfallen des Reiches der Khalifen um 1027 unabhängig. An der Küste gelegen, hatte es fast nur Fehden mit Valencia u. Murcia zu bestehen. 1123 drangen die Castilianer zuerst bis in die Gegend von Denia vor, doch war damals Denia wahrscheinlich schon mit dem Reich der Almoraviden (s. unten) in Afrika verschmolzen Als nach dem Sturz der Almoraviden Valencia wieder ein eigenes Reich wurde, gehörte Denia zu diesem, bis es sich 1244 an König Ferdinand d. Heil. von Castilien ergab. ii) Murcia. Schon mehrmals hatten sich im 11. Jahrh. einzelne, aus ihrer Hauptstadt Cordova vertriebene Khalifen nach Murcia geflüchtet u. dort ein Reich gegründet. Eigene Herrscher erhielt es wahrscheinlich bei der Theilung des Khalifats unter die Statthalter um 1027. 1070 kommen wenigstens eigene Könige vor, welche von denen von Sevilla besiegt wurden. Später regierten wieder Statthalter daselbst, welche aber Sevilla nur mit Mühe im Zaume halten konnten. 1123 drangen die Christen zuerst bis in die Gegend von Murcia vor, welches damals u. später Theil des Reiches der Almoraviden war. Bei dem Zerfallen des Reiches der Almoraviden 1145 kam Murcia an Zasodala; als dieser aber bei einem Aufruhr die Castilianer zu Hülfe rief, gerieth er mit ihnen in Streit, wurde 1146 gefangen u. bei einem Soldatenaufruhr ermordet. Murcia ward aber 1146 von Muhammed Ebn Zat (Ebn Lob), welcher mit almoravidischen Flüchtlingen aus Afrika gekommen war, sammt Valencia erobert u. bildete nun den Kern eines Staates, zu welchem auch Valencia, Tortosa u. Lerida gehörten. Als der Almohade Abdul Meno, König von Marokko, Andalusien eroberte u. 1151 Muhammed Ebn Zat angriff, schlug ihn dieser, erklärte sich aber dem König von Aragon, welcher während dem Krieg der Muhammedaner 1149 Tortosa u. Lerida erobert hatte, für zinspflichtig. In einer Schlacht gegen ihn u. Castilien fiel König Ramiro I. von Aragon. 1167 erklärte sich Ebn Zat zum Vasallen von Castilien. Er kämpfte häufig mit empörten Provinzen u. bes. mit den Almohaden in Andalusien, welche ihm aber nichts anhaben konnten. Als er 1172 starb, wurde Murcia nebst Valencia von Jussuf, König von Marokko u. Andalusien, unterworfen u. theilte nun das Schicksal Andalusiens. kk) Malaga wurde von Hiaya, dem gewesenen Khalifen, als besonderes Reich beherrscht, welcher 1021 nach seiner Vertreibung aus Cordova sich dahin flüchtete. Als er 1025 sich wieder zum Khalifen in Cordova aufwarf, wurde er vergiftet u. Idris Ebn Ali 1026 zum König ausgerufen. 1027 fiel ihm Granada durch dessen Statthalter Ebn Hut zu, u. nachdem er Sevilla erobert u. dort Hescham III. vertrieben hatte, war er König von ganz Andalusien, Almeria, Algarbien u. dem südlichen Lusitanien. Doch nahm er nun den Titel König von Sevilla an, u. Malaga war bis 1228 nur eine Provinz. ll) Sevillaod. Andalusien. Der Khalif Hescham III. (s. oben S. 357) errichtete 1024, aus Cordova verjagt, hier ein besonderes Reich, doch vertrieb ihn der König von Malaga (s. oben), Idris Ebn Ali, eroberte Andalusien, Portugal u. Cordova u. nahm in Sevilla seinen Sitz. Nach seinem Tode 1028 wurde Abu Amru Ebn Habet I. zum König gewählt, welcher bis 1041 ruhig regierte, wo ihm sein Sohn Muhammed Ebn Habet II. folgte. Ferdinand I. von Castilien bezwang ihn 1063 u. machte ihn sich tributbar. Ihm folgte 1060 sein Sohn Muhammed Ebn Habet III.; er bekriegte u. unterwarf in Kurzem Murcia u. Cordova u. nahm den Christen 1082 Calatrava u. m. a. Städte in der Mancha ab. Nach Zerstörung des Toledanischen Reiches durch Alfons VI.[359] von Castilien schlug er, mit dem König von Badajoz verbunden, 1086 Alfons VI., erklärte sich aber, da dieser seine ganze Macht gegen ihn aufbot, 1087 zum castilischen Vasallen. Seine Tochter Zaide ließ sich 1096 taufen u. vermählte sich mit Alfons VI. Dadurch entspann sich ein Bündniß u. Beide riefen den Jussuf Texefin von der Secte der Almoraviden in Afrika 1098 gegen die kleineren muhammedanischen Fürsten zu Hülfe. Jussuf fiel aber plötzlich ab, nahm Ebn Habet III. gefangen, schlug Alfons VI. bei Ruoda in la Mancha, wurde Herrscher von Sevilla, rottete das Christenthum in Andalusien aus, eroberte 1102 Valencia u. kriegte nun, abwechselnd in Sevilla u. in Marokko residirend, bis 1109 mit Alfons u. den kleineren muhammedanischen Fürsten, eroberte aber nur Talavera de la Reyna u. schickte die Nichtchristen nach Afrika. 1110 folgte ihm sein Sohn Ali Ebn Jussuf; dieser erschien sogleich in S. mit einem Heere u. belagerte Toledo u. Madrid, konnte aber nichts ausrichten u. kehrte nach Afrika zurück. Erfolglos war auch sein Einfall in Portugal u. 1113 in Castilien, sowie 1116 u. 1117 seine Züge gegen Toledo, wo er geschlagen wurde. Unter seinem Sohn Texefin (seit 1120) schlugen Alfons VII. von Castilien u. Leon u. Alfons I. von Aragon die Muhammedaner 1123 bei Alcaraz, eroberten viele Plätze u. drangen bis gegen Cordova, Jaen, Granada, ja bis gegen Denia u. Murcia vor. Dieser Einfall wurde 1126 von den Aragoniern gegen Valencia wiederholt u. auch hier ein großer Sieg erfochten. Verschwörungen gegen die schwache Regierung folgten u. viele Große flüchteten 1131 zu den Christen. König Alfons VIII. von Leon fiel in Sevilla ein, drang bis Cadiz vor u. schlug Texesin, u. König Alfons I. von Aragon belagerte Fraga, wobei er aber geschlagen ward u. fast sein ganzes Heer verlor. Erst 1135 u. 1136 gelang es den Christen, bes. den Castilianern u. Portugiesen, diese Niederlangen zu rächen. Die folgenden neun Jahre verstrichen unter fortwährenden Einfällen der Christen in Andalusien, u. Texefin, in Afrika mit inneren Unruhen beschäftigt, konnte nur wenig zur Abwehr thun. Als die spanischen Mauren sahen, daß sie von den afrikanischen keine Unterstützung zu erwarten hatten, so machten sie 1145 Verschwörungen, um sich von der Oberherrschaft der Afrikaner zu befreien. Muhammed empörte sich in Valencia u. dem östlichen S., Zafadola, von den Christen unterstützt, in Granada, Jaen u. dem übrigen Südspanien; die afrikanischen Mauren wurden niedergemacht u. mit Mühe gelang es dem Ebn Gama, Unterfeldherrn Texefin's, sein Heer in Cordova, Sevilla, Almodavar u. Carmona zu sammeln. In Cordova suchte ein anderer Feldherr Texefins, Farax Ebn Fandi, sich an die Spitze der Einwohner zu stellen, er wurde jedoch durch Zasadola ermordet. So zerfiel das Sevillanische Reich gänzlich; Muhammed bekam Valencia, Merida u. Tolosa, Zafadola Jaen, Granada u. Murcia, Ebn Faudi Cordova u. Calatrava, Ebn Gama aber Sevilla, u. dieser besiegte bald Zasadola u. Ebn Fandi, welchen er nach Andujar verjagte. Dieser, wie Ebn Gama, erklärten sich nun 1146 den Christen als Vasallen.
Zugleich siegte in Afrika die Secte der Almohaden über die der Almoraviden, u. Abdul Melo bestieg den dortigen Thron. Bald darauf landete Muhammed Ebn Zat (Ebn Lob) mit einer Schaar aus Afrika durch die Almohaden vertriebener Almoraviden u. eroberte Murcia, welches er zur Hauptstadt erhob (s. oben S. 358), Valencia u. einen Theil von Andalusien, den übrigen Theil besaß Ebn Gama ungestört. Die Castilianer, die Schwäche der Muhammedaner benutzend, nahmen 1147–48 Calatrava, Almeria, Fraga, Jaen u.a. 1149 kam aber König Abdul Melo von Marokko nach S. u. wollte mit Waffengewalt die almohadische Lehre einführen, verjagte auch Ebn Gama u. eroberte einen großen Theil der maurischen Länder in S., u. da Muhammed Ebn Zat, König von Murcia, zu schwach gegen ihn war, so verband er sich mit den Christen, erklärte sich als Vasallen von Aragonien u. vertheidigte sich glücklich gegen Abdul Melo. Fast alljährlich eroberten nun die Castilianer muhamedanische Städte, so 1154 Andujar; doch als Alfons VIII., welcher sich Kaiser in S. nannte, 1157 gestorben war, nahmen die Muhammedaner Baeza, Calatrava, Andujar u. die übrigen Eroberungen in Andalusien wieder. 1163 starb Abdul Melo, u. sein Sohn Jussuf folgte in Marokko u. S; 1166 verlor er an den König von Leon Ciudad Rodrigo, Alcantara, Albuquerque u. Evora, 1168 Badajoz an den König von Portugal. Als aber nach seinem Tode 1172 wegen der Thronfolge Streit ausbrach, bemächtigten sich schnell die Almohaden der maurischen Länder in S. Ihr König Jussuf machte, obgleich er 1177 bei Codenca geschlagen wurde, beträchtliche Eroberungen im christlichen S., welche seit seinem Tode 1184 sein Sohn Ebn Jakub bes. in Portugal vermehrte, der auch 1184 die Schlacht von Sotilla u. 1195 die große Schlacht bei Alarcos gegen den König Alfons VIII. von Castilien, wo 20,000 Christen blieben, gewann. Er nahm den Christen nun Calatrava, Alarcos, Santa Cruz, Truxillo, Plasencia etc. u. drohte noch mit größeren Eroberungen. Endlich kam es 1196 zwischen ihm u. dem Könige von Castilien zu einem sechsjährigen Waffenstillstand.
Im Anfang des 13. Jahrh. ließ der Papst das Kreuz gegen die Mauren predigen, u. mehr als 80,000 französische, deutsche u. italienische Kreuzfahrer erschienen 1211 u. 1212 in S.; allein als sie die Juden u. die Mauren, welche sich unter christlichen Schutz begeben hatten, schonen sollten u. ihnen die Plünderung derselben verboten ward, zogen sie wieder heim. Dieser Kreuzzug hatte aber Muhammed von Marokko, Ebn Jakubs Sohn, auf die Gefahr aufmerksam gemacht, welche seinen spanischen Besitzungen von den Christen drohte, u. er wollte die Macht der Christen mit einem Male zertrümmern; er rückte in eine feste Stellung bei Muradat unweit Tolosa in der Sierra Morena. Die christlichen Könige hatten ihre Streitkräfte gleichfalls vereinigt, sie eroberten die Provinz Mancha u. gelangten, von einem Schäfer über das Gebirge geführt, durch die für unüberwindlich gehaltenen Pässe. Muhammed ließ nun das Mitteltreffen seines Heeres mit eisernen Ketten umziehen, so daß kein Mann fliehen konnte, er selbst stellte sich mit dem Koran in der einen u. mit dem Säbel in der andern Hand vor sein Heer u. erwartete den Angriff der Christen. Dieser erfolgte am 16. Juli 1212. Die drei Könige, Alfons von Castilien, Peter von Aragonien u. Sanchez von Navarra, fochten selbst an der Spitze ihrer Heere; doch lange konnten sie keinen Vortheil über die Mauren gewinnen. Endlich da Sanchez auf die Kette einstürmte u. dieselbe zersprengte, löste sich das maurische Heer in [360] Flucht auf u. 100,000 Mauren sollen geblieben sein. Muhammed floh nach Afrika, u. nur sein Bruder Ebn Zaid hielt sich noch eine Zeitlang als Statthalter u. vertheidigte Alcantara, Alcaraz del Sol etc., die übrigen maurischen Statthalter machten sich aber seitdem unabhängig u. gründeten endlich seit 1220, von Zeid Arax (Zeit Barax) abfallend, als ein Aufstand in Afrika ausbrach, viele neue Staaten, als Murcia, Algarbien, Baeza, die Balearen, Granada, Niebla, Valencia u. den Freistaat Sevilla (s. unten b).
mm) Cordova war die Hauptstadt des Khalifats; als seit 1024 die Statthalter desselben sich unabhängig machten u. 1027 das Khalifat selbst mit Dschalmar Ebn Muhammed endigte, so wurde Cordova zu Sevilla geschlagen. Erst um 1050, wo der Einfall der Castilianer die Macht der Sevillaner schwächte, erhielt Cordova wieder eigene Könige, welche aber um 1063 von Muhammed Ebn Habet II., König von Sevilla, besiegt u. unterdrückt wurden. Cordova war nun wieder ein Theil von Sevilla u. stand unter den Almoraviden. Nach dem Fall dieser Dynastie bemächtigte sich 1145 Ebn Koredi Cordovas, Calatravas u. Audujars, wurde aber schon 1146 nach Andujar verjagt u. erklärte sich hier den Castilianern für zinsbar; nach dem Sturz der Dynastie der Almohaden 1220 gehörte Cordova zu Baeza; als dies 1227 zerstört wurde, schloß es sich an Sevilla u. Murcia an u. ward 1236 von den Castilianern erobert. nn) Badajo- entstand nach der Theilung des Sevillanischen Reiches 1028. 1085 kommt Omar als unabhängiger König von Badajoz vor: an ihm hatte das maurische Reich keinen ausharrenden Vertheidiger gegen Castilien; er verbündete sich zwar 1086 mit Sevilla gegen Alfons VI. von Castilien, ergab sich aber demselben schon 1087, von annähernden französischen Hülfstruppen erschreckt. In den Unruhen des 12. Jahrh. verlor dieses Reich seine Selbständigkeit u. wurde Provinz von Andalusien. oo) Granada war Anfangs eine Provinz von Sevilla, nur Zafadola machte sich 1145 mit Murcia unabhängig, verlor aber bald das Leben. Von da gehörte Granada zu Valencia. Als 1172, nach Muhammeds Tode, das Reich Valencia zerstört wurde u. an die Almohaden kam, welche Sevilla u. ganz Südspanien beherrschten, wurde Granada eine Provinz dieses Reiches. Als auch Sevilla nach Vertreibung der Marokkaner 1212 unterging, ward Granada ein eigener Staat, s. unten S. 361. pp) Baeza. Hier empörte sich Muhammed Ebn Abdallah, ein marokkanischer Prinz u. Statthalter der Almohaden, gegen diese u. besaß u.a. Städten auch Cordova. Als jedoch Ferdinand der Heilige von Castilien 1224 in sein Land einbrach, erklärte er sich für dessen Vasallen, stellte seinen Sohn als Geißel u. nahm in seine wichtigsten Schlösser, namentlich in Baeza, christliche Besatzung ein. 1227 empörte sich aber Cordova gegen ihn, u. er ward auf der Flucht ermordet. Auch die Baezaner empörten sich u. suchten das von den Christen besetzte Schloß einzunehmen, statt dessen eroberten aber die Christen die Stadt. qq) Die Balearen hatten sich 1220 unabhängig von den Almohaden gemacht u. einen eigenen König gewählt. Aber schon 1229 landete Jayme I., König von Aragon, auf Mallorca, eroberte die Hauptstadt u. zerstörte das Reich. Auch Menorca wurde 1232 erobert, die Hauptmoschee von Mallorca zur christlichen Kirche geweiht u. der Islam auf den Balearen ausgerottet. 1233 fiel auch Iviza in christliche Hände. Später scheint Menorca wieder in die Gewalt der Mauren gekommen zu sein, denn Alfons III., König von Aragonien, eroberte die Insel wieder u. trieb sämmtliche Mauren auf ihr nach Afrika.
b) Vom Sturz der Almohadendynastie bis zu Ende der maurischen Herrschaft in S. 1492. aa) In Valencia gab 1220 Abu Zeid, der Bruder des Königs Muhammed von Marokko, das Zeichen des Aufruhrs u. machte sich unabhängig, mußte aber bereits 1224 bei einem Einfall Ferdinands III. von Castilien sich zum Vasallen desselben erklären. Doch von den Christen u. bes. von Jayme I. von Aragonien fortwährend beunruhigt u. von seinen Unterthanen beschuldigt, daß er heimlich Christ sei u. deshalb dem von Aragonien bedrängten König der Balearen nicht beigestanden habe, verließ Abu Zeid 1230 seine Staaten u. wurde in Aragonien Christ. Zaen, bisher Statthalter in Denia, wurde nun König, aber Jayme I. griff sogleich Valencia an, eroberte die Hauptstadt u. vertrieb alle Muhammedaner 1238 daraus, u. als die Einwohner des platten Landes gegen ihres Königs Willen den Krieg fortsetzten, nahm König Jayme ihnen eine Stadt nach der andern ab, so 1244 Xativa, 1246 Viar u. Denia, u. befahl 1248, daß sämmtliche Muhammedaner das Königreich Valencia räumen sollten; aber dennoch währte der Kampf, bes. unter Alasdrach, fort u. erst 1277 räumten die letzten Mauren Valencia. bb) In Murcia empörte sich Ebn Hut, Statthalter der Almohaden, zuerst u. nahm diese Provinz nebst Sevilla u. ganz Andalusien in Besitz. Er erklärte die Almohaden für Ketzer u. verfolgte sie mit Feuer u. Schwert. 1224 u. 1225 wurde er vom König Ferdinand III. von Castilien besiegt. Nun stürmte das ganze christliche S. auf Murcia ein; die Könige von Castilien, Leon, Aragonien u. Portugal erfochten fast jedes Jahr Siege u. nahmen dem König Ebn Hut Städte ab, so 1230 Merida u. 1236 Cordova nach harter Belagerung, nachdem kurz zuvor Ebn Hut, als er dem bedrängten Valencia Hülfe bringen wollte, von Ebn Ramin zu Almeria ermordet worden war. Nach seinem Tode zerfiel sein Reich unter die Großen von Murcia, Granada, Niebla mit Algarbien u. in den Freistaat von Sevilla. Murcia erhielt Ebn Hudiel. Er schlug den Antrag eines Bundes mit Muhammed Alhamar gegen Ferdinand von Castilien aus u. unterwarf, als Alhamar ihn deshalb bekriegen wollte, sich 1243 dem König von Castilien als Vasallen, worauf die Castilianer Murcia in Besitz nahmen u. mehre Vesten besetzten. Dem Könige u. den Großen wurde ihr Vermögen zugesichert. So vegetirte Murcia fort, bis Muhammed Ebn Hut nach dem Fall der Reiche Valencia, Sevilla, Niebla sich 1262 mit Granada u. Marokko zu einem Streich der Verzweiflung verband u. in Castilien einfiel, jedoch bald besiegt ward. Trotz der Hülfe von Afrika wurde 1266 Murcia eingenommen u. mit Christen bevölkert, die ganze muhammedanische Einwohnerschaft aber nach Afrika vertrieben. Fast gleichzeitig mit Murcia wurde cc) Jaen aufgelöst. Dies war das kleinste maurische Reich in S., welches seit dem Einfall der Mauren als Provinz von Cordova, oft auch als eigenes Königreich bestanden hatte; König Ferdinand III. von Castilien eroberte 1234 die Hauptstadt u. vereinigte Jaen, den Titel eines Königs von Jaen annehmend, mit dem Gouvernement Andalusien. [361] dd) Freistaat Sevilla. Als das Reich Ebn Huts, Königs von Murcia, mit dessen Tode 1236 endigte, zogen die Sevillaner republikanische Formen vor u. wählten den Tafar zum Haupt des Freistaats. Als aber sich Muhammed, König von Granada, zum Vasallen von Castilien erklärte, wendete sich König Ferdinand III. von Castilien gegen Sevilla, nahm die nächsten, diesem Staate gehörigen Städte, bes. Carmona weg, belagerte Sevilla selbst u. bekam die Stadt nach zweijähriger Vertheidigung 1248 durch Übergabe. Alle Muhammedaner (300,000 Menschen) mußten die Stadt räumen, durften aber ihr Vermögen mitnehmen u. zogen nach Afrika, Granada od. Algarbien. ee) Nach dem Tode Ebn Huts, Königs von Murcia, bildete sich 1236 ebenfalls in den abgerissenen Provinzen Niebla .u Algarbien an der Südwestspitze S-s ein neues Reich, welchem Abdallah als König vorstand. Als die Muhammedaner aus Valencia u. Sevilla vertrieben waren, Murcia sich ganz unterworfen u. Granada sich zum Vasallen von Castilien erklärt hatte, unternahm 1249 Alfons III. von Portugal einen Zug nach Algarbien u. eroberte die Hauptstadt Faro, worauf der König von Niebla, Muhammed Ebn Masu (Ebn Afu), sich 1252, zum Lehnsmann des Königs Alfons X. von Castilien erklärte. Schon unter dessen Vater Ferdinand III., welcher von Kurzem verstorben war, hatte ein ähnliches Verhältniß Statt gefunden. 1253 nahm sich daher auch Castilien seines Lehnsmanns gegen Portugal an. Aber durch den Infanten Heinrich von Castilien verleitet, weigerte Muhammed 1259 dem Könige von Castilien den Tribut; indeß in dem darüber entstandenen Kriege unterlagen Beide, Heinrich floh nach Afrika u. Muhammed erhielt nach tapferer Vertheidigung von Niebla mit seinem Volk Abzug.
ff) Granada. Nach dem Tode Ebn Huts 1236 erhielt Muhammed Alhamar, ein Vornehmer aus Arjona, nach And. ein Schäfer od. Bauer, den bedeutendsten Theil von dessen Reiche, nämlich Granada, Guadix, Baeza, Arjona, Malaga. Seit 1244 bekriegte Ferdinand III. Granada u. belagerte 1245 die Hauptstadt, obschon vergebens; doch wurde Muhammed so in die Enge getrieben, daß er sich 1246 zum Vasallen von Castilien erklären u. das belagerte Jaen abtreten mußte. Als castilischer Vasall zog er mit 500 Reitern Ferdinand III. gegen Sevilla zu Hülfe. 1263 machte er noch einen Versuch, mit Murcia u. Marokko verbunden, das christliche Joch abzuschütteln, aber die Christen siegten, Murcia wurde eingenommen u. Granada schloß mit Castilien einen Waffenstillstand u. 1273 Frieden, worin es das Versprechen des Tributs erneuerte. 1275 folgte Alhamars Sohn, Muhammed Alhamir Albadik, u. schloß sogleich mit Ebn Jussuf, König von Marokko, ein Bündniß. Dieser überraschte den castilischen Feldherrn, schlug u. tödtete ihn, nahm hierauf den Infanten Don Sancho, Erzbischof von Toledo, gefangen u. ermordete ihn: doch siegte Don Lupo am andern Tage. Nun eilten von allen Seiten Verstärkungen herbei u. zwangen Ebn Jussuf zum Rückzug, u. durch den Infanten Don Sancho wurde 1276 ein Waffenstillstand vermittelt. Der 1277 wieder ausgebrochene Krieg beschränkte sich Anfangs auf die See, bis 1281 Alfons X. von Castilien mit seinem Sohn in Granada einfiel, jedoch zum Rückzug gezwungen wurde. 1282 kam ein Friede zu Stande u. Granada unterstützte sogar den Infanten Sancho gegen dessen Vater Alfons X. u. gegen den König von Marokko, Ebn Jussuf, u. lebte, als Sancho König geworden war, mit ihm im besten Einverständniß. Als Sancho 1295 starb, begann der alte Zwist von Neuem, u. mit unzufriedenen Castilianern vereinigt, fiel der König von Granada in Andalusien ein. Vergebens vermittelte der Infant Heinrich einen Waffenstillstand u. versprach dem König von Granada Entschädigung für den gemachten Kriegsaufwand, denn die Königin Mutter, Donna Maria, bestätigte den Frieden nicht, u. der Kampf währte fort, obschon innere Unruhen u. ein Krieg mit Portugal die Lage der Castilianer sehr gefährlich machten. 1298 wurde Jaen von den Muhammedanern belagert u. Quelada erobert. 1303 st. Alhamir u. sein Sohn Muhammed Ebn Alhamar folgte. Mit ihm schloß Ferdinand IV. von Castilien. 1304 Frieden, indessen wurde schon 1309 der Kampf durch die Aragonier wieder begonnen u. die Muhammedaner geschlagen Dies gab Anlaß den blinden Muhammed Ebn Athamar 1310 vom Thron zu stoßen u. zu ersäufen, u. sein Bruder Muhammed Ebn Nazer folgte. Allein schon 1312 fiel König Ferdinand IV. von Castilien in sein Gebiet ein, starb aber bald darauf, u. sein Nachfolger Alfons XI. schloß schnell Frieden. Aber nun brachen innere Unruhen in Granada aus, u. Ebn Nazer wurde 1314 aus Granada vertrieben, worauf Abu Walid Ismael an seiner Stelle König ward. 1316 brach der Kampf der Christen gegen die Mauren wieder aus, u. der König von Granada bat Hülfe von Marokko, mußte aber Besatzungen von Marokkanern in Gibraltar u. Algeciras, welche die Verbindung mit Afrika s. cherten, aufnehmen. Sein Krieg gegen die Christen war glücklich u. die beiden castilischen Infanten Peter u. Johann blieben in der Schlacht. Auf Ismael, welcher von einigen Aufrührern ermordet wurde, folgte Muhammed Ebn Alhamar, welcher den Krieg fortsetzte; Osmin, vorher sein Gegner, nun aber als Feldherr an die Spitze des Heeres gestellt, wurde 1325 von den Christen geschlagen, u. endlich erklärte sich 1330 der König von Granada wieder als Vasallen des Königs von Castilien. Kaum war aber hier Friede, als Aragonien Angriffe auf Granada machte; um sich zu rächen, unternahmen die Mauren 1331 u. 32 mehre Einfälle in Valencia. 1333 brach der Kampf mit Castilien wieder aus, Granada wurde hierbei von Marokko aus unterstützt u. suchte Gibraltar, welches die Christen belagerten, zu entsetzen. Zwar gelang dies nicht, aber bald mußten die Christen von selbst abziehen, u. es kam ein Waffenstillstandsvertrag zwischen beiden Theilen zu Stande. Bevor aber Muhammed Ebn Alhamar aus dem Felde heimkehrte, wurde er von den Söhnen Osmins 1333 ermordet, u. sein zweiter Sohn Jussuf wurde König 1339 unternahm der König von Castilien, verbunden mit denen von Aragon u. Portugal, einen neuen Raubzug gegen Granada. Die Muhammedaner unterlagen u. Abu Melek, Sohn des Königs von Marokko, blieb. Um ihn zu rächen, belagerte Aboacer, König von Marokko, 1340 Tarifa, aber die Könige von Castilien u. Portugal entsetzten diesen Platz u. schlugen das marokkanische Heer bei Salada, auch Algeciras wurde 1344 von Ersterem erobert u. Gibraltar 1349 belagert. Mehrmals bat der König von Granada in dieser Zeit um Frieden, aber Alfons XI. von Castilien schlug ihn immer[362] aus; erst mit Alfons' XI. Tod 1350 trat Waffenruhe ein, da der neue König von Castilien, Peter, seine Kräfte anderweit brauchte. 1354 ward Jussuf durch seinen Oheim Muhammed Jago ermordet u. dieser bestieg den Thron, wurde aber 1360 wieder von Muhammed Barbarossa verdrängt u. eingekerkert. Eine christliche Schaar war 1362 in Granada eingefallen; die Mauren überfielen sie aber u. machten sie nieder. Dadurch wurde der König Peter der Grausame zu einem Zuge gegen Granada veranlaßt, erschrocken ging ihm Muhammed Barbarossa 1362 mit Geschenken entgegen, ward auch freundlich aufgenommen, später aber niedergemacht. Muhammed Jago wurde nun wieder König. Als 1368 Heinrich von Trastamare seinen Bruder, Peter den Grausamen, bekriegte, stand Muhammed Letzterem bei, suchte aber dabei Jaen u. Algeciras wieder in seine Gewalt zu bekommen. Später, als Heinrich von Trastamare den Thron erhielt, kam es zu einem Waffenstillstand zwischen Castilien u. Granada, wodurch Castilien diese Plätze wieder erhielt. 1379 folgte Muhammed u. nach dessen Tode sein Sohn Muhammed Abul Hagen, u. diesem 1392 Jussuf II. Gegen ihn unternahm 1394 Don Martin Jaguez de la Barbuda, Großmeister des Alcantaraordens, eigenmächtig einen Ritterzug, bei welchem er fiel. 1396 wurde Jussufs II. Sohn, Muhammed Ebn Balba, König u. erschien persönlich zur Erneuerung des Waffenstillstandes in Toledo, brach aber 1405 denselben, schlug die Christen in Andalusien, wurde aber bald zurückgeworfen. Der Krieg dauerte nun in Belagerungen u. Raubzügen fort, bis endlich 1408 ein achtmonatlicher Stillstand eintrat. Bald darauf starb Muhammed u. sein Bruder Jussuf wurde auf den Thron gesetzt. In dem 1410 von Neuem ausgebrochenen Kriege eroberten die Christen Antequera. u. drangen bis an die Thore von Malaga vor; es kam zu einem 17 monatlichen Waffenstillstand, welcher später auf unbestimmte Zeit verlängert wurde. 1423 folgte Jussufs Sohn Muhammed Ebn Ezer; ihn vertrieb 1427 Muhammed der Kleine nach Fez, von wo er 1429, von Castilien u. von Anhängern unterstützt, zurückkehrte, Muhammed den Kleinen schlug, ihn tödten u. seine Kinder einkerkern ließ; allein da die Castilianer in Granada einfielen, bis dicht vor Granada streiften u. den König besiegten, ward derselbe 1431 von Jussuf Ben Muley, dem Enkel des von Peter dem Grausamen ermordeten Muhammed Barbarossa, welcher sich bei dem Christenheere befand u. von demselben unterstützt wurde, entthront u. Jussuf erklärte sich sogleich zum Vasallen von Castilien. Schon 1432 starb er aber u. Muhammed Ebn Ezer nahm den Thron zum dritten Male ein. Sogleich erneuerte sich der Krieg mit Castilien u. die Castilianer eroberten mehre maurische Städte. 1451 erregte sein Neffe Muhammed Ebn Osmar einen Aufstand, nahm den alten König in der Alhambra gefangen u. ließ sich zum König ausrufen. Er schloß mit dem König von Navarra ein Bündniß u. bekriegte Castilien mit Glück, u. erst 1452 wurden die Christen seiner Meister. 1453 empörte sich Ismael, der Sohn Muhammed Ebn Ezers, gegen Muhammed u. entthronte ihn, hatte aber sogleich den Aben Cerag zum Nebenkönig. Letzter wurde von den Christen unterstützt u. bald loderte der Krieg wieder empor u. währtebis 1457, wo der König mit Heinrich IV. von Castilien einen fünfjährigen Waffenstillstand schloß; 1462 entbrannte der Krieg wieder. Schon früher hatte sich Aben Cerag dem König unterworfen; nichts desto weniger lockte der König Einige von Aben Cerags Familie nach Mondujar u. ließ sie ermorden. 1464 wurde der Waffenstillstand zwischen Christen u. Castilien erneuert; aber unter Muhammed Abu Hassan (Abul Hascen), welcher seinem Vater 1465 auf den Thron gefolgt war, begann er von Neuem u. Gibraltar ward von den Christen erobert. Doch endigte 1478 ein Stillstand den Krieg.
Als Ferdinand der Katholische, König von Aragon, u. Isabella, Königin von Castilien, vermählt u. so Frieden im christlichen S. gestiftet hatten, war das ganze Streben beider die Mauren aus S. zu vertreiben u. sie gaben durchden Überfall von Zahara das Zeichen zum Kampf. Die Christen überraschten nun zunächst 1481 Alhama, u. vergebens strebten die Mauren es wieder zu erobern. Seitdem Aben Cerag, Ismaels Gegenkönig, sich demselben unterworfen hatte, war sein Geschlecht, die Abenceragen, mit dem Hof zwar in äußerem Frieden, insgeheim aber demselben feindlich gesinnt gewesen. Besonders standen die Zegris, ein anderes Geschlecht, welches an dem Hofe alle wichtigen Stellen inne hatte, demselben feindlich gegenüber. Als einer der Abenceragen, welcher ein Liebesverständniß mit einer Schwester des Königs Abu Hassan unterhielt, einst in das Schloß Alhambra bei Nacht eintieg u. verrathen wurde, lockte der König, um Rache deshalb zu nehmen, das ganze Geschlecht nach der Alhambra u. ließ sie dort in einem der Höfe niederhauen. Einige Abenceragen, welche gewarnt worden u. mcht auf das Schloß gekommen waren, sannen nun darauf ihr Geschlecht zu rächen. Der König Abu Hassan hatte zu dieser Zeit eine Renegatin, Zoradscha, zur Gemahlin genommen u. die frühere Königin Aidscha verstoßen u. zugleich deren Söhne sämmtlich ermorden lassen. Allein einer derselben, Muhammed Abu Abdallah, gewöhnlich Boabdil genannt, ließ sich mit Hülfe der Abenceragen von einem Thurm der Alhambra herab u. entkam glücklich nach Guadix. Dort empörte er sich u. vertrieb seinen Vater. Unterdessen hatte der Krieg für die Christen eine schlimme Wendung genommen, denn nach Malaga vorgedrungen, hatten sie 1483 in einer Schlacht fliehen müssen. Bald ermannten sie sich aber, schlugen den jungen Boabdil u. nahmen ihn gefangen. Sogleich bestieg Muhammed Abu Hassan den Thron wieder, dagegen ließen Ferdinand u. Isabella, um die Feindseligkeiten unter den Mauren zu nähren, den gefangenen Boabdil frei unter der Bedingung, daß er Geißeln stellte, einen Tribut von 12,000 Goldgülden zahlte u. sich zum Vasallen von S. erklärte. Abu Hassan hatte unterdessen vergebens um Frieden gebeten, bes. betrieb der Cardinal Ximenes den Krieg seit 1484. Im Jahr 1485 erschien das erste nach neuer Art organisirte Heer in Andalusien u. erschreckte, obschon es die Belagerung von Malaga aufheben mußte, die Mauren so, daß sie Abu Hassan absetzten u. ihn in die Feste Moudujar sperrten, wo er bald darauf starb. Sein Bruder, Muhammed Abu Abdallah al Zagal, wurde nun König, während sich Boabdil nach Loxa begab u. dort zum König ausgerufen wurde. Er beherrschte einige Jahre das östliche Granada, während Zagal im westlichen regierte. Beide bekriegten sich, vermochten aber keiner den anderen zu verdrängen. 1486 erschien Ferdinand der Katholische im Felde, belagerte u. nahm Loxa,[363] wo Boabdil verwundet entfloh u. kurz darauf seinen Oheim, al Zagal, von Granada vertrieb. Nun nahm Ferdinand der Katholische 1487 Malaga u. 1488 Baeza, wohin sich al Zagal geflüchtet hatte, nach siebenmonatlicher Belagerung ein, worauf al Zagal auch Guadix u. Almeria übergab u. von Ferdinand freien Aufenthalt in Andarox u. später in Afrika erhielt. Am 9. Mai 1491 schloß Ferdinand Granada, welches noch von Boabdil gehalten wurde, mit 60,000 Mann ein u. baute den Soldaten, welche die Belagerung führten, Zelte von Stein, woraus später die Stadt Santa Fé entstand. Hunger nöthigte am 2. Jan. 1492 Granada zur Übergabe, u. am 6. Jan. zogen Ferdinand u. Isabella in der Stadt ein. Die Bedingungen der Übergabe waren: Die Einwohner sollten ihre Güter, Religionsfreiheit u. Moscheen behalten u. nach Belieben bleiben od. nach Afrika auswandern dürfen; im ersten Fall sollten sie drei Jahre keine Abgaben u. dann nur die bisherigen zahlen. Boabdil zog mit seinem Gefolge nach Alpujarra, einer kleinen Gebirgsstadt, u. später nach Afrika. So endigte das Reich der Mauren in S. nach einer Dauer von 780 Jahren. Kaum war aber Granada unterworfen, als der Fanatismus der Spanier sich gegen die Zurückgebliebenen u. in ihrer Religion Verharrenden wendete. Ximenes, Erzbischof von Toledo, u. der Bischof von Granada erhielten den Auftrag sie zu bekehren. Viele nahmen die christliche Religion an, die übrigen, deren noch viele in den Gebirgen feste Sitze hatten, wurden geheimer Einverständnisse mit Afrika beschuldigt u. auf jede Weise gedrückt. Als sich aber die Mauren empörten, wurden sie mit Grausamkeit bestraft, mehre. Tausende hingerichtet, andere Tausende in die Sklaverei geführt u. nur diejenigen, welche zum Christenthume übertraten, erhielten Schonung. Die Araber in den Gebirgen griffen nun zu den Waffen. Der Kampf mit ihnen war höchst blutig, bis er endlich 1500 durch einen Vertrag geendigt wurde, nach welchem den Mauren gegen eine Abgabe von 10 Dublonen für die Familie freier Abzug nach Afrika gestattet wurde, 160,000 Dublonen wurden von den Auswanderern an den Schatz gezahlt, gleich darauf wurde den Mondejaren (Mauren in christlichen Diensten) geboten das Land zu verlassen. In Aragonien ließen die Stände die Vertreibung derselben nicht zu. Unter Philipp III. mußten auch selbst die Abkömmlinge der Mauren (Moriskos) das spanische Gebiet verlassen; 600,000 wanderten so aus diesem Lande aus. Vgl. Bleda, Chronica de los Moros de España, Valencia 1618, Fol., u. Cardame, Hist. de l'Afrique et de l'Espagne sous la domination des Arabes, Paris 1765, 3 Bde.
B) Geschichte der christlichen Staaten in S. Als nach der Schlacht bei Xeres de la Frontera 711 das Westgothenreich in S. zertrümmert worden war, rettete sich Pelayo (Pelagius), Abkömmling des Königs Chindaswinth, mit einigen Tapferen in die asturischen Gebirge u. bald wuchs die Schaar so, daß sie Einfälle in das maurische Gebiet thun konnten. Als die Araber Pelayo bei dem Berge Ansena 718 angriffen, wurden sie geschlagen u. der Verräther Appas fiel in die Hände der Christen, welche Gijon eroberten u. nun einen eigenen Staat gründeten, welcher zuerst a) Oviedo hieß. Die Christen in den Gebirgen wählten zunächst am 720 den Pelayo zum König des neuen christlichen Staates; er regierte bis 737. Ihm folgte sein Sohn Favila, u. als dieser 739 auf der Bärenjagd umkam, dessen Schwager, Alfons I. der Katholische. Dieser eroberte seit 740 Lugo, Galicien, Leon u. Castilien u. führte zuerst den Titel eines Königs von Asturien. Er befestigte die Städte, stellte die Kirchen her, sorgte für die Sicherheit seiner Unterthanen u. st. 757. Sein Sohn Froila I. hatte im Anfange mit vielen Empörungen, bes. der Vasconen u. Galicier, zu kämpfen, welche er dämpfte; als die Mauren in sein Gebiet einfielen, brachte er ihnen unter Omar 760 eine Niederlage bei, setzte seine Kämpfe gegen sie siegreich fort u. drang bis gegen Valencia vor. Seinen Kriegsruhm befleckte er durch Grausamkeiten; er ermordete 767 seinen Bruder Vimaran, welchen das Volk sehr liebte, u. wurde 768 selbst von den Anhängern desselben umgebracht. Aurelio, des Vor. Vetter, wurde nun König; gegen ihn empörten sich die Mauren u. riefen den König Abdur-Rahman zu Hülfe. Daß er sich zu einem schimpflichen Frieden habe verstehen u. den Arabern einen jährlichen Tribut an christlichen Jungfrauen zugestehen müssen, ist eine blose Sage. Sonst regierte er ruhig bis zu seinem Tode 774. Seine Nachfolger, Silo bis 783 u. Mauregato bis 788, regierten ohne Auszeichnung. Bermudo I., Bruder Aurelio's, bisher Mönch, wurde nach Mauregato's Tode aus dem Kloster gezogen u. zum König gewählt; er erfocht 791 einen großen Sieg über den maurischen König in Cordova, trat aber die Regierung 792 freiwillig dem Sohne Froila's I., Alfons II. dem Keuschen (seiner Enthaltsamkeit gegen seine Gemahlin wegen so beigenannt) ab. Er bauete Oviedo neu auf u. legte die Residenz hierher. Die Araber bekriegten ihn seit 793, er besiegte sie jedoch 794 bei Lodos, machte nun Eroberungen in Portugal, besetzte Lissabon u. Braga, nöthigte den Statthalter von Valencia 800 zur Anerkennung seiner Oberherrschaft u. vernichtete 801 die arabische Macht in Biscaya. Bei einer Verschwörung 802 wurde er gefangen u. in ein Kloster gesperrt, aber wieder befreit. Darauf führte er viele glückliche Kriege gegen die Araber, besiegte dieselben 811 bei Viseu u. 812 bei Zamora, schlug 816 Albukerim u. nöthigte denselben zum Frieden, zwang 824 den Statthalter Muhammed von Merida sich ihm zu unterwerfen, siegte 825 bei Calahorra u. überwältigte 827 Muhammed, welcher sich gegen ihn empört hatte. Unter ihm wurden 816 die angeblichen Gebeine des Apostels Jakobus aufgefunden u. für dieselben eine Kirche in Compostella gegründet. Er trat zuletzt dem Sohne Bermudo's I., Ramiro I., die Regierung ab, zog sich in die Einsamkeit zurück u. st. 842. Ramiro I. bekämpfte den Grafen Nepotian, welcher ihm die Krone streitig machte, schlug 844 die Normannen bei Coruña, eroberte 846 Alava, Calahorra u. ein großes Gebietin Portugal. 848 hatte Piniola eine Verschwörung gegen ihn gemacht, welche aber entdeckt wurde; 849 besiegte er bei Logroño die Mauren u. st. 850. Ordoño I., Ramiros Sohn u. seit 847 Mitregent, dämpfte einen Aufruhr in Alava u. schlug die Mauren; darauf befestigte er Leon u. Astorga u. gründete 856 Bisthümer daselbst; 857 besiegte er den Statthalter Musa von Saragossa u. erstürmte Abbayda. Sein Feldherr Peter schlug 859 die Normannen, er selbst überwand den Sohn des Königs von Cordova 861 u. eroberte Salamanca, dann besiegte er 865 den König Muhammed von Cordova erst zu [364] Land u. dann zur See; er st. 866. Sein Sohn Alfons III. der Große bestieg den Thron, nachdem er den Grafen Froila von Galicien, welcher ihm die Krone streitig machte, gestürzt hatte; darauf griffen ihn die Mauren an, welche er aber seit 869 in vielen Schlachten besiegte u. ihnen Simancas, Toro, Zamora, Atienza, Coimbra etc. entriß, worauf er 883 einen sechsjährigen Waffenstillstand mit ihnen schloß. Er stellte nun die verfallenen Städte her, setzte Bischöfe ein, ordnete die Verfassung des Reiches u. bekämpfte die Empörungen aufrührerischer Großen. Von diesen standen 885 Anno u. Hermenegild, dann 894 u. 895 Vitiza u. Saracin, 897 u. 898 die Brüder Froila, Nuñez, Odoario u. Bermudo auf; auch die Mauren erschienen wieder, von den Städten Astorga u. Ventosa herbeigerufen, er vernichtete aber 904 das maurische Heer bei Zamora, besiegte die Rebellen u. erweiterte aufs Neue sein Gebiet. Wegen der zur Kriegsführung vergrößerten Auflagen machte das Volk einen Aufstand, an dessen Spitze sein Sohn Garcias stand; er besiegte aber die Aufständischen, fing seinen Sohn u. warf ihn ins Gefängniß, ließ ihn aber 910 los u. legte die Regierung freiwillig nieder u. gab dem älteren Sohne, Garcias, Asturien u. Leon, dem zweiten Sohne, Ordoño, Galicien nebst einem Theil von Lusitanien, er selbst schlug noch, als Feldherr seines Sohnes, die Mauren u. st. 912. Als Garcias Ende 913 od. Anfang 914 ohne Kinder starb, erhielt sein Bruder Ordoño II. sein Land, welcher 916, nachdem er die Mauren bei Talavera de la Reyna besiegt hatte, die Residenz nach Leon verlegte u. sich dort zum König krönen ließ, wovon seit 918 das Königreich den Namen Königreich Leon führte. Um die Niederlage bei Talavera zu rächen, hatten die Mauren Hülfe aus Afrika gerufen u. griffen Leon an, wurden aber 918 wieder geschlagen. 921 zog Ordoño den Navarresen gegen die Mauren zu Hülfe, erlitt aber mit ihnen eine Niederlage. 922 lockte er den Grafen von Castilien, seinen Vasallen, weil er vermuthete, daß sich derselbe unabhängig machen wollte an seinen Hof u. ließ ihn tödten, worauf Castilien von Alcalden regiert wurde. Ordoño II. starb 923. Nach den thatenlosen u. kurzen Regierungen Froilas II., des Bruders des Vorigen, bis 923 u. Alfons IV. des Mönchs, welcher ein Sohn Ordoños II. war, bis 927, gelangte der kräftige Ramiro II., der Bruder Alfons' IV., bis 950 zur Regierung. Er bekämpfte mehrmalige Empörungen. so war Alfons IV., welcher ins Kloster gegangen war, 928 wieder gekommen u. hatte die Regierung von Neuem verlangt, wurde aber besiegt u. ins Gefängniß geworfen, wo er 932 starb Ramiro II eroberte 932 Madrid, schlug die Mauren 933 bei Osma u. 938 bei Simancas. Castilien entzog sich 933 der Lehnspflicht von Leon, kehrte aber zum Gehorsam zurück; eben so wurde Saragossa an Leon lehnspflichtig. Während seines Sohnes Ordoño III. kurzer Regierung bis 955, eroberte Ferdinand, Graf von Castilien, Corazo u. schlug die Mauren be; San Estevan. Sanchez I. der Dicke, Ordoños III. Bruder, schwang sich nach dessen Tode auf den Thron, mußte aber seinem Neffen Ordoño IV, dem Bösen weichen u. nahm seine Zuflucht zu dem König Garcias von Navarra, mit dessen u. Abd-ur-Rahmans von Cordova Beistand er 960 die Regierung wieder erhielt. Ein Jahr darauf mußte er die Unabhängigkeit Castiliens anerkennen. Sanchez mußte 964 den Bischof Sisenand von S. Jago welcher sich gegen ihn aufgelehnt hatte, förmlich bekriegen. Darauf empörte sich Graf Gonsalvo, Statthalter von Galicien, wurde aber 966 überwunden u. erhielt Verzeihung, vergiftete jedoch den König 967. Sein Sohn Ramiro III. war erst fünf Jahre alt u. seine Mutter Theresia u. seine Tante Elvira führten die Regierung. Unter ihr fielen die Normannen 976 ein u. der galicische Adel empörte sich; der König wurde 981 bei Portela de Arenas von den Aufrührern geschlagen u. st. bald darauf 982. Sein Nachfolger, Bermudo II., Ordoños III. vierter Sohn, welchen die Galicier zum König ausgerufen hatten, besaß nicht Macht genug den Mauren Widerstand zu leisten, welche 996 selbst die Stadt Leon zerstörten u. 997 in Galicien einfielen u. Compostella plünderten. 998 verband sich Bermudo mit dem König von Navarra u. Grafen von Castilien u. schlug nun die Mauren unter Alman vor 998 bei Calatagenazar gänzlich. Bei Bermudos II. Tode 999 war sein Sohn Alfons V. erst fünf Jahre alt u. folgte ihm unter Vormundschaft seiner Mutter Elvira u. des Grafen von Melenda; er baute 1016 Leon wieder auf u. zog 1027 gegen die Mauren jenseit des Duero, wurde aber bei der Belagerung von Viseu durch einen vergifteten Pfeil erschossen. Sein Sohn Bermudo III. gerieth 1032 in einen Krieg mit Navarra, welcher unglücklich für ihn ausfiel. In einem Kriege mit König Ferdinand I. von Castilien, welchem er seine Schwester Sancia verheirathet u. mehre Plätze überlassen hatte, verlor Bermudo III. 1037 bei Tamara Schlacht u. Leben. Da seine Schwester, Sancia, mit dem König von Castilien vermählt war, so wurde Leon mit Castilien vereinigt, welches seitdem der herrschende christliche Staat in S. war. Doch nicht für immer hatte das Reich Leon geendigt, es entstand vielmehr aus dem Reiche Castilien durch Theilung wieder; das erste Mal, als nach Ferdinands I. von Castilien Tode das Reich 1065 unter dessen Söhne getheilt wurde u. Alfons VI. der Alte dasselbe erhielt, bald aber von seinem Bruder, Sancho II. von Castilien, 1071 entfernt u. in das Kloster Sahagun geschickt wurde; doch erschien er nach Sancho's Ermordung 1072 wieder u. erhielt Castilien u. Leon (s. unten S. 366); zum zweiten Mal, als nach Alfons' VI. Tode 1109 dessen Tochter, Uraca, welche erst mit dem Grafen Raimund von Burgund, dann mit dem König Alfons von Navarra vermählt war, zwar Castilien erhielt, aber Leon deren Sohn Alfons VII. Ramo aus erster Ehe zu getheilt wurde. Bald wurde jedoch Alfons auch als König nach Castilen berufen u. 1123 wirklichgekrönt. Aber auch Alfons VII. theilte 1149 bei heran nahendem Alter sein Reich, u. während Sancho III. Castilien erhielt, wurde Leon dem zweiten Sohn, Ferdinand II., zu Theil u. dieser trat die Regierung 1157 nach seines Vaters Tode an. Er führte von 1158 an die Vormundschaft über seinen Neffen, Ajsons VIII. von Castilien. Nachdem er bis 1170 mehre innere Fehden u. Kriege mit Aragon für Castilien bestanden hatte, übergab er seinem für mündig erklärten Neffen 1170 die Regierung von Castilien u. st. 1188; sein Sohn erster Ehe, Alfons IX, folgte ihm in Leon. Er heirathete seine Cousine, die Prinzessin Therese von Portugal, wurde aber vom Papst wegen dieser Ehe als einer in verbotenem Grade in den Bann erklärt, dieser Bann aber, als er sich von Therese schied, wieder gelöst. 1195 verbündete er sich mit Castilien u. [365] Navarra gegen die Mauren, doch da die Castilianer allein angriffen, wurden sie geschlagen; dies führte aber zum Zwist u. endlich zum Kriege zwischen Castilien, Leon u. Navarra: doch versöhnten sich beide Theile 1197, u. zum Zeichen der Aussöhnung vermähle sich Alfons mit Berengaria von Castilien, eine Ehe, welche der Papst wegen verbotener Verwandtschaftsgrade ebenfalls nicht dulden wollte u. 1204 durch Bannerklärung deren Trennung erzwang. Doch wurde der Sprößling daraus, Ferdinand, für rechtmäßig erklärt. Berengaria kehrte nach Castilien zurück, m. sogleich brach auch 1205 ein Krieg zwischen beiden Staaten aus, welchen die Vermittelung des Papstes 1208 endigte. 1211 schlossen die christlichen Könige einen allgemeinen Bund gegen die Muhammedaner, um Muhammed, König von Marokko, aus S. zu vertreiben. Kaum war dies gelungen u. die Mauren besiegt, als Alfons Krieg gegen Portugal u. Castilien begann, welcher jedoch bald endigte. Unterdessen war Berengaria Vormünderin ihres Bruders Heinrich, Königs von Castilien, geworden, wurde aber in dieser Eigenschaft von den Laras verdrängt. Als Heinrich 1217 starb, rief Berengaria ihren Sohn Ferdinand nach Castilien, ließ ihn krönen u. behauptete sich gegen alle Versuche der Laras sich der Herrschaft zu bemächtigen. Doch Alfons IX. machte selbst Ansprüche auf die Krone von Castilien u. bekriegte nicht nur seinen Sohn, sondern faste einen solchen Haß gegen denselben, daß er in seinem Testament 1230 seine Töchter zu seinen Erben einsetzte, Kaum vermochten die beiden verwittweten Königinnen, Therese von Portugal u. Berengaria von Castilien, diesem Zwiespalt vorzubeugen u. die Thronbesteigung Ferdinands zu vermitteln. Von nun an war Leon für immer mit Castilien vereinigt.
Unter den andern christlichen Staaten in S. machte sich b) Navarra unabhängig, welches sich in der Mitte des neunten Jahrh. aus Bestandtheilen der Spanischen Mark bildete, indem Aznar, Graf von Gascogne, die Basken 831 in dortiger Gegend bezwang, nach dessen Tod sein Bruder Saucho die Herrschaft fortsetzte u. dessen Sohn Garcias um 858 den Königstitel annahm, sich mit Uraca von Aragonien vermählte u. 870 starb. Doch hießen seine Nachfolger, Garcias-Ximenez u. dessen Sohn Fortun, wieder Grafen u. erst Sancho I., des Vorigen Bruder, welcher ihm 905 folgte, nannte sich König von Pampluna; er war ein mächtiger Kriegsheld u. führte unauegesetzt glückliche Kriege gegen die Mauren bis an sei:, en. Tod 926. Sein Sohn Garcias I. führte eine lange u. ruhige Regierung, ohne sich viel an den Kriegen gegen die Mauren zu betheiligen; dagegen kämpfte sein Sohn Sancho II. Abarra, welcher ihm 970 in der Regierung gefolgt war, wiederholt, 979 u. 900, gegen jene; ebenso sein Sohn Garcias II, 994–1000, Dessen Sohn Sancho III. eroberte Sobrarvien u. Ribagorza u. erhielt durch seine Gemahlin Elvira, Schwester des letzten Königs Garcias II von Castillen, 1028 dieses Land. Unter ihm war Navarra der mächtigste christliche Staat in S. Sancho III. theilte aber 1035 das Reich u. gab seinen zweiten Sohne Ferdinand I. Castilien, dem dritten Gonsalez Sobrarvien u. Ribagorza, seinem unehelichen Sohne Ramiro Aragonien, u. der älteste, Garcias III., behielt Navarra u. Biscayaa. Garcias wurde 1042 von seinem Bruder Ferdinand angegriften, besiegte aber denselben; als er ihn 1054 in seiner Krankheit besuchte, ließ ihn Ferdinand ins Gefängniß werfen; Garcias entkam zwar u. sammelte ein neues Heer zur Rache, fiel aber 1. Sept. 1054 in der Schlacht bei Burgos. Sein Sohn Sancho IV. wurde 1076 durch seinen Bruder Ramiro ermordet, worauf Navarra größentheils an Aragonien (nur ein kleiner Theil wurde castilianisch) fiel u. unter Sancho V., Peter I. u. Alfons I. einen Theil dieses Staats ausmachte (s. unten S. 370). Als Alfons I. 1134 starb, wählten die Aragonier Ramiro II., die Navarresen aber Garcias Ramirez IV., einen Enkel des Ramiro, des Mörders von Sancho IV., u. Tochtersohn des berühmten Cid, zum König, welche: aber zu schwach war, um sich selbständig zu halten, u. bei Castilien zur Lehn ging, von welcher Abhängigkeit nach seinem Tode, 1450, sein Sohn Sancho VI. sich befreite, weshalb die Könige von Castilien u. Aragon ihm 1156 mehre Plätze wegnahmen, welche er aber im folgenden Jahre zurückeroberte; darauf verband er sich mit seinen früheren Gegnern wider die Almohaden. Aber 1172 verließ er nicht nur seine Verbündeten, sondern griff auch Aragon, dessen König gegen die Mauren zu Felde lag, an, u. erst 1179 wurde durch Vermittlung des Königs Heinrich II. von England Friede gemacht. Sancho VI. starb 1104. Sein Sohn Sancho VII., der Unerschrockene, ging nach Afrika, um die Tochter des Königs von Marokko zu heirathen; deshalb wurde er beschuldigt es mit den Mauren zu halten u. bis 1209 von Aragon bekriegt; er betheiligte sich sehr tapfer an der Schlacht bei Tolosa 16. Juli 1212 gegen die Ungläubigen, indem er die Ketten durchbrach, mit denen sich das feindliche Heer umgeben hatte (weshalb Navarra eine Kette im Wappen führt). Er trat an Castilien die Provinzen Alava, Guipuscoa u. mehre Städte ab u. hinterließ bei seinem Tode 1234 einen gefüllten Schatz. Da er selbst kinderlos war, so hatte er Jakob, König von Aragon, zum Nachfolger bestimmt, aber dieser entsagte, u. das Haus Champagne bestieg mit Thibaut I., Sohn der Donna Blanca, der Schwester Sancho's VII., den Thron von Navarra; doch that dieser nichts für sein Land, da er meist in Frankreich u. dem Heiligen Lande auf Kreuzzügen war; er starb 1253 Sein Sohn Thibaut II erhielt vom Papst Alexander IV. die Ermubniß sich u. seine Nachfolger von dem Bischof von Pampeluna als Könige salben zu lassen. Er begleitete seinen Schwiegervater, Ludwig den Heiligen, 1267 nach Palästina u. 1270 zur Belagerung von Tunis u. starb auf der Rückkehr 5. Tee. in Trapani auf Sicilien, u. mit seinem Bruder Heinrich I. dem Dicken starb 1274 der navarrische Manstammt wieder aus. Heinrichs kaum vierjährige Tochter Johanna folgte als Königin unter der Vormundschaft ihrer Mutter Blanca von Artois: als aber die Navarresen den Don Pedro Sancho von Montaign als Regenten an die Seite setzten, so fühlte sich die Königin Mutter dadurch verletzt u. ging mit ihrer Tochter nach Frankreich zum König Philipp III., welcher Eustache von Beaumarchais nach Navarra schickte, um die Ordnung u. das gute Einvernehmen zwischen der Königin u. dem Lande wiederherzustellen. Anfangs gelang, ihm dies, als er sich aber Eigenmächtigkeiten erlaubte, belagerten ihn die Navarresen in der Citadelle von Pampeluna. Um seinen Gesandten zu befreien, schickte Philipp III ein Heer unter dem Grafen Robert von Artois u. dem Connetable Herbert von Beaujon nach S.,[366] welche Ende Sept. 1276 Pampeluna mit Sturm eroberten u. dann das Land beruhigten, auch die Aragonesen, welche während der Unruhen ins Land eingefallen waren, wieder vertrieb. Im Mai 1275 wurde die Heirath der Königin Johanna mit Philipps III. Sohne, dem nachmaligen König Philipp IV. dem Schönen, beschlossen u. 1284 vollzogen, worauf Navarra mit Frankreich vereinigt wurde. Als König Karl IV. von Frankreich 1328 ohne männliche Nachkommen starb, fiel Navarra vertragsmäßig an seine Nichte Johanna II., Ludwigs X. Tochter, welche eigentlich schon 1316 nach ihres Vaters Tode hier hätte folgen sollen. Sie war seit 1317 an den Grafen Philipp von Evreux vermählt; dieser wurde mit ihr 1329 in Pampeluna gekrönt u. blieb 1349 vor Algeciras; beider Sohn Karl II. der Böse folgte bis 1387 (s. Navarra S. 724), worauf sein Sohn Karl III. der Edle den Thron bestieg u. 1425 starb. Seine Erbtochter Blanca war in zweiter Ehe an Johann II., Prinzen von Aragon, vermählt, u. so kam, da Johann II. 1458 König von Aragon wurde, Navarra an Aragon. Nach Blancas Tode 1449 machte deren Sohn Karl von Viana auf Navarra Anspruch u. nahm selbst den Königstitel als Karl IV. in Anspruch; er wurde aber von seinem Vater ins Gefängniß geworfen u. starb 1461. Nun war seine Schwester Blanca, vermählt mit König Heinrich von Castilien, eigentlich Erbin von Navarra, aber ihr Vater Johann ließ sie einkerkern u. übergab sie ihrer Stiefschwester Eleonore von Foix, welche sie vergiftete. So erbte nach Johanns Tode 1479 Eleonore, an Gaston von Foix vermählt, die Krone von Navarra. Da diese aber wenige Wochen nach ihrem Vater starb, erhielt ihr Enkel Franz Phöbus u. nach dessen Tode 1483 seine Schwester Katharina die Krone, welche mit ihrer Hand Johann von Albret bekam. Weil sich Johann mit dem König Ludwig XII. von Frankreich verband, so that ihn Papst Julius II. in den Bann u. erlaubte dem König Ferdinand dem Katholischen von Aragonien dessen Land zu erobern. Dies geschah 1512 u. 1515 vereinigte Ferdinand ganz Hoch-Navarra bis an die Pyrenäen für immer mit Aragonien u. nur Nieder-Navarra, das kleine Reich jenseit derselben, behielt Johann von Albret. Vergebens strebte nach Johanns Tode 1516 sein Sohn Heinrich II. mit Frankreichs Hülfe 1521 das Verlorne wieder zu gewinnen; Kaiser Karl V., zugleich König von S., behauptete das Eroberte, u. das spanische Navarra bis an die Pyrenäen blieb nun bei S. Johanna, Tochter Heinrichs II. u. der französischen Prinzessin Margarethe von Valois, war mit Anton von Bourbon vermählt u. folgte 1555 ihrem Vater in Nieder-Navarra, deren Sohn Heinrich III. bestieg 1589 als Heinrich IV. den französischen Thron u. vereinigte 1607 Nieder-Navarra mit der Krone Frankreich. Mehr über die Geschichte Navarras s.u. Navarra.
Außer Navarra war c) Castilien der Staat, welcher sich in S. am meisten entwickelte u. nebst Aragonien alle andern in sich aufnahm. Castilienwar ursprünglich ein kleines Gebirgsland an den Quellen des Ebro u. der Pisuerga. Von den dortigen Burgen (Castellen) führte es den Namen Castilien. Diese u. einige wenige Städte bildeten einen kleinen unabhängigen Staat unter Grafen. Es scheint von den Mauren nicht erobert od. doch nicht behauptet worden zu sein. Später erweiterten sich die Grenzen u. die Anfangs wählbaren Grafen standen unter den Königen von Asturien, doch als Ordoño II. 922 den Grafen an seinen Hof lockte u. ermorden ließ (s. oben S. 364), wählte Castilien zwei Alcalden (Richter) zu Oberhäuptern. Einer von diesen, Nuñez Rasodra, hatte einen reichen Enkel, Ferdinand Gonsalez, welcher 933 schon Castilien mit sehr weiten Grenzen besaß, sich der Oberherrschaft Leons entzog u. nur aus Furcht vor den Mauren, welche ihn bedrohten, zum Gehorsam zurückkehrte. Wegen wichtiger Dienste, welche er seinem Landesherrn geleistet hatte, wurde ihm 961 die Lehnspflicht erlassen u. er war daher der erste unabhängige Graf von Castilien u. der Erste, welcher die Grafschaft durch Erbschaft auf seinen Sohn übertrug. Er st. 970; sein Sohn Garcias I. Fernandez blieb 1005 auf einem Zuge gegen die Mauren unter Almansor; ihn rächte sein Sohn Sancho Garcias an den Ungläubigen u. starb 1020. Der von ihm vertriebene Graf von Vela ermordete 1032 seinen Nachfolger Garcias II. Sanchez zu Leon, bei dessen Vermählung mit Sancia, der Schwester des Königs Bermudo III. von Leon. Da nun nur noch eine Schwester des Ermordeten, Elvira, Gemahlin des Königs Sancho III. von Navarra vorhanden war, so fiel Castilien an diese, s. oben S. 365. Bald wurde es jedoch 1034 durch Sanchos III. Theilung wieder davon getrennt, indem es der zweite Sohn desselben, Ferdinand I., erhielt. Dieser bekam, als der Gemahl der Sancia, Erbin von Leon, 1037 auch das Königreich Leon, dessen König Bermudo III. in einer Schlacht gegen ihn blieb; eroberte, nun der mächtigste Fürst in S., 1040–44 einen großen Theil von Portugal, machte 1048 die maurischen Könige von Toledo u. Sevilla zinsbar u. erhob sich dann zum Kaiser von S. Auf der Synode zu Coyanza ordnete er 1051 das Lehnwesen u. stellte die Kirchenzucht her. Darauf mit seinem Bruder Garcias von Navarra in Zwist wegen Rioja gerathen, ließ er denselben bei einem Besuch fest setzen; Garcias entkam zwar aus der Hast, verlor aber 1054 bei Burgos Schlacht u. Leben gegen seinen Bruder. Rioja u. Alava fielen nun an Castilien. Unter Ferdinand trat der Cid (s.d.) auf u. hatte an Ferdinands Ruhme wesentlichen Theil, wie er denn auch für dessen Nachfolger Sancho u. Alfons, bei denen er jedoch neun Jahre in Ungnade stand, kämpfte. Castilien wurde 1065 nach Ferdinands I. Tode unter seine drei Söhne getheilt; Sancho II. erhielt Castilien u. die Lehnsherrschaft über Saragossa, Alfons VI. Leon u. Asturien, Garcias Galicien u. Portugal; die beiden Töchter Ferdinands I., Uraca u. Elvira, erhielten die Gebiete Zamora u. Toro. Sancho riß 1070 durch den vom Cid erfochtenen Sieg von Volpellar Leon u. 1071 Galicien an sich, fiel aber, als er auch das Erbtheil seiner Schwestern erobern wollte u. Uraca in Zamora belagerte, 1072 durch Meuchelmord. Alfons VI., welcher 1071 vertrieben u. im Kloster Sahagun gefangen gesetzt, bald aber von seiner Schwester Uraca befreit worden u. zum König von Toledo geflohen war, kehrte nun, nachdem er (nach der Sage) vor dem Cid zu Burgos seine Unschuld an der Ermordung seines Bruders beschworen hatte, zurück, entriß auch seinem, 1072 in sein Reich Galicien zurückgekehrten Bruder Garcias sein Land, brachte Alava u. Rioja von Navarra wieder an sich, eroberte bis 1080 den größten Theil des Königreichs Toledo, welches er als Neucastilien mit[367] seinem Reiche vereinigte, u. verlegte 1085 die Residenz von Burgos nach Toledo, das er 1085 erobert hatte. Die Mauren schlug er 1086 bei Coria, heirathete, da seine früheren Ehen unfruchtbar blieben, die schöne Zaide, Tochter des maurischen Königs Muhammed von Sevilla, welche sich taufen ließ u. den Namen Isabella Maria annahm. Unter ihm wurde 1086 statt der mozarabischen die römische Liturgie in Castilien angenommen. Er eroberte 1093 noch Coimbra, Lissabon u. Cintra u. belehnte 1109 Heinrich von Burgund, welcher mit seiner natürlichen Tochter Therese vermählt war, mit dem nördlichen Portugal (s.u. Portugal S. 382). Gegen die Mauren verlor er die Schlacht bei Ronda 1097 u. gegen den König von Fez, Jussuf Ebn Texefin, welcher, vom König von Sevilla herbeigerufen, diesen gefangen genommen hatte, bei Ucles 1108; dagegen siegte er bei Cordova, stürmte die Stadt u. machte die Könige von Jaen u. Sevilla wieder zinsbar. Alfons VI. st. 1109 u. ließ das Reich seiner Tochter Uraca, welche aus erster Ehe mit Raimund von Burgund einen Sohn, Alfons, hatte u. in zweiter Ehe 1108 mit dem König Alfons I. von Aragonien vermählt worden war. Dieser nahm Castilien nach dem Tode seines Schwiegervaters als Alfons (VII.) in Besitz, allein als er 1111 seine Gemahlin wegen ihres anstößigen Lebenswandels verstieß, kehrte diese in ihr Erbland Castilien zurück. Dieses Land wurde durch innere Zwiste der Großen u. durch die Angriffe des Königs von Aragonien, welcher den Besitz nicht aufgab u. 1112 die Schlacht bei Sepulveda gewann, auf das Ärgste zerrüttet, bis die Stände den Sohn der Uraca aus ihrer ersten Ehe, welcher schon 1112 König von Galicien geworden war u. von da an bis 1117 in Kriegen mit seiner Mutter lebte, 1123 als Alfons VII. (VIII.) auf den Thron hoben. Alfons VII. schloß Friede mit seinem Stiefvater Alfons I. von Aragonien u. erhielt alle Städte in Castilien u. Leon eingeräumt, wogegen er Alava u. Rioja abtrat. Er bekämpfte nun mit Glück die aufrührerischen Vasallen u. die Mauren, hatte aber viel Noth mit der Partei seiner Mutter, bis diese endlich 1126 in einem Kloster starb. Der von inneren Feinden befreite König eroberte nun 1135 Rioja wieder, machte Navarra u. Saragossa lehnspflichtig u. ließ sich dann von dem Erzbischof von Toledo in Leon zum Kaiser von Spanien krönen, wurde aber von keiner Macht außerhalb Spaniens anerkannt. Später verbanden sich seine Vasallen mit Navarra u. Aragon, u. er mußte dem König von Aragon 1140 Saragossa abtreten u. Navarra als unabhängig anerkennen. Er wendete sich nun gegen die Mauren u. eroberte mehre Städte, auch 1146 Cordova, welches er jedoch bald wieder verlor. Er theilte 1149 für den Fall seines Todes sein Reich unter seine beiden Söhne; Sancho erhielt Castilien, Burgos, Biscaya, Toledo; Ferdinand II. Leon, Asturien u. Galicien (s. oben S. 364). Alfons VII. führte nun mit Aragonien vereint 1149 einen Krieg gegen Navarra, um dieses Land zu unterwerfen, schloß jedoch 1157 Frieden. Er kriegte auch gegen die Almoraviden u. machte die muhammedanischen Reiche Valencia u. Murcia lehnspflichtig (1154–55). Noch einmal siegte er in der Schlacht von Jaen 1157 über die Mauren u. starb kurz darauf. Unter ihm wurde der Alcantaraorden gestiftet. Nun setzte sich sein Sohn Ferdinand II. in den Besitz von Leon, während Sancho III. Castilien bekam Alsbald griffen aber die Mauren das getheilte Reich an; die Tempelherren, welche das erst 1147 eroberte Calatrava nicht mehr behaupten konnten, gaben dasselbe an Sancho III zurück. Dieser starb schon 1158, u. sein Sohn Alfons VIII. (IX.) folgt ihm, noch nicht drei Jahre alt, unter Vormund schaft seines Oheims, des Königs Ferdinand II von Leon, welcher den Streit der Häuser Castro u. Lara über die Erziehung zu Gunsten der Letztern entschied. Indessen dauerten die Zwistigkeiten zwischen den Castros u. Laras fort u. verheerten nicht allein das Land, sondern machten es auch Navarra u. Aragonien möglich sich der Lehnspflicht zu entziehen. Eine fortwährende Fehde mit Aragonien steigerte noch mehr das Elend in Castilien. 1170 mündig gesprochen, vereinigte Alfons VIII., nachdem er mit Aragonien u. Navarra durch Vermittelung seines Schwiegervaters, des Königs Heinrich II. von England, 1177 Frieden geschlossen hatte, die christlichen Könige gegen die Mauren, erlitt aber doch 1185 eine Niederlage bei Sorillo u. eine noch größere bei Alarcos, wo die Castilianer die Hülfe der Navarresen u. Leonesen nicht abwarteten, sondern die Marokkaner ohne sie angriffen u. 20,000 Mann verloren. Alfons VIII. wäre verloren gewesen, hätte nicht Jussuf wegen eines Aufruhrs in Marokko einen sechsjährigen Frieden geschlossen. 1199 versuchte Alfons VIII., vereint mit Peter II. von Aragonien, den König Sancho III. von Navarra, welchen sie geheimer Verbindung mit dem König von Marokko beschuldigten, vom Throne zu stoßen; dieser wehrte sich aber tapfer. Doch bald erschien Muhammed, Jussufs Nachfolger, 1208 mit einem neuen Heere, zwang die Christen zur Einigkeit u. der Papst predigte das Kreuz. Zwar zogen die Kreuzfahrer bald wieder ab, aber Alfons VIII. u. die Könige von Navarra, Leon u. Aragonien nahmen Calatrava u. gewannen am 16. Juli 1212 die Schlacht bei Tolosa über Muhammed (s. oben S. 359). Alfons VIII. st. 1214. Er gründete die Universität Salamanca. Sein Sohn Heinrich I., 11 Jahre alt, stand unter Vormundschaft erst seiner Mutter Eleonore, dann seiner Schwester Berengaria, geschiedenen Königin von Leon. Bald riß jedoch Alvaro von Lara die Regentschaft an sich, u. schon drohte ein Bürgerkrieg zwischen Lara u. der Königin-Regentin, als Heinrich 1217 durch einen Dachziegel erschlagen wurde. Nun wurde Berengaria in Valladolid zur Königin ausgerufen, entsagte aber zu Guusien Ferdinands III. des Heiligen, ihres Sohnes von Alfons IX. von Leon, der Krone. Dieser hatte viel mit Alvaro de Lara um die Herrschaft zu kämpfen, doch der Papst vermittelte den Frieden u. Alvaro de Lara st. 1219 in der Verbannung. Nun wendete Ferdinand III. sich gegen die Mauren, machte 1224 Valencia u. 1225 Baeza nebst mehren Städten in Cordova lehnbar u. plünderte den Freistaat Sevilla. 1230 starb Alfons IX. von Leon, Ferdinands Vater, nachdem er noch aus Haß gegen seinen Sohn dessen beide Stiefschwestern zu Erbinnen von Leon eingesetzt hatte, doch vermittelten die verwittweten Königinnen diesen Erbstreit, u. Ferdinand III. wurde nunmehr als König von Castilien u. Leon anerkannt; er gab 1231 ein Grundgesetz, worin er die Untheilbarkeit des Gesammtreichs aussprach. An Macht verdoppelt u. mit Portugal verbündet, wendete er sich gegen die Mauren u. erfocht 1235 den Sieg bei Xeres de la Guadiana. 1236[368] fiel Cordova, u. nun zersplitterte sich das Muhammedanische Reich in viele kleine Staaten, welche Castilien nicht mehr Widerstand zu leisten vermochten. Murcia wurde 1243 u. Granada 1246 lehnspflichtig, 1247 von Bonifacio über eine arabische Flotte ein Seesieg an der Mündung des Guadalquivir erfochten, 1248 Sevilla eingenommen u. endlich 1250 Medina Sidonia, Cadiz u. der Rest von Andalusien erobert. Ferdinand III. st. 1252.
Unter seinem Sohne, Alfons X. dem Weisen, einem sehr gelehrten Fürsten, gerieth das Reich in großen Verfall. Ein Zwist mit England um Gascogne wurde 1253 durch die Heirath seiner Schwester Eleonore mit Heinrich III. von England beigelegt. Wegen seiner Abstammung von den Hohenstaufen (seine Großmutter Editha od. Beatrix war die Tochter des Kaisers Philipp von Schwaben) suchte er das Herzogthum Schwaben u. den deutschen Kaiserthron zu erhalten u. wurde wirklich 1257 von einigen Kurfürsten zum Kaiser gewählt (s. Deutschland S. 40), aber die Empörung seines Bruders Heinrich gegen ihn hinderte ihn 1259 nach Deutschland zu gehen. 1260 gab er seinem Lande die schon von Ferdinand III. angefangene Sammlung von Gesetzen (Leyes de las Partidas, in 7 Theilen, daher auch Las siette Partidas, als allgemeines Landrecht 1501 auf dem Reichstage zu Toro bestätigt) u. die Verordnung, daß alle öffentlichen Verhandlungen in der Landessprache abgefaßt werden sollten; er ließ auch die Cronica general de España schreiben (zum Theil noch vorhanden). Schon 1254 hatte er der Hohen Schule zu Salamanca erweiterte Privilegien u. zwei neue Lehrstühle gegeben, dann ließ er von mehr als 50 Gelehrten astronomische Tafeln (Tabulae Alphonsinae) anfertigen u. von Juden die Bibel ins Spanische übersetzen (1553 in Ferrara zuerst gedruckt). Unterdessen hatten sich alle maurischen Fürsten in Spanien 1261 vereinigt; Anfangs sah Alfons ruhig zu, endlich aber, von allen Seiten bedrängt, entwickelte er seine glänzenden Eigenschaften; er verband sich mit Aragonien, schlug 1263 das vereinigte maurische Heer von Granada u. Murcia, nahm ihnen im folgenden Frühling Xerez u. m. a. Städte u. zwang den König von Granada zum Tribut, den von Murcia unterwarf er u. vereinigte Murcia mit Castilien. Dann aber verschwendete er, wie schon früher, von Neuem die Kräfte seines Landes an dem Versuch seine Prätension auf die deutsche Kaiserkrone geltend zu machen, bis er 1275, auf Veranlassung des Papstes Gregor X., auf dieselbe resignirte. Indessen fiel sein Feldherr Lara durch den König von Granada in einer unglücklichen Schlacht. Als sein ältester Sohn, Ferdinand de la Cerda, 1275 in Toledo starb, hinterließ derselbe zwei Söhne, Alfons u. Ferdinand; nun wollten König Ludwig IX. von Frankreich, dessen Tochter Blanca die Gemahlin Ferdinands de la Cerda gewesen war, sowie Alfons X. selbst u. dessen Gemahlin, Jolanthe von Aragon, die Ansprüche ihrer beiden Enkel, Alfons u. Ferdinand, gegen Sancho, den zweiten Sohn Alfons' X., welcher als tapferer u. erfahrener Prinz von den zu Segovia 1276 versammelten Cortes zum Thronfolger bestimmt wurde, verfechten; ein Vergleich endigte den Kampf 1280, Alfons de la Cerda sollte Murcia erhalten, aber Sancho, hiermit unzufrieden, ließ auf dem Reichstag von Valladolid 1282 seinen Vater für blödsinnig erklären u. bekriegte denselben, bis 1284 der Tod Alfons' X. die Fehde endigte. Sancho IV. ließ sich nun von den Cortes anerkennen, obgleich nach dem Recht u. Testament Alfons' X. der Thron seinem älteren Neffen Alfons de la Cerda gebührte. Dieser, Anfangs vom Könige von Aragonien, zu welchem er seine Zuflucht genommen hatte, nebst seinem Bruder Ferdinand auf dem Schloß Xatifa gefangen gehalten, wurde bald freigelassen u. der König von Aragonien bediente sich seiner selbst gegen Sancho IV., dieser aber besiegte Alfons de la Cerda, gab demselben 1290 jedoch Murcia als Lehn. Zwiste mit Aragonien wurden 1291 durch eine projectirte Heirath des Königs Jayme II. mit einer Tochter Sanchos IV. ausgeglichen. 1292 schlug er den König von Marokko, eroberte Tarifa u. gab Perez de Guzman diesen Platz gegen den Infanten Johann zu vertheidigen, welcher ihn auch hielt. Unter Sancho wurde 1282 die Heilige Hermandad (s.d.) in Castilien eingeführt. Ferdinand IV. war bei dem Tode seines. Vaters. Sancho IV. 1295 erst zehn Jahre alt, daher führte seine Mutter Maria die Vormundschaft. Der Anfang seiner Regierung war sehr unruhig; der Infant Johann, Oheim Ferdinands IV., warf sich in Leon zum König auf, Alfons de la Cerda machte Ansprüche auf die Krone von Castilien, der König von Granada machte verwüstende Einfälle in Andalusien u. der König von Portugal in Castilien, der von Aragon eroberte Alicante u. mehre Plätze in Murcia. Aber in Verbindung mit dem Infanten Heinrich, dem andern Oheime Ferdinands IV., erhielt die Königin Mutter ihrem Sohne die Krone u. schloß 1305 den Vergleich von Campillo mit dem König von Aragonien, worin dieser Nordmurcia mit Alicante, Alfons u. Ferdinand de la Cerda aber beträchtliche Dotationen erhielten; mit dem König von Portugal trat Ferdinand IV. in gutes Einvernehmen u. heirathete dessen Tochter Constanze. Bald darauf entsagte aber Aragonien allen seinen Ansprüchen auf Murcia. Ferdinand IV. bekriegte 1309 Granada u. eroberte Gibraltar, starb aber 1312. Unter ihm wurde der Tempelherrnorden aufgehoben u. seine Güter dem Calatravaorden geschenkt. Um die Vormundschaft des zweijährigen Sohnes Ferdinands, Alfons XI., stritten sich Johann, der Großoheim des neuen Königs, sein Oheim Peter u. seine Mutter Constanze; seine Großmutter Maria stillte jedoch 1314, als Constanze starb, den Streit u. brachte einen Krieg gegen Granada zu Stande, welcher mit Glück geführt wurde, bis der König von Marokko zu Hülfe kam u. die Infanten Johann u. Peter 1319 blieben, worauf die Infanten Johann Emanuel u. Philipp, Verwandte des Königs, zu Vormündern ernannt wurden. Doch gegen diese erhoben sich die Großen u. ein allgemeiner Krieg entstand, als Maria starb, u. wüthete fort, bis der König, kaum 15 Jahre alt, sich 1324 für volljährig erklärte. Er reinigte das Land von Räubern, machte dem Faustrecht ein Ende, unterwarf nach vierjährigem Kampf auch den Infanten Johann Emanuel, schloß 1329 Frieden mit Aragonien u. verband sich mit ihm u. Portugal zur Vertreibung der Mauren, diese eroberten aber 1333 Gibraltar wieder. Erst 1339 beendigte Alfons XI. den Krieg, er schlug die Marokkaner u. 1340 am Flusse Salada das Heer von Granada, nahm nach zweijähriger Belagerung 1344 Algeciras u. unterwarf so aufs Neue Granada; mit Marokko aber schloß er einen Waffenstillstand auf 10 Jahre; diesen[369] brach Alfons XI. 1249, starb aber 1350 bei der Belagerung von Gibraltar. Unter ihm hatten 1349 die Städte Antheil an der Volksvertretung erhalten. Er hinterließ von Maria von Portugal einen rechtmäßigen Sohn, Peter, u. von seiner Geliebten Leonore de Guzman mehre Bastarde, nämlich Heinrich von Trastamare u. Don Friedrich, den Großmeister von S. Jago. Erster, Peter der Grausame, war von seiner Mutter u. von seinem Günstling Don Juan de Albuquerque zum Wollüstling u. Wütherich erzogen; er ließ sogleich die Geliebte seines Vaters, Leonore de Guzman, umbringen u. dann auf Betrieb seiner Mätresse, Maria de Padilla, seine Gemahlin, Blanca von Bourbon, den Tag nach der Hochzeit gefangen setzen, den Großmeister des Calatravaordens erdrosseln u. durch den Bruder seiner Mätresse ersetzen; seine Mutter mißhandelte er, u. als diese seinen natürlichen Bruder Heinrich von Trastamare zu Hülfe rief, ließ er sie erst in Toro festsetzen u. dann nach Portugal vertreiben u. mehre ihr anhängende Große 1356 hinrichten. Mit Aragonien in Krieg verwickelt, siegten Anfangs seine Feldherren de la Cerda u. Guzman, bald fielen sie aber von ihm ab, u. nun siegten die Aragonier u. die Unzufriedenen unter seinem Bruder Heinrich. Dadurch erbittert, mordete er 1357 u. 1358 seinen Bruder Friedrich, Großmeister von S. Jago, welcher mit Blanca sträflichen Umgang gehabt haben sollte; seinen Vetter Johann von Aragonien, seine Muhme die verwittwete Königin von Aragonien u. seine Base die Gemahlin des Infanten von Aragonien. Wegen seiner Scheidung von seiner Gemahlin Blanca, welche er 1361 im Gefängniß ermordete, wurde er vom Papste in den Bann gethan. 1361 kam ein Friede zwischen ihm u. Aragonien zu Stande; aber mit Muhammed Barbarossa, Usurpator von Granada, dem Bundesgenossen Aragoniens, zürnte er fort, u. als dieser mit sicherem Geleite nach Sevilla kam, um ihm zu huldigen, erstach er ihn mit eigener Hand. Die Greuelthaten Peters brachten endlich die schon lange erbitterten Castilianer 1366 zu einem allgemeinen Aufstand gegen ihn, an dessen Spitze Heinrich von Trastamare stand; von Navarra, Aragonien u. Franzosen unter Bertrand du Guesclin unterstützt, führte Heinrich ein Heer heran; Peter entfloh nach S. Jago di Compostella, ermordete den dasigen Erzbischof u. schiffte sich nach Guyenne ein. Dort gewann er den Schwatzen Prinzen von England, kehrte mit Heeresmacht zurück, schlug Heinrich 1367 bei Najera in der Provinz Burgos u. setzte sich wieder in den Besitz Castiliens. Doch Heinrich erhielt von Frankreich Hülfe u. schlug Peter in der Ebene von Montiel 14. März 1369, nahm ihn gefangen u. erstach ihn eigenhändig. Er wurde nun als Heinrich II. König, trotz der Ansprüche, welche Johann von Lancaster als der Gemahl der Constantia, der Tochter Peters des Grausamen, u. Ferdinand von Portugal, der Urenkel Sanchos IV., auf die Krone machten Engländer u. Portugiesen griffen ihn an, doch schlug er 1371 ihre Flotte, drang bis Lissabon vor u. zwang 1373 den König von Portugal zum Frieden. Durch Heirathen seiner Kinder mit Prinzen u. Prinzessinnen von Navarra u. Aragonien suchte er sich 1375 die Freundschaft dieser Staaten zu sichern, doch machten die Navarresen einen Einfall, wurden aber bei Logroño geschlagen u. zum Frieden gezwungen. Hierbei kamen ihm die von seinem Vorgänger gesammelten großen Schätze sehr zu Statten. Den König von Granada, welcher Algeciras eingenommen hatte, zwang er unter harten Bedingungen zum Waffenstillstande. Er st. 1379. Sein Sohn Johann I. führte 1381 einen Krieg mit dem König Ferdinand von Portugal u. war sehr glücklich, bis Edmund Graf von Cambridge, der andere Eidam Peters des Grausamen, den Portugiesen zu Hülfe kam; darum schloß Johann 1383 Frieden, welchen er durch seine Vermählung mit der Prinzessin Beatrix, der Tochter Ferdinands, befestigte. Vermöge dieser Heirath hatte Johann nach dem Tode seines Schwiegervaters 1383 ein Erbrecht auf Portugal. Aber durch einen Einfall in Portugal erbitterte er die Großen u. das Volk u. erregte so einen unglücklichen Krieg, in welchen sich auch Johann von Lancaster wegen seiner Ansprüche auf Castilien 1386 mischte. Mit diesem schloß der König 1387 Frieden zu Bayonne, indem er dessen Tochter Katharine mit seinem Sohne Heinrich verlobte, u. mit Portugal 1389 einen Waffenstillstand auf sechs Jahre. Er st. 1390. Unter ihm wurde durch die Cortes von Segovia 1383 die Spanische Ära in Castilien abgeschafft u. die gewöhnliche christliche eingeführt. Über die Vormundschaft Heinrichs III. des Kränklichen, seines erst elfjährigen Sohnes, entstanden unter den Großen Kriege, weshalb sich der König 1393, noch nicht 14 Jahre alt, für mündig erklärte u. weise u. gut regierte. 1400 beunruhigten afrikanische Piraten die Küsten Castiliens, seine Flotte besiegte dieselben u. eroberte Tetuan. 1401 hob er die bes. die Landleute drückende Steuer Moneda auf u. befahl überhaupt den Steuereinnehmern Rücksichtsnahme u. Milde. Aus Achtung vor Tamerlan schickte er eine Gesandtschaft an denselben, welche dieser 1402 durch eine andere mit großen Geschenken erwiderte. Der König von Granada erschien persönlich an seinem Hofe, um Verlängerung des Waffenstillstandes zu bitten, als derselbe aber den Stillstand 1406 brach, zog Heinrich gegen ihn u. besiegte ihn in zwei Schlachten; er starb Ende 1406. S. einen kaum zwei Jahre alten Sohn Johann II. bevormundete die Königin-Mutter Katharine u. sein Oheim, der Infant Ferdinand, welcher die angebotene Krone ausgeschlagen hatte. 1408 endete ein neuer achtmonatlicher Waffenstillstand die Fehde mit Granada. 1410 brach aber der Krieg wieder aus. Ferdinand eroberte Antequera u. würde vielleicht ganz Granada bezwungen haben, wäre er nicht 1412 nach Aragonien berufen worden, wo ihm der Thron zugefallen war (s. unten S. 374). Von dort verwaltete er aber nach wie vor das Reich seines Neffen gut u. treu. Ferdinand st. 1416 u. die Königin-Mutter 1418, u. Johann erklärte sich, noch nicht 13 Jahre alt, mündig. Der neue König von Aragonien, Alfons V., u. dessen Bruder Heinrich fielen nun in Castilien ein u. bemächtigten sich 1419 der Person des Königs, er wurde aber durch Alvaro de Luna befreit. Dieser war nun sein Günstling; aber die mit Luna unzufriedenen Großen zwangen den König denselben 1427 als Minister zu entlassen, doch bald sahen sie, daß nur er mit dem König auskommen könne, u. riefen ihn 1428 zurück. Bald wieder mit ihm unzufrieden, erregten sie 1429 einen Krieg zwischen Aragonien u. Castilien, in welchem die Castilianer Sieger blieben. 1439 brachen neue Unruhen aus, der König wurde 1442 von den Mißvergnügten gefangen u. genöthigt Luna nochmals zu entfernen. Doch plötzlich[370] ermannte sich der König, zog 1445 gegen die Rebellen u. trieb sie zu Paaren. Luna kehrte zurück u. stiftete eine Heirath des Königs mit der Infantin Isabella von Portugal. Diese schlug sich aber bald zu den Feinden des Ministers; er fiel abermals in Ungnade, wurde verhaftet u. enthauptet. Johann II war aber seitdem der Spielball aller Parteien u. st. 1454. Sein Sohn aus erster Ehe mit Maria von Aragonien, Heinrich IV. der Unvermögende, folgte u. überließ sich, seinem Vater ähnlich, ganz der Leitung seines ebenfalls schwachen Günstlings Pacheco, Marquis von Villena; zwar eroberte sein Heer 1462 Gibraltar, aber den Cataloniern, welche Aragoniens Oberherrschaft abwerfend, sich für Castilien erklärten, half er nicht, gerieth aber gleichwohl dadurch in Krieg mit Aragonien. Ein zweiter Günstling, Bertrand von Cueva, kam in den Verdacht der Begünstigte der Königin zu sein, u. das allgemeine Gerücht nannte die Tochter der Königin Johanna deshalb Bertrandilla u. gab dem Könige Schuld um seine Schande zu wissen. Als Heinrich dies Kind zur Erbin von Castilien einsetzen wollte, kam es zum Aufruhr, u. die Großen, von Navarra u. Aragonien, mit Geld u. Waffen unterstützt, zwangen den König seinen Bruder Alfons 1464 zum Thronerben zu bestimmen, ja sie setzten Heinrich ab u. Alfons XII. zum König ein. Als Alfons aber 1468 starb, wollte man Heinrichs Schwester, Isabella, auf den Thron erheben. Diese weigerte sich zwar dessen u. der argwöhnische König wollte sie an mehre auswärtige Fürsten vermählen, doch der Erzbischof von Toledo u. der Admirante von Castilien setzten gegen den Willen des Königs u. der Stände die Heirath Isabellens mit Ferdinand, Infanten von Aragonien, 1469 durch. Als Heinrich 1474 starb, folgte ihm seine Schwester Isabella, obgleich der König Heinrich IV. von Portugal die vorgebliche Tochter Heinrichs IV. von Castilien 1475 zur Gemahlin nahm u. Ansprüche an den Thron machte. Isabella wollte nun selbständig u. allein, ohne Zuziehung ihres Gemahls, regieren; dieser aber, um Einfluß auf sie zu gewinnen, gab vor ein unmittelbares Anrecht an dem Throne von Castilien zu haben, was Anlaß zu mehren Zwistigkeiten zwischen Ferdinand u. Isabella gab. Endlich verglichen sich Beide unter Vermittelung des Cardinals Mendoza. Der Erzbischof von Toledo, welcher die Vermählung Isabellens gestiftet hatte, fühlte sich dadurch verletzt u. veranlaßte nun den König von Portugal sein Recht auf Castilien mit dem Schwerte geltend zu machen. Lange kämpfte man unentschieden, u. erst als Ferdinand. bei Toro 1476 über die Portugiesen siegte u. Frankreich 1478 einen festen Frieden mit Castilien schloß, gab der König von Portugal seine Ansprüche auf. Kurz darauf, 1479, wurde Ferdinand der Katholische durch Johanns II. Tod König von Aragonien, u. von jetzt an war S. factisch unter einem Königspaar vereint.
Mehre ephemere Nebenstaaten waren aus Castilien hervorgegangen. Schon 1065 war d) Galicien u. Portugal ein eigener Staat geworden, indem ihn Garcias, der dritte Sohn Ferdinands I. von Castilien, zu seinem Antheil erhielt. Doch bald vertrieb der ältere Bruder, Sancho II. von Castilien, ihn u. seinen Bruder Alfons VI., König von Leon, u. nöthigte ihn zu den Mauren zu fliehen. Zwar kehrten beide Brüder nach Sanchos II. Tode zurück, aber Alfons lockte Garcias zu sich, nahm ihn im Schloß Luna gefangen u. bemächtigte sich der Länder desselben. Später, 1112, wurde Alfons VII., Enkel Alfons' VI. von Castilien u. Sohn Uracas, dessen Tochter, u. Raimunds von Burgund, zum König von Galicien gekrönt u. blieb es, so lange er mit seiner Mutter in Unfrieden lebte u. bis er 1124 König von Castilien wurde. e) Das Königreich Murcia bildete unter christlicher Herrschaft eigentlich keinen eigenen Staat, wurde aber, kurz nach der Eroberung der Christen, 1290 den Söhnen Ferdinands de la Cerda, Alfons u. Ferdinand, als Entschädigung für das ihnen eigentlich zustehende Castilien (s. oben S. 368) gegeben. Der König von Frankreich, von mütterlicher Seite der Oheim der Infanten, hatte dieselben mit Waffengewalt unterstützt u. ihre Partei in Castilien viele Unordnungen verursacht. Im Vertrage von 1284 sollte dieser Zwist ausgeglichen werden, aber König Sancho von Castillen u. Alfons de la Cerda wollten die Bedingungen nicht erfüllen, daher entbrannte der Krieg bald von Neuem, u. Alfons wurde von Aragonien unterstützt. 1290 wurde ein neuer Vergleich geschlossen, worin Alfons de la Cerda Murcia als besonderes Königreich, jedoch unter castilianischer Lehnshoheit, erhielt. Bald erneuerte sich indessen der Kampf, u. Alfons trat endlich Murcia an Aragonien ab. Von Neuem währte nun von 1295 der Krieg fort, welchen König Jayme II. von Aragonien unterstützte, bis endlich 1305 durch den Frieden von Campillo Alfons de la Cerda eine Entschädigung für seine Kronansprüche annahm u. Aragonien freiwillig seine Ansprüche auf Murcia aufgab. Auch f) Portugal ging aus Castilien hervor. In den letzten Jahren des 11. Jahrb. hatte Alfons VI. von Castilien diese Provinz den Mauren abgenommen u. belehnte seinen Eidam, Grafen Heinrich von Burgund, 1109 mit dem nördlichen Theile derselben. Nachher wurde auch der südliche Theil den Mauren entrissen u. Portugal machte sich von Castilien unabhängig, s. Portugal (Gesch.) S. 382 ff.
Gleichzeitig mit Castilien entstand aus Navarra nach dem Tode des Königs Sancho III., 1035, auch das Königreich g) Aragonien, welches Sanchos jüngster natürlicher Sohn Ramiro I. bekam. Er erhielt 1036 nach der Ermordung seines Bruders Gonsalez dessen Besitz, Sobrarvien u. Ribagorza, u. machte 1042 in Verbindung mit den Mauren von Saragossa, Huesca u. Tudela einen Einfall in Navarra, wurde aber zurückgeworfen; er fiel 1063 in einer Schlacht gegen die Saragossaner u. Castilianer. Sein Sohn Sancho I. folgte u. bekriegte 1065 mit französischer Hülfe die Mauren u. eroberte Barbastro. 1071 ließ er in seinem Staate statt der mozarabischen die römische Liturgie einführen. Nach dem Tode seines Vetters Sancho IV. von Navarra, 1076, übertrugen ihm die Stände Navarra's die Regierung (s. oben S. 365) u. er benutzte die Vergrößerung seines Gebiets, um die Mauren seit 1080 desto kräftiger zu bekriegen; er blieb bei einem dieser Kampfe 1094 vor Huesca. Sein Sohn u. Nachfolger Peter I. eroberte 1096 Huesca u. 1100 Barbastro u. st. 1104, nachdem er kurz vorher seinen einzigen Sohn Peter verloren hatte, daher folgte ihm sein Bruder Alfons I. der Streiter, welchen Beinamen er von den vielen glücklichen Kriegen gegen die Mauren erhielt. Er vermählte sich 1109 mit Uraca, Tochter u. Erbin des Königs Alfons VI. von Castilien u. Leon, welche[371] früher an Raimund von Burgund, Grafen von Galicien, vermählt war u. von ihm einen Sohn, Alfons, hatte. Nach dem Tode seines Schwiegervaters Alfons VI. (1109) nahm Alfons I. Castilien u. Leon als Alfons (VII.) im Namen seiner Gemahlin in Besitz u. den Titel eines Kaisers von Spanien an. Bald erhoben sich aber Zwistigkeiten zwischen beiden Gatten; die Königin wollte selbständig ihre Erbstaaten regieren u. trug auf Trennung ihrer Ehe an. Alfons I. ging scheinbar hierauf ein, versicherte sich aber der wichtigsten castilischen Plätze durch aragonische Truppen u. ließ die Königin auf dem Schloß Castillar gefangen setzen. Sie entkam indessen mit Hülfe ihrer Anhänger, u. nun empörte sich Galicien, wo sich der junge Infant befand, unter Arias Perez. Alfons I. versöhnte sich zwar 1111 mit Uraca, doch nur um sie bald darauf wieder wegen eines Liebesverständnisses mit dem Grafen Garcias gänzlich zu verstoßen. Nun erhob sich ein Kampf zwischen ihren Parteien; die Truppen der Königin wurden bei Campo de Espina geschlagen u. sie selbst floh nach Galicien, wo sie ihren Sohn Alfons 1112 zum König ausrufen ließ. 1114 wurde die Ehe zwischen Alfons u. Uraca getrennt u. Leon u. Castilien von Aragonien geschieden. Alfons setzte seine Kämpfe gegen die Mauren fort, eroberte nach der siegreichen Schlacht bei Daroca 1118 Saragossa, wo er nun seine Residenz nahm, 1119 Tarazona, 1121 Daroca etc., welche er mit seinem Reiche vereinigte, wogegen er aus allen andern castilischen Städten, welche er noch besaß, vertrieben wurde. Er streifte 1124 selbst gegen Cordova, Jaen u. Granada u. führte 10,000 christliche (mozarabische) Familien auf ihren Wunsch mit sich nach Aragon, was jedoch die Veranlassung wurde, daß die übrigen Mozaraber nach Afrika hinüber geschafft wurden. Er starb, nachdem er 17. Juli 1134 bei der Belagerung von Fraga von den Mauren geschlagen worden war, aus Kummer hierüber 7. Sept. Da er kinderlos war, so hatte er 1131 sein Reich den Tempelherrn vermacht; die Reichsstände achteten jedoch hierauf nicht, veruneinigten sich aber, so daß die Navarresen sich von denen von Aragonien trennten u. zu Pampeluna den Garcias Ramirez, einen Abkömmling des Königs Garcias III., zum König wählten (s. oben S. 365); die aragonischen Stände aber den Bruder des Alfons, Ramiro II. den Mönch, welcher bis dahin Mönch gewesen war, in Jacara zum König von Aragon ausriefen. Er wurde des Throns bald müde, legte die Regierung 1137 nieder u. ging in das Kloster zurück, wo er 1147 starb. Vorher setzte er fest, daß Petronella, seine zweijährige Tochter, seine Nachfolgerin u. Raimund V. Berengar, Graf von Barcelona, Reichsverweser u. im Fall er Petronella ehelichte, König werden solle. Dieser heirathete Petronella 1151 u. wurde so König von Aragon (vgl. unten S. 376). Schon früher, 1149, hatte Raimund in Castilien einen Krieg gegen Navarra begonnen, um dies Reich wieder mit Aragonien zu vereinigen, jedoch nichts ausrichten können; einem Stillstand folgte 1157 der Friede, dagegen entriß Raimund den Mauren 1149 Fraga u. Lerida. 1154 unterstützte er den König von Murcia, welcher sich für seinen Vasallen erklärte, gegen den König von Sevilla. Mit König Heinrich von England schloß er 1159 in Blaye ein Bündniß u. unterstützte denselben gegen den Grafen von Toulouse u. eben so den Grafen von Provence, seinen Neffen. Als er 1162 starb, folgte sein Sohn Alfons II.; dieser eroberte 1167 die Provence, gab sie aber 1168 seinem Bruder Peter od. Raimund Berengar auf Widerruf. 1172 erbte er die Grafschaft Roussillon von dem Grafen Guinard II. Unter ihm verheerten Kriege mit den Mauren u. seit 1172 mit Navarra das Land; 1179 brach ein neuer Krieg mit dem Grafen von Toulouse aus. Als 1181 Raimund Berengar, Graf in der Provence, starb, gab Alfons dieses Land seinem andern Bruder Sancho, nahm es ihm aber 1185 wieder u. gab ihm Roussillon u. die Cerdagne dafür; in demselben Jahre versöhnte er sich mit dem Grafen von Toulouse, unterstützte 1194 Navarra gegen Castilien u. st. 1196. Auf Alfons II. folgte in Aragon sein ältester Sohn Peter II., welcher zugleich Catalonien besaß, der zweite Sohn Alfons erhielt dagegen die Provence u. Sancho, der dritte, Roussillon. 1199 benutzte Peter, mit Castilien vereinigt, die Abwesenheit des Königs Sancho III. von Navarra aus seinen Staaten zu einem Einfall unter dem Vorwand, daß dieser König Moslem werden wolle, doch schloß er schon 1201 mit ihm einen Stillstand, welchem 1209 der Friede folgte. Währenddem machte Peter 1204 eine Reise nach Rom, wo er sich von dem Papst Innocenz III. krönen ließ u. sich für sich u. seine Nachfolger zur Zahlung eines jährlichen Zinses an den Päpstlichen Stuhl verpflichtete; 1205 unternahm er einen Zug nach der Provence u. erlöste hier seinen Bruder aus der Gefangenschaft. In damaliger Zeit wurde auch in Aragonien das Kreuz gegen die Albigenser gepredigt, doch nahmen nur wenige Ritter Theil an dem Zug, indem der König heimlich den Albigensern geneigt war u. auch sich ein großer Zug gegen Muhammed, König von Marokko, vorbereitete; Muhammed wurde 1212 bei Castro Ferrol gänzlich geschlagen. Der Graf von Toulose, Beschützer der Albigenser, ward unterdessen von dem König von Frankreich u. dem Grafen Simon von Montfort sehr bedrängt u. rief den König von Aragonien um Hülfe an. Vergebens versuchte derselbe 1213 den Streit durch persönliches Erscheinen in Frankreich zu vermitteln u. erklärte sich endlich als Schützer des Grafen von Toulouse, wofür er von dem Papste in den Bann gethan u. als Vasall der Kirche des Thrones entsetzt wurde; doch hatte dies weiter keine Folgen, da er 17. Septbr. bei Muret fiel, wo er Simon von Montfort belagerte. Sein dreijähriger Sohn Jayme (Jakob) I. der Eroberer, war noch in der Gewalt Simons von Montfort, welcher ihn erzogen hatte u. ihn erst auf Ermahnung des Papstes auslieferte; Sancho, Graf von Roussillon, wurde aber zum Vormund ernannt. Dieser strebte indessen selbst nach der Krone, dennoch trat Jayme I. die Regierung an. 1225 begann der Kampf gegen die Muhammedaner um Valencia u. die Balearischen Inseln. Ersteres erklärte sich bald für zinsbar, 1229 wurde Mallorca erobert, die Muhammedaner erschlagen u. 1232 diese Eroberung, so wie die von Menorca, auch 1233 die von Iviza vollendet, in dem folgenden Jahre der Krieg gegen Valencia erneuert, fast das ganze platte Land u. 1238 auch die Hauptstadt erobert, die muhammedanische Bevölkerung ausgetrieben u. durch Christen ersetzt u. Valencia mit Aragonien vereinigt. Später eroberte Jayme 1244 noch Xativa u. 1245 Denia u. andere Städte, welche den Mauren verblieben waren, u. schlug dieselben zu seinem Reiche. Schon früher hatte der kinderlose Sancho von Navarra Jayme I. adoptirt. Es war aber noch der[372] Schwestersohn Sanchos, Graf Thibaut von der Champagne, da, u. Jayme I. entsagte, als Sancho 1234 starb, dem Throne zu dessen Gunsten. 1243 bestimmte Jayme I., daß Alfons, sein älterer Sohn, Aragonien u. Peter Catalonien bekommen sollte. Aber Erster conspirirte gegen seinen Vater u. versuchte Alles, um ihn von seinem Vorsatz abzubringen. 1248 faßte Jayme den Entschluß alle Muhammedaner aus Valencia zu vertreiben; kaum war aber dies bekannt geworden, als ein Aufstand ausbrach, in welchem die Mauren erst 1252 bezwungen wurden. Es wurde ihnen ein Jahr gestattet, binnen welcher Zeit sie das Land räumen sollten, u. nach Verlauf desselben wanderten viele Muhammedaner nach Afrika u. dem Arabischen Spanien aus. 1258 wurde mit Frankreich ein Vertrag abgeschlossen, wonach dieses alle Lehnsrechte auf Barcelona, Gerona, Urgel, Ampurias, Cerdagna u. Roussillon, Aragonien aber auf viele französische Gebiete aufgab u. zugleich allen seinen Rechten auf die Provence, welche die Tochter des letzten Grafen Raimund Berengar Frankreich zubrachte, entsagte. Den Erbschaftsstreit zwischen den Infanten Alfons u. Peter u. zwischen Ersterem u. seinem Vater schlichtete des Ersteren Tod 1262. Jayme I. aber theilte wieder u. gab Peter Aragonien u. Catalonien, Jayme II. aber die Balearen, Roussillon u. alle Besitzungen jenseit der Pyrenäen. 1265 begann der Krieg gegen die Muhammedaner von Neuem u. diese wurden vollends aus Valencia verjagt, auch in Murcia ein Einfall gemacht, mehre Städte u. Murcia selbst 1266 erobert. 1268 nahm Jayme das Kreuz, um 1269 nach dem Gelobten Lande zu ziehen, er kam jedoch nur bis Sicilien, wo seine Flotte zerstreut wurde u. von wo er selbst nach der Heimath zurückkehrte. Zuletzt versuchte er noch einen Einfall in Granada u. st. 1276. Er war ein guter König, welcher nur den Frauen zu geneigt war u. alle schönen zu besitzen wünschte, wie er dem Erzbischof von Gerona einst, weil derselbe das Beichtgeheimniß nicht bewahrt u. seinen Vorsatz sich von der Königin Eleonore scheiden zu lassen, um Therese Vidaura zu heirathen, gemißbilligt hatte, die Zunge ausschneiden ließ, wodurch er 1246 in den Bann gerieth.
Ihm folgte sein älterer Sohn Peter III. in Aragonien, Catalonien u. Valencia, der jüngere, Jayme (Jakob) II., erhielt die Balearen, Roussillon u. Montpellier, mit dem Titel eines Königs von Mallorca unter der Oberherrlichkeit seines Bruders. Anfangs hatte Peter mit einigen unzufriedenen Großen zu kämpfen, welche er jedoch bald besiegte. Die von Castilien der Thronansprüche beraubten Kinder öerdinands de la. Lerda nahm er auf u. schützte die Fliehnden, doch kam es darum nicht zum Krieg mit Castilien. Peter hatte durch seine Gemahlin Constanze, Tochter des Königs Manfred von Sicilien, ein Anrecht auf diese Insel, welche Karl von Anjou nebst Neapel usurpirt hielt. Die Franzosen waren auf der Insel gehaßt u. Johann von Procida entwarf den Plan sie mit Hülfe des griechischen Kaisers u. Peters zu vertreiben. Peter ging gern auf diesen Plan ein u. begehrte 1281 nur Geld, um eine Flotte auszurüsten, dieses wurde ihm von dem griechischen Kaiser geschafft, u. er war mit seinen Rüstungen eben fertig, als 1282 bei der Sicilianischen Vesper alle Franzosen in Palermo u. später in ganz Sicilien ermordet u. nun Peter auf den Thron von Sicilien berufen wurde. Er segelte nach Palermo, eroberte bald die französische Flotte u. vertrieb die Franzosen, trotz der Anstrengungen Karls u. ungeachtet des päpstlichen Banns, von der Insel. Vergebens erklärte der Papst Petern des Königreichs Aragonien für verlustig, belieh Karl von Valois, Bruder des Königs von Frankreich, damit u. predigte einen Kreuzzug gegen ihn; Peter zwang aber die Priester die kirchlichen Functionen fortzusetzen (vgl. Sicilien S. 10). 1283 kehrte er über Valencia nach Aragonien zurück, ließ aber seine Gemahlin Constanze u. seinen Sohn als Reichsverweser dort. 1284 begann der König Philipp III. von Frankreich den Kriegszug gegen Aragonien, um dieses für seinen Bruder in Besitz zu nehmen, u. eroberte Gerona nach großer Schwierigkeit. Hierin wurde er von Jayme, Bruder Peters, unterstützt, welchen derselbe zu Perpignan überraschte u. gefangen nahm, der aber entkam. Dennoch siegten die Aragonier mehrmals zur See u. zu Lande, u. endlich mußte Philipp über die Porenäen zurückgehen, wo dann Gerona wieder in die Hände der Aragonier fiel. 1285 starb Peter u. vermachte seinem ältesten Sohne Alfons III. Aragonien u. Catalonien, dem zweiten, Jayme (Jakob), aber Sicilien, wo derselbe Statthalter war. Alfons war bei seines Vaters Tode auf einem Zuge gegen die Balearen begriffen, welche er eroberte u. seinen Oheim Jayme seines Reichs entsetzte. Er ließ sich hierauf in Saragossa krönen, nachdem er die bisherige Verfassung beschworen, zugleich aber erklärt hatte deshalb von der Kirche unabhängig zu sein. Er verwickelte sich durch die Anerkennung u. durch den Schutz von Alfons de la Cerda (s. oben S. 368 u. S. 370) in einen Krieg mit dem König Sancho III. von Castilien u. auch der Krieg mit Frankreich begann von Neuem. Dafür erhielt Aragonien von Alfons de la Cerda das Versprechen der Abtretung des Königreichs Murcia, welches ihm überlassen worden war. Lange gab sich der Papst alle Mühe den Frieden zwischen Frankreich, Neapel, Castilien einer- u. Aragonien andererseits zu vermitteln, bis er endlich 1291 zu Tarascon zwischen Frankreich u. Aragonien zu Stand kam. Aragonien wurde anerkannt, vom Papst der Bann aufgehoben u. von dem Hause Valois alle Ansprüche auf dasselbe aufgegeben; Mallorca blieb bei Aragonien, dagegen gab Alfons Sicilien auf u. versprach den dortigen König Jayme, seinen Bruder, nicht mehr zu unterstützen. Schon 1285 war Karl II., König von Neapel, welcher noch bei seines Vatees Lebzeiten 1283 in einem Seetreffen gefangen worden war, auf Verwendung Englands aus der aragonischen Gefangenschaft entlassen worden, hatte aber seine beiden Söhne als Bürgen der Erfüllung seiner Zusagen, nämlich den gedachten Frieden zu übermitteln, zurückgelassen, welche nun auch freigegeben wurden. Kurz nachdem der Friede geschlossen war, starb Alfons III. u. als sein Nachfolger wurde sein Bruder Jayme II., bisher König von Sicilien, entboten. Er ließ dort seine Mutter Constanze u. seinen Bruder Friedrich zurück u. eilte nach Eragonien. Um sich gegen Außen zu sichern, schloß er mit Sancho III., König von Castilien, ein Bündnis u. versprach die castilianische Prinzessin Isabella zu ehelichen. Später ging er in die Vorschläge Frankreichs u. Neapels ein u. schloß 1295 einen neuen Frieden mit diesen Staaten, in welchem er Sicilien u. alle Eroberungen in Calabrien an König Karl abzutreten versprach. Zur Bekräftigung dieses Friedens vermählte er sich, statt mit der Infantin von Castilien, nun mit einer[373] neapolitanischen Prinzessin. Dies erkannte aber Sicilien, wie sein Bruder Friedrich nicht an; Letzter wurde zum König von Sicilien ausgerufen u. suchte sich auf eigene Hand zu halten. Durch den Frieden mit Frankreich war Jayme II. in Opposition mit Castilien getreten; Alfons de la Cerda kehrte daher nach Aragonien zurück, bedrohte Castilien von hier aus u. versprach Murcia, welches auch größtentheils erobert wurde, von Neuem Aragonien. Von dem Papst fortwährend gedrängt, seinen Bruder Friedrich zu vermögen Sicilien aufzugeben, begab sich Jayme II. endlich 1298, nachdem er in Rom gewesen, dort Gonsaloniere der Stadt geworden war u. vom Papst die Belehnung mit Sardinien u. Corsica erhalten hatte, nach Sicilien, um seinen Bruder zu vertreiben, u. belagerte Syracus, allein Friedrich nöthigte ihn nach Aragonien zurückzukehren; zwar schlug er 1299 Friedrichs Flotte, aber dennoch gab er den Kampf auf u. Friedrich behielt Sicilien. Der Krieg, welchen Jayme II. für Alfons de la Cerda mit Castilien führte, wurde 1305 durch den Frieden zu Campillo mit Castilien beendigt, u. die Infanten de la Cerda, durch Domänen entschädigt, entsagten der Krone von Castilien, u. Castilien erhielt Murcia. Jaymes ganzes Streben war nun die Inseln Corsica u. Sardinien, welche er vom Papst zur Lehn trug, unter seine Botmäßigkeit zu bringen, u. die Geistlichkeit huldigte ihm ungesäumt. Wittwer geworden, vermählte er sich 1315 zum zweiten Male mit einer Prinzessin von Cypern. Der gesetzliche Thronerbe Jaymes war sein Sohn, der störrische Jayme; mit Mühe überredete ihn sein Vater zu einer Heirath mit Eleonore von Castilien, allein unmittelbar nach vollzogener Trauung verließ der Prinz, statt die Ehe zu vollziehen, die Braut. Nun nöthigte ihn sein Vater zu Gunsten seines Bruders Alfons 1319 zu entsagen. 1323 begann der Kampf der Aragonier unter Führung des Thronerben Alfons um Sardinien gegen Pisa u. Genua; der Papst stand hier gegen den König von Aragonien, indem er fürchtete, daß Jayme II., wenn er einmal Herr Sardiniens wäre, sich Siciliens wieder annehmen werde, dennoch eroberte Alfons Cagliari u. mehre andere Städte u. behauptete von jetzt an einen großen Theil der Insel, bis sich endlich 1326 die ganze Insel unterwarf. 1327 starb Jayme II. u. sein Sohn Alfons IV. der Gnädige folgte ihm. Mit Castilien schloß er 1329 Friede u. einen Bund gegen die Mauren, führte mit Genua einen kostspieligen Krieg auf Sardinien u. lebte mit seinem Sohn u. Thronfolger in stetem Zwist. Er starb 1336, von seinem Sohn Peter IV. dem Ceremoniösen gefolgt. Dieser setzte sich, trotz dem Widerspruch des Bischofs, aber unter Beistimmung der Großen, in Saragossa die Krone selbst auf, nahm gleich bei Beginn der Regierung seiner Stiefmutter Eleonore von Castilien u. deren Kindern ihre Güter, schlug mit Castilien vereinigt 1339 die Mauren auf der Höhe von Ceuta u. huldigte dem Papst zu Avignon, wurde aber in seinen Absichten auf Corsica durch Pisa u. Genua verhindert. Er vertrieb seinen Schwager Jayme III., König von Mallorca, 1343 von den Balearen u. aus Roussillon u. verleibte diese Aragonien ein. Jayme III. blieb 1349 bei einem wiederholten Versuche seine Länder wieder zu erhalten, u. sein Sohn Jayme IV. wurde gefangen vor Peter gebracht, doch entfloh der junge Prinz 1362 nach Avignon u. England u. machte mehre Versuche sein Königreich wieder zu erobern. Da Peter keinen Sohn hatte, wollte er 1347 die Krone seiner Tochter Constanze, der Gemahlin des Königs Friedrich II. von Sicilien, zuwenden, aber die Union (Ständeversammlung) von Aragonien u. Valencia entschieden, auf ein altes Testament Jaymes I. sich stützend, zu Gunsten seiner Brüder. Aufruhr in Sardinien u. seiner Stände in Aragonien u. Valencia beschäftigten ihn 1348, er wurde von den Ständen in Murcia gefangen, nach Valencia geführt u. mußte dort große Zugeständnisse machen, dagegen errangen seine Heere in Aragonien mehre Siege u. auch in Sardinien waren seine Waffen glücklich; er zerriß endlich die Concessionsacte zu Saragossa, ließ viele Vasallen hinrichten u. überwand auch die Union von Valencia. Mit Pisa gegen Genua, mit Frankreich seit 1855, mit Venedig u. Navarra verbunden, siegte er 1354 u. 1355 in Sardinien. Da verwickelte ihn 1355 ein Zufall in Krieg mit Peter dem Grausamen von Castilien, u. kaum hatte er mit Granada verbunden einen Sieg erfochten u. Frieden geschlossen, als eine neue Fehde sich mit Castilien entspann, worin er mehre Städte verlor. Ein Friede, welchen der Papst vermittelte, endigte 1361 diesen Kampf, vermöge dessen die Castilianer Aragonien verlassen mußten. Aber schon 1362 erklärten Castilien u. Navarra Aragonien von Neuem den Krieg, welcher im Ganzen wieder unglücklich für letzteres ausfiel, obschon Peter IV. das von den Castilianern bedrängte Valencia entsetzte. Während dessen ließ Peter IV. seinen geschickten Feldherrn u. Minister Bernhard von Cabrera gefangen nehmen u. in Folge einer Cabale, an deren Spitze die Königin stand, 1364 hinrichten. Nach dem Tode Peters des Grausamen von Castilien, 1369, verlangte Peter IV., daß ihm der neue König Heinrich von Castilien Murcia u. mehre, ihm vermöge alter Tractaten zukommende Länder abtreten sollte, da dieser aber das abschlug, so währte der Kampf fort. Ein Waffenstillstand 1371–1372 brachte den Frieden noch nicht, vielmehr schloß sich Peter IV. 1374 fester an den Herzog von Lancaster, den Prätendenten der Krone von Castilien, an, indeß kam doch kurz darauf der Friede zwischen Castilien u. Aragonien zu Stande. 1376 starb König Friedrich von Sicilien u. hinterließ eine Tochter Maria u. einen natürlichen Sohn Wilhelm, welche er nach einander zu Erben bestimmte. Da aber Peter selbst Sicilien haben wollte, rüstete er sich 1397 die Insel zu erobern. Da benutzte ein aragonischer Schiffscapitän die sich bietende Gelegenheit, überrumpelte das Schloß Catanea, wo sich Maria damals aufhielt, nahm sie gefangen u. führte sie nach Barcelona, wo sie später Johann I. an seinen Neffen Martin vermählte. 1382 nahm er das Herzogthum Athen, welches zufällig Catalonier besetzt hatten, in Besitz u. starb 1387. Unter ihm wurde 1350 die Spanische Ära in Aragonien abgeschafft. Peters Sohn u. Nachfolger Johann I. hatte schon bei seines Vaters Lebzeiten in Zwist mit seiner Stiefmutter Sibylla von Forcia wegen der dieser geschenkten Krongüter gestanden, jetzt ließ er sie verhaften u. klagte sie an durch Zauberei den Tod des Königs herbeigeführt zu haben. Da es aber blos auf ihre Güter abgesehen war, so begnügte sich Johann mit der Confiscation derselben u. schenkte der Angeklagten das Leben. 1389 schickte er eine Flotte nach Sardinien, welches die Genuesen revoltirt hatte, u. zur Unterwerfung [374] Siciliens. Er starb 1395 u. sein Bruder Martin wurde nun König. Dieser hatte seinen Sohn Martin nach Sicilien begleitet u. diese Insel ihm u. seiner Gemahlin Maria ganz unterworfen u. blieb selbst nach seiner Thronbesteigung noch bis 1396 dort, um die Bezwingung der Insel zu vollenden. Indessen machte der Graf Matthias von Foix, als Gemahl Johannas, der Tochter Johanns I., Anspruch auf Aragonien, fiel von Navarra aus dort ein u. nahm den Königstitel an; er wurde jedoch zurückgetrieben, geächtet u. sein Tod endigte 1398 den Krieg. Unruhen zerrütteten Aragonien während Martins Regierung. Bei dem großen Schisma hielten es Aragonien u. Castilien mit Benedict XIII.; dieser wurde, als er sich weigerte mit seinem Gegenpapst abzudanken, in Avignon gefangen gehalten, entwich aber 1403 u. kam nach S., wo er von Castilien u. Aragonien geschützt wurde. 1410 starb Martin ohne eheliche Kinder, u. nun war die Succession zweifelhaft; der Graf von Urgel, welcher von den alten Königen von Aragonien stammte; der König Ludwig II. von Neapel, als der Gemahl Jolanthens, der zweiten Tochter Johanns I.; Ferdinand, Infant von Castilien, als Sohn Eleonorens, der Tante Martins; der Herzog von Calabrien u. viele Andere prätendirten die Thronfolge. Catalonien ernannte, um Unordnungen zu vermeiden, sogleich eine Regentschaft von zwölf Personen, in den übrigen Provinzen stellte sich aber Anarchie ein. Alle Prätendenten traten auf, um ihre Rechte zu verfechten, u. Parlamente bildeten sich in Aragonien u. Valencia, um über die Succession zu entscheiden. Eifersüchtig auf das besondere Bestehen des Reiches Castilien, untersagte der Reichstag zu Valladolid dem Infanten Ferdinand von Castilien, einst dem möglichen Erben von Castilien, sich um Aragonien zu bewerben, allein dieser ließ sich nicht abhalten dies doch zu thun. Nach vielen Kämpfen, bei denen die Familien der Lunas u. ihre Gegner, die Urreas, so wie der Graf von Urgel, die Hauptrolle spielten, ernannte Aragonien, Catalonien u. Valencia endlich 1411 Abgeordnete, welche sich zu Alcaguiz versammelten, um über die Thronfolge zu berathen. Diese wählten neun Richter; sechs Stimmen unter diesen entschieden für den Infanten Don Ferdinand von Castilien, zwei für den Grafen von Urgel u. eine war zweifelhaft, u. Ferdinand I. der Gerechte (s. oben S. 369) wurde daher 1412 König. Der Graf von Urgel weigerte sich aber ihn anzuerkennen, wurde jedoch mit Gewalt der Waffen bald unterworfen u. zu ewiger Gefangenschaft verurtheilt. Vergebens unterhandelte Ferdinand I. mit Papst Benedict XIII., um das Kirchenschisma aufzuheben, u. als Zureden u. Vorstellungen nicht fruchteten, veranstaltete er 1415 eine Unterredung mit dem Papst u. Kaiser Sigismund zu Perpignan; allein auch diese war erfolglos, u. Papst Benedict entfloh nach Peniscola. Als Ferdinand I. 1416 starb, folgte ihm sein Sohn Alfons V. der Weise od. Großmüthige. Sicilien war nach Friedrichs Tode wieder an Aragonien gefallen u. wurde durch Statthalter regiert. Alfons V. bemühte sich nun Corsica zu erobern u. beruhigte Sardinien. Unter ihm wurde das Schisma beendigt, Benedict XIII. 1417 abgesetzt u. vom Papst Martin V. in den Bann gethan, dennoch führte er zu Peniscola den Titel als Papst fort, bis er 1424 starb. Johanna II., Königin von Neapel, von Ludwig von Anjou, welcher von seinem Vater u. Großvater her Ansprüche auf den Thron hatte, bedrängt (s. Neapel S. 738), adoptirte u. setzte Alfons V. zum Erben ein unter der Bedingung, daß er ihr zur Hülfe käme. Wirklich schickte dieser 1421 eine Flotte u. ein Heer nach Neapel, welches die Franzosen u. Sforza zwang die Belagerung dieser Stadt aufzuheben u. Sforza schlug. Alfons V. ging darauf selbst nach Neapel, wo er mit Jubel vom Volk aufgenommen wurde. Doch als er 1423 den Geliebten Johannas, Caraccioli, gefangen setzte u. sich auch der Königin zu bemächtigen strebte, widerrief sie die Adoption, trachtete Alfons V. nach dem Leben u. adoptirte Ludwig von Anjou, ihren früheren Feind, welcher Alfons zur Heimkehr nöthigte. Unterwegs eroberte u. plünderte er den Hafen Marseille. Wegen der Einkerkerung des Infanten Heinrich, seines Bruders, in Castilien gerieth er mit Castilien in Krieg, welchen jedoch ein Vergleich 1425 endigte, dem gemäß Heinrich freigelassen wurde. Doch 1429 entbrannte der Kampf aufs Neue, wobei dem Könige Alfons Navarra beistand, welchen aber ein fünfjähriger Stillstand endete. 1435, nach dem Tode Ludwigs von Anjou, erneuerten sich die Kämpfe mit René, dessen Sohn; 1435 landete Alfons V. an der Küste von Neapel, wurde aber, als er die Belagerung von Gaeta zur See unterstützen wollte, von den Genuesern unter Alcerata nebst seinem Bruder Heinrich u. dem Könige von Navarra gefangen. In seiner Gefangenschaft bei dem Herzog Filippo Maria von Mailand wußte er diesem Argwohn gegen die Franzosen einzuflößen u. daher günstig für seine Sache zu wirken, er schloß mit dem Herzog ein Bündniß u. wurde nebst allen Gefangenen ohne Lösegeld frei gelassen. Kraftvoll nahm nun Alfons V. die italienischen Angelegenheiten auf, verwandelte, mit Navarra verbunden, den Waffenstillstand mit Castilien in einen Frieden, eroberte Gaeta u. segelte nach dem Königreich Neapel. Bald trieb er Isabellen, die Gemahlin seines Gegners René, in Calabrien in die Enge, schlug die päpstlichen Hülfsvölker, achtete des Banns gegen seine Anhänger in Neapel nicht, zwang den Papst zu einem Waffenstillstande, welchen dessen Legat jedoch bald wieder brach, u. schlug die herbeigeführte Hilfe des Königs René zur See, mußte jedoch 1439 die Belagerung von Neapel aufheben. Doch wurde die Belagerung wieder begonnen u. die Stadt 1442 mit Sturm erobert. Bald fielen ihm auch die übrigen Städte zu, er schloß 1443 mit Papst Felix Friede u. die Eroberung von Neapel war daher vollendet. Alfons V. hatte diese Unternehmungen ungestört ausführen können, da der Nachbarstaat seines Mutterlandes Castilien durch innere Unruhen, zum Theil von seinem Bruder Heinrich angestiftet u. unterhalten, hinreichend beschäftigt war. Alfons V. starb 1456 an den bei der Belagerung von Genua empfangenen Wunden u. hinterließ Aragonien, Catalonien, Valencia, die Balearen, Sardinien u. Sicilien seinem Bruder Johann II. u. Neapel seinem natürlichen Sohne Ferdinand I. Johann II. hatte die Krone von Navarra mit Blanca, der Erbtochter Navarras u. Wittwe des letzten Königs von Sicilien, bereits 1420 erheirathet u. war nach deren Tode 1441 in Streit um dies Reich mit seinem Sohne, dem Prinzen Karl von Viana, gekommen. Durch die Vermittlung des Papstes trat zwar ein Stillstand ein, aber als Karl von Viana aus Sicilien zurückkehrte, betrachteten sich beide Theile mit großem Mißtrauen. 1480 wurde zwar eine [375] Aussöhnung vermittelt, aber Karls Stiefmutter sachte die Zwietracht wieder an u. Karl wurde verhaftet. Doch die Catalonier erhoben sich 1460 zu seinen Gunsten, zwangen den König u. die Königin ihnen den Prinzen auszuliefern, ihn als Thronfolger anzuerkennen u. zum Statthalter von Catalonien u. Navarra zu ernennen, jedoch sollte er bis zu seines Vaters Tode den Titel König von Navarra nicht führen. Allein an dem Tage, wo Karl von Viana diese Statthalterschaft antreten wollte, starb er. Ferdinand, der zweite Sohn Johanns II., wurde nun zum Thronfolger u. zum Grafen von Barcelona ernannt, doch diese Grafschaft wollte sich, einmal empört, nicht wieder geben, sondern sich zur Republik umwandeln, worin sie von Castilien unterstützt wurde. Johann II. eroberte zwar die meisten Städte, konnte aber Barcelona nicht gewinnen, der König von Castilien schlug aber die ihm angetragene Krone von Catalonien aus, überließ die Aufrührer ihrem Schicksal u. schloß 1464 Frieden mit Johann II. 1467 führte der Herzog von Anjou u. sein Sohn, der Herzog von Lothringen, den Cataloniern Hülfe zu u. der Kampf entbrannte aufs Neue; Ferdinand wurde 1469 geschlagen u. Catalonien vom Herzog von Lothringen großentheils erobert. Da Johann alt u. halb blind war u. deshalb in den Regierungsgeschäften Erleichterung wünschte, so ernannte er seinen Sohn Ferdinand zum König von Sicilien u. stellte denselben den Ständen zu Saragossa als seinen Regierungsgehülfen vor. In Castilien war die Infantin Isabella, Schwester des Königs, mit Übergehung von dessen Tochter Johanna, an deren ebenbürtiger u. ehelicher Geburt man zweifelte u. sie vielmehr für einen Bastarden des Günstlings des Königs, Bertram von Cueva (s. oben S. 370) hielt, zur Thronerbin erklärt worden. Ferdinand, Infant von Aragonien, u. Isabella von Castilien waren unvermählt u. es war also die beste Gelegenheit vorhanden beide Reiche durch Heirath mit einander zu verbinden. Der alte König Johann II. faßte diesen Plan auf, unterstützt von dem Erzbischof von Toledo; aber eine große Partei, welche bei der fortdauernden Trennung ihren Vortheil fand od. sonst Interesse hatte dagegen zu sein, unter ihnen der König Heinrich IV. der Unvermögende von Castilien, war dagegen u. suchte die Infantin Isabella mit einem Andern zu vermählen. Aber alle Maßregeln Heinrichs scheiterten an dem festen Willen Isabellens, u. 1469 wurde die Heirath zwischen Isabella u. Ferdinand wirklich vollzogen, so daß S., als Heinrich 1474 starb u. Isabella den Thron von Castilien bestieg, factisch vereinigt war. Der Form nach blieb Aragonien noch einige Jahre lang ein getrennter Staat, indem Johann II. noch immer bis zu seinem Tode den Namen König von Aragonien führte, obschon Ferdinand die Regierungsgeschäfte fast allein besorgte. In der Zwischenzeit wurde Catalonien allmälig beruhigt, wozu der Tod des Herzogs René von Lothringen nicht wenig beitrug. Barcelona widerstand am längsten, wurde aber endlich 1472 auch besiegt. 1473 brach ein Krieg zwischen Frankreich u. Aragonien über Perpignan aus, welches Johann II. in Person vertheidigte, Ferdinand aber zwei Mal entsetzte. Endlich kam es zum Frieden, welchen aber Frankreich 1474 wieder brach. Der Kampf gegen Portugal, dessen König die unechte Tochter des Königs Heinrichs IV. von Castilien aus eigennützigen Absichten geehelicht hatte, ist schon oben (S. 370) angeführt worden, u. alle übrigen Unternehmungen Ferdinands u. Isabellens schmelzen in der Geschichte S-s zusammen. 1479 starb König Johann II., er hinterließ seinem Sohn Ferdinand dem Katholischen Aragonien u. alle außerspanischen Länder, seiner Tochter aus zweiter Ehe aber, Eleonoren, Gräfin von Foix, das durch Heirath erworbene Navarra, das ihr auch rechtmäßig gehörte.
Von Aragonien waren zwei Staaten ausgegangen; gleich Anfangs bei der Theilung Don Sancho's III., Königs von Navarra, unter seine Kinder kam h) Sobrarvien, Ribagorza u. andere kleine Besitzungen 1035 an dessen dritten Sohn Gonsalvo. Er regierte aber nur drei Jahre, indem er 1038 auf der Rückkehr von der Jagd von einem Diener ermordet wurde, u. sein Land wählte nun Ramiro von Aragonien zum Herrn. i) Das Königreich Mallorca. Als 1276 König Jayme I. von Aragonien starb, hinterließ er seinem älteren Sohne Peter III. Aragonien, Catalonien u. Valencia, seinem zweiten, Jayme II. (weil er seinen Vater als König von Mallorca mitzählte), Mallorca, Menorca u. Iviza, Montpellier, die Cerdagna, Roussillon u. was er noch sonst jenseit der Pyrenäen besaß, unter der Oberherrlichkeit seines Bruders. Als Peter III. wegen Sicilien mit Frankreich in Streit gerieth, unterhandelte Jayme II. im Stillen, um diesem beizustehen Peter III. erfuhr dies u. suchte den König u. seine Familie 1285 in Perpignan zu verhaften, jedoch Jayme II. entkam u. nur die Seinigen wurden nach Aragonien abgeführt. Peter aber ließ durch seinen Sohn Alfons Mallorca 1285 erobern, doch wurden ihm die Balearen durch den Vertrag von Tarascon 1291 nur als Lehn zugesprochen u. Jayme II. regierte bis zu seinem Tode 1312 ruhig. Sein Sohn Sancho folgte ihm u. st. 1324, worauf sein Neffe Jayme III. König wurde. 1343 verjagte ihn sein Schwager Peter IV. von Aragonien; u. als er 1349 eine Anstrengung machte seine Länder mit Frankreichs Hülfe, welchem er deshalb Montpellier abgetreten hatte, wieder zu erobern u. auf Mallorca landete, ward er geschlagen u. getödtet. Sein Sohn Jayme IV. welcher nach dreizehnjähriger Gefangenschaft 1362 durch einen treuen Diener befreit wurde, ging nun nach Frankreich u. versuchte, wiewohl vergeblich, sein Königreich wieder zu erobern. Um die Mittel hierzu zu gewinnen, hatte er sich mit Johanna I., Königin von Neapel, vermählt; als er dieselbe wegen ihres liederlichen Lebenswandels verstieß, wandte er sich an König Peter den Grausamen von Castilien, welcher ihn Anfangs unterstützte, aber später in der Citadelle von Burgos gefangen setzen ließ. Hieraus von Heinrich von Trastamare befreit, versuchte er 1371 sich Roussillons u. der Cerdagna wieder zu bemächtigen u. unternahm 1375 selbst einen Einfall in Aragonien über die Pyrenäen, starb aber hier zu Soria, ohne männliche Erben zu hinterlassen.
k) Catalonien war aus den Eroberungen Karls d. Gr. um 778 entstanden, welcher Navarra u. Catalonien, so wie einen Theil von Aragonien eingenommen hatte u. sie zur Spanischen Mark (s.d.) vereinte. Zwar wurden die Christen 779 wieder vertrieben, aber gegen Ende des 8. Jahrh. kehrten sie wieder u. setzten sich in den früheren Eroberungen fest. Doch erkannte Barcelona erst 796 durch eine friedliche Übereinkunft mit Zade, dem [376] Statthalter dieser Stadt, Karl den Gr. als Herrn an. In der Spanischen Mark entstand zu Ende des 8. Jahrb. durch den Bischof Felix von Urgel die Ketzerei der Adoptatianer (s.d.). Als Zade in Barcelona wieder abfiel, wurde diese Stadt belagert u. von Ludwig, König von Aquitanien, 801 erobert. Er setzte Bera als Grafen von Barcelona ein 810 sicherte ein Frieden mit dem Khalifen den Franken diese Besitzungen; doch brach der Krieg bald wieder aus. Nach Karls d. Gr. Tode 814 verfiel die Macht seiner Nachkommen in S. bedeutend u. die des Grafen von Barcelona wuchs; doch wurde 820 Bera entsetzt u. Bernhard, Sohn Wilhelms d. Heiligen, Grafen von Toulouse, u. Graf von Septimanien, erhielt seine Stelle. Er führte glückliche Kriege mit den Muhammedanern, wurde zum kaiserlichen Oberkammerherrn ernannt u. empfing, nach vorübergehender Ungnade 832, wo er wegen eines Bündnisses mit Pipen von Aquitanien Segovia verloren hatte, aber es 833 wieder erhielt, selbst 837 nach Verengars Tode die Grafschaft Toulouse, kam aber, da er sich unabhängig machen wollte, in Zwist mit seinem Oberherrn u. wurde von demselben, ungeachtet der Hülfe, welche er ihm gegen Pipin geleistet hatte, 844 ermordet, nach And. aber auf einen Reichstag nach Aquitanien berufen u. dort enthauptet. Seinen Nachfolger Aledran vertrieb Bernhards Sohn, Wilhelm, welcher sich zum Khalifen geflüchtet hatte u. mit dessen Hülfe Barcelona überrumpelte, wurde aber bald darauf in einem Aufstande ermordet. 858 folgte Winfred od. Hunfried I.; er ward wegen Streitigkeiten über Toulouse, welches er zu seiner Grafschaft zog, entsetzt. 872 wurde Salomon zum Grafen ernannt. Ihm folgte 906 Winfreds Sohn, Winfred II., in der Grafschaft; er erhielt zuerst die Grafschaft Barcelona als erbliches Lehn u. st. 913; in Barcelona folgte ihm sein Sohn Miro, während dessen Bruder Sunier die Grafschaft Urgel erhielt. Als Miro 828 starb, wurde sein Besitz unter seine Söhne getheilt; Seniofrid erhielt Barcelona, Oliva die Cerdagna, Miro Gerona. Ihr Oheim Sunnier war Vormund über Alle, erklärte sie aber bald für mündig. Auf Seniofrid folgte nach dessen Tode 967 sein Vetter Borel, Graf von Urgel, wahrscheinlich durch die Gewalt der Waffen, od. weil er von dem König von Frankreich, seinem Lehnsherrn, die Lehn suchte u. empfing. Die Grafen von der Cerdagna u. Gerona starben bald aus. Unter Borel wurde Barcelona von Muhammed Almansor 985 erobert u. geplündert; doch nahm es Borel schon 986 mit Hülfe des Königs von Frankreich wieder. Er st. 993 u. sein Sohn Raimund (I.) Borel folgte ihm. Er unterstützte mit dem Grafen von Urgel den Khalifen Almahadi gegen Suleiman u. die Könige von Castilien u. Navarra u. setzte denselben wieder in Cordova ein. Er fiel 1017 gegen die Sarazenen, u. sein Sohn Berengar I. folgte ihm unter Vormundschaft seiner Mutter Ermesinda. Ihn bekriegte Mundir, Statthalter von Saragossa; doch die Gräfin rief ihren Schwiegersohn, den Normannenherzog Richard, zu Hülfe, welcher die Muhammedaner zum Frieden zwang. 1035 folgte sein Sohn Raimund I. (II.) Berengar, er war sehr glücklich gegen die Mauren, denen er unter andern Stadt u. Grafschaft Tarragona entriß, welche er dem Vicomten Berengar von Narbonne schenkte. 1068 ließ er eine Sammlung von Gewohnheitsrechten veranstalten, welche in allen seinen Landen gelten sollten; dieselbe ist die älteste bekannte Sammlung von Gewohnbeitsrechten. Er st. 1076 (1078) u. seine Söhne Raimund II. (III.) Berengar der Wergkopf (wegen seines dicken Haares) u. Berengar II. Raimund, zugleich Graf von Carcassone, folgten ihm in gemeinschaftlicher Regierung, bis zu Raimunds Ermordung 1082. Raimund hinterließ einen Sohn, Raimund III. (IV), über welchen Berengar die Vormundschaft führte, bis er 1093 auf einer Wallfahrt nach Palästina starb u. Raimund noch unmündig zurückließ. 1106 geschah ein Einfall der Mauren in sein Gebiet, welchen er jedoch mit französischer Hülse abwies. Unter ihm fielen nach seines Oheims Tode 1093 die Nebenlinien Cerdagna u. Befaln wieder an die Hauptlinie, doch erhielt der Graf von Albi Carcassone, Rasez u. Lauraguais; durch seine Gemahlin, die Erbtochter der Provence, bekam Raimund III. auch die Provence. Er hinterließ bei seinem Tode 1131 Barcelona seinem ältesten Sohne Raimund IV. (V.) Berengar, während der jüngere Berengar Raimund die Provence erhielt. König Ramiro II. von Aragonien war 1137 ins Kloster gegangen u. hatte, da er ohne Söhne war. sein Reich seinem Freund Raimund IV. Berengar unter der Bedingung überlassen, daß er seine Tochter Petronella zur Gemahlin nähme. Raimund vermählte sich 1151 mit derselben u. als Raimund IV. 1162 starb, vereinigte sein Sohn Alfons II. die Kronen von Catalonien u. Aragonien förmlich. Mit dieser Vereinigung lösten sich auch die letzten Spuren einer Lehnsabhängigkeit Cataloniens von Frankreich, welche schon seit Raimund I. immer schwächer geworden war. Noch einmal hatte es den Anschein, als ob Catalonien eigene Regenten bekommen sollte, da Karl von Viana Navarra von seinem Vater Johann II. von Aragonien als mütterliches Erbtheil verlangte, aber 1461 Catalonien als Statthalter erhalten sollte, indeß er starb kurz zuvor; s. oben. Spätere Versuche der Catalonier sich von der aragonischen Herrschaft loszureißen u. sich unabhängig zu machen, wurden vereitelt.
V. Von der Vereinigung Castiliens u. Aragoniens zum Königreich S. bis zum Erlöschen des Österreichischen Königsstammes von 1479–1701. Die Vereinigung der Reiche Aragonien u. Castilien blieb, so lange Ferdinand V. der Katholische u. Isabella lebten, eine blos äußerliche, da beide Reiche in ihren Verfassungen noch von einander getrennt blieben u. von den beiden Herrschern jedes für sich regiert wurden. Gemeinsam hatten Beide ihren Berather an dem Cardinal Ximenes u. den Plan das königliche Ansehen zu stärken durch die Minderung der Macht des Adels u. des Clerus. In dieser Absicht wurde 1486 in Castilien u. 1488 in Aragonien die Hermandad (s.d.) zur Aufrechthaltung des Landfriedens gegen die Fehdesucht des Adels organisirt u. die Rechtspflege strengen, vom König eingesetzten Gerichtshöfen übertragen; sodann die von Heinrich IV. von Castilien zur Ungebühr verschenkten Staatsgüter zum Vortheil des Schatzes wieder eingezogen; 1495 die Großmeisterwürde der drei Ritterorden von Calatrava, San Jago u. Alcantara, wodurch Ferdinand dem Adel seine festeste Stütze entzog, so wie das Recht der Ernennung der Bischöfe von der Krone erworben. Im Jahr 1482 begann, um das letzte maurische Lehnkönigreich, Granada, völlig zu unterwerfen, der Krieg gegen dasselbe; 1492 fiel Granada,[377] u. so wurde auch das letzte Reich der Mauren in S. zerstört u. die muhammedanische Bevölkerung durch Verfolgungen entweder zur Annahme des Christenthums od. zur Auswanderung gezwungen, s. oben S. 363. Später wurden auch die Juden verfolgt u. genöthigt sich taufen zu lassen (sie hießen dann Neue Christen) od. das Land zu verlassen. Durch die Vertreibung der Mauren u. Juden verlor S. 800,000 fleißige Menschen. Die Inquisition, seit 1480 in Castilien u. seit 1484 in Aragonien eingeführt, verfolgte Mauren u. Juden unter dem Vorwand, daß sie nur zum Schein die Taufe angenommen hätten; von 1491 an wurden binnen 4 Jahren 6000 Menschen hingerichtet. Zugleich mußte aber die Inquisition auch als politisches Institut dienen, indem sie nicht blos die Ungläubigen u. Ketzer, sondern auch den widerspenstigen Adel u. den an seiner Selbständigkeit haltenden Clerus vor ihr Gericht zog. Gleichzeitig mit der Eroberung von Granada erfolgte am 12. October 1492 die Entdeckung Amerikas durch Cristoforo Colombo (sd.). Er hatte nur mit Mühe eine kleine Unterstützung bei der Königin Isabella gefunden u. damit die folgenreichste Entdeckung der neuern Zeit gemacht u. S. eine unermeßliche Geldquelle zugewiesen (s.u. Amerika S. 405 f. u. Colomdo 1). Als König Ferdinand I. von Neapel 1494 gestorben war, wollte König Karl VIII. von Frankreich dieses Land erobern; da aber Ferdinand der Katholische gleiche Ansprüche darauf hatte, so trat ihm Karl VIII. die Grafschaften Roussillon u. Cerdagne ab, welche Frankreich von Aragonien in Pfand voraus hatte. Noch lebte aber ein rechtmäßiger Erbe von Neapel, Alfons II., welcher jedoch, wegen seiner Härte bei dem Volke verhaßt, das Reich seinem Sohne Ferdinand II. abtrat. König Karl VIII. zog mit einem Heere nach Neapel u. eroberte dieses Reich, doch die italienischen Mächte schlossen ein Bündniß. gegen ihn, u. da Ferdinand der Katholische Neapel unterstützte, so ging die Eroberung des Königs von Frankreich so schnell verloren, als sie gemacht worden war. Karl VIII. u. Ludwig XII ließen sich abermals von Ferdinand dem Katholischen täuschen; beide Könige schlossen nämlich einen Vertrag Neapel zu erobern u. unter sich zu theilen. Ferdinand betrog nun erst den ihm verwandten König Friedrich II. von Neapel, Ferdinands II. Oheim u. Erben, indem er diesen überredete spanische Truppen zu seinem Schutz in Neapel einzunehmen; dann vertrieb er erst mit Hülfe der Franzosen den König Friedrich, darauf aber auch die Franzosen u. blieb im Alleinbesitz von Neapel. Endlich trat er der großen Ligue zu Cambray gegen Venedig bei, preßte den Venetianern so mehre Seestädte ab, welche diese besetzt hielten, u. entsagte dann schnell dem Bunde. Auch Navarra, welches durch Heirath an das Haus Foix gekommen war, griff er an u. eroberte den Theil südlich der Pyrenäen, weil der König Johann von Albret als Bundesgenosse Frankreichs von dem Papste mit dem Bann belegt worden war. Johann, der einzige Sohn u. Erbe Ferdinands u. Isabellens, st. 1497; die ältere Tochter; Isabella, in zweiter Ehe mit König Emanuel von Portugal vermählt, 1498, u. deren Sohn Michael 1500; nun war die jüngere Tochter Johanna die einzige Erbin, welche seit 1496 mit dem Erzherzog Philipp von Österreich vermählt war; ihr wurde 1502 gemeinschaftlich mit ihrem Gemahl die Thronfolge zuerkannt. Die Königin Isabella st. 1504, u. nun erklärten die Stände von Castilien den Erzherzog Philipp zum König von Castilien u. Mitregenten seiner geisteskranken Gemahlin. Diese vergiftete 1506 ihren Gemahl, welchem sie zwei Söhne, Karl u. Ferdinand, geboren hatte. Der ältere, Karl, der Erbe der Niederlande von seinem Vater, war rechtmäßig auch Erbe von Castilien; die Stände wollten für ihn eine Regentschaft errichten u. dem Kaiser Maximilian die Vormundschaft übertragen, aber durch die Klugheit des Cardinals Ximenes erhielt sein Großvater Ferdinand der Katholische die Regentschaft in Castilien bis zur Volljährigkeit seines Enkels. Die Wissenschaften wurden von ihm unterstützt u. ein Heer ausgerüstet, mit welchem er 1509 nach Afrika segelte, die Mauren schlug u. Oran eroberte. Unterdessen waren erst von Colombo, dann von Amerigo Vespucci (s.d.) die Entdeckungsreisen wiederholt u. mehre Länder Amerikas für S. in Besitz genommen worden, so 1508 Jamaica, 1509 Margarita u. Puerto Rico, 1511 Cuba u. 1512–14 ein Theil der Terra Firma. Da Ferdinand der Katholische seinem Enkel Karl die Erbschaft von Aragonien u. Neapel nicht gönnte, so vermählte er sich wieder mit Germaine von Foix. Diese gebar ihm zwar einen Sohn, welcher aber schon einige Tage nach der Geburt starb. Nun wollte er Karls Bruder, seinen zweiten Enkel Ferdinand, zum Erben von Aragonien u. Neapel ernennen, doch Ximenes brachte ihn von diesem Gedanken ab, u. so folgte, als Ferdinand 23. Januar 1516 starb, Karl I. (als nachmaliger deutscher Kaiser Karl V.), indem ihn Ximenes, ohne die Einwendungen der Stände zu beachten, zum Könige ausrufen ließ u. bis zu dessen Ankunft aus den Niederlanden, wo er erzogen wurde, 11/2 Jahr lang regierte. Durch Errichtung einer Miliz von 30,000 M. erhielt er das königliche Ansehen aufrecht, zog alle grundlos verschenkten Krongüter u. überflüssigen Gnadengelder ein, tilgte die Staatsschulden, sammelte einen Schatz u. führte einen glücklichen Krieg gegen Heinrich II. von Navarra, einen unglücklichen aber gegen Haireddin Barbarossa in Afrika. Als Karl 1517 nach S. kam, entließ er den Cardinal Ximenes, ungeachtet der großen Verdienste, welche er sich um ihn erworben hatte, u. folgte den Rathschlägen seiner niederländischen Minister u. Günstlinge, besetzte mit denselben die höchsten Staats- u. Kirchenämter u. entfernte seinen bei dem Volke beliebten Bruder Ferdinand. Die Cortes in Castilien widersetzten sich 1518 auf dem Reichstage zu Valladolid mehrern seiner Anträge u. huldigten ihm nur als Mitregenten seiner geisteskranken Mutter Johanna. Gleichwohl bewilligten sie ihm ein Geschenk von 600,000 Ducaten. Die Cortes von Aragonien zeigten sich noch bei weitem schwieriger wegen der Huldigung u. verstanden sich nur nach langen Unterhandlungen zu einer Gabe von 200,000 Ducaten, wovon die alten Kronschulden bezahlt werden mußten, so daß der König wenig davon erhielt. Am abgeneigtesten waren dem jungen König die Catalonier, welche kaum bewogen werden konnten ihm die Huldigung zu leisten. Als er aber zur Gewinnung der Kaiserkrone nach Deutschland ging u. seinen ehemaligen Lehrer, den Cardinal Adrian von Utrecht, zum Statthalter von S. ernannte, schlossen 1519 die vornehmsten Städte in Castilien u. Valencia einen Bund (der Dritte Stand od. der Heilige Bund) zur Aufrechterhaltung ihrer Rechte u. zur Entfernung[378] der Ausländer, errichteten eine Junta, erklärten den Cardinalregenten für abgesetzt u. wählten Tordesillas zum Sitze der provisorischen Regierung. Mit ihnen verband sich auch der Adel. Ein Aufstand brach nun aus, an dessen Spitze Johann von Padilla stand. Aber der König wußte den Adel, dessen Vorrechte auch nach der Absicht der Städte abgeschafft werden sollten, zu gewinnen u. von dem Bunde abzuziehen. Das Heer der Städte von 20,000 M. unter Peter von Gerona wurde vom Adelsheer 1521 bei Villalar geschlagen, Johann von Padilla gefangen u. hingerichtet, aber seine Gemahlin vertheidigte sich noch sechs Monate lang in Toledo, bis die Geistlichkeit sie zur Übergabe zwang. Die Junta der Aufrührer wurde aufgelöst u. die Unterwerfung vollendet. In Valencia kämpften die Bürger auf Seiten des Königs gegen den Adel, erlagen aber nach zweijährigem Kampfe auch hier u. erlitten von der Rache des Adels schreckliche Grausamkeiten. Karl erschien 1522 wieder in S., verband sich eng mit Adel u. Clerus u. beruhigte die Aufregung, entzog aber den Städten ihre politischen Freiheiten u. Rechte u. den Ständen ein Vorrecht nach dem andern. Während dieser Unruhen hatte Ferdinand Cortez in Amerika Mexico (s.d. S. 214) erobert u. machte Heinrich von Albret, König von Navarra, von Frankreich unterstützt, einen Versuch das spanische Navarra zu erobern; die Franzosen nahmen Pampeluna, wurden aber bald über die Pyrenäen zurückgedrängt. In einem zweiten Feldzuge 1520 eroberten sie Fuenterrabia, verloren es aber bald wieder. Karls Kriege mit Frankreich von 1523–26, 1527–29, 1536–38 u. 1541–44 berührten S. selbst nicht, welches nur Geld u. Mannschaft dazu bergab; s.u. Frankreich S. 543 ff. Dabei erwarb er Mailand. Auf dem Reichstage zu Toledo 1527 verweigerten die Cortes alle Abgaben, auf dem zu Valladolid 1532 die Abgabe auf Lebensmittel, das Salzmonopol u. die Verringerung des Münzfußes. Nach der Zeit berief Karl keinen Reichstag mehr zusammen, sondern suchte die Genehmigung seiner Maßregeln von den Ständen einzeln zu erlangen. Ein Unternehmen, welches als hauptsächlich von S. ausgegangen zu betrachten ist, ist der Kreuzzug gegen den Seeräuber Barbarossa in Tunis im J. 1535, Karl eroberte Tunis u. befreite 20,000 Christensklaven. Nicht so glücklich fiel ein zweiter Feldzug 1541 gegen Algier aus, bei welchem durch einen Sturm beinahe die ganze spanische Flotte vernichtet wurde. Dieser Feldzug hatte unermeßliche Kosten verursacht u. außerdem gingen dabei 30,000 Menschen, worunter viele vornehme Spanier, verloren. In Amerika wurden die Entdeckungen u. Eroberungen fortgesetzt, Franz Pizarro u. Diego de Almagro eroberten von 1531–41 Peru u. Chili, u. dadurch wurde die Colonialmacht S-s begründet. Mit Karl I. hatte S-s politisches Verhältniß sich völlig geändert, es war durch die vielen dazu gehörigen Nebenländer, die Niederlande, Sicilien, Neapel, Mailand seit 1541, u. Amerika, so wie durch den Besitz der deutschen Kaiserkrone die militärische u. politische Hauptmacht in Europa geworden, dabei war aber Karl doch in immerwährender Geldverlegenheit u. mußte so sein Anrecht auf die Molukkischen Inseln 1541 an Portugal für 200,000 Ducaten verkaufen. 1549 vereinigte er durch die Pragmatische Sanction die 17 niederländischen Provinzen auf ewige Zeiten mit S. Seine Hauptplane Frankreich zu Grunde zu richten, die Kaiserkrone seinem Sohne zu erwerben u. die Protestanten in Deutschland zu vernichten mißlangen. Ermüdet durch eine unruhevolle Regierung u. entmuthigt durch eine schmerzhafte Krankheit, legte Karl 1556 die Regierung nieder u. zog sich 1557 in das Kloster S. Geronimo de Just in Estremadura zurück, wo er 21. Sept. 1558 starb.
Sein Sohn Philipp II. fand bei dem Antritt seiner Regierung 1556 die Finanzen so zerrüttet, daß er falsche Münzen prägen ließ u. Papiergeld einführte, um die Staatsausgaben zu bestreiten, welche selbst durch außerordentliche Steuern u. Anlehn nicht mehr gedeckt werden konnten. Er war schon 1540 zum Prinzen von Asturien ernannt u. mit dem Herzogthum Mailand belehnt worden. 1554 hatte er sich in zweiter Ehe mit der Königin Maria I. von England vermählt. Die Strenge gegen die Anhänger der Evangelischen Lehre, zu welcher sein Vater schon aufgefordert hatte, begann Philipp auch alsbald üben zu lassen, u. bereits 1557 begann die Inquisition durch den Generalinquisitor gegen die evangelisch Gesinnten in Leon, Neucastilien u. Aragonien mit solcher Energie vorzugehen, daß sie sich schon 1570 rühmen konnte die Reformation in S. unterdrückt zu haben. An der Stelle des Protestantismus trat nun eine mystische Richtung in S. hervor, namentlich die Alombrados (s.d.), welche sich zuerst 1575 zeigten. Außer nach dem Ruhme der Erhaltung der Rechtgläubigkeit geizte Philipp bes. nach Eroberungen u. ließ keine Gelegenheit zum Kriege vorbei. Papst Paul IV. hatte den König von Frankreich, welcher Neapel erobern wollte, zum Kriege gereizt, aber Philipps Feldherr, Alba, schlug die Franzosen, wachte beträchtliche Eroberungen im Kirchenstaate u. würde den Papst aus Rom vertrieben haben, wenn Philipps Achtung vor der Kirche dies zugelassen hätte. Darauf griff er, von englischen Hülfstruppen unterstützt, Frankreich von den Niederlanden aus an u. gewann 1557 die Schlacht bei St. Quentin. Das französische Heer wurde gänzlich vernichtet, doch benutzte Philipp seinen Vortheil nicht, sondern schloß, nachdem er noch einen Sieg bei Gravelines erfochten hatte, 3. April 1559 den Frieden zu Chateau-Cambrésis. 1560 führte ereinen, wegen unvollständiger Ausrüstung der Flotte unglücklichen Seekrieg mit den Türken. 1563 erbauete er zum Gedächtniß des Sieges bei St. Quentin das Kloster Escurial (s.d.). Obgleich er wegen der Verwickelung seiner europäischen Angelegenheiten wenig Aufmerksamkeit auf seine überseeischen Länder wendete, so wurden doch 1563 die nach ihm benannten Philippinischen Inseln in Asien entdeckt u. in Besitz genommen. Der Einführung der Inquisition widersetzten sich die italienischen Besitzungen u. in Neapel brach sogar deshalb ein Aufruhr aus. Philipp mußte daher dort seinen Vorsatz aufgeben, aus Furcht, daß diese Länder sich den Franzosen in die Arme werfen würden. Um so beharrlicher strebte er in den Niederlanden diesen Zweck zu erreichen u. wollte zugleich die ständischen Vorrechte der Provinzen vernichten u. deren Verfassungen mit der despotischen Regierung, wie sie sich in S. gestaltet hatte, vertauschen. Die Folge davon war eine allgemeine Entfremdung der Gemüther in den Niederlanden von ihrem Beher, scher u. 1568 ein Aufstand der Niederlande, welcher durch unkluge Strenge in eine völlige Empörung ausartete u. einen 80jährigen Krieg veranlaßte, welcher S-s beste Staatskräfte verzehrte, s.[379] u. Niederlande S. 895 ff. Gleichzeitig mit diesem Aufstande erfolgte auch die Empörung der Morisken in Valencia u. Granada; Christen maurischer Abkunft hatten die Sprache, Kleidung u. Sitten ihrer Väter beibehalten; als Philipp sie zwingen wollte denselben zu entsagen, empörten sie sich u. wurden nun bekämpft, Dieser Aufruhr kostete S. wieder 500,000 seiner fleißigsten Einwohner. Damals ließ Philipp seinen Sohn Karl, einen durch schlechte Erziehung verdorbenen Prinzen, einkerkern u. hin richten (s. Karl 151). Auch plünderten die Barbaresken die Küsten Ss, u. da Philipps Streitkräfte zur Unterdrückung der Empörungen im Lande in Anspruch genommen waren, so konnte er es nicht verhindern. Nur einmal hatte bis dahin seine Seemacht bei der Entsetzung Maltas, welches 1566 von den Türken belagert wurde, einige Vortheile errungen. Um den Verheerungen der Seeräuber Einhalt zu thun, mußte er endlich rüsten; die Kosten dazu wurden von den Zehnten bestritten, welche auf Befehl des Papstes von allem geistlichen Gütern entrichtet werden mußten. Philipps Stiefbruder, Juan d'Austria, gewann 1571 die Schlacht bei Lepanto u. eroberte darauf 1573 Tunis u. 1574 Goletta. Nachdem Antonio Perez, welcher eines Mordes wegen (s. Perez 2) hingerichtet werden sollte, 1590 nach Aragonien geflohen war u. daselbst Schutz gegen die Inquisition gefunden hatte, beschloß der König die Freiheiten dieses Landes zu vernichten; er ließ zur Verhaftung des Perez Gewalt brauchen, u. als deshalb ein Aufruhr entstand gegen die beschworene Verfassung castilianisches Militär einrücken. Der Bürgerkrieg währte zwei Jahre lang, u. die Aragonier verloren hierbei mehre ihrer wichtigsten Freiheiten. Nach Aussterben der rechtmäßigen männlichen Linie des burgundischen Regentenstammes in Portugal mit Heinrich I. 1580, machte Philipp, als Gemahl der Maria, der ältester Tochter des Königs Johann III., Ansprüche auf Portugal u. es gelang ihm 1581 dies mit seinem Reiche zu vereinigen. Dieser Erwerb war, da zu jener Zeit Portugal die reichsten Colonien u. den blühendsten Handel besaß, aber unter dem geistlichen u. weltlichen Drucke immer mehr verarmte u. Handel u. Industrie immer mehr stockten. von unermeßlichen Werthe, doch durch die Mißgriffe der spanischen Regierung wurde er fast nutzlos, denn binnen wenig Jahren waren die portugiesischen Colonien an die Niederländer verloren u. der Handel zerstört. Darauf wollte Philipp England, seinen natürlichen Feind in seinen überseeischen Besitzungen, demüthigen u. rüstete deshalb 1588 die sogenannte Unüberwindliche Flotte (Armada), welche er aber theils in der Schlacht, theils durch Stürme verlor, u. da auf deren Ausrüstung die letzten großen Hülfsmittel S-s verwendet worden waren, so erlitt S-s Seehandel u. Colonialmacht durch deren Verlust einen schweren Stoß Die letzte Niederlage erlitt Philipp in Frankreich, wo er im Bunde mit den Guisen Heinrichs IV. Thronbesteigung hindern wollte, aber von diesen besiegt wurde, während inzwischen die Engländer Cadiz eroberten u. die spanische Flotte zerstörten, die sieben Niederländischen Provinzen aber ihre Freiheit von spanischer Freiheiterrangen. Philipp II. st 13 Sept. 1598. Er setzte ein großes Verdienst in seine Rechtgläubigkeit u. hielt dafür, daß ihm als dem frömmsten Fürsten die Herrschaft von Europa gebühre. Ob gleich er keine eigentlichen Günstlinge hatte u. auf seine königliche Macht ungemein eifersüchtig war, so ließ er sich doch durch seine Staatsmänner leiten, Ruy Gomez, Diego Spinosa, Ant. Perez, Granvella u. der Herzog von Alba übten großen Einfluß auf ihn. Sein Hauptziel war u. blieb stets die Vertilgung der Ketzerei, zu welchem Zwecke er Menschenblut in Strömen vergoß u. die Schätze seiner reichen Staaten verschwendete, so daß er S. entvölkert, arm, aller Industrie beraubt u. mit einer Schuldenmasse von 150 Mill. Ducaten belastet zurückließ.
Philipp III., Philipps II. Sohn aus seiner vierten Ehe mit Anna, Tochter des Kaisers Maximilian II., war ein Fürst ohne Talent u. ohne Thätigkeit, ein Werkzeug seines ersten Ministers des Grafen von Lerma, ohne welchen er selbst in Familienangelegenheiten nichts zu beschließen wagte. Lerma aber, selbst zu träge die Staatsgeschäfte zu lenken, überließ dieselben dem übermüthigen u. habsüchtigen Edelknaben Rodrigo Calderon. Philipp III. vertrieb auch den letzten Rest der Morisken aus S. Wegen Geldmangels mußte er 1604 mit England Frieden u. mit den Niederlanden 1609 einen zwölfjährigen Waffenstillstand schließen. Dennoch kamen die Finanzen nicht in Ordnung u. die Steuern wurden von Zeit zu Zeit erhöht. Als die Klagen des Volkes über Druck immer lauter wurden, benutzten die Geistlichen die allgemeine Unzufriedenheit, um 1618 den Herzog von Lerma von der Regierung zu verdrängen, u. sein Sohn, der Herzog von Uzeda, übernahm die Leitung der Staatsgeschäfte. Dieser ließ sich zu einem Bunde mit Österreich bewegen u. nahm Theil an dem Dreißigjährigen Kriege. Die Absicht S-s hierbei war das Veltlin zu erobern. Österreich hatte versprochen die vordern österreichischen Länder an S. abzutreten; dazu wurde später die Rheinpfalz von Spinola erobert, u. so hätte S. ein fast zusammenhängendes Land von Mailand bis zur Nordsee besessen. Doch der Erfolg entsprach diesem Plane nicht. Philipp III. st. 1621, u. sein Sohn Philipp IV., eben so beschränkt als sein Vater, folgte. Er hatte aber seit 1623 an dem Herzoge von Olivarez, durch dessen Einfluß der Herzog von Uzeda gestürzt worden war, einen thätigen Minister, welcher S. wieder zur Stellung als Großmacht wie unter Karl I. zurückführen wollte. Auch in der innern Regierung bewies Olivarez große Thätigkeit, er zog alle überflüssigen Ämter ein, beschränkte die Gnadengehalte, suchte die verminderte Bevölkerung durch Einladung ausländischer Ansiedler u. durch Begünstigung kinderreicher Ehen zu vermehren, beförderte den Ackerbau, machte in allen Verwaltungszweigen Ersparungen u. stellte viele Mißbräuche ab. Seit 1621 hatte der Krieg mit den Niederlanden wieder begonnen, welche nun eine spanische Colonie nach der andern eroberten, S-s Handel zerstörten u. die reichen mexicanischen Silberflotten caperten; dabei mußte S. Österreich noch mit baarem Gelde unterstützen, wodurch die Geldnoth immer größer wurde. Um die Kraft des Staates durch Einheit zu vermehren, wurde 1626 auf dem Reichstage zu Barbastro versucht alle spanischen Provinzen zu Einem Reichskörper zu vereinigen, doch setzten sich die Stände dagegen. 1626 mußte auch das Veltlin an Graubündten zurückgegeben werden, u. so war denn der Plan, um dessenwillen S. sich am Dreißigjährigen Kriege betheiligt hatte, gescheitert. 1628 eroberten die Holländer Cuba u. erbeuteten die reichen Vorräthe dieser Insel u. die zu Havanna vereinigte Silberflotte. In Verbindung[380] mit Österreich trat Philipp gegen Frankreich in Italien auf, um dem Herzoge von Nevers die Erbfolge in dem Herzogthume Mantua zu entziehen, doch mußte er in dem Frieden von Cherasco 1630 den Herzog anerkennen. Nachdem die Spanier 1635 Trier überrumpelt u. dessen Kurfürsten, einen Bundesgenossen Frankreichs, gefangen fortgeführt hatten, brach der Krieg mit Frankreich aus, welcher vierundzwanzig Jahre lang zum Nachtheil S-s währte. Die Catalonier machten ernste Vorstellungen gegen eine neue deshalb aufzulegende Steuer u. erregten, als diese nicht berücksichtigt wurden, 1640 einen Aufstand, welcher sich über Navarra u. Aragonien verbreitete u. erst nach einer zwölfjährigen Dauer gestillt wurde. Gleichzeitig mit dieser Empörung riß sich Portugal von S. los u. bildete wieder ein eigenes Reich (s. Portugal S. 384). Die Franzosen eroberten 1642 Pignerol u. Roussillon, u. 1643 empörten sich auch die Andalusier. Alle diese Unglücksfälle wurden dem Grafen von Olivarez beigemessen u. derselbe daher 1643 entlassen, doch sein Nachfolger, Luis de Haro, vermochte nicht die Lage des Reichs zu verbessern. Ein gefährlicher Amstand in Neapel, durch Masaniello 1647 erregt, wurde zwar unterdrückt u. der Krieg mit den Niederlanden, Schweden u. einzelnen deutschen Fürsten 1648 durch den Westfälischen Frieden beendigt; dagegen währte der mit Frankreich fort, u. 1655 trat auch England als S-s Feind auf u. eroberte Jamaica u. 1657 Dünkirchen. Völlig erschöpft schloß S. mit Frankreich u. England am 7. Nov. 1659 den Pyrenäischen Frieden (s.d.), durch welchen es Roussillon, Perpignan, Conflans u. Monaco nebst einem Theil der Niederlande an Frankreich, Jamaica u. Dünkirchen aber an England abtrat. Der Krieg mit Portugal wurde bis 1668 mit entschiedenem Unglück geführt. Philipp IV. st. 17. Sept. 1665.
Karl II., Philipps Sohn, war damals noch minderjährig, u. seine Mutter, Maria Anna von Österreich, führte unter der Leitung des Jesuiten Neithard die Regierung. König Ludwig XIV. von Frankreich versuchte nach einem angeblichen Revolutionsrecht S. die Niederlande zu entreißen u. besetzte dieselben 1667, wurde aber durch ein Bündniß zwischen England, den Niederlanden u. Schweden im Frieden zu Aachen 2. Mai 1668 zur Rückgabe der Eroberung gezwungen, doch mußten ihm 11 feste Plätze u. deren Umgegend an der niederländisch-französischen Grenze abgetreten werden. Nach einem kurzen Frieden, da auch 1668 der Krieg mit Portugal durch die Anerkennung desselben als eigener Staat von Seiten S-s geendigt war, schloß die Regentschaft 1673 einen Bund mit dem Kaiser gegen Frankreich u. nahm Theil an dem Kriege gegen diese Macht. Anfangs fochten die Spanier gegen die Niederlande mit gutem Erfolg, verloren aber 1675, nachdem die spanisch-niederländische Flotte bei Messina geschlagen worden war, Sicilien u. darauf ging auch in den Niederlanden ein großes Gebiet verloren. Nachdem 1677 die Franzosen im Roussillon gesiegt hatten, kam das spanische Gebiet selbst in Gefahr; in dem Frieden zu Nimwegen 1679 erhielt S. aber gegen Abtretung der Franche Comté u. sechzehn Plätzen nebst Umgegend in den Niederlanden, alle von Frankreich gemachten Eroberungen zurück (s. Niederlande S. 905 f. u. Frankreich S. 556). Unter der Regentschaft der Königin-Mutter hatte die Zerrüttung in der Staatsverwaltung den höchsten Grad erreicht. Karl II. begriff, daß eine Änderung eintreten müsse; er entflieh daher 1676 der Gewalt seiner Mutter, schickte dieselbe von Buen-Retiro aus in ein Kloster, ihren Günstling Valenzuolo aber nach den Philippinen u. nahm seinen Halbbruder Juan d'Austria zum Minister. Dieser brachte die Staatsverwaltung in Ordnung, regierte mit Kraft u. Einsicht u. schloß den schon erwähnten Frieden von Nimwegen mit Frankreich, doch starb er schon 1679, worauf die Königin. Mutter aufs Neue die Regierung erhielt. Durch die Kriege mit Frankreich, welche Karl II. als Bundesgenoß Österreichs zu führen hatte, gerieth sein Staat in neue Bedrängniß, u. wiewohl seit 1684 der Graf Oropesa als erster Minister nicht ohne Umsicht die Staatsgeschäfte leitete, so reichte doch dies nicht hin die Wunden zu heilen. welche ein achtjähriger Krieg, 1688–97, mit Frankreich dem Lande schlug. Die Franzosen fielen 1694 in Catalonien ein, besiegten die Spanier wiederholt u. besetzten das Land. 1697 eroberten sie auch Cartagena in Amerika. Ludwig XIV. gab in dem Frieden zu Ryswijk alle Eroberungen zurück. 1696 wurden die Carolinen entdeckt. Da Karl II. keine Kinder hatte u. er den von Frankreich, England u. Holland wegen Theilung der Spanischen Monarchie gemachten Partagetractat vom 3. u. 25. März. 1700 vereiteln wollte, so machte er ein Testament. Österreich u. Frankreich hatte Ansprüche auf die Thronfolge, da beide durch Vermählungen dem Könige gleich nahe, Kaiser Leopold I. aber auch außerdem als Schwager Karls II. noch näher verwandt war (s.u. Spanischer Erbfolgekrieg I.). Darum wollte Karl II. auch Österreich seine Krone zuwenden, doch da der Kaiser Leopold u. dessen Gesandter, Graf Harrach, es versäumte die französische Cabale niederzuhalten, wurde es durch diese bewirkt, daß Karl II. ein Testament zu Gunsten Frankreichs machte. Dieses konnte nur geschehen, nachdem Graf Oropesa gestürzt u. der Cardinal Porto Carrero, welcher, von der österreichischen Partei beleidigt, diese verließ u. sich der französischen anschloß, an seine Stelle gekommen war; s. Spanischer Erbfolgekrieg I. Karl II. st. 1. Novbr. 1700.
VI. Spanien unter der Herrschaft des Hauses Bourbon von 1701 bis zur Gegenwart. Durch Karls II. Testament gelangte Philipp V., Enkel Ludwigs XIV. von Frankreich u. der Maria Theresia, Schwester Karls II., u. vor seiner Thronbesteigung Herzog von Anjou, zum Throne u. wurde Anfangs von allen europäischen Mächten, außer Österreich, anerkannt; darauf aber schloß Österreich, um seine Ansprüche auf S. geltend zu machen, mit den Seemächten, dem Deutschen Reiche u. Preußen, später auch mit Savoyen u. Portugal ein Bündniß, u. es entstand von 1701 bis 1714 der Spanische Erbfolgekrieg (s.d.), von welchem S. selbst bis 1704 verschont blieb, dann aber desto schwerer heimgesucht wurde. Durch den Frieden von Utrecht 1713 wurden Belgien, die spanischen Länder in Italien, Sardinien, Sicilien, Gibraltar u. Menorca von S. getrennt, wodurch der Staat zwar eine große Ländermasse einbüßte, aber auch Anlaß erhielt die nur zu lange vernachlässigten reichen Hülfsquellen des Mutterlandes besser zu benutzen, u. in der That schien S. sich jetzt aus der langen Ohnmacht, in welche es durch die letzten Regierungen gerathen war, erheben zu wollen. Zwar war Philipp V. nicht weniger beschränkt, kaltherzig u. charakterlos, als seine drei letzten Vorgänger,[381] doch hatte er bessere Minister. Bis 1714 leiteten ihn der Cardinal Porto Carrero u. die Herzogin von Orsini, von da ab trat der Cardinal Alberoni ans Ruder, welcher die Herzogin beseitigte, durch einsichtsvolle Verwaltung den Wohlstand des Staates schnell hob, die Staatseinnahme mehrte, die Kriegsmacht vervollständigte u. die früheren Besitzungen S-s in Italien zurückerobern wollte, um den Söhnen des Königs zweiter Ehe unabhängige Staaten zu erwerben. Mit der ehrgeizigen Königin Elisabeth Farnese von Parma setzte er durch arglistige Politik alle europäischen Cabinete in Bewegung, zettelte Verschwörungen zum Umsturz der französischen u. englischen Regierungen an, ließ 1717 u. 1718 einen Theil von Sicilien erobern u. selbst Neapel bedrohen. Doch der englische Admiral Byng schlug die spanische Flotte 11. Aug. bei Messina, ein französisches Heer unter Berwick machte Eroberungen in Spanien u. eine Quadrupleallianz zwischen England, Frankreich, Holland u. Österreich setzte seinem Ehrgeize Grenzen. Auf Verlangen der Verbündeten wurde Alberoni endlich entfernt, doch erhielt der Infant Carlos, ältester Sohn der Elisabeth Farnese, die Anwartschaft auf Parma, Piacenza u. Toscana. Aus Ärger u. wegen Kränklichkeit trat Philipp zu Anfang 1724 den Thron an seinen ältesten Prinzen Ludwig ab; nachdem aber der Prinz nach sechs Monaten gestorben war, übernahm Philipp auf Zuredender Geistlichkeit im Sept. die Regierung wieder. Die vorher nicht gehobenen Mißhelligkeiten zwischen Österreich, S. u. Frankreich sollten 1724 auf dem Congreß zu Cambray ausgeglichen werden, doch kam es zu keiner Einigung; S. aber, nunmehr von dem Grafen Ripperda geleitet, schloß 1725 einen Separatfrieden zu Wien mit Österreich. Frankreich u. England dadurch verletzt, errichteten ein Gegenbündniß zu Herrnhausen mit Preußen, welchem sich Schweden u. Dänemark anschlossen. Preußen trat indeß schon 1726 davon zurück u. schloß mit Österreich den Vertrag zu Wusterhausen; auf Betrieb des französischen Ministers Fleury kam 1727 auch eine Ausgleichung zwischen S. einer- u. Frankreich u. England anderseits zu Stande u. durch den Vertrag von Sevilla 1729 wurde festgesetzt, daß der Infant Carlos mit einem spanischen Heere nach Italien gehen u. die ihm in Zukunft bestimmten Länder besetzen solle. Ripperdas Plan war es gewesen den Infanten Don Carlos mit Maria Theresia, der Erbin der österreichischen Monarchie, zu vermählen, da aber der Kaiser Karl VI. in diese Vermählung nicht willigte, so schloß S. unter der Leitung des Ministers Patinho sich wieder an Frankreich an, nahm als dessen Verbündeter an dem Polnischen Thronfolgekriege (s.d.) 1733 Theil u. trug als Beute Neapel u. Sicilien für den Infanten Carlos davon, wogegen Parma u. Piacenza an Österreich, Toscana aber an den Herzog von Lothringen abgetreten wurde. Mit England gerieth S. 1739 wegen des den Engländern zugestandenen Handelsprivilegiums u. wegen des Schleichhandels in Amerika in Krieg, in welchem es große Verluste an seinen amerikanischen Colonien erlitt; auch nahm es seit 1743 an dem Österreichischen Erbfolgekriege (s.d.) Theil, in welchem es Parma, Piacenza u. Mailand eroberte. Bevor diese Kriege beendigt waren, starb Philipp V. am 9. Juli 1746.
Ferdinand VI., zweiter Sohn erster Ehe des Vorigen mit Luise Maria von Savoyen, war Anfangs im Krieg mit Österreich begriffen, schloß aber nach mehrern für S. ruhmvollen Thaten 18. Oct. 1748 den Frieden von Aachen, in welchem von Österreich die Herzogthümer Parma, Piacenza u. Guastalla an den Infanten Philipp, Halbbruder Ferdinands VI. u. zweiten Sohn der Elisabeth Farnese, abgetreten wurden. Eine Zeitlang ging unter dem Minister Carvajal die Regierung u. bes. das Finanzwesen sehr gut, nach dessen Tode bemächtigte sich der Marquis Ensenada u. die Königin Maria Barbara, eine portugiesische Prinzessin, der Leitung der Geschäfte, so daß der König blos noch seinen Namen unterschrieb. Zu dieser Zeit gelangte auch der Sänger Farinelli, welcher durch seinen Gesang die Schwermuth des Königs milderte, zu Einfluß auf die Leitung der Geschäfte, ohne denselben zu mißbrauchen. Als Ensenada auf einen Bruch mit England hinarbeitete, wurde er 1754 verabschiedet, u. an seine Stelle trat der General Wall, ein Irländer. Nach dem Tode seiner Gemahlin 1758 ging Ferdinand VI. ins Kloster u. starb zu Villaviciosa 1759. Nach seinem Tode fand man 13 Mill. Thaler im Staatsschatz.
Ferdinands VI. Halbbruder, Karl III., Sohn Philipps V. u. der Elisabeth Farnese, früher König von Neapel, folgte ihm auf dem spanischen Thron u. trat Neapel u. Sicilien seinem dritten Sohne Ferdinand ab; der älteste Sohn war blödsinnig u. den zweiten ernannte er zum Prinzen von Asturien. Karl III. unterzeichnete am 15. Aug. 1761 mit Frankreich den Bourbonischen Familienvertrag u. nahm Theil an dem Kriege Frankreichs gegen England; auch gegen Portugal, Englands Verbündeten, führte er seit 1762 Krieg, aber ohne glücklichen Erfolg. Die Engländer eroberten die Inseln Granada, Sta. Lucia, St. Vincent, Manila, darauf Havanna u. in dem Hafen darin 11 Linienschiffe, 3 Fregatten mit reichen Silberladungen u. unermeßlichen Kriegs- u. Handelsvorräthen. In dem Frieden zu Paris 10. Febr. 1763 erhielt S. Havanna u. Manila zurück, trat aber dafür Florida an England ab, wogegen es 1755 Louisiana von Frankreich erhielt. Die innere Verwaltung S-s wurde durch einsichtsvolle Minister, bes. durch den Grafen Aranda im Verein mit dem Staatsrath Campomanes zweckmäßig geführt. Dieser schränkte 1761 die Inquisition ein, vertrieb durch die Pragmatische Sanction vom 2. April 1767 die Jesuiten u. ließ deren Güter einziehen; die Rechtspflege erhielt wesentliche Verbesserungen, die Seemacht wurde wieder hergestellt, der auswärtige Handeln der Ackerbau aufgemuntert, wüste Länderstrecken cultivirt, so namentlich die Sierra Morena durch Olavides, die Manufacturen hoben sich. Aber Aranda wurde durch den Einfluß der Geistlichkeit 1773 entfernt, ihn ersetzte bis 1778 Grimaldi u. von da ab führte der Graf von Florida Blanca die Geschäfte, beide gut. Ein Krieg mit Marokko u. Algier 1775 fiel nicht glücklich aus, aber durch einen andern 1776 mit Portugal wurde die Colonie S. Sacramento in Südamerika gewonnen. An dem Nordamerikanischen Freiheitskriege nahm S. in Folge des Bourbonischen Familienvertrages 1779–1783 gegen England Theil, es eroberte 1780 eine reiche englische Kauffahrteiflotte, vertrieb 1781 die Engländer aus Westflorida u. 1782 aus Menorca, welches seit 1708 mit einer kleinen Unterbrechung in deren Händen war, dagegen hatte die kostspielige Belagerung von Gibraltar keinen günstigen Erfolg u. die zu diesem Zwecke erbauten schwimmenden Batterien[382] wurden 1782 von Elliot zerstört. In dem Frieden zu Versailles 1783 erhielt S. Menorca u. die beiden Florida. Nach dem Frieden traf der Graf Campomanes bei der innern Verwaltung viele gute Anstalten, er zog ausländische Ansiedler ins Land, begünstigte die Gewerbe u. den inländischen Handel, verbesserte das Postwesen, gründete 1782 die St. Karlsbank u. 1785 die Ostindische Handelsgesellschaft u. suchte die durch den Krieg bewirkte Finanzzerrüttung durch Ersparungen zu heilen.
Karl III. st. 13. December 1788 u. sein Sohn Karl IV. folgte ihm. 1789 wurde auf den Vorschlag der Cortes das Salische Gesetz aufgehoben u. sonach die Erbfolge der Töchter des jedesmaligen Königs hergestellt. Freilich war Don Carlos, zweiter Sohn Karls IV., damals schon geboren, u. sonach hätte es seiner Einwilligung bedurft, um das Gesetz anwendbar zu machen. Statt des 1792 entlassenen u. gefangen gesetzten Ministers Florida Blanca wurde Godoy, Herzog von Alcudia, der Günstling der Königin Maria Luise, an die Spitze der Regierung gestellt. Da S. aus der Verbindung mit Frankreich nur Schaden gehabt hatte, so neigte es sich jetzt wieder mehr zu England. Der Friede war dem Staate dringendes Bedürfniß, daher zögerte die Regierung nach dem Ausbruch der Französischen Revolution sich in ein Bündniß gegen Frankreich einzulassen, nachdem aber am 7. März die Französische Republik selbst den Krieg an S. erklärt hatte, schloß Karl IV. am 25. Mai. einen Bund mit England, setzte das Heer schnell auf den Kriegsfuß u. ließ 40,000 Mann gegen Frankreich marschiren. Anfangs wurde Bellegarde u. Collioure von den Spaniern erobert u. Perpignan bedroht, darauf aber das spanische Heer am 30. April 1794 bei Ceret geschlagen, im Herbste Bellegarde zurückerobert u. nun der Krieg auf spanischen Boden gespielt. Die Franzosen eroberten am 27. Nov. Figueras, am 4. Febr. 1795 Rosas, u. nachdem das spanische Heer am 6. Juli bei Ormea eine Niederlage erlitten hatte, kam am 22. Juli der Friede zu Basel zu Stande, in welchem S. seinen Antheil an der Insel S. Domingo an Frankreich abtrat, dagegen alle von Frankreich gemachten Eroberungen zurück erhielt (s. Französischer Revolutionskrieg S. 640). Godoy, Herzog von Alcudia, erhielt wegen des Abschlusses dieses Friedens den Namen Friedensfürst. Am 19. Aug. 1796 wurde das Schutz- u. Trutzbündniß von San Ildefonso mit Frankreich geschlossen u. am 5. Oct. der Krieg an England erklärt. Die spanische Flotte wurde aber den. 14. Febr. 1797 bei Cap St. Vincent geschlagen, Menorca u. Trinidad von den Engländern erobert u. die spanischen Höfen blockirt. Die dadurch bewirkte Störung des Handels u. des Verkehrs mit den amerikanischen Colonien machte die Finanzverlegenheit so groß, daß der Friedensfürst das Ministerium aufgab, in welchem 1800 Cevallos an seine Stelle trat, übrigens aber behielt er seinen Einfluß nach wie vor. Auf Frankreichs Begehr erklärte S. am 22 Febr. 1801 auch an Portugal den Krieg, um es von England zu trennen. Der Krieg wurde aber ohne Nachdruck geführt u. am 6. Juni 1801 durch den Frieden zu Badajoz geendigt, in welchem Portugal Olivenza an S. abtrat, sich verbindlich machte den Engländern seine Häfen zu verschließen u. ein Vertheidigungsbündniß mit S. schloß, aber in dem Frieden zu Amiens 1802 mußte S. die Insel Trinidad an England, Parma an die Cisalpinische Republik u. Louisiana an Frankreich abtreten, wogegen der Erbprinz von Parma, ein Abkömmling des spanischen Königshauses u. Eidam des Königs, das Königreich Hetrurien erhielt. Beim Wiederausbruch des Krieges zwischen Frankreich u. England verlangte Frankreich von S. die nach dem Vertrage von San Ildefonso festgesetzte Hülfe, S. aber zahlte nach einem Übereinkommen vom 30. Oct., um seine Neutralität zu behaupten, monatlich 4 Mill. Franken an Frankreich. Dennoch nahm England am 5. Oct. 1804 die von dem Platastrome zurückkehrenden spanischen Registerschiffe, worauf S. 12. Dec. 1804 an England den Krieg erklärte u. sich enger mit Frankreich verband. Die spanische Flotte vereinigte sich nun mit der französischen, aber beide erlitten bei Trafalgar am 21. Oct. 1805 eine völlige Niederlage, wobei S. 12 Linienschiffe u. damit seine Seemacht verlor. Die Stimmung des Volks war gegen das Bündniß mit Frankreich; das große Elend, welches durch die Handelssperre, durch das Gelbe Fieber u. durch die Plünderung der spanisch-amerikanischen Colonien durch die Briten hervorgebracht wurde, erregte eine allgemeine Unzufriedenheit u. es bildete sich in der Umgebung des Prinzen von Asturien, Ferdinand, eine mächtige Partei gegen den Friedensfürsten. Um die gute Meinung wieder für sich zu gewinnen, wollte der Friedensfürst sich von dem Bündniß mit Frankreich in einem anscheinend günstigen Zeitpunkt, als Frankreichs Heere gegen Preußen standen, loswickeln, er ließ 40,000 Mann auf den Kriegsfuß stellen, erließ einen drohenden Aufruf u. unterhandelte insgeheim mit dem Lissaboner Hofe. Aber die schnelle Zertrümmerung der preußischen Macht änderte die Lage der Dinge, u. der Friedensfürst entschuldigte nun bei Napoleon die Rüstungen mit einer befürchteten Landung der Engländer u. Marokkaner in Andalusien. Napoleon stellte sich, als ob er dieses glaube, verlangte aber ein Hülfsheer von 16,000 M., welches der Marquis de la Romana ihm zuführte, u. durch den Tractat von Fontainebleau (27. Oct. 1807) ein zweites, welches das zur Unterwerfung Portugals bestimmte französische Heer unter Junot unterstützen sollte. Darauf ließ Napoleon zufolge jenes Vertrages ein Heer in S. einrücken, vorgeblich zur Deckung des in Portugal stehenden französischen, in der That aber, um seinen Plan der Ansichnahme S-s desto leichter auszuführen. Da der Prinz von Asturien, der Thronerbe, welcher den Friedensfürsten zu stürzen wünschte, jetzt Napoleons Protection suchte u. andererseits dem König die Mißstimmung gegen den zweizüngigen Günstling darstellte, wurde ihm auf Betrieb des Friedensfürsten eine Verschwörung gegen den Thron u. das Leben seines Vaters Schuld gegeben u. eine Untersuchung deshalb gegen ihn eingeleitet. Der Friedensfürst warf sich nun zum Vermittler zwischen Vater u. Sohn auf, u. es wurden nur zwei Anhänger des Prinzen, der Herzog von Infantado u. der Canonicus d'Escoiquiz, verwiesen.
Es herrschte damals eine große Gährung im Volke, welches sich auf die Seite des Prinzen von Asturien neigte, da der Friedensfürst allgemein verhaßt war. Der Plan desselben mit dem königlichen Hause sich nach Mexico zu begeben brachte das Mißvergnügen des Volkes am 18. März 1808 zum Ausbruch, der Pöbel zerstörte den Palast des Friedensfürsten, u. am 19. März legte Karl IV. die Krone nieder u. der Prinz von Asturien bestieg 24. März[383] als Ferdinand VII. den Thron. Auf Betrieb Napoleons protestirte jedoch Karl IV. alsbald gegen seine Thronentsagung, u. Napoleon erhielt so die erwünschte Gelegenheit sich in die Angelegenheiten S-s zu mischen. Um seine eigentliche Absicht zu verdecken, verlangte er die Abtretung des Landes zwischen den Pyrenäen u. dem Ebro an Frankreich, wogegen ein Theil von Portugal mit S. vereinigt werden sollte; auch bewilligte er dem Könige von S. die Annahme des Titels eines Kaisers von Amerika. Darauf wurde Ferdinand VII. veranlaßt zum französischen Kaiser mach Bayonne zu reisen u. auch den König Karl IV. u. dessen Gemahlin bewog man sich dahin zu begeben. Napoleon zwang aber dort am 6. Mai 1808 Ferdinand zur Verzichtleistung auf die spanische Krone u. veranlaßte dann am 8. Mai Karl IV. zur Abtretung derselben zu Gunsten Napoleons. Gleiches thaten die Infanten Antonio, Bruder Karls IV., u. Carlos, Bruder Ferdinands VII., u. selbst der Cardinal von Bourbon, Erzbischof von Toledo u. Chef des gräflichen Nebenzweigs Chinchon, erkannte unter dem 22. Mai diese Abtretung an. Dem König Karl IV. wurde ein Jahrgehalt von 30. Mill. Realen, der Königin ein Witthum von 2 Mill. u. den beiden Infanten ein Gehalt von 400,000 Franken ausgesetzt. Karl IV. ging darauf mit seiner Gemahlin u. dem Friedensfürsten nach Rom. Ferdinand VII. weigerte sich diesen Vertrag einzugehen u. unterzeichnete ihn nur, als er endlich mit dem Tode bedroht wurde; er u. die Infanten lebten in Valençay als Staatsgefangene. Auch der König von Neapel, Ferdinand IV., ein Bruder Karls IV., protestirte dagegen, aber Napoleon achtete darauf nicht, sondern berief eine Junta der spanischen u. amerikanischen Notabeln (50 Geistliche u. 100 Weltliche) zur Feststellung einer neuen Verfassung nach Bayonne u. erklärte am 6. Juni 1808 seinen Bruder Joseph zum König von S. u. Indien, welcher 6. Juni in Bayonne angekommen war u. sofort die Huldigung empfing. Die Junta wurde am 15. Juni eröffnet u. der neue Verfassungsentwurf am 6. Juli vom Könige Joseph u. der Junta angenommen u. beschworen. Er bestimmte: die Katholische Religion ist die herrschende im Reiche u. keine andere erlaubt; die Krone ist erblich in der Familie Bonaparte, doch kann sie nie mit einer andern Krone auf demselben Haupte vereinigt werden; der König ist nach dem zurückgelegten 18. Jahre volljährig; die Kroneinkünfte betragen 2 Mill Piaster; der Senat besteht außer den Prinzen aus 24 Mitgliedern, der Staatsrath besteht aus wenigstens 30 Mitgliedern; die Cortes enthalten 172 Mitglieder aus allen Ständen; die Colonien genießen die Rechte des Mutterlandes; die Rechtspflege soll unabhängig, das peinliche Verfahren öffentlich sein. Am 9. Juli 1808 reiste König Joseph nach S. ab u. hielt 20. Juli seinen Einzug in Madrid. Aber wie schon bei der Kunde von Ferdinands Gang nach Bayonne am 2. Mai ein Aufstand in Madrid ausgebrochen war, welchen die Franzosen mit den Waffen dämpften, so brachen jetzt in Navarra, Aragonien, Estremadura, Castilien, Leon u. Galicien Aufstände aus, u. der neue König hatte kaum seinen Einzug in Madrid gehalten, als er sich auch schon wieder daraus entfernen mußte. Bereits am 4. Juli 1808 hatte England Frieden mit dem spanischen Volke geschlossen u. Ferdinand VII. als König anerkannt. Diese Macht unterstützte nun auf alle Weise die Insurrection der Spanier. In vielen Provinzen bildeten sich einzelne Junten, welche den Aufstand leiteten, u. sie vereinigten sich im September 1808 zu einer Centraljunta, welche erst in Aranjuez, dann in Sevilla ihren Sitz nahm u. die allgemeine Bewaffnung, so wie alle Regierungsangelegenheiten leitete. Die Franzosen wurden erst aus Madrid u. dann aus ganz Spanien bis über den Ebro verjagt, drangen aber wieder allenthalben siegreich vor, besetzten die ganze Halbinsel, mit Ausnahme weniger festen Plätze, hatten hartnäckige Kämpfe mit den vielen Guerrillabanden (s.d.) zu bestehen, welche von Zeit zu Zeit aus den Bergen hervorbrachen, sich beim Anrücken der Franzosen zerstreuten u. später wieder sammelten; die Engländer führten den Spaniern Hülfe zu, mußten zwar ungeachtet der für sie siegreichen Schlacht von Talavera de la Reyna nach Coruña u. Lissabon zurückweichen, trieben aber endlich, aus ihren Verschanzungen bei Lissabon hervorbrechend, die Franzosen von Stellung zu Stellung zurück, während alle Priester, welche der König Joseph durch die 18. Aug. 1809 verfügte Aufhebung der Mönchsorden zu seinen offenen Feinden gemacht hatte, sich erhoben u. das Volk durch den kleinen Krieg den Franzosen den empfindlichsten Schaden that, bis diese endlich nach mehren ungünstigen Schlachten bei Vitoria am 21. Juni 1813 völlig geschlagen u. mit dem König Joseph im Oct. 1813 gänzlich aus S. vertrieben wurden, s.u. Spanisch-Portugiesischer Freiheitskampf. Im Oct. 1809 hatte die Centraljunta die Cortes nach Sevilla berufen. Später, als die Franzosen anrückten, zog sich die Centraljunta 1810 nach der Insel Leon bei Cadiz zurück. Die Regentschaft, welche von England u. Rußland anerkannt worden war, hatte dem König Ferdinand VII. sein Reich erhalten, denn bes. ihren Anstrengungen war der beharrliche Kampf der Spanier gegen die französische Übermacht zuzuschreiben. Die Cortes hatten am 18 März 1812 dem Reiche eine neue Verfassung gegeben, welche auf die Basis der französischen Constitution von 1791 begründet u. am 20. Juli 1812 von dem Kaiser Alexander von Rußland anerkannt worden war. Nach dieser Constitution sollte das spanische Volk frei u. unabhängig u. jeder Spanier den Abgaben unterworfen u. pflichtig sein zur Vertheidigung des Vaterlandes die Waffen zu führen. Zum Gebiete S-s gehörten auch die Colonien. Die Religion war einzig die römisch-katholische; den Cortes mit dem Könige vereinigt stand die gesetzgebende Gewalt, die ausübende dem Könige zu. Dieser hatte keine Verantwortlichkeit, wohl aber ein, jedoch nur aufschiebendes Veto; die Minister waren verantwortlich. Der König ernannte einen Staatsrath von 40 Mitgliedern auf Vorschlag der Cortes, worin aber nur vier Geistliche u. vier Cortes Stimmen haben durften. Sicherheit der Person wurde verbürgt. Die Cortes (etwa 150 Mitglieder) sollten von den Staatsbürgern gewählt werden, je einer auf 70,000 Seelen; die Sitzungen der Cortes öffentlich sein. Preßfreiheit wurde eingeführt, die Inquisition abgeschafft, die Jesuiten nicht geduldet, die Klöster theils eingeschränkt, theils aufgehoben. Die Rechtspflege war unabhängig, der König durfte ohne Einwilligung der Cortes keine Provinz od. Ortschaft des Reiches vertauschen, abtreten od. veräußern, keine Auflagen machen, keine Privilegien ertheilen od. aufheben. Die königliche Civilliste wurde auf 40 Mill. Realen[384] (2,688,900 Thlr.) festgesetzt. Als Napoleon im Osten sich hart bedrängt sah, bot er dem Könige Ferdinand VII. die Rückkehr nach S. an, unter der Bedingung, daß er sein Verbündeter bliebe. Die Regentschaft verwarf aber diesen Vertrag u. erklärte Ferdinand VII. nur dann anerkennen zu wollen, wenn er die Constitution von 1812 annähme, worauf Napoleon Ferdinand VII. am 15. März 1814 ohne alle Bedingung entließ.
Ferdinand VII. betrat 24. März den Boden S-s, ging aber nicht nach Madrid, sondern nach Valencia, u. nachdem erden General Elio mit 40,000 M. in seine Nähe gezogen u. die ihm von 69 Mitgliedern der Cortes (welche wegen eines Vergleichs in der Anrede mit der Ähnlichkeit eines Gebrauchs in der altpersischen Geschichte, los Persas, die Perser, genannt wurden) am 18. April 1814 vom Marquise von Mata-Florida mitgetheilte Protestation gegen die Verfassung wohlgefällig angenommen hatte, verwarf er zu Valencia am 4. Mai 1814 die Verfassung der Cortes von 1812, erklärte alle Handlungen der Regentschaft für ungesetzlich, löste die Cortes auf u. ließ am 10. Mai die Mitglieder der Regentschaft, Agar u. Ciscar, so wie Arguelles u. 63 andere Cortesmitglieder, welche später auf Specialbefehl des Königs in Klöster od. nach Ceuta auf Festung geschickt, od. unter das Militär gesteckt wurden, einkerkern u. hielt am 14. Mai unter dem Jubel des Volks, welches wegen der Steuergesetze mit den Cortes unzufrieden war, seinen Einzug in Madrid. Er verhieß zugleich den Spaniern eine neue, dem Stande der Aufklärung u. Civilisation angemessene Verfassung, Berufung der alten Cortes, ohne deren Zustimmung keine neuen Steuern eingeführt werden sollten, Sicherung der persönlichen Freiheit, Trennung des Staatsschatzes von der Civilliste, Preßfreiheit etc. Diese Versprechen wurden jedoch nicht erfüllt, wohl aber alles gethan, um die veralteten, von Napoleon abgeschafften Einrichtungen wieder herzustellen, so die Inquisition am 21. Juli 1814 u. die Folter, auch die geheime Polizei kam wieder in Gebrauch, die Jesuiten wurden zurückberufen, die Mönchsklöster hergestellt, dagegen aber mehre Provinzen ihrer alten Vorrechte beraubt, alle, welche unter der Josephinischen Regierung od. unter den Cortes Ämter bekleidet hatten (Josephinos od. Afrancesados), mit ihren Weibern u. mündigen Kindern, 6000 an der Zahl, verbannt, 12,000 den Franzosen u. den Cortes anhängende od. sonst verdächtige Spanier aber eingekerkert, die Freimaurer aufgehoben u. streng verpönt u. verfolgt. S. spaltete sich nun in zwei Parteien, in die Serviles, welche dem König u. seinem Ausspruch blind anhingen u. die starrsten Aristokraten u. Hierarchen waren, u. die Liberales, welche den Cortes u. den neuern Ansichten über Constitution u. Staatsverwaltung huldigten; zwischen beiden standen die Aniellos, größtentheils Beamtete u. alte Militärs, welche zwar eine Änderung in der Verfassung, aber nur eine Art Pairskammer wollten, mitten inne. Unter diesen Umständen stockte der Handel, die Finanzen geriethen in Verwirrung, das Heer u. die Beamten blieben ohne Bezahlung u. wurden daher auch der Regierung abgeneigt. Die europäischen Mächte machten zwar dem Könige Vorstellungen gegen die Verfolgungen, welche fortwährend über die Anhänger der Cortes u. die Josephinos verhängt wurden, u. suchten ihn zur Mäßigung zu bringen; auch mehre Spanier, wie Empecinado u. Ballesteros, warnten; allein Ferdinand VII. gab ihnen kein Gehör. Die auswärtigen Verhältnisse waren besser als die innern. An dem Kriege beim Wiedererscheinen Napoleons von Elba 1815 nahm S. nicht Theil, sondern ließ nur Truppen an die Grenze rücken. Durch den Pariser Frieden 1814 wurde das im Frieden von Amiens an Frankreich abgetretene Stück von S. Domingo an S. zurückgegeben, mit Glück beharrte S. bei seiner Weigerung Olivenza dem Beschluß des Wiener Congresses zu Folge an Portugal abzutreten, u. obschon Portugal in Amerika das spanische Montevideo als Repressalie besetzen ließ, blieb es doch bei den freundschaftlichen Verhältnissen, indem sowohl Ferdinand VII. als sein Bruder Don Carlos 1816 sich mit zwei portugiesischen Prinzessinnen, von denen aber die Königin Isabella schon 1818 starb, vermählten. 1816 kam mit den Niederlanden unter Zollerleichterungen für diese ein Schutzbündniß gegen die Barbaresken zu Stande. Schlimmer sah es mit den amerikanischen Angelegenheiten aus. Die südamerikanischen Provinzen am Rio de la Plata hatten sich 1816 für unabhängig erklärt, mehre Colonien waren schon früher vom Mutterlande abgefallen, andere, so Mexico, folgten; vergebens forderte Ferdinand VII. sie zur Unterwerfung auf, sie widerstrebten u. ihre Caper nahmen Schiffe im Angesicht der spanischen Häfen weg. Sie zu bezwingen wurden nun Rüstungen betrieben, welche die Staatseinkünfte vollends erschöpften u. doch nicht zum erstrebten Ziele führten, s. Südamerikanischer Freiheitskrieg. In S. selbst zeigten sich vielfache Unruhen u. Verschwörungen. Schon 1814 hatten die beiden Minas einen Hand streich auf Pampeluna versucht, um dort die Constitution zu proclamiren, er war aber mißlungen u. hatte den ältern Mina zur Flucht nach Frankreich, den jüngern nach Amerika genöthigt. 1815 unternahm der General Porlier in der Gegend von S. Jago die Constitution zu proclamiren, allein er wurde gefangen u. hingerichtet. Eine drückende Abgabe auf Kohlen veranlaßte am 15. Jan. 1817 einen Aufstand in Valencia. Der Generalcapitán Elio, welcher den Vorstellungen der Volksdeputirten kein Gehör gab, konnte nur durch herbeigezogene Truppenverstärkungen die Ruhe herstellen. Er benahm sich hier, wie bei andern Gelegenheiten, unbarmherzig u. ließ 13 Aufrührer henken. In Aragonien brach eine Empörung aus, deren Theilnehmer großentheils aus verabschiedeten Soldaten bestanden, welche ihre Wuth meist gegen die Klöster richteten. In Galicien u. Asturien erregten die Anhänger Portiers einen Aufstand, die Mönche bewaffneten aber den Pöbel u. ermordeten die gefangenen Insurgenten. In Catalonien wurde. 1817 eine Verschwörung zu Wiederherstellung der Constitution entdeckt, an deren Spitze die Generale Lascy u. Milans standen; Milans entfloh, Lascy aber wurde nebst vielen Offizieren hingerichtet. Ein spanischer Heerestheil, etwa 12,000 Mann stark, stand auf der Insel Leon bei Cadiz, um nach Amerika eingeschifft zu werden. Die Schiffe waren zum Theil morsch, zum Theil hatte das Gelbe Fieber darauf geherrscht; daher die einzuschiffenden Soldaten ihren Untergang vor Augen sahen. Sie machten daher eine Verschwörung u. beschlossen die Constitution herzustellen. Die Empörung sollte den 1. Mai 1820 erfolgen. Der Obergeneral der Expedition Of Donnell wußte um die Verschwörung, allein am 8. Juli 1819 ließ er plötzlich[385] die Schuldigsten umzingeln, 123 Offiziere verhaften u. die Soldaten auf die Schiffe treiben, wo sich ein Gefecht mit den Marinesoldaten entspann, worin 300 Mann blieben. Aber nichts desto weniger schlich die Verschwörung im Stillen fort; sie explodirte am Morgen des 1. Jan. 1820, wo Truppen unter dem Oberstlieutenant Riego zu S. Juan die Constitution der Cortes von 1812 proclamirten, dann den an O'Odounctis Stelle getretenen Oberbefehlshaber, Graf Calderon, u. den Seeminister Cisneros verhafteten, auch mehre Forts, u.a. das von Carracca, wo das Seearsenal war, u. Isla de Leon besetzten, wo eine Regierungsjunta eingesetzt wurde (weshalb dieser Aufstand die Revolution von Isla de Leon genannt wird), die gefangenen Offiziere vom 8. Juli 1819 befreiten u. einem von diesen, dem Ingenieuroberst Quiroga, das Commando übergaben. Die Stadt Cadiz hielten die Marinetruppen. Bald wuchs das Heer der Insurgenten auf 9000 M., sie wollten das Königthum u. verlangten nur eine Constitution, nicht die Republik. General Freyre, Generalcapitán in Sevilla, sammelte sogleich Truppen gegen sie, welche sich aber weigerten gegen die Insurgenten zu fechten. Riego unternahm nun im Februar einen Streifzug gegen Malaga, Ecija, Cordova, Antequera, überall Proclamationen für seine Zwecke verbreitend, welche jedoch nur bisweilen Anklang fanden. Ihm folgte Joseph O'Donnell. Mehr wirkte Quirogas Proclamation an das spanische Volk, viele Städte, so Coruña, Ferrol, Murcia, Santander, Oviedo, Bilbao, Saragossa, Pampeluna u. im Norden S-s der Guerrillaführer Espoz Mina erhoben sich für die Constitution, u. endlich vereinigten sich die beiden O'Odonnells mit Riego, welchen sie bisher verfolgt hatten, u. selbst Freyre war genöthigt sich für die Verfassung zu erklären, Madrid u. dessen Besatzung, die Garden, wurden schwierig. Endlich bequemte sich der König Ferdinand nach langem Schwanken u. halben Maßregeln, nachdem ihn sein Bruder Don Carlos zum Ausharren, sein anderer Bruder Don Francisco, der aus seiner Verbannung zurückberufene General Ballesteros u. der Bischof von Madrid mm Nachgeben ermahnt hatten, am 7. März die Constitution von 1812 anzunehmen u. zu beschwören. Die stadträthlichen Behörden (Ayuntamiento) von Madrid wurden hergestellt, eine Amnestie für politische Verbrecher erlassen, die Kerker der Inquisition geöffnet, eine provisorische Junta von 11 Mitgliedern, welcher der Cardinal Ludwig von Bourbon präsidirte u. deren Vicepräsident Ballesteros war, eingesetzt, u. vor dieser beschwor der König am 9. März die Verfassung (s. dieselbe S. 383) u. wiederholte den Eid vom Balcon herab vor dem Volke; die Junta, die Behörden, die Besatzung u. das Volk Madrids thaten Gleiches. Am 10. März wurde die Inquisition aufgehoben, die Presse frei gegeben, die bisherigen Minister (seit 1814 waren 130 Änderungen mit denselben vorgenommen worden) Mata-Florida, Punon de Rostro u. der Herzog d'Alagon entlassen u. Martinez de la Rosa an die Spitze des neuen gestellt. Ganz S. nahm nun die Verfassung an, Cadiz am spätesten, nachdem am 10. März blutige Scenen zwischen Volk u. Militär vorgefallen waren. In den Provinzen wurden Präfecte (Xefes politicos) neben den Generalcapitäns eingesetzt u. die Provinzialmilizen in Nationalgarden umgewandelt. Im Juli wurden die Cortes neu eröffnet; sie hoben am 14. Septbr. die Majorate u. Fideicommisse auf, ertheilten am 22 allen geflüchteten Spaniern die Erlaubniß zurückzukehren, hoben am 10. October das Salz-, Tabaksmonopol u. die Philippinische Handelsgesellschaft auf; das Unterrichtswesen erhielt eine neue Einrichtung; alle Klöster, mit Ausnahme von 14 wurden aufgehoben, die vier Schweizerregimenter entlassen, die Binnenzölle u. Patrimonialgerichte abgeschafft u. die übrigen Zweige der Staatsverwaltung einer Umgestaltung unterworfen. Bes. suchten sie Liberale, Afrancesados u. Servile auszusöhnen, wogegen aber die Clubs, bes. in Madrid die Lorenzinos (in der Fontana d'oro), viel Schwierigkeiten machten. Nachdem auf diese Weise die neue Verfassung ins Leben getreten war, lösten sich die Cortes auf u. eine zweite Cortesversammlung trat am 1. März 1821 zusammen, bei deren Eröffnung sich der König bitter über die Umgriffe des demokratischen Geistes beschwerte, worauf die Minister, welche von dieser Erklärung nichts wußten, ihre Entlassung nahmen. Schnell, wie die neue Verfassung den Beifall des Volkes gewonnen hatte, verlor sie denselben wieder, da alle Regierungsmaßregeln, wie die Einführung einer neuen Steuer u. der Verkauf der Nationalgüter, der Finanznoth nicht abhalfen u. die Unterhandlungen mit den Colonien zu keinem Ziele führten, u. die Cortes fanden unerwarteten Widerstand. Gleich bei der Einführung der neuen Verfassung hatte sich an den Grenzen von Portugal aus geflüchteten Geistlichen, im Bunde mit Schleichhändlern u. Räubern, die sogenannte Apostolische Junta gebildet, deren Zweck war die absolutistische Gewalt des Thrones wiederherzustellen u. welche von Portugal aus mit Geld u. Waffen unterstützt wurde u. das Volk gegen die Regierung aufwiegelte. Die demokratische Partei, an deren Spitze die Communeros, eine geheime Gesellschaft, standen u. deren Leiter die talentvollsten Männer waren, hatte ihre Hauptstärke in den Küstenprovinzen Catalonien, Andalusien, Valencia u. Galicien; dagegen hatte in Castilien, Aragonien, Biscaya u. Navarra, wo das Volk im Besitz bedeutender Vorrechte gewesen war, die Glaubenspartei (die Apostolischen od. Absolutisten) die Oberhand; mit ihr stand der Hof in geheimer Verbindung. Kurze Zeit gelang es der Regierung, als der aus Amerika zurückgekehrte General Morillo Commandant von Madrid geworden war u. die Cortes den 15. April 1821 ganz S. in Belagerungszustand erklärt hatten, den Exaltados od. Decamisados (d.i. Ohnehemden), nachdem sie von dem Lied Traya la perno entflammt am 4. Mai die Gefängnisse erstürmt u. dem dort sitzenden Kaplan des Königs, Matt. Binuesa, mit einem Hammer den Kopf eingeschlagen hatten (daher sie die Partei del martillo genannt wurden), Grenzen zu setzen u. die Preßfreiheit, die Clubs u. Volksversammlungen zu beschränken. Am 21. September wurden die außerordentlichen Cortes berufen, aber auch sie vermochten nicht die Noth zu mindern; sie klagten das Ministerium, welches möglichst gemäßigt verfuhr, der Schwäche an u. verlangten eine Änderung desselben, welche auch Anfangs 1822 theilweis erfolgte. Dennoch faßten die Cortes bald, um den Fortschritten der Decamisados Grenzen zu setzen, selbst den Entschluß die Preßfreiheit, das Petitionsrecht u. die Clubs, unter denen der der Lorenzinos u. später der Landaburu Club, wo die Zurriagisten, Anhänger der Zeitschrift[386] Zurriago (die Peitsche), die demagogischsten waren, einzuschränken. Dazu herrschte das Gelbe Fieber im Süden von S. u. in Barcelona, auch wurden die Angelegenheiten in Amerika täglich trostloser u. der Vorschlag S-s, Amerika als Nebenreich neben sich bestehen zu lassen, wurde Anfang Februar 1822 dort abgelehnt. Die dritten ordentlichen Cortes wurden unter diesen schwierigen Umständen am 30. Juni 1822 versammelt u. Riego zu deren Präsidenten ernannt; Martinez de la Rosa war noch Präsident des Ministeriums. Schon fing man an Vertrauen auf beide zu fassen, als die Aussichten auf Frieden sich trübten. Die Glaubenspartei, durch die Beschränkung der Einkünfte der Geistlichkeit aufs Höchste erbittert, arbeitete nämlich aufs Thätigste an einer Gegenrevolution u. stellte in Castilien 4000 M., auch in Navarra u. in den baskischen Provinzen eine Streitmacht auf, an deren Spitze sich Quesada stellte, welcher aber von Lopez Baños geschlagen, sich auf französisches Gebiet flüchten mußte. Selbst in Madrid fand 7. Juli 1822 durch die Camarilla u. die Anilleros (s. oben S. 384) ein Aufstand von 4 Bataillonen Garde Statt, sie zogen aus ihren Quartieren nach dem Palast Pardo u. erwarteten, daß der König, bei welchem 2 Bataillone geblieben waren, sich zu ihnen begeben werde. Als er nicht erschien, weil er von dem Ayuntamiento, den Nationalgarden u. Linientruppen beobachtet wurde, wollten sie ihn mit Gewalt holen, wurden aber gleich beim Eintritt in Madrid durch Ballesteros zurückgewiesen u. dann, da sie sich noch widerspenstig zeigten, angegriffen u. niedergemacht od. gefangen, der Herzog von Infantado aber u. der Marquis de los Amarillos, denen der König bisher sein Vertrauen geschenkt hatte, von dessen Person entfernt. In Catalonien war aber von nun an der Kern der Glaubenspartei, an ihrer Spitze standen Bessières, Mata Florida u. Eroles; sie bildeten am 15. Aug. 1822 eine oberste Regentschaft zu Seo de Urgel zur Herstellung der unbeschränkten königlichen Gewalt. Auch in Valencia wurde eine Gegenrevolution gebildet, an deren Spitze Elio stand, die Liberalen behielten aber dort die Oberhand u. Elio wurde hingerichtet. Die Cortes beschlossen dagegen eine Vermehrung des Heeres u. Bewaffnung der Nationalmiliz, auch eine Verminderung der königlichen Garden. Die Minister legten aber, bes. durch die Vorgänge mit den Garden sich für beleidigt haltend, ihr Amt nieder; unter ihren Nachfolgern waren Evarist San Miguel, Minister des Auswärtigen, u. Lopez Baños, Kriegsminister, u. auf ihr Andringen entließ der König, welcher von da an seine ganze Macht verlor, den Generalcapitán Morillo, den Xese politico von Madrid, San Martin u. m. A. ihrer Posten.
Die Schritte der Liberalen in S. hatten die Aufmerksamkeit der europäischen Mächte erregt, welche nicht willens waren die königliche Macht in S. sinken zu lassen. Die auf dem Congreß zu Verona im Herbst 1822 versammelten Monarchen u. Gesandten forderten daher von den Cortes eine Abänderung der Verfassung, welche die königlichen Rechte erweitere. Die Cortes lehnten aber diesen Antrag ab, worauf sich die Gesandten von Österreich, Preußen u. Rußland entfernten; auch Englands Anerbieten einer Vermittelung wurde zurückgewiesen. Frankreich hatte schon zu Ende 1822 60,000 M. an der spanischen Grenze, angeblich als Gesundheitscordon wegen des Gelben Fiebers in Barcelona aufgestellt, den Royalisten beträchtliche Unterstützungen zukommen lassen u. auf dem Congreß zu Verona es übernommen das Ansehen des Königs in S. herzustellen. Kühner erhoben sich nun die Royalisten in Navarra, Catalonien, Castilien u. Valencia u. verübten, wo sie das Übergewicht erhielten, gegen die Constitutionellen viel Gewaltthaten; obgleich von den Liberalen unter Mina u.a. Generalen öfter geschlagen u. zerstreut, sammelten sie sich schnell wieder. Viele retteten sich auf französisches Gebiet, u. endlich mußte sich die Regentschaft unter Mata Florida eben dahin flüchten, ihre festen Plätze Seo de Urgel, Uriate etc. wurden aber im Februar 1823 von den Constituionellen genommen. Die außerordentlichen Cortes waren bereits den 19. Februar wieder geschlossen worden, zugleich entließ der König das Ministerium, nahm es aber, als sich deshalb Unruhen in Madrid zeigten, wieder an. Am 1. März waren die vierten ordentlichen Cortes eröffnet, die Minister aber auf ihr Gesuch wieder entlassen worden, sie erklärten sich jedoch bereit ihre Portefeuilles zu behalten, als der König zusagte im Nothfall nach Sevilla gehen zu wollen.
Am 27. April 1823 rückte der Herzog von Angoulème, nachdem er am 2. April eine Proclamation erlassen hatte, daß die Franzosen als Freunde kämen, nur um S. von den Gräueln der Anarchie zu befreien, keineswegs aber um Eroberungen zu machen, mit einem Heere von etwa 83,000 M. ohne alle Kriegserklärung in zwei Abtheilungen in S. ein u. der Spanische Restaurationskrieg begann. Das spanische Glaubensheer (Feotas), welches zu gleichen Zwecken operirte, bestand etwa aus 10,000 Mann. Das erste französische Corps unter dem Marschall Oudinot war einschließlich der spanischen Division Eroles 30,000 M. stark u. rückte über Irun, dort die Bidassoa überschreitend, ein; das zweite Corps unter dem Generallieutenant Graf Molitor sollte die linke Flanke, das dritte unter dem Fürsten von Hohenlohe die rechte Flanke des Hauptheeres decken; der Marschall Moncey sollte Catalonien angreifen. Dieser Streitmacht standen unter Mina in Catalonien das erste spanische Corps von 20,000, unter Ballesteros bei Siguenza das zweite von 20,000 M., das dritte unter Graf O'Donnell von 18,000 bei Madrid, das vierte von 10,000 M. unter Morillo in Galicien entgegen. Da aber das spanische Volk nicht mitwirkte u. unter den Cortes u. den Feldherren Zwiespalt herrschte, so nahmen die Angelegenheiten der Constitutionellen bald eine nachtheilige Wendung. Die Regierung beschloß den Angriff der Franzosen nur durch Guerrillas begegnen, Schlachten vermeiden u. nur die Festungen halten zu wollen, sie erklärte den 23. April Frankreich den Krieg; der König änderte sein Ministerium nochmals u. ernannte Calatrava zum Minister des Äußern u. Vadillo zu dem des Kriegs. Allein S. hatte keine Bundesgenossen, Portugal bezeugte keine Luft an dem Kriege Theil zu nehmen u. war selbst zu sehr mit eigenen Angelegenheiten beschäftigt; England begnügte sich mit der gestatteten Einfuhr von Waffen nach S. u. nur im Parlament wünschte Canning den Cortes den Sieg u. mißbilligte das Benehmen Frankreichs. Die außerordentliche Aushebung ging schlecht von Statten, vor allem fehlte das Geld, u. kaum konnten die Kosten der Reise des Königs nach Sevilla am 20. März[387] aufgebracht werden. Am 11. April langte er mit den Gesandten von England, den Niederlanden, Portugal, den Vereinigten Staaten, Dänemark, Schweden u. Sachsen dort an. Der Herzog von Angoulème fand inzwischen bei seinem Einrücken wenig Widerstand, u. ohne zu kämpfen zog sich Ballesteros nach dem Ebro, dann nach dem unglücklichen Gefecht bei Logroño nach Valencia, u. der Herzog von Angoulème konnte schon am 17. April sein Hauptquartier zu Vitoria nehmen. Nur einige Hauptfestungen, wie San Sebastian, Pampeluna, Santona u. San André leisteten Widerstand u. mußten belagert werden. Auch Moncey drang in Catalonien ein, ließ die gesprengten Werke von Rosas wieder herstellen, belagerte Figueras u. besetzte selbst am 2. Mai Gerona. Der ihm gegenüberstehende Mina, welcher sich hinter die Fluvia zurückgezogen. hatte, wurde durch einen Seitenmarsch links durch den Grafen Molitor abgeschnitten. Das Betragen der Franzosen war musterhaft; sie bezahlten alle ihre Bedürfnisse, mengten sich nicht in die Politik, hinderten die von den Absolutisten versuchten Verfolgungen gegen die Liberalen, u. deshalb u. da die Geistlichkeit für sie war u. Plünderungen nicht vorkamen, so gab es auch wenig Guerrillas gegen das Invasionsheer u. fand dasselbe überall gute Aufnahme. So war bald Obercatalonien, Biscaya, Aragonien, Castilien u. Asturien ohne Widerstand erobert, u. nur in Niedercatalonien entspann sich ein lebhafter kleiner Krieg unter Mina gegen die französische Division Donadieu u. ein noch erbitterter gegen die Absolutisten unter Eroles. Schon am 9. April hatten Eroles, Calderon u. Erro, mit dem General Eguia an der Spitze, eine absolutistische provisorische Regierungsjunta gebildet, welche die Regentschaft unter Mata Florida auflöste u. absolutistische Proclamationen erließ, worin sie Wiederherstellung des alten Zustandes verkündete. Die Cortes eröffneten ihre Sitzungen in Sevilla am 23. April; sie billigten einen schon 1821 u. 1822 beschlossenen Gesetzentwurf wegen der herrschaftlichen Rechte zum dritten Mal u. erhoben ihn dadurch auch ohne des Königs Billigung zum Gesetz, machten aber dadurch die großen Grundbesitzer sich abgeneigt. Nachdem der Herzog von Angoulème etwa einen Monat lang am Ebro Halt gemacht hatte, um die Begebenheiten abzuwarten, ging er im Mai in zwei Colonnen, deren eine er selbst, die andere Oudinot führte, auf Madrid los. Am 17. Mai erschien ein Parlamentär von Jos. O'Donnell bei ihm, welcher sich erbot Madrid zu räumen, wenn er es bis zur Ankunft der Franzosen besetzt halten dürfe. Der Herzog von Angoulème bestimmte den 24. Mai zur Übergabe. Allein durch diesen Antrag, so wie durch sein Benehmen 1819 u. 1820 u. durch einen Antrag an die andern Corpsführer, die Generale Ballesteros, Mina u. Morillo, die unhaltbare Constitution zu ändern, hatte O'Donnell seine Popularität verloren, seine Nationalgarden lösten sich auf u. er mußte seine Entlassung nehmen. Er ging nach Frankreich, sein Nachfolger im Commando aber, der Marquis de Castel dos Rios, räumte Madrid u. liest nur 1200 M. unter General Zayas bis zur Ankunft der Franzosen zurück. Da überfiel der royalistische Bandenführer Bessières mit 1200 M. am 20. Mai Madrid, Zayas schlug ihn aber zurück, obschon der Pöbel für Bessières Partei nahm, die französische Avantgarde besetzte schon am 23. Madrid u. endigte die Unordnungen, welche der Pöbel bis dahin begangen hatte. Zayas zog nach Talavera de la Reyna ab, der Herzog von Angoulème aber hielt unter dem Jubel des Volkes am 24. seinen Einzug u. ernannte am 26. Mai eine Regentschaft aus den Herzogen von Infantado u. Montemar, dem Baron Eroles, Calderon u. dem Bischof von Osma bestehend, welche bis zur Befreiung des Königs die Regierung in S. führen sollte. Sie setzte alle von den Cortes ernannten Beamten ab u. die früheren wieder ein, verfügte eine Verfolgung u. Bestrafung aller Constitutionellen, überließ dem Pöbel die Mißhandlung, Plünderung u. Ermordung derselben, hob alle von den Cortes gegebenen Gesetze u. Verordnungen auf, stellte den alten Zustand der Dinge wieder her u. ließ die Apostolische Junta bestehen. Das auswärtige Ministerium übergab sie dem Canonicus Don Victor Saez, dem Beichtvater des Königs. Aber auch ihr fehlte es an Geld, die französische Kriegskasse wollte nichts vorschießen u. so konnte sie nicht einmal die Glaubenssoldaten befriedigen.
Während der Herzog von Angoulème in Madrid einzog, waren die Cortes in Sevilla völlig rathlos. Um sich Geld zu verschaffen, zogen sie das Vermögen der Royalisten ein, schrieben eine gezwungene Anleihe von 200 Mill. Realen (14,450,000 Thlr.) aus u. befahlen aus dem Kirchensilber Münzen zu prägen; aber alles dies half in dem Drang der Umstände wenig u. steigerte nur die Erbitterung des Volkes gegen sie. Endlich bei Annäherung der Franzosen verlegten die Cortes ihren Sitz nach Cadiz. Der König weigerte sich dahin zu gehen, doch die Cortes setzten auch ihrerseits eine provisorische Regentschaft (Valdez u. die Staatsräthe Ciscar u. Vigodet) ein, welche bis zur Ankunft in Cadiz die vollziehende Gewalt ausübten, u. zwangen den König am 12. Juni zur Abreise. Kein Gesandter, außer dem sächsischen, folgte ihm, da er nicht mehr frei sei. Kaum hatte der König sich von Sevilla entfernt, als daselbst ein Pöbelaufstand ausbrach, die Wagen der abreisenden Deputirten u. Minister wurden geplündert u. der Saal der Cortes zerstört, dazu sprang ein Pulvermagazin in die Luft u. tödtete einige hundert Menschen. Die Angelegenheiten der Constitutionellen waren nun völlig in Verwirrung gerathen. An O'Donnells Stelle hatten Lopez Baños u. Zayas den Oberbefehl in Andalusien übernommen u. Villacampo zog daselbst eine Reserve zusammen. Aber schnell wurden jene Generale von den Franzosen gedrängt, denn die Division Bordefoulle drang den 14. Juni über Cordova gegen Sevilla vor u. die Division Bourmont zog über Truxillo nach Estremadura. Lopez Baños wich vor erster zurück u. machte in Sevilla den Unordnungen der Royalisten ein Ende, nahm aber das Kirchensilber mit, erwurde jedoch von Bourmont, welcher die Guerrilla Empecinados zerstreut hatte, von Cadiz abgeschnitten u. gegen die portugiesische Grenze gedrängt, vereinigte sich dort mit Villacampo u. schiffte sich endlich, fortwährend von den Franzosen verfolgt, am 21. Juni zu S. Juan del. Porto nach Cadiz ein Am 21. besetzte Bourmont auch Sevilla. Um diese Zeit erklärte sich der General Morillo, Generalcapitán in Galicien, auch gegen die Cortes. Es war dies bereits längere Zeit vorauszusehen gewesen, indem er den Grafen Amarante, welcher sich gegen die portugiesische Regierung empört u. auf spanisches [388] Gebiet geflüchtet hatte, nicht angriff, auch gegen die Franzosen nichts unternahm. Er unterwarf sich der Regentschaft von Madrid u. erhielt dagegen Freiheit der Person u. des Eigenthums für sich u. die Seinigen zugesagt. Dennoch mußte der französische General Bourke den constitutionellen General Quiroga, welcher die Cortestruppen zu Coruña sammelte, noch mit den Waffen verfolgen; die Franzosen erstürmten den 15. Juli die Höhen von Coruña, während General Palerna, welcher nach dem unglücklichen Gefecht bei Navia am 7. Juli sich nach Ferrol gezogen hatte, am 15. Juli auch dieses übergab. Quiroga verließ nun das Heer u. General Novella übergab am 13. Aug. auch Coruña, während die übrigen Generale in Galicien Ähnliches thaten. Nur Mina führte in Catalonien mit 6000 M. den Gebirgskrieg mit Geschick; Anfang Juni warf er sich von Seo d'Urgel aus in die französische Cerdagne, setzte alles bis Perpignan hin in Schrecken u. zog sich am 8. Juni über Campredon zurück. General Dumas hob die Belagerung von Figueras auf, um mit Donadieu, St. Priest u. Eroles ihn zu umzingeln, allein Mina kehrte wieder in die Cerdagne zurück u. theilte hier, immer klug entkommend, sein Corps, doch wurde der spanische Oberst Guerra den 13. Juni mit 650 M. gefangen, Mina selbst ging aber über den Nuria in das Thal von Carrol, schlug sich bei Villeila durch u. eilte über Urgel nach Tarragona u. den 26. nach Sans, 1/2 Stunde von Barcelona. Am 8. Julidrangen die französischen Divisionen Donadieu u. Curial fechtend gegen Barcelona vor, wohin sich Milans u. Llobera zurückzogen; Erster schloß sich endlich in Tarragona ein, eben so wurde Barcelona zur See eingeschlossen. Auch in Catalonien erklärte sich Sarsfield für die Absolutisten u. Cardona steckte die königliche Fahne auf. Inzwischen bekamen die Ultraroyalisten (Manalos) in Madrid die Oberhand u. die dasige Regentschaft ward von den Continentalgroßmächten anerkannt u. von denselben mit Gesandten beschickt. Sie erklärte nun die Cortes, welche an der Sitzung vom 11. Juni (s. oben) Theil genommen hatten, für Hochverräther u. erließ am 23. Juni ein Decret, wonach alle constitutionelle Freiwillige u. alle Mitglieder geheimer Gesellschaften ihrer öffentlichen Stellen entsetzt u. noch außerdem zur Verantwortung gezogen wurden, u. in Saragossa u.a. Provinzialstädten verhaftete der Pöbel Ende Julis die reichsten Bürger. Der Herzog von Angoulème fand sich hierdurch zu der Ordonnanz vom 8. August veranlaßt, nach welcher die wegen politischer Gesinnung willkürlich Verhafteten freigelassen, keine weiteren Verhaftungen solcher mehr ohne Zustimmung des französischen Commandanten vorgenommen u. die Journale unter französische Censur gestellt werden sollten. Die Regentschaft protestirte zwar dagegen, fügte sich aber später scheinbar, jedoch in den Provinzen wurde der Ordonnanz fast nirgends gehorcht, u. am 28. August mußte der Herzog dieselbe wenigstens theilweise zurücknehmen, indem er sie auf die in den Militärcapitulationen begriffenen Individuen beschränkte. Auch Ballesteros konnte Valencia nicht mehr gegen die Franzosen behaupten u. mußte sich nach Granada zurückziehen. Molitor besetzte den 13. Juni Valencia, vertrieb Ballesteros aus Alcira, rückte am 7. Juli in Murcia ein, nahm am 13. das feste Lager von Lerida, schlug am 28. Ballesteros bei Campillo, worauf dieser am 4. Aug. mit Molitor eine Capitulation schloß, wodurch er u. seine Offiziere Freiheit u. Vergessenheit des Vergangenen zugesichert bekam u. sein Heer sich auflöste. In Cadiz, wo der König nach seiner Ankunft am 5. August die vierten Cortes auflöste, commandirte Valdez u. führte zugleich den Vorsitz des Ausschusses der Cortes, welcher vergebens dem König die Berufung der alten Cortes u. Ertheilung einer Amnestie vorschlug. Die Divisionen Bordesoulle u. Bourmont schlossen Cadiz mit 17,000 M., welche sich aber bald auf 30,000 M. mehrten, zu Lande u. eine französische Flotte von 29 Schiffen zur See ein. In der Mitte August kam der Herzog von Angoulème selbst im Lager dort an u. stürmte am 31. August die bedeutenden Außenforts, den Trocadero u. Fort Luis. Der Bitte um einen Waffenstillstand sollte nur dann gewillfahrt werden, wenn der König freigegeben würde. Aber die am 6. September berufenen außerordentlichen Cortes verlangten von Cadiz ein gezwungenes Anlehn von 8 Mill. Realen u. übertrugen der Vertheidigungsjunta fast unumschränkte Gewalt. Am 20. Septbr. wurde nun das Fort S. Pedro von den Franzosen durch Capitulation genommen, am 23. Cadiz bombardirt u. ein Hauptsturm vorbereitet. Da entschlossen sich endlich die Cortes den König zu entlassen, um günstige Bedingungen zu erlangen. Der König sicherte Schutz vor Rache u. Verfolgungen zu u. die außerordentlichen Cortes lösten sich auf. Noch waren aber die sehr compromittirten Madrider Milizen, welche dem König bis hierher gefolgt waren u. ihn nicht freigeben wollten, zu beschwichtigen; diese wollten auch Leben, Freiheit u. Vermögen garantirt haben, aber der Herzog von Angoulème gab ihnen nur die Wahl zwischen Sturm od. Freigebung des Königs. Endlich beruhigte sie noch eine Proclamation, worin Vergeben u. Vergessen u. eine neue zeitgemäße Constitution versprochen wurde, u. der König mit Hof u. Familie schiffte am 1. Oct. nach Puerto de Santa Maria über, wo er vom Herzog von Angoulème feierlich empfangen wurde. Die Franzosen besetzten aber am 3. u. 4. October Cadiz, von wo alle irgend Compromittirten, über 600 Köpfe stark, nach Gibraltar, England u. Amerika entwichen. Graf Bourmont wurde Gouverneur von Cadiz u. ließ die Milizen entwaffnen. Auch an allen anderen Punkten, wo sich noch Widerstand fand, siegten die Franzosen. Am wichtigsten war das Unternehmen Riegos, welcher von der Armee von Andalusien sich getrennt hatte u. am 17. August mit 2500 M. Malaga erreichte, dort große Summen u. das Kirchensilber wegnahm u. nun den 3. September, als der französische General Molitor gegen ihn anrückte, gegen Ballesteros' Cantonirungen aufbrach, um dessen u. Zayas Soldaten zur Anschließung an sich zu vermögen. Das rasche Vorrücken der Franzosen nöthigte ihn indessen sich in die Alpujarras zu werfen, u. er konnte die Cantonnements Ballesteros' erst den 10. September erreichen; Tirailleurfeuer der Ballesterosschen Soldaten empfing ihn hier, doch gingen seine Soldaten mit dem Ruf: Es lebe die Constitution von 1812! auf die des Ballesteros los, welche mit ihnen fraternisirten. Allein nur Wenige wollten sich an Riego anschließen, u. dieser eilte deshalb, um die Sierra Morena zu erreichen u. um von da nach Catalonien zu ziehen. Schon am 13. September erreichte ihn aber die französische Brigade Bonnemains; er löste am 14. sein Corps bei Jodar auf, wurde am 15. gefangen[389] genommen u. den 7. November als Hochverräther gehenkt. Nun widerstanden nur noch einige Festungen. Bei einem Ausfall aus Barcelona am 27. September wurde General San Miguel verwundet u. am 8. October gefangen; am 1. November capitulirten Barcelona, Tarragona u. Hostalrich; Offiziere, Soldaten u. Milizen sollten Grad, Waffen u. Sold behalten, den Bürgern wurde Sicherheit der Person u. des Vermögens zugesagt. Auf ähnliche Bedingungen hatten Santoña den 11., Pampeluna den 17., S. Sebastian den 27. September, Lerida den 18. u. Urgel den 21. October capitulirt, Cartagena folgte den 5., Ciudad Rodrigo, Badajoz u. Alicante den 12. November. Mina ging nach England, Ballesteros u. Morillo nach Frankreich; der Herzog von Angoulème verließ am 4. November Madrid u. nahm am 22. Nov. durch Tagesbefehl von Oyarzun aus Abschied von den Truppen.
Die Absichten der französischen Regierung u. des Herzogs von Angoulème, Ferdinand VII. zu einem gemäßigten u. zeitgemäßen System zu bestimmen, mißlangen gänzlich. Seine erste Regierungshandlung nach seiner Befreiung war, daß er sogleich alle Beschlüsse der constitutionellen Regierung vom 7. März 1820 bis zum 1. Oct. 1823 für ungültig erklärte, dagegen alle der Regentschaft bestätigte u. alle Minister behielt, unter denen Victor Saez den größten Einfluß übte. Er verweilte dann vom 5.–22. Oct. in Sevilla u. hielt am 13. Nov. seinen Einzug in Madrid. Die rücksichtsloseste Reaction wurde [ortgesetzt, alle Cortesglieder u. Beamte, alle Offiziere des aufgelösten constitutionellen Heeres u. der Nationalmilizen wurden aus den königlichen Residenzen verbannt, viele Soldaten zogen as vor kriegsgefangen nach Frankreich geführt zu werden als in S. zu bleiben; die Lehrbücher wurden von einer Commission unter V. Saez' Vorsitz revidirt, Missionen veranstaltet, um die Ketzereien auszurotten, Geistliche, welche Anhänger der Cortes gewesen waren, in entfernte Klöster der strengsten Observanz verbannt; der Geistlichkeit dagegen wurden ihre Güter u. Einkünfte, dem Adel die Steuerfreiheit zurückgegeben, obwohl der Staatsschatz völlig erschöpft u. die Finanznoth grenzenlos war. Wer konnte, verließ nun mit seinem baaren Vermögen S. Mit Mühe erhielt das französische Militär, wo es seine Standquartiere hatte, bes. zu Cadiz u. Barcelona, wo es von dem spanischen Generalcapitän Marquis von Campo Sagrado unterstützt wurde, durch Mäßigung die Ruhe; an vielen Orten mordete der aufgereizte Pöbel die Negros (Constitutionellen), da wo diese aber zahlreich genug zum Widerstande waren, gab es blutige Kämpfe. Mordthaten, an Liberalen begangen, wurden nicht bestraft, die royalistischen Parteigänger, Merino, Bessières, Lochio u. Andere, zogen starke Banden zusammen u. brandschatzten in den Provinzen, u. obwohl häufig von den Franzosen zersprengt, sammelten sie sich. stets aufs Neue. Die Königlichen Freiwilligen trugen zu diesen Unordnungen viel bei, u. obschon der König, als sie es zu arg machten, sie aufzulösen beschloß, so wurden sie doch durch die Vorstellungen der Apostolischen gehalten. Der König folgte nur den Rathschlägen der Camarilla u. des Apostolischen Comités, an dessen Spitze der Pater Cyrillo, Egnica, Mata Florida u. Calderon standen, welche ihn hinderten Schritte zur Versöhnung zu thun. Als sich die Geistlichkeit weigerte ein Darlehn zu geben u. auch bei auswärtigen Handlungshäusern kein Anlehn zu Stande kam, zog die Regierung den Alleinhandel mit Stockfisch, Tabak u. Salz an sich u. machte mehre drückende Zollauflagen. Endlich löste der König am 2. Dec. 1823 auf Anrathen auswärtiger Mächte das Ministerium Saez auf, der Marquis de Casa Jocugo u., als dieser schon im Jan. 1824 starb, der Graf von Ofalia, bisheriger Justizminister, erhielt das Auswärtige, u. diesen ersetzte Calomarde, de la Cruz wurde Kriegs-, Lopez Ballesteros Finanzminister, Salazar blieb Colonial- u. Seeminister. Unter diesem Ministerium setzte der König einen Staatsrath von 10 Mitgliedern nieder, an dessen Spitze die Brüder des Königs, Don Carlos u. Francisco de Paula, standen u. dessen Seele der später eingetretene Ugarte, Günstling des Königs, war. Der Geldmangel nöthigte die alten indirecten Abgaben wieder einzuführen u. 1825 die jährliche, 1823 auf ein Dritttheil herabgesetzte Subsidie der Geistlichkeit von 30 Mill. Realen wieder voll zu erheben. Die französischen Forderungen für Kriegskosten wurden zugleich sehr mäßig auf 34 Mill, Frcs. festgesetzt. Dennoch vermochten diese Maßregeln nicht der Creditlosigkeit abzuhelfen, welche bes. durch die königliche Erklärung der Ungültigkeit der Cortesbons erzeugt war. Nur die Anwesenheit einer französischen Armee von 45,000 Mann unter dem Grafen Bourmont u., als dieser abberufen wurde, unter General Digeon, zu deren Besoldung S. nur monatlich zwei Mill. Realen als Mehrbetrag des Kriegsfußes über den Etat beitrug, hemmten den Ausbruch neuer Unordnungen. Am 1. Mai wurde eine Amnestie erlassen, welche aber wegen der vielen Ausnahmen ganz wirkungslos war. Das Ministerium, bes. Calomarde, dachte gemäßigt, allein eben deshalb wurde dasselbe von der im Stillen wirkenden Apostolischen Junta u. den Absolutisten angefeindet, u. diese beschlossen des Königs Bruder Don Carlos auf den Thron zu setzen, u. die Partei nahm seitdem den Namen Karlisten an. Auf deren Betrieb dauerten die Purificationscommissionen zur Untersuchung der politischen Gesinnung der Offiziere, Professoren u. Studenten fort, mußte nach dem Decret vom 1. Aug. 1824 sich Jeder melden, welcher zu einer geheimen Gesellschaft, namentlich zu den am schwersten angeklagten u. hart verfolgten Freimaurern gehört hatte, wurden die Journale auf zwei beschränkt u. währten die Unordnungen der Königlichen Freiwilligen fort. Der Eintritt des ebenfalls gemäßigten Zea Bermudez statt Ofalia im Septbr. ins Ministerium fruchtete nichts, bes. da kurz vorher Oberst Valdez von Gibraltar mit einigen Hundert Constitutionellen im Juli u. August 1824 einen Einfall in Andalusien gemacht u. das Fort Tarifa überrumpelt hatte, wo er die Constitution ausrufen ließ; Tarifa wurde am 16. Aug. mit Hülfe der Franzosen wieder genommen u. Valdez u. andere Führer retteten sich nach Tanger. Hierdurch stieg das Ansehn der Absolutisten wieder. Am 10. Dec. 1824 wurde die Zahl der französischen Besatzungstruppen auf 22,000 Mann (außer zwei Regimentern Schweizer bei dem Könige) herabgesetzt.
In der zweiten Hälfte des Jahres 1825 schien die Anwesenheit des Prinzen Maximilian von Sachsen, des Schwiegervaters des Königs (welcher sich mit der Prinzessin Marie Josephe von Sachsen 1819[390] vermählt hatte), in S. die Partei Zea-Bermudez' etwas in die Höhe zu bringen, aber die Lage des Landes war immer noch trostlos: Ende 1824 betrug die Staatsschuld u. das Deficit nahe an 600 Mill. Realen, das Land war durch den Krieg u. die häufigen auf denselben folgenden Proscriptionen entvölkert u. verarmt u. alle Colonien, bis auf Callao, Cuba, Portorico u. die Philippinen, waren verloren. Der Parteigänger Bessières, welcher die Waffen für die Absolutisten u. gegen das Ministerium erhoben hatte, wurde mit sieben Gefährten 26. Aug. 1825 er schossen; allein fast gleichzeitig wurde der Guerrillaführer Empecinado, weil er für die Constitution gefochten, u. sieben entdeckte Freimaurer in Granada gehenkt. Wohl wegen Bessières' Hinrichtung wurde. Zea-Bermudez 24. Oct. 1825 entlassen u. durch den Herzog von Infantado, den Jugendfreund des Königs, ersetzt. Dieser begünstigte, gleichfalls gemäßigt, die von Frankreich angerathene allgemeine Amnestie, allein er konnte nicht durchdringen, da der Rath von Castilien u. Indien gegen ihn war, u. da auch eine neue Berathungsjunta von 25 Mitgliedern unter Castaños hierin nicht weiter kam, so nahm er am 18. Aug. 1826 seine Entlassung, u. der Ritter Salmon trat von Zambrano als Kriegs- u. Ballesteros als Finanzminister unterstützt, an seine Stelle. Wieder landete um diese Zeit Bazar in Südspanien u. erregte, von Hunger u. Noth getrieben, so wie Corona im Rondagebirge Unruhen; Beide wurden von Königlichen Freiwilligen angegriffen u. Letzter mit französischer Hülfe bezwungen. Aber auch eine Verschwörung der Karlisten od. Agraviados (d.i. der Beleidigten), an deren Spitze der Pfarrer Merino stand, hatte der König 1826 zu bekämpfen u. zog deshalb Truppen zusammen; zudem durchstreiften Räuberbanden ganz S., bes. Murcia u. Jaen, welche man nicht zu bezwingen vermochte, u. der Dey von Algier ließ des nicht bezahlten Tributs wegen spanische Fahrzeuge kapern u. die spanischen Küsten plündern. Da es an Geld fehlte den Dey zu befriedigen, so mußte die Schmach ungerächt bleiben u. die Küstenbewohner konnten sich nur durch Flucht in das Innere des Landes retten. Die Einführung einer Constitution in Portugal 1826 setzte die spanische Regierung in große Verlegenheit; es sollte ein Heer an der portugiesischen Grenze aufgestellt werden, doch mußten auf drohende Erklärungen Englands die Rüstungen eingestellt werden; dagegen unterstützten die Apostolischen den Marquis von Chaves u. den Herzog von Abrantes, welche den Infanten Don Miguel zum absoluten Könige von Portugal ausriefen, mit Kriegsvorräthen. Der Aufstand der Agraviados kam in Catalonien im August 1827 zum Ausbruch. Der Generalcapitán der Provinz, welcher sich nicht zu helfen wußte, nahm seine Entlassung, u. sein Nachfolger, Graf d'España, begünstigte insgeheim die Insurrection. Schnell war das Heer der Aufrührer bis auf 14,000 Mann gewachsen. Die hungernden Soldaten aller Parteien nahmen Dienste, die Verbrecher in den Gefängissen wurden befreit u. bewaffnet u. alle wohlhabenden Einwohner der Provinz ausgeplündert. Der König ließ sogleich alle disponibeln Truppen znsammenziehen u. in Eilmärschen dahin aufbrechen u. begab sich selbst am 22. Sept. nach dem Schauplatz des Aufstandes. Diese Thätigkeit des Königs kam den Apostolischen unerwartet, sie zogen sich von den Rebellen zurück, welche nun nachmehren Gefechten überwältigt u. darauf zum Theil hingerichtet, zum Theil nach Ceuta in Afrika geschickt wurden; Tausende flüchteten in die Gebirge od. über die französische Grenze. Immer noch beunruhigten aber einzelne Banden Catalonien u. die andern nördlichen Provinzen, so daß der König, welcher sich noch einige Monate in Catalonien aufhielt, wegen der Unsicherheit der Heerstraßen keine Berichte aus Madrid erhielt. Das Gepäck des russischen Gesandten u. seine Papiere wurden geraubt, die Pachthöfe des Herzogs Medina Celi geplündert u. verbrannt. Der König kehrte endlich im August 1828 nach Madrid zurück, aber ohne die Unruhen vollständig gestillt zu haben. Bereits 1827 hatten die französischen Truppen die spanischen Festungen u. 1828 auch Cadiz geräumt, nachdem alle Maßregeln die geldlose spanische Regierung zur Zahlung wenigstens der ersten 12 Mill. Franken zu vermögen vergebens gewesen waren. Wirklich war die Finanznoth größer als je. Die Staatsschuld war bis 400 Mill. Thlr. gestiegen, die Abgaben gingen nicht ein u. jedes Jahr ergab sich ein neues Deficit von 25–30 Mill. Thlrn. Dazu bestanden England u. Frankreich auf der Bezahlung ihrer großen Forderungen. Die spanische Regierung legte der französischen Gegenforderungen vor u. verglich sich endlich so weit, daß Frankreich seine Forderung auf 20 Mill. Thlr. herabsetzte u. diese in das Große Buch zu drei Proc. Zinsen einschreiben ließ. England war nicht so nachsichtig, u. nun gelang es S., freilich gegen 50 Proc. Rabatt, ein Anlehn von 25 Mill. Thlr. in Paris zu machen. Ein Theil dieses Geldes wurde zu Abschlagszahlungen der englischen Schuld verwandt, mit dem Reste wurden die Kosten für die Ergänzung des Heeres bestritten. Die Regierung sah sich 1828 auch genöthigt, da die letzten Festungen auf der Terra Firma von Amerika, das Fort S. Juan d'Ulloa bei Veracruz 22. Nov. 1825 u. Callao bei Lima 22. Jan. 1826, gefallen waren, dem spanischen Handel, damit er nicht ganz untergehe, die Concession nach den insurgirten Provinzen Amerikas zu gestatten, jedoch sollte dies nur unter fremder Flagge geschehn. Um den Handel noch mehr zu beleben, wurde den 21. Febr. 1829 Cadiz zum Freihafen erklärt u. den 9. Juli die S. Fernando-Bank gestiftet, auch ein neues Handelsgesetzbuch publicirt. Obschon hierdurch sich die Finanzen zu heben schienen, so verzehrte doch Mitte 1829 die gänzlich mißlungene Unternehmung des Generals Baradas mit 5500 Mann von Cuba aus nach Mexico u. die gleichfalls mißlungene Expedition von 1575 Mann nach dem empörten Manila im Jahre 1830 alles Erübrigte wieder u. mehrte die Finanznoth.
König Ferdinand hatte, nachdem seine dritte Gemahlin, Josephe von Sachsen, am 17. Mai 1829 ebenfalls kinderlos gestorben war, sich am 10. Dec. 1829 mit Maria Christine von Neapel vermählt, welche durch die sorgsame Pflege, welche sie ihm widmete, einen großen Einfluß auf ihn gewann u. ihn bestimmte zu Gunsten seiner etwaigen weiblichen Nachkommenschaft das schon durch Karl IV. mit Zustimmung der Cortes 1789 aufgehobene Salische Gesetz des Hauses Bourbon, welches nur männlichen Abkömmlingen die Thronfolge zusprach, am 29. März 1830 durch eine Pragmatische Sanction nochmals aufzuheben. Als darauf die Königin am 10. Oct. 1830 eine Tochter Isabella gebar, wurde diese zur Prinzessin von Asturien u.[391] Kronerbin erklärt. Eine Verschwörung der Karlisten gegen das Leben des Königs u. der Königin wurde entdeckt u. vereitelt, doch die Verschwörer, unter ihnen der Franciscanergeneral Cyrillo, nur gelinde bestraft. Dagegen erregte die Einführung eines neuen Finanz- u. Steuersystems mit höchst drückenden Abgaben allgemeines Mißvergnügen u. bald auch Unruhen u. Empörungen. Die Regierung mußte dieselben meist unbestraft lassen, weil die Julirevolution 1830 in Frankreich auch in S. eine große Gährung in den Gemüthern hervorgerufen hatte. Unruhen brachen in Granada, Murcia u. den baskischen Provinzen aus. Unterdessen war von den spanischen Ausgewanderten unter Leitung Lopez Pinto's eine Junta zur Herstellung der constitutionellen Regierung in S. gegründet worden, welche von den amerikanischen Republiken u. von den Inhabern der Cortesbons mit Geldmitteln unterstützt wurde. Da S., angeblich von Rußland dazu ermuntert, eine feindliche Stellung gegen die neue französische Regierung annahm, so erlaubte diese, daß die spanischen Verbannten sich auf französischem Gebiet zu Einbrüchen in S. vorbereiteten. Zwar bewirkte Ferdinand VII., nachdem er Ludwig Philipp anerkannt hatte, daß die Verbannten in Frankreich von den Pyrenäen entfernt wurden, doch nahm man es nicht so streng, u. das versammelte Heer der Constitutionellen drang um die Mitte Oct. in einzelnen Haufen, von Mina, Lopez Bannos, Milans, Guerra u.a. geführt, über die Pyrenäen vor; sie trafen aber bald auf die royalistischen Generale Juanito, Santos-Ladron u. España, welche sie zersprengten u. über die Grenzen zurücktrieben. Der Landungsversuch des ehemaligen Kriegsministers Torrijos. mit 80 Liberalen am 1. Dec. 1831 bei Malaga mißlang ebenfalls, Torrijos wurde mit mehren Gefährten ergriffen u. erschossen. Ein Aufruhr der Seesoldaten in Cadiz am 3. März, wobei die Constitution ausgerufen wurde u. der Gouverneur das Leben verlor, wurde schnell u. blutig von Quesada erstickt. Um diese Zeit verlor Salmon das Ministerium des Auswärtigen u. wurde durch den Herzog von Alcudia ersetzt. Ferdinands schwankende Gesundheit ließ Anfangs 1832 eine baldige Thronveränderung erwarten, u. die Apostolische Partei brachte den im Sept. todtkrank gewordenen König durch den Minister Calomarde zum Widerruf der Pragmatischen Sanction vom 29. März 1830, wornach nun nach seinem Tode sein Bruder Don Carlos König geworden wäre. Aber kurz darauf wieder zum Bewußtsein gekommen stellte der König auf das Drängen seiner Gemahlin die Pragmatische Sanction wieder her u. übergab der Königin im Oct. die Regentschaft. Diese entließ nun sogleich Calomarde, welcher nach Frankreich ging, u. nahm Zea-Bermudez als Minister an. Das ganze Ministerium wurde geändert, in welches de la Cruz, Ofalia (später Burgos), Gonsalez u. Martinez eintraten, die Generale Eguia, Moreno u. España entlassen u. ein Amnestiegesetz mit wenigen Ausnahmen gegeben, die alten Cortes nach Madrid berufen u. von diesen Isabellen 20. Juni 1833 feierlich als Thronerbin gehuldigt. Um diese Zeit wurde auch die Miliz der Königlichen Freiwilligen aufgelöst. In der zweiten Hälfte 1833 erkrankte Ferdinand VII. gefährlicher, blieb in fortwährender Starrsucht u. starb am 29. Sept. 1833. Schon früher waren Zwiste in der königlichen Familie eingetreten, die Prinzessin von Beira, Infantin von Portugal, war vom Hofe verwiesen worden u. nach Portugal zu ihrem Bruder, Don Miguel, gegangen, wohin ihr ihr Schwager, Don Carlos, Anfangs 1833 gefolgt war, worauf ihm die Rückkehr nach S. vom König verboten worden war.
Die älteste Tochter Ferdinands VII., die Infantin Isabella, folgte nun vermöge des 1830 gegebenen neuen Thronfolgegesetzes in der Regierung; sie wurde von ihrer Mutter, Maria Christine, bevormundet, welcher der Minister Zea-Bermudez u. ein von Ferdinand VII. eingesetzter Regentschaftsrath, den Cardinal Catalan u. Ofalia als Secretär an der Spitze, zur Seite stand. Die Eintheilung S-s in 43 neue Provinzen, den französischen Departements ähnlich, war die erste Regierungshandlung Maria Christinens, u. Zea suchte dann durch seinen liberalen Absolutismus alle Parteien zu gewinnen. Bald erhoben aber die Karlisten ihr Haupt u. es trat nun die Spanische Successionsfrage in den Vordergrund. Als Philipp V. 1700 den spanischen Thron bestiegen hatte (s. oben S. 380), war eine seiner ersten Regierungshandlungen gewesen, das Salische Gesetz bei der Succession in S. einzuführen, was er, da mit ihm eine neue Dynastie den spanischen Thron bestieg u. dieses Gesetz in Frankreich Familiengesetz war, auch rechtlich konnte. Diese Successionsordnung wurde auch von da an immer befolgt; dagegen hatte Ferdinand VII. nach Aufhebung des Salischen Gesetzes das altspanische Successionsrecht, nach welchem in Ermangelung von Söhnen des Königs die Töchter desselben u. zwar von diesen die älteste succedirte, wieder zur Geltung gebracht. Es war nun die Frage, ob Ferdinand VII., ein directer Abkömmling Philipps V., welcher das Salische Gesetz als unwiderruflich aufgestellt hatte, berechtigt gewesen sei dasselbe als Souverän u. Autokrat wieder aufzuheben. Dafür sprach der Umstand, daß schon Karl IV. 1789 dieselbe Successionsordnung gegeben u. durch die Cortes hatte bestätigen lassen, aber dabei den damals schon lebenden Don Carlos nicht berücksichtigt hatte (s. oben S. 382), so wie daß die 1833 wieder berufenen Cortes die neue Successionsordnung anerkannt hatten. So ungewiß aber die neue Successionsordnung vom juristischen Standpunkt auch erschien, so entschieden war doch die liberale Politik gegen Don Carlos. Dieser hatte sich nämlich von jeher als Vertreter des starresten Absolutismus u. Ultramontanismus gezeigt, u. es war sehr zu fürchten, daß er die ganze herrschende Partei vernichten u. S. nur nach den Ansichten seiner Partei regieren werde. Aus demselben Grunde waren aber alle Absolutisten auch entschieden für ihn.
Don Carlos selbst hatte bereits am 29. April 1833 von Ramhalhao aus eine feierliche Protestation gegen das neue Thronfolgegesetz an den Rath von Castilien erlassen u. zugleich der Tochter Ferdinands VII., Isabella, den Huldigungseid verweigert u. machte ihr jetzt die Krone streitig. Unter seinem Namen bildeten sich nun bes. in Navarra u. den baskischen Provinzen Banden unter Valdespina, Zavala, Santos Ladron, Zumala-Carreguy, dem Oberst der Königlichen Freiwilligen Verasteguy, Eraso, dem Pfarrer Merino u.a. Für Maria Christine (daher ihre Partei Christinos hieß) u. deren Tochter Isabella waren dagegen die zahlreichen, durch das Amnestiegesetz Zurückgerufenen aller Parteien (wohl 50,000 Menschen) u. die Bevölkerung[392] der Städte, bes. der Seestädte. Dagegen war das Platte Land fast durchaus für Don Carlos. Maria Christine verließ Dom Miguels Sache in Portugal, bei welchem sich Don Carlos aufhielt, u. belegte sämmtliche Güter des Don Carlos am 17. Oct. 1833 mit Beschlag, worauf er den 23. Nov. noch aller Titel u. Würden verlustig erklärt wurde. Don Carlos versuchte nun seinerseits am 27. Nov. 1833 von Portugal aus bei Valença de Douro einen Einfall auf spanisches Gebiet, welcher aber gänzlich mißlang, worauf er nach Portugal zurückkehrte u. sich begnügte in Biscaya u. wo sonst seine Anhänger die Oberhand hatten, sich als Karl V. zum König proclamiren zu lassen. Sein Minister war der Bischof von Leon. Anfangs zeigte sich die Erhebung für Don Carlos nur an einzelnen Punkten, u. fast immer waren die christinischen Waffen gegen sie in Vortheil, ja es würde vielleicht Christinen gelungen sein den Aufruhr im Entstehen zu unterdrücken, hätte nicht unerhörte Geldnoth alle Maßregeln dagegen gehemmt; so waren aber die Karlisten bereits im October 1833 in den baskischen Provinzen in vollem Aufstand u. ihre Zahl wuchs schnell auf 5000. Sie besetzten auch Bilbao u. Vitoria, obschon diese Städte, so wie Pampeluna u. S. Sebastian, Christinen geneigter waren. Auch Altcastilien, die Mancha, Valencia, Catalonien u. Oberaragonien, wo bes. Cabrera Guerrillabanden organisirte, entfalteten das Panier des Don Carlos. Hauptsächlich waren es hier, wie im Norden S-s, die Geistlichen, welche den Aufstand bewirkten, ja von dem Provinzial von S. Jago in Galicien erschien ein höchst exaltirter Aufruf an die ihm untergebenen Geistlichen, welcher diese im Namen der Religion zur Erhebung gegen Christine u. die Constitutionellen aufforderte u. die Hülfe Rußlands, Österreichs u. Preußens verkündigte. Der christinische General Castañon, welcher in den baskischen Provinzen u. in Navarra befehligte, erklärte dieselben bereits den 14. Oct. in Belagerungsstand u. General Sarsfield nahte langsam von der portugiesischen Grenze, wo er bisher zur Beobachtung Dom Miguels gestanden hatte. Schon den 10. Oct. war Ladron bei los Arcos Santos vom General Lorenzo besiegt, gefangen u. am 11. Oct. erschossen worden, auch den 26. Oct. waren bei Logroño, den 2. Nov. bei Vargas günstige Gefechte für die Christinos vorgefallen; dagegen besetzten die Karlisten nach einer El Pastor bei Azpeita beigebrachten Schlappe, am 7. Nov. Tolosa u. auch General Castañon mußte nach S. Sebastian zurückweichen. Endlich erreichte Sarsfield den 11. Nov. Burgos u. besetzte den 21. nach einem glücklichen Gefecht Vitoria, den 25. Nov. aber Bilbao u. Irun ohne Widerstand. Die Langsamkeit Sarfields war Ursache, daß Geronimo Valdez an dessen Stelle den Oberbefehl erhielt, u. dieser hielt es, nachdem er die Bande Merinos, welche sich in Altcastilien erhoben hatte u. schon bis Segovia, Einzelne bereits bis Aranjuez streiften, bei Belorado zerstreut hatte, an der Zeit durch General Castañon von Tolosa aus am 3. Dec. eine Proclamation zu erlassen, vermöge welcher die baskischen Provinzen ihrer sämmtlichen Fueros beraubt wurden. Diese Fueros waren in den drei baskischen Provinzen Biscaya, Alava u. Guipuzcoa, so wie in Navarra verschieden, diesen Provinzen aber in der ältesten Zeit, als sie noch allein in ganz S. sich gegen die Sarazenen vertheidigten, zugesichert worden; die wichtigsten waren Befreiung von jeder Aushebung zum Militärdienst u. außer einer kleinen Schutzabgabe (Alcabala) auch von allen Steuern. Sie wurden von eignen gewählten Alcalden gerichtet u. hatten ihren höchsten Gerichtshof zu Valladolid. Sie lagen außerhalb der spanischen Zolllinie u. zahlten nur an der spanischen für ihre Producte einen geringen Zoll. Tabaksbau u. Handel nach Amerika war ihnen dagegen bei Galeerenstrafe untersagt. Heilig waren aber jedem Basken u. Navarresen diese Freiheiten, u. darum erregte jene Proclamation den Aufstand um so mehr. Mehrmals in offenem Felde geschlagen, erschienen nun die Karlisten, wo man sie am wenigsten erwartete; Offiziere u. Soldaten, welche dem Absolutismus geneigt waren, bes. die Königlichen Freiwilligen aus Castilien u. dem übrigen S., stellten sich in Haufen ein. Bes. trug Zavala, welcher sich aus eigner Autorität zum Generalcapitán der drei Provinzen im Namen Karls V. machte, dazu bei Ordnung in die Sache der Karlisten zu bringen.
Die christinische Regierung unter Zea wurde indessen von den Moderados (d.i. den Gemäßigten) zu mehr u. mehr Concessionen gedrängt, u. das Ministerium Zea deshalb 15. Jan. 1834 entlassen u. durch Martinez de la Rosa ein neues gebildet. Viel hatten hierzu die Unruhen in Catalonien beigetragen, zumal Llanders entschiedenes Auftreten, als man ihm einen Verweis geben wollte, daß er als Generalcapitán jener Provinz die Bildung einer bewaffneten Nationalmiliz von 13 Bürgerbataillonen u. 12,000 Freiwilligen gestattet habe. Am 22. April 1834 wurde eine Quadrupelallianz zwischen Frankreich, England, S. u. Portugal geschlossen, nachdem S. erklärt hatte, ohne das. portugiesische Gebiet zu respectiren, zur Vertreibung Dom Miguels aus Portugal alles anwenden u. deshalb Truppen nach Portugal senden zu wollen; wirklich war auch bereits General Rodil mit 6000 Spaniern in Portugal eingerückt u. trug zur Vertreibung Dom Miguels viel bei. S. brauchte aber Rückhalt von außen um so mehr, da Rußland, Österreich u. Preußen, so wie die bourbonischen Staaten in Italien, dem jetzigen System in S. offenbar abgeneigt waren, u. obschon letztere Don Carlos aus Rücksicht auf Österreich u. Preußen nicht offen anerkennen konnten, so unterstützte sie doch denselben u. seine Anhänger im Stillen mit Geld u. Waffen. Wirklich war diese Quadrupelallianz mit Ursache, daß sich Dom Miguel u. Don Carlos, vermöge des Vertrags von Evora den 24. Mai 1834, Ende Mai einschifften u. Letzter sich nach England begab, wo er den 17. Juni in Portsmouth ankam, jedoch hatte man versäumt ihn vorher zur Thronentsagung zu nöthigen. Im Norden S-s befehligte Anfangs 1834 Valdez, jedoch ohne viel auszurichten, vielmehr schlug Zumala-Carreguy den General Quesada am 22. April im Vorundathal u. selbst Vitoria wurde auf kurze Zeit von den Karlisten besetzt. An seine Stelle kam im Juni der aus Portugal zurückgekehrte Rodil als interimistischer Obergeneral. Unter ihm riß aber Zuchtlosigkeit u. Grausamkeit unter dem christinischen Heer ein. Rodil ließ den Flecken Estella verbrennen, den Bruder des Generals Zavala erschießen u. gab so das Zeichen zu den Abschlachtungen der Gefangenen u. zu den Gräueln, welche den damaligen Krieg, bes. gegen das Ende, befleckten. Zwar vermittelte Lord Elliot am 27. April[393] 1835 eine Convention, nach welcher die Gefangenen geschont u. alle drei Monate ausgewechselt werden sollten, aber neue Gräuelscenen von beiden Seiten ließen dieselbe wenig zur Ausführung kommen. Unterdessen war auch Don Carlos aus England entwichen, war am 1. Juli in Frankreich gelandet, hatte verkleidet seinen Weg über Dieppe u. Paris u. mitten durch Frankreich genommen u. war am 10 Juli 1834 unter den Seinen in Navarra erschienen. Seine Gemahlin Maria Franzisca, eine portugiesische Prinzessin, blieb in London zurück, starb aber schon den 4. Sept. 1834 zu Alverstock bei Portsmouth u. deren Schwester Therese, Prinzessin von Beira, begab sich später mit den drei Söhnen desselben nach Laibach. Don Carlos erließ sogleich nach seiner Ankunft bei der Armee einen Aufruf an dieselbe u. ein Amnestiedecret. Die Karlisten wurden nun zahlreicher u. stürzten sich, durch die Anwesenheit des Don Carlos ermuthigt, desto kühner auf die Christinos. Am 1. Aug. überfiel Zumala-Carreguy, einer der tüchtigsten Führer der Karlisten u. durch Decret des Don Carlos aus England zum General en chef ernannt, den christinischen General Rodil bei las Amesenas u. am 4. Sept. sprengte er eine christinische Division bei Viana, dagegen schrieben sich bei Salinas d'oro am 28. Sept. beide Theile den Sieg zu. An Rodils Stelle wurde im September Mina zum Oberbefehl in Biscaya, Alava, Guipuzcoa u. Navarra berufen, trat aber seinen Posten erst im Nov. an. Er organisirte die Truppen neu, warf 3000 Mann nach Logroño, um den Ebro festzuhalten, u. befestigte die Hauptpunkte in den Thälern, mußte sich aber trotz mehren glücklichen Gefechten, so bei Tafala am 12. Dec. u. im Vorundathai am 15. Dec., dennoch in die Ebene zurückziehn. Ende 1834 zählten die Karlisten in den nördlichen Provinzen schon 15,000 Mann u. 600 Reiter; die Christinos dagegen etwa 35,000 Mann, von denen 15,000 in den Festungen lagen. Diese zerfielen in die Armee des Nordens (der äußerste linke Flügel in Biscaya) unter Espartero, in die des Centrums (in der Gegend von Saragossa) u. in die von Catalonien (der äußerste rechte Flügel). Später kam dazu noch eine Reservearmee in der Gegend von Madrid u. Segovia. Karlisten wie Christinos litten aber damals wie später Mangel an dem Nöthigsten, so an Schuhwerk, Kleidung, selbst Lebensmitteln.
Das neue Christinische Ministerium Martinez de la Rosa wurde gleich Anfangs durch eine karlistische Emeute, welche in Madrid bei dem Herumstreifen von Merinos Banden am 2. Mai ausbrach, beunruhigt, auch behauptete es nicht lange seine Popularität, denn die gewährte Milderung der Censur rief eine Menge Journale hervor, welche fast sämmtlich gegen die Regierung waren; die wieder auftauchenden geheimen Gesellschaften waren ihm ebenfalls nicht geneigt, u. dazu kamen die Ärgernisse, welche die Zwistigkeiten am Hof hervorriefen, in Folge deren der Infant Don Sebastian sich nach Italien begab u. Ende 1835 unter Don Carlos' Fahnen trat, u. bes. das Verhältniß der Regentin Maria Christine zu dem Kammerherrn Muñoz, welches sich später als eine heimliche Ehe auswies (s. Rianzares) Vergebens löste das Ministerium den hohen Rath von Castilien u. Indien auf, verwandelte die Staatsjunta von 1825 in einen Staatsrath u. errichtete einen hohen Gerichtshof, vergebens erließ es mehre zweckmäßige Befehle, so zur Ausarbeitung eines neuen Gesetzbuches, vergebens gab es den. Getreidehandel frei etc., es vermochte dennoch nicht das Volk zufrieden zu stellen; andere Gesetze dagegen, so über die Nationalbewaffnung, nahm man für Schwäche u. Furcht, auch regten sich die Karlisten wieder in Madrid. Immer dringender wurden daher die Mahnungen Llanders, Quesadas, Sarsfields u.a. bedeutender Generale um eine repräsentative Verfassung, u. unter diesen Umständen wurde, nachdem am 1. April 1834 ein Decret zur Schließung einer Anleihe von 200 Mill. Realen (14,450,000 Thlr.) erfolgt war, am 10. April 1834 das Estatuto real zur Berufung der Cortes por estamientos erlassen. Nach ihm sollten zwei Kammern bestehen, in der ersten der Proceres die Granden, Erzbischöfe u. Bischöfe, die Titulados u. die auf Lebenszeit ernannten Notablen; in der zweiten der Procuradores, 188 Spanier von 30 Jahren, mit 3000 Fr. Einkommen od. einem Grundeigenthum von 1500 Fr. Rente in ihrer Provinz für drei Jahre gewählt, aber wieder wählbar, ihren Sitz haben; Präsidenten u. Vicepräsidenten sollte die Königin bestätigen, die Cortes sollten das Petitionsrecht u. die Steuerbewilligung haben, die alten Abgaben aber noch zwei Jahre forterhoben werden können. Außerdem sollten sie über keinen Gegenstand, welcher ihnen nicht vom König vorgelegt wurde, berathen dürfen, die Sitzungen aber öffentlich sein. Fast nur Liberale, aber wenige sonstige Cortes (am 7. Febr. amnestirt) wurden gewählt, weil sie, vermöge früherer Proscription, nicht das hinreichende Vermögen nachweisen konnten. Dies Estatuto real befriedigte aber keine Partei u. machte Martinez de la Rosa nur noch unpopulärer. Noch unbeliebter war der Finanzminister Burgos (welcher später wegen Unterschleifs aus der Kammer der Proceres gestoßen wurde), an dessen Stelle am 28. Juni 1834 Toreño trat. Um diese Zeit hatte die Cholera in S. Eingang gefunden u. wüthete in Madrid namentlich Mitte Juli 1834. Die Flucht des Hofes aus Madrid, welchen Martinez de la Rosa begleitete, erregte viel Mißfallen, u. Gerüchte von Brunnenvergiftung durch die Karlisten u. die Mönche brachten die Volkswuth zum blutigsten Ausbruch, mehre Klöster wurden erstürmt u. die Mönche ermordet. Endlich schienen mehre Concessionen, welche man den Liberalen machte, z.B. am 15. Juli die Aufhebung der Inquisition u. die Verbannung der Jesuiten, diese ziemlich zu beruhigen. In den am 24. Juli 1834 eröffneten Cortes wurde zunächst der von Toreño vorgelegte Finanz- u. Schuldentilgungsplan berathen u. dessen Vorschlag die ganze Schuld auf die Hälfte zu reduciren, die bleibende Schuld in active u. passive zu theilen u. 400 Mill. Realen (28,900,000 Thlr.) neue Anleihe zu machen, brachte die größte Aufregung hervor, indessen kam endlich das Resultat zu Stande, daß man die Schuld gegen das Ausland anerkannte u. eine neue Anleihe von etwa 160 Mill. Fr. mit dem Pariser Bankierhause Ardoin, freilich zu sehr ungünstigen Bedingungen, abschloß. Am 3. Sept. 1834 sprachen die Proceres mit 71 gegen Eine Stimme die Ausschließung des Don Carlos u. seiner Nachkommen von der Erbfolge aus. Der Antrag des Grafen von Novada u.a. auf Erweiterung der Constitution in liberalem Sinne ging dagegen nicht durch. Am 2. Juni (29. Mai) 1835 wurden die Cortes geschlossen. Gleich darauf trat [394] Martinez de la Rosa, mehrfach von den Cortes heftig angegriffen u. wegen einer ernsten Untersuchung gegen eine angebliche Verschwörung unter Palafox, van Halen u.a. sehr compromittirt, das Präsidium des Ministeriums an den Finanzminister Toreño ab, dessen Portefeuille als Finanzminister nun Mendizabal übernahm, während Llauder als Kriegsminister eintrat. So schwach war Martinez' de la Rosa Ministerium gewesen, daß schon im Jan. 1835 ein Aufstand eines Bataillons unter einem Lieutenant, welches eine liberalere Constitution verlangte u. den Generalcapitán von Neucastilien, General Canterac, erschoß, ungestraft blieb u. das Bataillon nach Navarra abziehen durfte u. erst in Burgos entwaffnet wurde.
Im Frühjahr 1835 fehlte es den Karlisten noch immer an Material, Geschütz erhielten sie erst durch Kauf aus England, Gewehre aus Deutschland, Reiterei konnten sie aber bei dem Mangel an Pferden nur wenig stellen. Desto mehr war Überfluß an Menschen, denn ohne die Provinzialmilizen fanden sich nicht nur allerlei Abenteurer (spottweise Ojalateros genannt, meist Müssiggänger um die Person des Don Carlos) aus ganz S., sondern auch fremde, bes. preußische u. österreichische Offiziere ein, welche dem Don Carlos Hülfe bringen wollten u. bei Organisation seiner Truppen nützlich wurden. Der Oberfeldherr der Karlisten, Zumala-Carreguy, befolgte die richtige Taktik des Gebirgskrieges, er ließ, immer fechtend, die Gegner möglichst weit in die Schluchten vordringen, dann griff er die Têten der Colonnen lebhaft von vorn, die Colonnen selbst in beiden Flanken an u. warf sie so meist zurück. Bei den Christinos dagegen führte Mina zwar am 12. Märzeinen glücklichen Zug in das Ulzamathal aus, nahm aber Alters halber am 8. April 1835 seine Entlassung. Geronimo Valdez, welcher schon einmal das Commando geführt hatte u. jetzt Kriegsminister statt Llanders war, folgte Mina im Oberbefehl, wurde aber mit 12,000 Mann auf dem Marsche nach Pampeluna von Zumala-Carreguy Anfangs Mai in einem viertägigen Gefecht im Thale Amescoas, eben so wie Iriarte mit 4500 Mann bei Guernica geschlagen, auch Estella, Vitalba, Tafalla u. Villafranca von den Karlisten wieder erobert. Schon vorher hatte Zumala-Carreguy das befestigte los Arcos genommen u. zog jetzt vor Bilbao, um es zu belagern, wurde aber hier den 16. Juni durch einen Schuß verwundet u. st. den 25. Juni in Cesaña; Bilbao wurde aber durch die Christinos entsetzt. An Zumala-Carreguys Stelle übernahm Eraso u. als auch dieser verwundet wurde u. starb, Eguia den Oberbefehl über die Karlisten. Bei den Christinos, welche sich jetzt kaum mehr in den Städten gegen die Karlisten halten konnten, wurde Valdez im Juli 1835 vom General Cordova im Obercommando abgelöst. Jetzt erst rief das spanische Ministerium die bewaffnete Intervention Frankreichs u. Englands an. Beide gewährten sie nur indirect. In der Mitte des Jahres trat nämlich ein Theil der Französischen Fremdenlegion, aus Afrika übergeführt, 5000 Mann stark, unter General Bernetlein spanischen Dienst, u. eben so landete im April 1836 die Englische Legion, in Großbritannien seit zwei Jahren für S. geworben, 10,000 Mann stark, unter General Lacy Evans in S. Beide waren trefflich gerüstet, leisteten indessen weniger als man erwarten konnte, daß die Spanier, jede fremde Hülfe hassend, ihnen entschieden entgegen waren, u. Sold, Verpflegung u. Bekleidung ausblieben. Auch die Avantgarde eines portugiesischen Hülfscorps, welches bereits im Novbr. 1835 angelangt war, rückte im Febr. 18366000 Mann stark unter dem Grafen las Antas vollständig in die Linie. Gleich nach Errichtung der Fremdenlegionen befahl aber Don Carlos jeden Fremden, welcher gegen ihn die Waffen trüge, zu erschießen, wogegen auch die Christinos Repressalien anordneten. Auch französische u. englische Kreuzer wurden nun an der Küste aufgestellt u. nahmen an der Vertheidigung der Seeplätze thätigen Antheil. Die Engländer besetzten auch einige Plätze an der Nordküste von S., namentlich San Sebastian u. Los Passages (welches letztere sieerst im Aug. 1840 wieder räumten). Auf diese Hülfe gestützt, konnte nun Cordova zum Angriff übergehen; er lieferte mehre Gefechte u. entsetzte das von la Puebla belagerte Vitoria, u. Don Carlos mußte seinen projectirten Einfall in Castilien aufgeben. Die zweite Hälfte des Jahres verstrich unter, für die Karlisten günstigen Gefechten, doch blieb die Beschießung von San Sebastian unwirksam. In Catalonien hatten sich indessen die karlistischen Guerrillas bis 10,000 Mann gemehrt; Mina, seit 21. Oct. wiederum daselbst Generalcapitán, erklärte daher die ganze Provinz in Belagerungszustand. Wegen dieser außerordentlichen Zustände u. auf besonderen Befehl der Regierung ließ er die Mutter Cabrera's, welche in zweiter Ehe mit dem Cabaçilla Ariambanda verheirathet u. in ein Complot verwickelt war, welches ihrem Sohne Tortosa in die Hände spielen sollte, erschießen. Diese Hinrichtung hatte aber die unseligsten Folgen, denn aufs Äußerste erbittert gewährte Cabrera keinen Pardon mehr u. ließ alle Gefangenen niederschießen, so daß Hunderte von Christinos den Tod seiner Mutter sühnten. Die Karlisten zählten zu Ende 183518,000 Mann u. 800 Pferde u. 17 bespannte Kanonen, so wie 3500 Freiwillige als Reserve, sie besaßen zugleich Pulvermühlen, Kugelgießereien etc.; die Christinos zählten durch neuen Ersatz gegen 100,000 Mann, von denen die Hälfte im Guerrillakrieg in fast ganz Nordspanien focht.
Immer mehr hatten während der Zeit die Anhänger der Constitution von 1812 Einfluß auf die Massen gewonnen. Schon brachen in Barcelona, wo man die Klöster stürmte, den Generalcapitán Llauder zur Flucht nach Frankreich zwang, die Statue Ferdinands VII. zertrümmerte u. den General Bassa ermordete, sowie in Saragossa, Reus u. Valencia Aufstände aus; am 16. Aug. fand auch in Madrid eine Emeute statt, wo das Volk Barricaden errichtete, u. obwohl in der Hauptstadt die Ruhe wieder hergestellt wurde, wurde doch dieselbe in Belagerungsstand erklärt, u. viele Anhänger der Constitution von 1812, wie Arguel les, las Navas, Palafox, Estrada verließen Madrid, um der Verhaftung zu entgehen. Zugleich zeigten sich überall neue Aufstände, bes. seitdem durch ein Decret der Regentin vom 3. Sept. 1835, wodurch das Estatuto real aufrecht erhalten werden sollte, alle neugebildeten, die Constitution von 1812 fordernden Provinzialjunten in Barcelona, Saragossa, Cadiz, Sevilla etc. aufgelöst u. ihre Beschlüsse für nichtig u. aufrührerisch erklärt wurden. Nun rückten bedeutende Truppenmassen u. Haufen der Constitutionellen unter las Navas gegen Madrid, zwei Regimenter gingen zu ihnen über, u. schon war Christine[395] auf Flucht bedacht, als Mendizabal den drohenden Sturm beschwichtigte. Am 14. Sept. wurde Mendizabal an Toreños Stelle leitender Minister u. besänftigte die erregten Gemüther, nachdem er am 28. Sept. durch fast unbeschränkte Preßfreiheit, Stellung sämmtlicher Milizen unter Ein Generalcommando, Berufung. der Cortes zum Entwurf eines neuen von Calatrava vorbereiteten Wahlgesetzes, Einführung gleicher Militärpflichtigkeit (von welcher man sich jedoch durch etwa 400 Thlr. loskaufen konnte), bes. aber durch die Ehrenrestitution seines 1823 hingeschlachteten Freundes Riego beliebt gemacht u. die meisten Provinzialjunten zur Auflösung od. doch zur Passivität bewogen hatte. Nach einem königlichen Decret vom 11. Oct. wurden alle Klöster aufgehoben, welche weniger als zwölf Conventualen zählten, der Geistlichkeit der privilegirte Gerichtsstand entzogen u. die Güter der 900 eingezogenen Klöster (über 1000 blieben noch bestehen) wurden dadurch Nationalgut u. waren zum Besten der zerrütteten Finanzen bestimmt. Dennoch trat in den am 16. Nov. 1835 eröffneten, von Isturiz, Mendizabals Gegner, präsidirten Cortes eine zweifache Opposition auf: die der Exaltados, unter Las Navas, u. die der Moderados unter Martinez de la Rosas u. Toreño, welche, obwohl unter sich zerfallen, doch gegen Mendizabal einig waren, so daß derselbe, nachdem er am 25. Dec. 1835 von den Cortes unbeschränkte Vollmacht zur Anwendung aller Mittel, ausgenommen der Verletzung des Privateigenthums, erhalten hatte, doch später so viel Stimmen in den Cortes gegen sich erhielt, daß diese am 26. Jan. 1836 aufgelöst wurden.
Im Felde war Cordova zu langsam u. bedächtig, um den Sieg an sich zu fesseln, daher blieb 1836 derselbe fast immer den Karlisten; sie nahmen im April Lequeytio, belagerten San Sebastian, welcher Platz nur durch Lacy Evans, aber mit Verlust von 2000 Mann bei Erstürmung der feindlichen Linien, entsetzt wurde; das Eindringen der Christinos in das Bastanthal mißlang. Bei solcher Unthätigkeit auf Seiten der Christinos konnte es der neue Karlistenchef Villareal wagen den General Gomez mit 5000 Mann nach Südspanien zu entsenden u. auch andere Ausfälle aus der festen Stellung hinter dem Ebro machen zu lassen. Gomez drang, die feindliche Linie durchbrechend, über Asturien nach Coruña, um eine karlistische Bewegung in Galicien zu unterstützen, wendete sich hierauf, von Espartero u. Manso verfolgt, nach Leon, drang nach Sepulveda u. Guadalaxara vor, setzte selbst Madrid in Schrecken, zog, bald rechts bald links Haken schlagend, nach Valencia, der Mancha, Andalusien u. Jaen, rückte nach Cordova u. von dem christinischen General Alaix zwischen Priego u. Alcandette am 12. Oct. geschlagen, nach Almaden u. zerstörte dort die Quecksilberbergwerke; er warf sich dann noch einmal nach Südandalusien, überschritt, nachdem er 30. Nov. von Narvaez in Alcandette überfallen worden war, in Schlangenlinien sich windend u. die Gegner stets überlistend, den Guadalquivir u. Tajo u. auch den Ebro am 17. Dec. auf der unbewachten Brücke von Herodata u. kam, nur noch 4000 Mann stark, bei Don Carlos wieder an. Er hatte fast ganz S. umkreist u. den glänzendsten Streifzug, welchen die Geschichte kennt, vollbracht. Viel trug dazu bei, daß eben damals das christinische S. an gewaltigen Stößen litt, so daß es wenig auf Gomez achtete (s. unten S. 396). Ähnliche Züge unternahm auch der Brigadier Sanz, Gomez nach Andalusien entgegen gehend, u. Cabrera, einen Theil Mittelspaniens durchstreifend; Sanz u. Gomez wurden aber bei ihrer Rückkehr wegen politischer Meinungen eingekerkert. Auf dem Hauptschauplatz des Krieges hatte unterdessen der kurz zuvor zum Kriegsminister ernannte Rodil den General Cordova im Obercommando ersetzt, aber da er auch nicht mehr leistete als dieser, so sollte er sein Commando an Espartero abgeben; er weigerte sich, wurde aber von seinen Offizieren dazu gezwungen u. in Badajoz vor ein Kriegsgericht gestellt. Hülfe that aber im Norden auch Noth, denn die Karlisten hatten, als ein Überfall den 27. Oct. mißlungen war, aufs Neue die Belagerung von Bilbao unternommen u. bedrängten die Stadt mit 15,000 Mann u. 30 Kanonen schwer. Aufs äußerste gedrängt, gab die Stadt dem in der Nähe harrenden Espartero durch Signale Nachricht, dieser wagte den 24. u. 25. Dec. einen Angriff auf das Lager der Karlisten, welcher gelang u. Espartero den 26. nach dem entsetzten Bilbao führte. Madrid war voll Jubel, die Cortes votirten den Siegern Dankadressen u. Belohnungen, Espartero aber den Namen eines Grafen von Lluchana. Am 24. Dec. starb auch Mina, vorher zum Generalcommandeur aller Milizen ernannt.
Bei der im Inneren herrschenden Gährung u. bei der Unzureichenheit, mit seinen Finanzmaßregeln die Unordnung zu beschwichtigen, war es vorauszusehen, daß Mendizabal, von den am 22. März 1836 neu eröffneten Cortes heftig bekämpft, sich nicht lange halten werde; wirklich hatte er sein Versprechen die Finanzen ohne Steuern, neue Anleihen od. Verkauf von Nationalgütern herzustellen nicht erfüllt, vielmehr hatte er durch Emission von Certificaten der auswärtigen Schuld in London u. Paris 350 Mill. Realen, durch Wechsel auf die Colonien 50 Mill. u. durch Anweisung auf verschiedene Theile des Staatseinkommens 50 Mill. (im Ganzen 32,512,500 Thlr.) aufgebracht, die Zinsen der äußeren Schuld aber um 17 Mill., das Deficit um 100 Mill. Realen vermehrt, die Einnahme aber statt zu 900 Mill. Realen hinauf-, auf 450 Mill. herabgebracht. Die Regentin weigerte sich daher seine Vorschläge zu bestätigen, u. er gab am 13. Mai seine Entlassung, worauf das Ministerium Isturiz an seine Stelle trat, welches jedoch ebenfalls in den Cortes die heftigste Opposition fand, weshalb dieselben am 22. Mai 1836 aufgelöst wurden. In Barcelona, Valencia, Saragossa, wo San-Miguel, der Commandirende der Armee des Inneren, an der Spitze der Bewegung für die Constitution von 1812 stand, brachen aufs Neue Aufstände aus, bes. aber in Madrid, wo mehre Regimenter u. die Bürger sich am 3. Aug. erhoben. Man sprach von Entsetzung der Regentin u. von Untersuchung ihres Verhältnisses zu Muñoz, indessen wurde noch diesmal der Aufstand beschwichtigt, die Nationalgarde entwaffnet, Madrid in Belagerungszustand erklärt u. die ärgsten Oppositionsblätter unterdrückt. Aber die Exaltados suchten nun Zeit zu gewinnen, um einen vollständigen Militäraufstand zu organisiren; in der Nacht zum 13. Aug. 1836 zog ein gewonnenes Provinzialregiment unter einem Sergeanten, Garcia, nach dem Lustschloß La Granja, wo sich der Hof aufhielt, verleitete dort einen Theil des vierten Garderegiments zum Abfall, richtete die Kanonen[396] auf den Palast u. zwang die Regentin eine Deputation von zwölf Soldaten anzunehmen u. sich durch den General San-Romano für die Constitution von 1812 zu erklären. Vermöge dieser Revolution von La Granja wurde das Estatuto real umgestoßen u. die Regentin zog am 17. Aug. in Madrid ein, wo sie das Volk mit grünen Bändern, dem Zeichen der Revolution, geschmückt, empfing. Reactionen begannen, schon am 14. August waren Isturiz u. die übrigen Minister geflohen, der Generalcapitán von Madrid, Quesada, am 15. bei Madrid u. wie viele andere Offiziere ermordet worden. Musioz mußte sich versteckt halten, Calatrava aber erhielt das Präsidium des Ministeriums, in welches auch Mendizabal wieder eintrat. Jedoch mußte das Ministerium mit den einzelnen Provinzialjunten Capitulationen schließen, wodurch sich lein Verhältniß zu diesen sehr verschlimmerte. Die Truppen aber organisirten sich zum Theil eigenmächtig, gingen auseinander od. nöthigten ihre Befehlshaber sie gegen den Feind zu führen. Viele Beamte u. Proceres forderten ihre Entlassung, jedoch traten später dieselben, so wie die meisten Generalcapitäne, auf Seuen des Ministeriums; die Gesandten Rußlands, Österreichs, Preußeno, Sardiniens u. Neapels verließen S., selbst England u. Frankreich mißbilligten die Revolution. Zu dem Allen stieg die Finanznoth auf das höchste, eine gezwungene Anleihe mußte gemacht u. neue Klostergüter veräußert werden. In den am 24. Oct. 1836 eröffneten constituirenden Cortes, welche ganz auf der Grundlage der Constitution von 1812 (s. oben S. 383) eingerichtet waren, wurde am 19. Nov. die Regentin als solche bestätigt u. am 28. Dec. (in Folge der alsbald unterdrückten, im Sinne der Reaction u. der Isabellinos angestifteten Empörung des vierten Garderegimentes, welche mit Decimation bestraft wurde) das Ministerium mit außerordentlichen Vollmachten bekleidet. Da es von diesen aber einen zu ausgedehnten Gebrauch machte, so hatte es, außer der Opposition der Moderados, zugleich eine andere Faction zu bekämpfen, welche völlig anarchisch auftrat. In Reus, Saragossa, Tarragona brach nämlich ein republikanischer Aufruhr aus, u. bes. in dem kaum beruhigten Barcelona, wo van der Meer mit Erbitterung gegen alle Moderados verfuhr. Dennoch fanden bis gegen Mitte 1837 nur unbedeutende Veränderungen im Ministerium statt, weil die Kammern, nachdem sie die Zehnten aufgehoben hatten, mit dem Entwurf einer neuen Verfassung, welche von der von 1812 wesentlich abwich, beschäftigt waren. Diese Verfassung, in rein constitutionellem Sinne abgefaßt u. in ihren Grundzügen wesentlich mit denen der Französischen Charte von 1830 übereinstimmend, wurde am 18. Juni 1837 proclamirt, s. Spanien (Geogr.) S. 345. Als dies geschehen war, wurde, gestützt auf Espartero, welcher zur Vertheidigung nach Madrid geeilt war, ein neues, mehr moderadistisches Ministerium, mit Bardajiy Azara an der Spitze, im Interesse der französischen Politik, gebildet, welches sogleich die Cortes auflöste. Die neuen Wahlen zu den am 19. Nov. eröffneten Cortes fielen, da von den Exaltados keine Beruhigung des Landes zu erwarten war u. man zugleich hoffte, daß bei einem moderadistischeren Verfahren Ludwig Philipp sich leichter zu einer Intervention verstehen werde, zu 2/3 auf Moderados, u. das Ministerium mußte im December einem anderen noch mehr im Sinne der Moderados, mit Ofalia an der Spitze, weichen.
Das Präsidium des karlistischen Ministeriums führte, nach Abgang des bisherigen Ministers Elorio, seit 1837 der Bischof von Leon, u. statt Villareal hatte der Infant Don Sebastian den Oberbefehl im karlistischen Heere erhalten u. feste Stellungen genommen. Um ihn daraus zu vertreiben, brach Lacy Evans am 10. März mit 13,000 Mann, darunter die Englische Fremdenlegion, gegen Hernani auf u. schloß nach einigen glücklichen Gefechten die Karlisten so eng ein, daß diese in der Verzweiflung Lacy Evans angriffen u. mit schwerem Verluste nach San Sebastian zurückwarfen. Doch bald darauf verließen die Karlisten ihre Verschanzungen, um sich in Tolosa zum Zuge gegen Madrid zu concentriren. Espartero besetzte aber mit der christinischen Hauptmacht am 14. Mai eiligst Hernani u. Fuenterrabia; Irun wurde durch Lacy Evans nach hartem Kampfe erobert. Doch gleich darauf verließ Lacy Evans mit den meisten seiner Offiziere, weil ihre Capitulastonszeit vorüber war u. die Engländer keine Luft mehr hatten ferner unter so viel Beschwerden u. Unannehmlichkeiten für S. zu fechten, den spanischen Dienst. Nur etwa 1500 Mann capitulirten von Neuem. Die Karlisten hatten sich unterdessen bei Tolosa concentrirt, so daß ihre Macht aus etwa 16,000 Mann Infanterie u. 2200 Reitern bestand. Anfang Mai 1837 stellte sich Don Carlos selbst an die Spitze derselben, um gegen Madrid zu marschiren, zog den Ebro hinab, schlug am 24. Mai den christinischen General Iribarren bei Huesca, wo bes. die Französische Fremdenlegion viel litt, breitete sich, obgleich seine Vorhut am 12. Juni 1837 von van der Meer bei Guisona aufgehalten worden war, nachdem er in Barbastro die Angriffe der Christinos zurückgewiesen hatte, in Obercatalonien aus u. überschritt am 30. Juni bei Mora den Ebro. Hier war aber seine Armee, durch Gefechte u. Detachirungen geschwächt, auf 7000 Mann Infanterie u. 600 Reiter, welche noch dazu keine Artillerie hatten, zusammengeschmolzen; da sich aber jetzt Cabrera, welcher kurz vorher Cantavieja überrascht u. dort einige Artillerie gefunden hatte, mit etwa 14,000 Mann neuer Truppen mit Don Carlos vereinigte, so mußte Espartero u. Orag es aufgeben ihn am Weitervordringen zu hindern. Noch vor Don Carlos rückte sein General Zarialegni mit etwa 6000 Mann u. 400 Pferden, nachdem er bei Miranda den Ebro passirt hatte, von Guergué gefolgt, am 26. Aug. in Segovia ein u. bedrohte Madrid auch von dieser Seite. Madrid wurde daher in Belagerungsstand erklärt, u. bald streiften die Karlisten bis dicht an die nur schwach besetzte u. fast ausschließlich von Nationalgarden vertheidigte Hauptstadt. In dieser Noth kam Espartero in Gewalltmärschen am 12. Aug. nach Madrid u. zwang die Karlisten Segovia zu räumen. Die dadurch eingetretene momentane Ruhe aber benutzte Espartero den Sturz des Ministeriums Calatrava-Mendizabal herbeizuführen. Nach einem am 24 Aug. 1837 bei Herrera erfochtenen Siege über das Corps Burens, wobei 1600 Mann gefangen u. zum Theil später von den Karlisten niedergemetzelt wurden, näherte sich Don Carlos von Südosten her abermals der Hauptstadt, indem er als Vorhut Cabrera mit 4000 Mann voraussandte. Aber schon am 28. Aug. war auch Espartero aufgebrochen u. schlug Cabrera am 13. Sept. bei Sacedon gänzlich, so daß auch das [397] Gros der Karlisten sich schleunigst in die Gebirge von Soria zurückzog. Allein Espartero verfolgte sie auf dem Fuße, gewann am 30. Sept. das Treffen bei Recuerda u. trieb am 20. Oct. Don Carlos u. Zarialegni über den Ebro zurück. Cabrera hatte zwar seine zersprengten Haufen rasch wieder gesammelt u. brachte in Kurzem ein neues Corps von 10,000 Mann zusammen, allein der unter den Karlisten ausgebrochene Zwiespalt hinderte jedes energische Auftreten. Die karlistischen Provinzialjunten weigerten sich in die Forderungen des Prätendenten, welcher neue Unterstützungen verlangte, zu willigen u. wurden deshalb aufgelöst; Don Sebastian fiel bei seinem Stiefvater in Ungnade, Moreno wurde verbannt, Elio, Zariategui u.a. verhaftet u. entsetzt, u. wenn es auch durch ungeheuere Anstrengungen u. mit Subsidien aus dem Auslande gelang neue Bataillone auszurüsten, so hatte doch der vereitelte Zug gegen Madrid den Enthusiasmus bedeutend abgekühlt. Die Ernennung des durchaus unfähigen Generals Guergué zum Oberbefehlshaber erregte allgemeinen Unwillen, u. nur der Haß gegen den gemeinsamen Feind u. die Furcht in den Christinos unversöhnliche Gegner zu finden hielt noch die Massen zusammen. Indessen auch im christinischen Heere waren durch den langen Krieg u. die im Lande stattfindenden Unordnungen die Banden des Gehorsams erschlafft, u. nicht nur hatten 60 Gardeoffiziere sich zu marschiren geweigert, so lange nicht das Ministerium Calatrava entlassen wäre, sondern ein Provinzialregiment empörte sich gegen den General Escaleva, welcher Segovia nicht gehalten hatte, u. ermordete denselben am 17. Aug.; der Gouverneur Gonsalez u. viele angesehene Personen fielen zu Vitoria schon im März u. Sarsfield wurde in Pampeluna ermordet. Espartero begriff die Gefahr, welche dem Heere durch solchen Mangel an Disciplin erwachsen würde, u. ließ, als er Don Carlos hinter den Ebro zurückgedrängt hatte, viele schuldige Soldaten u. Offiziere, u.a. den Oberst L. Iriarte u. zwei seiner Bataillonschefs, erschießen, den Gardeoffizieren aber geschah nichts. Nach dem Rückzuge über den Ebro suchte Don Carlos sein zusammengeschmolzenes, nothleidendes, aller Mannszucht entwöhntes Heer wieder neu zu organisiren, schickte auch wirklich noch im Dec. 1837 fünf Bataillone unter Basilio Garcia wieder über den Ebro, welchem später Negri mit acht Bataillonen folgte. Erster machte indessen nur nutzlose Kreuz- u. Querzüge durch Südspanien, u. Negri, welchem sich Anfangs das Glück zuzuneigen schien, indem er mehre glückliche Gefechte bestand u. sogar am 6. April 1838 Segovia besetzte u. dann nach Asturien zog, ging hierauf wieder über den Ebro zurück, wurde aber am 26. April bei Piedrahita unweit Fresno de Rodillo von Esparteros Reiterei zersprengt, seine ganze Artillerie genommen u. 2000 Gefangene gemacht, welche fast alle bei den Christinos Dienste nahmen. Schon am 16. März hatte Espartero Ripoll u. gleich darauf Solsona genommen u. wurde für diese Waffenthaten zum Generalissimus der gesammten spanischen Armee ernannt. Bei weitem glücklicher als Negri auf karlistischer Seite war Cabrera. Er nahm das wichtige Morella (wofür er zum Grafen von Morella ernannt wurde), Benicarlo, Gandesa, Sta. Barbara de Calanda (21. April 1838) u. belagerte auch Lucena u. Alcañiz, jedoch vergebens. Oraa belagerte zwar Ende Juli 1838 Morella, konnte es jedoch nicht nehmen, hob, als Cabrera zum Entsatz anrückte, am 18 Aug. die Belagerung wieder auf u. zog sich nach Monroyo zurück. Cabrera folgte ihm, verwüstete die Huerta von Valencia, kehrte dann zurück u. schlug am 1. Oct. 1838 bei Maella den Pardiñas. Dagegen mußte er die Belagerung von Caspe aufgeben, weil dieser Ort von van Halen, welcher mittlerweile an Oraa's Stelle den Oberbefehl über das Centrum erhalten hatte, entsetzt wurde. In Navarra u. Biscaya war unterdessen O'Donnell, nachdem er Usurbil am Orio genommen hatte, am 28. Jan. wieder in seine Stellung bei Hernani zurückgekehrt, auch Espartero hatte am 31. Jan. 1838 nach einem Gefechte Balmaseda wieder geräumt u. siegte dann am 22. April über Guergué. Indeß fiel auf beiden Seiten sonst nichts Entscheidendes vor. Endlich zog sich Espartero, nachdem er Miene gemacht hatte Estella zu belagern, am 9. Aug. 1838 mit dem Hauptcorps über den Ebro zurück, u. die Karlisten gewannen am 19. Sept. dem christinischen General Alaix zwischen Pampeluna u. Puente la Reyna u. Espartero bei Poblacion de la Aldea am 16. Dec. kleine Vortheile ab. Die Französische Fremdenlegion kehrte, im Jahr 1838 bis auf 1500 Mann verstärkt, später aber von der französischen Regierung zurückberufen, über Pau nach Frankreich zurück.
Schon mehrmals (so 1835) waren, wenn auch nicht von den beiden kämpfenden Parteien officiell, doch durch indirecte Kanäle Friedensunterhandlungen angeknüpft worden, u. bes. dachte man durch die Vermählung der noch nicht achtjährigen Königin Isabella mit dem fast 20jährigen Infanten Carlos, älteren Sohn des Don Carlos, die Interessen beider Parteien zu verschmelzen. Es verlautete, daß Don Carlos sogar die Berufung der Cortes por estamientos zugeben, ja selbst abdanken wolle, wenn jene Heirath zu Stande käme, indessen scheiterten alle Versuche an der Unbeständigkeit des Don Carlos, an der Furcht der Christinos, daß im Fall einer Übereinkunft eine gewaltige Reaction erfolgen werde, u. an der bestimmten Forderung, daß die Fueros in den nördlichen Provinzen abgeschafft werden müßten. Die Lasten u. Übel des. Kriegs wurden aber in jenen Ländern so drückend, daß 1838 einzelne krampfhafte Versuche den Frieden zu gewinnen gemacht wurden. So sammelte der Baske Muñagorri, ein reicher Fabrikherr an der Küste Asturiens, seine Fabrikleute u. ließ, vom britischen Commodore Lord Hay unterstützt, Friede u. keine Fueros! erschallen. Er mußte sich aber bald auf französisches Gebiet zurückziehen u. wollte nun zu den Christinos treten, wurde jedoch von Espartero zurückgewiesen u. seine Lente liefen Anfang 1839 auseinander. Auch ein Aufstand der Leibwache des Prätendenten in Estella am 11. Mai 1838 erfolgte, sie forderte drohend ihren Sold u. die Abstellung eingerissener Mißbräuche. Ihnen schlossen sich andere Bataillone an; die Wuth richtete sich bes. gegen die Ojalateros (s. oben S. 394), der General Cabañas wurde in seinem Bette ermordet u. der Sitz der Provinzialdeputation geplündert; durch Concessionen wurde der Aufstand unterdrückt u. aus der allgemeinen Anarchie hob sich Echeverria als unumschränkter Regent in Navarra hervor. Auch in Guipuzcoa empörten sich einige Compagnien; der Aufstand wurde aber mit Strenge unterdrückt. Der entschlossene Maroto erhielt. nun im Aug. 1838 an der Stelle Guergues den Oberbefehl über das karlistische [398] Heer, u. diesem u. dem Erzbischof von Cuba, Pater Cyrillo, welcher aus Frankreich angekommen war, gelang es endlich den bisher allmächtigen, verhaßten Kriegsminister Texeiro, das Haupt der castilianischen Hof- u. Pfaffenpartei, zu verdrängen, u. Valdespina erhielt am 22. Aug. 1838 das Portefeuille des Kriegs. Die Prinzessin von Beira, welche schon während ihres Aufenthalts in Salzburg, wohin sie von Laibach (s. oben S. 393) gegangen war, mit Don Carlos am 2. Febr. 1838 durch Procuration vermählt war, langte am 17. Oct. in Elisondo an u. die persönliche Trauung erfolgte am 20. Octbr. in Azpeitia durch den Bischof von Leon; am 30. Octbr. entließ Don Carlos zur Feier dieses Ereignisses alle, welche sich noch unverurtheilt in den Gefängnissen befanden, aus ihrer Haft. Viele bisher verhaftete Offiziere traten nun wieder an die Spitze der Truppen, waren aber über die erfahrene Behandlung mit Groll erfüllt u. sachten daher den glimmenden Funken der Meuterei an. Inzwischen waren die von beiden Parteien, bes. aber von den Karlisten, unter dem Vorwande der Repressalien ausgeübten systematischen Metzeleien auf die äußerste Spitze getrieben worden, so wurden von Cabrera Kinder von christinischen Nationalgarden erschossen, in Saragossa, Murcia, Alicante u.a. O. dagegen karlistische Offiziere u. Soldaten geradezu geschlachtet, in Valencia der christinische Generalcapitán Vigo, welcher solchen Gräueln Einhalt thun wollte, erschossen, u. am Ende bildeten sich eigene christinische Repressalienjunten, durch welche diese Unthaten bis in den November fortgesetzt wurden. Die Großmächte legten sich endlich ins Mittel, England u. Frankreich verwendeten sich bei der Regentin, Rußland, Österreich u. Preußen bei Don Carlos, daß solche Grausamkeiten endlich einmal aufhören möchten. Es erfolgten von beiden Seiten Versprechungen in dieser Beziehung u. den Generalen ward auch befohlen milder zu verfahren, bis gegen Ende des Kriegs die alten Gräuel ärger denn je wieder einrissen.
Unter so dringenden Umständen war das an sich unpopuläre u. schwache königliche Ministerium Ofalia in keiner Hinsicht ausreichend, bes. da man es u. die von ihm vertretenen Moderados in Verdacht hatte mit den Karlisten wegen Beilegung des Streites in Unterhandlung zu stehen. Wirklich hatte im Januar 1838 Toreño u. Galiano eine Transaction mit Don Carlos in Antrag gebracht. Entschieden wurde jedoch dieser Antrag zurückgewiesen u. kurz darauf dem Infanten Francisco de Paula, welcher, mit der Regentin schon lange in Feindschaft, den Zutritt zu den Proceres verlangte, dieser verweigert, worauf er nach Frankreich ging. Bes. schadete den Ministern aber das Eindringen des karlistischen Parteigängers Cabañero am 4. März 1838 in Saragossa; zwar wurde er sogleich durch die Tapferkeit der Einwohner mit einem Verlust von 400 Todten u. 700 Gefangenen wieder vertrieben, aber der zweite Commandant von Aragon, der bei dem Ministerium sehr beliebte Esteller, welchen man in Verdacht hatte die Thore geöffnet zu haben, durch das Volk hingerichtet Als das Ministerium nun gegen die Mörder Untersuchungen anstellte, beschuldigte man dasselbe, es habe Saragossa absichtlich in die Hände der Karlisten bringen wollen, um dann desto leichter die Unterhandlungen durchzusetzen. Als hierauf das Avuntamiento von Madrid selbst officiell noch vor dem Schluß der Cortes am 17. Juli die Entlassung des Ministeriums forderte, trat am 7. Septbr. 1838 der Herzog von Frias an die Spitze eines neuen Cabinets, welches aber den Exaltados u. dem Volke eben so wenig genügte. Am 3. Novbr. 1838 kam es nämlich in Madrid zur Emeute, so daß die Stadt in Belagerungsstand erklärt wurde u. alle Verwandten der Karlisten Madrid verlassen mußten. Am 8. Novbr. wurden die Cortes wieder eröffnet u. sogleich verlangten die Minister mehre Gesetze in gemäßigtem Sinne u. geboten die Auflösung der Repressalienjunten. Dagegen traten am 14. November die Generale Cordova u. Narvaez zu Sevilla an die Spitze der Empörung u. der am 15. Nov. errichteten Junta. Da indeß dieser letztere Aufstand keinen festen Haltpunkt hatte, indem mehre andere Generale, bes. der zu Cadiz befehligende Cleonard, sich entschieden dagegen erklärten, so löste sich die Junta auf u. jene beiden entflohen in das Ausland, nachdem bes. Espartero am 6. December 1838 aus seinem Hauptquartier Logroño auf die strengste Bestrafung derselben u. auf die Auflösung der geheimen Gesellschaft der Jovellanos angetragen hatte. Überhaupt fing Espartero jetzt immer mehr an, in die öffentliche Bewegung ein- u. von den Moderados zurückzutreten. Die Regentin hielt es mit den Moderados, verfolgte, auf Frankreich gestützt, ein französisches Justemilieusystem u. erbitterte dadurch, wie durch ihr üppiges Hofleben inmitten des allgemeinen Elends, die Exaltados, welche ihrerseits von der englischen Politik unterstützt wurden u. nicht blos in den Hauptstädten der Provinzen die Ober hand gewannen, sondern auch an Espartero einen Vertreter fanden. Espartero trat nämlich, wegen mehrer unerfüllt gebliebener Forderungen, mit dem Ministerium Frias u. den Moderados geradezu in Opposition, u. diesem Angriffe unterlag das Ministerium. Allein auch das neue Ministerium Perez de Castro vom 10. December 1838 war nach dem bisherigen System auf Seiten der Cortesmajorität, also modernistisch, u. obgleich es in seinem Personal mehre Änderungen vornahm, kam es doch zu keiner Festigkeit u. beschloß, um Zeit zu gewinnen, am 9. (11.) Februar 1839 wenigstens die Vertagung der Cortes. Allein eben durch diese halbe Maßregel verdarb das Ministerium es mit beiden Parteien. Die öffentliche Meinung forderte nämlich durchaus Auflösung der Kammern, u. als diese Meinung sich in den Aufständen vom 20. März u. 18. Mai zu Murcia u. bes. in Valencia deutlich aussprach, löste das Ministerium die Cortes am 2. Juni 1839 förmlich auf.
Die Streitmacht der Christinos wurde Anfang 1839 (wohl übertrieben) auf 150,000 M. geschätzt, wovon 80,000 M. unter Espartero im Norden, 40,000 M. unter van Halen im Centrum u. 30,000 M. unter van der Meer als rechter Flügel in Catalonien stehen sollten; die Karlisten aber zählten in Biscaya u. Navarra etwa 40,000, in Aragonien unter Cabrera u. in Catalonien gegen 30,000 M. In letzterem Lande hatte España seine Banden geordnet u. hielt sich nicht nur gegen van der Meer, sondern nahm ihm auch Ripoll ab. Später änderten sich die Commandeurs der christinischen Armee, indem Valdez u. O'Donnell an Stelle van der Meers u. van Halens traten. Allein O'Donnell konnte ebenso wenig, als sein Vorgänger, seinem Gegner Cabrera Vortheile abgewinnen, während Espartero im Norden viele Siege erfocht. [399] Ende Mai 1839 gelang es diesem sich in Biscaya der Positionen von la Peña del Moro, Ramales u. Guardamino zu bemächtigen, Orduña, Balmaseda u. Arcenega zu nehmen u. die Provinz Santander zu befreien, so daß er bis Ende August bereits Durango u. halb Biscaya in Besitz hatte. In Alava wurde der Karlist Alzaa von Zurbano am 12. Mai 1839 geschlagen, sodann Velascoain u. das Echaurithal in Navarra zu Gunsten der Christinos besetzt, das Borundathal u. die Straße von Pampeluna den Christinos geöffnet, auch bei Aroniz ein Sieg erfochten. Alle diese Unfälle waren den Zerwürfnissen u. Spaltungen beizumessen, welche im Lager des Prätendenten herrschten. Zwischen Don Carlos u. Maroto war nämlich schon Anfangs 1839 ein Zwist ausgebrochen; Letzter hatte gegen den, von dem immer noch einflußreichen Texeiro gehaltenen General Balmaseda wegen Ungehorsams eine Untersuchung eingeleitet u. im Februar von Don Carlos eine Vollmacht bekommen nach den Umständen zu verfahren, wenn er die Beweise der Verschwörung in den Händen hätte. Als nun die castilianische Partei der alten Camarilla gegen Maroto intriguirte, ließ er den 19. Februar die Häupter derselben, die Generale Guergué, Garzia, Sanz, den Brigadier Carmona u. den Intendanten Uriz unter dem Vorgeben, daß sie gegen sein Leben conspirirt hätten, verhaften u. nach gehaltenem Kriegsrecht den 20. Februar erschießen. Darauf erließ Don Carlos auf Antrieb der Camarilla am 21. Februar ein Manifest gegen Maroto, worin er denselben als Verräther seiner Stelle entsetzte. Maroto aber rückte, da er die Soldaten auf seiner Seite hatte, am 23. Februar nach Tolosa, bedrohte von hier aus das Hauptquartier des Don Carlos u. schnitt dessen Verbindung mit Guipuzcoa ab. Don Carlos nahm nun eiligst am 24. Februar zu Villafranca das Manifest vom 21. zurück u. fügte sich, daß die Häupter der jetzigen Camarilla, der Bischof von Leon, Texeiro, Labandero u. etwa 30 Andere verbannt wurden, von denen die Meisten nach Frankreich gingen. Um jedoch Marotos Macht zu brechen, errichtete Don Carlos am 28. März einen obersten Kriegsrath u. berief heimlich mehre der Verbannten aus Frankreich zurück, u. diese bewirkten am 9. August 1839 im Baztanthale einen Aufstand gegen Maroto, welcher indeß durch diesen, welcher dem Don Carlos eine Proclamation gegen die Empörer abzwang, bald gedämpft wurde. Maroto hatte aber schon längst. mit Espartero Unterhandlungen angeknüpft u. bereits am 22. Juli seine Bereitwilligkeit zur Beendigung des Bürgerkrieges erklärt. Es folgte am 25. August 1839 eine persönliche Zusammenkunft beider Feldherrn zu Durango, welche jedoch zu keinem entscheidenden Resultate führte, da Maroto fest auf der Beibehaltung der Fueros beharrte, welche Espartero nicht bewilligen konnte. Indeß gedrängt durch eine in seinem Heere sich entspinnende Meuterei begnügte sich Maroto mit der Zusicherung Esparteros, daß er für die Bestätigung der Fueros od. deren modificirte Fassung seinen ganzen Einfluß aufbieten wolle, u. schloß mit Espartero am 31. Aug. 1839 den Vertrag von Bergara, welchen mit ihm 50 Chefs unterzeichneten. Im Angesicht beider Heere, auf dem Felde von Bergara, umarmten sich beide Feldherrn, u. 18 karlistische Bataillons u. 5 Escadrons. legten nun die Waffen nieder u. wurden in ihre Heimath entlassen. Don Carlos, welchem nur noch 10,000 M. treu geblieben waren, erklärte in einer Proclamation vom 31. August Maroto abermals für einen Verräther; allein der Abfall war einmal geschehen u. Muthlosigkeit unter die Karlisten gekommen. Der hart bedrängte Prätendent mußte sich daher in das Baztanthal zurückziehen, flüchtete von hier am 15 September 1839 mit seiner Familie nach Frankreich u. kam am 21. Sept. in Bourges an, welche Stadt ihm von der französischen Regierung als Aufenthaltsort angewiesen war.
Nun ergab sich ganz Biscaya u. war bald so beruhigt, daß einige Versuche zu künstlich erregten Aufständen im Februar u. April 1840 ohne allen Erfolg blieben. In Catalonien u. Niederaragonien dagegen währte die Insurrection noch fort, u. Cabrera verkündete Ende October, indem er zum Ausharren ermahnte, die Errichtung einer neuen Oberjunta unter dem Präsidium des Bischofs von Orihuela. Langostera beunruhigte mit 4000 M. den Rücken der Christinos, welche im Winter 1839 bis 1840 nur noch das Fort Manzanara einnehmen konnten, während von Espartero u. von Cabrera an den Feinden, welche in ihre Hände fielen, grausame Strenge geübt wurde. Um diese Zeit fiel aber Cabrera in eine schwere Krankheit u. wurde dadurch an der persönlichen Leitung des Krieges gehindert. Die Christinos nahmen Segura, Castillete u. Aliaza, besetzten am 11. Mai 1840 das verlassene u. in Brand gesteckte Canta Vieja u. eroberten am 30. Mai die karlistische Hauptfestung Morella; 3000 M. waren kriegsgefangen. Cabrera, welcher diese Festung entsetzen wollte, wurde am 22. Mai von O'Donnell bei Cenia geschlagen u. mußte sich über den Ebro nach Nordcatalonien zurückziehen, während ihm Espartero mit seinem ganzen Heere folgte. In Catalonien hatte sich noch immer España gegen Valdes gehalten, Erster eroberte Ende September 1839 Campredon u. am 10. Oct. Moyo, während Valdes nur ein glückliches Treffen bei Solsona hatte, alsdann aber seine Stelle an van Halen abgab. Da beging die karlistische Junta von Catalonien, schon lange mit España in Uneinigkeit, die Unthat diesen Ende October gefangen nehmen, wegführen, in der Wildniß ermorden u. in den Segrefluß stürzen zu lassen, wo er am 5. Novbr. gefunden wurde. Statt seiner übertrug die Junta den Oberbefehl an Segarra, welcher jedoch der übermüthigen Bandenführer nicht Meister werden konnte. Um diese Zeit rückte nun der von Don Carlos zum Generalissimus für Aragon, Valencia u. Murcia ernannte Cabrera in Catalonien ein u. ließ in Berga Españas Mörder erschießen. Aber die Mannszucht war nicht wieder herzustellen, u. die karlistische Sache verloren gebend, verließ Cabrera Berga, welches sich den Christinos ergab, u. ging am 6. Juli 1840 mit noch 8000 M. über die französische Grenze; am 4. August 1840 wurde das letzte karlistische Fort, Collado de Alpuente, geräumt. Auch Balmaseda war, nachdem er in Guadalaxara, der Mancha, Soria etc. den Krieg mit Grausamkeit fortgeführt hatte, am 28 Juni 1840 bei Larran mit 400 M. über die französische Grenze gegangen, wo im Ganzen etwa 30,000 Karlisten eine Zuflucht fanden, u. Ende Juli unterwarfen sich auch die Generale Segarra u. Palacio, welcher noch am 15. Juli das vom General Concha befehligte Geleite der Regentin zwischen Seguenza u. Medina Celi angegriffen hatte, aber mit Verlust von 1400 Gefangenen zurückgewiesen worden war.[400] Gegen einzelne mit den Waffen in der Hand gefangene Karlisten wurde mit Strenge verfahren u. sie zum Theil noch hingerichtet; auch der Privatrache fielen an mehren Orten Opfer. Am 20. Aug. 1840 löste ein königliches Decret die Armee des Nordens, Centrums u. Cataloniens auf u. bildete daraus vier Armeecorps unter dem Oberbefehl des nun auch zum Siegesherzoge (Duque de la Victoria) ernannten Espartero. Unterdessen waren die Fueros der baskischen Provinzen u. Navarras von den, über das günstige Ende des Krieges erfreuten, am 3. September eröffneten Cortes, in welchen die Exaltados die Oberhand hatten, am 7. u. 22. October 1839 förmlich bestätigt worden, so weit nämlich die constitutionelle Einheit S-s nicht darunter leide. Die nächste Folge davon war, daß am 12. December 1839 die Provinzialdeputation von Biscaya unter der Eiche von Guernica, wo seit uralter Zeit die Volksversammlungen gehalten wurden, u. gleich darauf die Junten der drei andern Provinzen die Königin Isabella II. als Herrin anerkannten. Auch erfolgte in den Cortes die schon vorher vorbereitete feierliche Versöhnung der Parteien. Allein die Versöhnung war nur scheinbar, denn gleich darauf brach, in Folge eines von der Regierung proponirten neuen Censur- u. eines Ayuntamientogesetzes (Gemeindeordnung), wodurch dem Volke die Wahl seiner Municipalbehörden u. der Nationalmiliz die Ernennung seiner Anführer entzogen werden sollte, der Zwiespalt so heftig wieder aus, daß die Cortes eine hiergegen protestirende Adresse beschlossen u. deshalb erst vertagt, dann am 18. November 1839 aufgelöst wurden. In Folge der dadurch auch im Ministerium hervorgerufenen Zwistigkeiten, trat unter anderen Genecal Alaix als Kriegsminister aus, während die Cortes noch in ihrer letzten Sitzung erklärt hatten, daß kein Spanier zur Bezahlung von Steuern u. Abgaben verpflichtet sei, welche nicht durch die Cortes votirt wären. In den darauf folgenden Wahlen erhielten die Moderados viele Stimmen für sich, dagegen trat Espartero jetzt so entschieden gegen die Moderados auf, daß er sich nicht nur ausdrücklich gegen die geschehene Cortesauflösung erklärte, sondern sogar als Wahlcandidat der Exaltados erschien. Auch mehre Hauptstädte der Provinzen setzten sich gegen die Regierung in Opposition; an einigen Orten brachen Unruhen aus u. Ende 1839 wurden sogar Stimmen laut, welche den Infanten Francisco de Paula als Regenten forderten. Am 18. Februar 1840 eröffnete die Regentin die neuen Cortes mit einer Thronrede, welche zwar von Seiten Frankreichs große Anerkennung fand, aber von den Exaltados u. in England hart getadelt wurde, u. der Unwille der Exaltados stieg, als am 4. u. 27. Juni 1840 der neue Ayuntamientoantrag durchging so, daß Madrid in Belagerungszustand erklärt werden mußte. Espartero widerrieth der Regentin ernstlich die Genehmigung des Ayuntamientogesetzes u. begehrte, als sie. dieses am 19. Juli dennoch genehmigte, sofort seine Entlassung. Als diese ihm verweigert wurde, verbreiteten sich Aufstände bis zur Hauptstadt hin. Die Regentin übertrug daher Espartero die Bildung eines neuen Ministeriums, aber als er in seinem Programm die Auflösung der Cortes u. die Verwerfung des Ayuntamientogesetzes als Bedingung stellte, übertrug sie Gonzalez die Bildung des Cabinets. Dieser stellte aber dieselben Forderungen, so daß die Regentin am 28. August zu Valencia zu der Bildung eines neuen moderadistischen Cabinets schritt, wodurch die Aufregung sich aber noch steigerte, so daß in Madrid unter Truppen u. Volk eine förmliche Empörung ausbrach. Der Generalcapitán Aldana mußte die Stadt verlassen, es bildete sich eine permanente Regierungsjunta u. Rodil, Lorenzo u. Lopez traten an die. Spitze der Truppen. Bald standen 24,000 M. unter Waffen u. eine constitutionelle Association bildete sich, welche bald 12,000 Mitglieder zählte, u. zahlreiche andere Städte schlossen sich der Hauptstadt an. Die Regentin sandte nun den General Claverio gegen Madrid ab, mußte denselben aber, als in dessen Truppen sich ebenfalls Neigung zum Abfall zeigte, zurückrufen u. bat nun nochmals Espartero, die Beschwichtigung des Aufstandes zu übernehmen. Dieser aber erließ am 7. September 1840 ein Manifest, worin er nicht nur jenen Aufstand rechtfertigte, sondern auch erklärte, daß er dem Befehle der Regentin nur dann Folge leisten könne, wenn alle seine früheren Forderungen erfüllt würden. Christine versuchte daher wieder die Bildung eines neuen progressistischen Cabinets, jedoch weigerten sich die Ernannten größtentheils, als Anhänger Esparteros, Ministerien zu übernehmen, ja es bildete sich auf Antrag der Provinzialjunten rasch eine Centraljunta für ganz S., nur die baskischen Provinzen erklärten sich für die Regentin. Espartero blieb so die letzte Zuflucht, die Regentin ernannte ihn zum Ministerpräsidenten u. zwar mit der Vollmacht sich selbst sein Ministerium zu bilden. Am 29. September zog Espartero feierlich in Madrid ein u. wurde am 9. October mit gleichen Ehren in Valencia empfangen. Die Regentin aber erklärte am 12. October zu Valencia ihre Abdankung, beauftragte bis zur Versammlung der neuen Cortes das Ministerium mit der Regentschaft u. schiffte sich am 14. October 1840 nach Frankreich ein, wo auch mehre andere Ausgewanderte von der Moderadospartei, Zea Bermudez, Perez de Castro, Martinez de la Rosa, Toreño, die Generale O'Donnell, Narvaez u.a. sich um sie versammelten u. wo sie am 8. November in Marseille ihre Entsagung wiederholte.
Espartero sprach am 30. Nov. eine Amnestie für alle seit 1837 begangenen politischen Vergehen aus u. wurde von den Cortes am 8. Mai 1841 zum alleinigen Regenten während der Minderjährigkeit der Königin Isabella, Arguelles aber, der Präsident der Cortes, zum Vormund derselben u. Gonzalez zum Ministerpräsidenten ernannt. Gegen die Ernennung Arguelles' zum Vormund erließ nun Maria Christine von Paris aus am 19. Juli 1841 eine Protestation, worin sie diese Ernennung als eine auf Gewaltgegründete Usurpation, ihre eigene Entsagung aber als ihr abgedrungen bezeichnete u. die Ernennung eines andern Vormundes forderte. Nun vereinigte sich die Christinische Partei in Paris, um eine allgemeine revolutionäre Bewegung gegen Espartero einzuleiten. Narvaez konnte aber von Gibraltar aus in der Nähe von Cadiz nur einige Guerrillas aufstellen; O'Donnell jedoch bemächtigte sich mit einigen gewonnenen Truppen der Citadelle von Pampeluna, allein ohne die Stadt gewinnen zu können; andere bewaffnete Banden nahmen Estella, u. auch Bilbao u. Vitoria, so wie andere Punkte schlossen sich dem Aufstande an. Am gefährlichsten wurde aber der im Oct. 1841 in Madrid[401] ausbrechende Aufstand der äußeren Garde unter. dem General Diego Leon. Man beabsichtigte nämlich die Entführung. der Königin Isabella, u. schon waren die Verschwornen in der Nacht zum 7 Oct. in die Corridors des Schlosses gedrungen, als die Trabanten sie mit Flintenschüssen empfingen u. zurücktrieben; die übrige Besatzung u. die Nationalgarden Madrids umzingelten hierauf die Anführer u. nahmen sie gefangen. General Leon, welcher bereits eine Proclamation der neu einzusetzenden Regierung bei sich trug, wurde auch mit gefangen u. sogleich füsilirt. Mit eiserner Strenge erhielt Espartero in Madrid, wo er die Garde in Linienregimenter umwandelte, u. allenthalben in S., wo sich Theilnehmer der Verschwörung zeigten, die Ruhe; er sendete nun Rodil nach Navarra, welcher den Aufstand in Kurzem stillte, u. begab sich selbst nach Saragossa, um den aufständischen Provinzen immer nahe zu sein. Auch die Citadelle von Pampeluna ergab sich am 20. Octbr. u. O'Donnell kam mit 2400 Mann Truppen wieder auf französischer Grenze an. Bilbao sandte seine Unterwerfung ein u. auch Vitoria legte die Waffen nieder. Espartero verfuhr hier mit Milde, benutzte aber die Gelegenheit u. rückte die Zollgrenze vom Ebro bis an die französische Grenze hinaus u. ließ so die baskischen Provinzen u. Navarra an den indirecten Steuern S-s Theil nehmen. Auch Barcelona hatte an der christinischen Bewegung Theil genommen, indem die Christinos den Haß der Fabrikdistricte gegen die Briten, ihrer Manufacturerzeugnisse wegen, benutzt hatten, um sie gegen Espartero aufzureizen. Schon am 7. Juni 1840 hatten dort Unruhen wegen confiscirter, in Aufstrich vom Zollamt zu verkaufender englischer Waaren Statt gefunden, auch später zeigten. sich Unruhen gegen das dortige zweite Garderegiment, beide wurden aber unterdrückt. Ende October, unmittelbar nach der versuchten Entführung der Königin, brach ein neuer Aufstand in Madrid aus, das Volk wollte die Republik verkündigen u. vermochte, da die Besatzung unter van Halen zur Bekämpfung der insurgirten baskischen Provinzen ausgezogen war, den General Zabala ihm die Citadelle einzuräumen u. begann dieselbe sogleich zu demoliren. Als aber die Häupter der Unruhestifter die Bezwingung der Navarresen erfuhren, schifften sie sich nach England u. Frankreich ein, u. am 15. Nov. zog van Halen wieder in Barcelona ein Auch in Valencia hatte ein Aufstand Statt gefunden, man verlangte die Schleifung der Citadelle u. die Nationalgarde ermordete den ehemaligen carlistischen Gouverneur von Morella, doch unterdrückten energische Maßregeln die Unruhen bald. Ein wichtigerer Feind erwuchs aber gegen Espartero in der Geistlichkeit. Bereits am 1. März 1841 erklärte der Papst in einer Allocution, daß die Madrider Regierung aus der Unterwerfung der nördlichen Provinzen nur um so mehr Muth geschöpft habe die Rechte des Papstes u. der Spanischen Kirche mit Füßen zu treten. Bes. protestirte er gegen die Decrete vom Dec. 1840 wegen Einziehung der Klöster in den unterworfenen Provinzen. u. gegen die Versteigerung der dazu gehörigen Kirchen, gegen die Absetzung mehrer Geistlichen, gegen die Ertheilung der Pfarreien durch die weltlichen Behörden, gegen die geschehene Verhaftung u. Verbannung des päpstlichen Vicenuntius Don Ramirez Arellana zu Madrid, welcher gegen dieses alles Protest eingelegt hatte etc. Diese Allocution erregte die größte Aufregung in S, mehre Mitglieder des Domcapitels in Saragossa gaben den 25. Juli eine Adresse ein, worin sie sich zwar der Regierung gehorsam, aber in geistlichen Sachen sich vor Allem dem Papst unterthänig erklärten, das Ayuntamiento von Madrid sprach sich dagegen ganz wider die Allocution aus u. ein Mitglied der Cortes verlangte sogar die Verbrennung jenes Actenstücks durch Henkershand. Die spanische Regierung aber erließ zwei Manifeste als Antwort auf die Allocution, worin sie für S. eine eben so außerordentliche kirchliche Freiheit in Anspruch nahm, als die Constitution eine politische gebe, u. namentlich dem Papst das Protectorat der Spanischen Kirche absprach, indem dasselbe die Königin Isabella nicht anerkenne. Der Papst replicirte aber in einem Encyklischen Schreiben vom 22. Febr. 1842, worin er in der ganzen katholischen Christenheit Gebete für die Wohlfahrt der Spanischen Kirche anordnete u. die Allocution vom 1. März 1841 in Erinnerung brachte. Die spanische Regierung ließ sich aber dadurch nicht stören, sondern bestrafte die widersetzlichen Geistlichen mit Verbannung, verbot alle Geldsendungen nach Rom, entzog den von fremden Prälaten ordinirten od. der Partei des Don Carlos angehörenden Geistlichen die Ertanbulß zur Beichte u. Messe u. erklärte durch ein von den Cortes am 21. Juli 1841 bestätigtes Gesetz alles Kirchengut für Nationaleigenthum, wobei zugleich der Verkauf der Güter des ganzen Clerus angeordnet wurde: zur Bestreitung der Kosten des katholischen Gottesdienstes wurden von Seiten des Staats jährlich etwa 75 Mill. Realen (5,416,900 Thlr.) ausgesetzt. Natürlich erregten solche Maßregeln, wie unter den äußersten Exaltados Beifall, so unter dem übrigen Volk Trauern. fanatischen Abscheu gegen Espartero, u. Millionen Spanier fielen im Herzen von demselben ab. Auch daß Espartero die trostlosen Finanzverhältnisse nicht zu bessern vermochte, schadete ihm in den Augen der Parteimänner, denn anstatt daß Einnahme u. Ausgabe in ein Gleichgewicht gekommen wären, häuften sich Anleihen auf Anleihen u. es war von 160,200, ja 400 Mill. Realen die Rede, von denen aber nie mehr als die Hälfte wirklich in den Staatsschatz floß; das Budget zeigte trotzdem ein enormes Deficit. So kam es nun, daß alle Parteien, obgleich sie sich nicht weniger als früher bekämpften, in Einem Punkte, der Anfeindung Esparteros, einig waren u. Legitimisten, Geistliche, Moderados u. Exaltados zugleich an dessen Sturze arbeiteten. Auch die Anwesenheit des Infanten Francesco de Paula seit 1842 in Madrid mußte die Aufmerksamkeit des Regenten erregen, indem er fürchtete, daß es derselbe auf die Regentschaft abgesehen habe; es wurde dem Infanten daher insinuirt Madrid zu verlassen. In der That führte aber Espartero seine Regentschaft kraftvoll u. umsichtig, Bauten von Straßen, Kanälen, Kriegsschiffen wurde begonnen, die Industrie unterstützt, Handelsverträge mit Belgien u. mit England abgeschlossen, auf die Bergwerke mehr Sorgfalt gewendet, den bei den letzten Unruhen Betheiligten, so wie allen schon früher politischen Verurtheilten vollständige Amnestie zugesichert u. bewilligt, u. nur die Rädelsführer bestraft, den Karlisten ihre sequestrirten Güter zurückgegeben, die Volksjunten aufgehoben, die Fueros der baskischen Provinzen u. Navarras, wo sie außer Verhältniß zu den Leistungen der andern Provinzen waren, bes. in Bezug[402] auf die Steuern, almälig beschränkt u. der Reichsrath neu organisirt, mit der Republik Ecuador im Nov. 1841 ein Friedens- u. Freundschaftsvertrag geschlossen, der mit Hayti Ende 1842 wegen Schleichhandels, welchen ein spanisches Schiff in einem seiner Häfen getrieben hatte, mit Wegnahme einiger Schiffe begonnene Krieg durch einen Friedensschluß im März 1843 geendigt etc. Die vom 26. Dec. 1841 bis 16. Juli 1842 versammelten Cortes unterhandelten bes. über kirchliche u. finanzielle Gegenstände. Im Mai 1842 gab das Ministerium Gonzalez, auf die wiederholten Angriffe u. endliche Erklärung der Cortes, daß es ihr Vertrauen verloren habe, seine Entlassung. Olozaga, Ferrer u. Andere der Progressistischen Partei, welche vom Regenten in ein neues Ministerium gerufen wurden, schlugen dies aus, endlich bildete sich im Juni unter Rodil ein neues Ministerium, welches aber im April 1843 zurücktrat; erst Mitte Mai 1843 bildete Lopez ein Ministerium, welches aber bereits 18. Mai abdankte, weil Espartero die Entlassung der Generale Linage u. Zurbano nicht zugestehen wollte. Mit der Bildung des neuen Cabinets wurde Gomez Beccara beauftragt u. Mendizabal in dasselbe gezogen. Gegen dasselbe, sowie gegen den Regenten trat nun Lopez u. seine Partei in den Cortes als Feinde auf, sie bemühten sich alle Fractionen unten dem Namen der Spanischen Partei zu vereinigen u. bezeichneten die Esparteros mit dem Namen der Anglo-Ayacuchos (Englische Militärpartei).
Zugleich regten sich die Insurrectionen in den Provinzen, von der Christinischen Partei veranlaßt, wieder; Catalonien war schon 1841 u. 1842 von politischen Banden durchzogen, diese aber von den Generalen Esparteros verfolgt u. mehre Bandenführer gefangen u. erschossen worden; zugleich wurde Zurbano als Divisionschef nach Barcelona u. Gerona gesendet, um die dort am 6. Nov. 1842 ausgebrochenen Unruhen zu dämpfen. Hier verfuhr er mit großer Grausamkeit, aber dennoch brach schon am 19. Nov. ein Aufstand aus, die Regierungstruppen wurden, nachdem sie einige hundert Mann verloren hatten, in die Forts gejagt u. am 17. Nov. eine provisorische Junta gebildet; während diese sich am 19. Mai von Espartero u. der Regierung lossagte, wurde die Stadt am 18. u. 26. Nov. bombardirt, u. als ein neuer Aufstand in der Stadt ausbrach, das Bombardement am 2. Dec. erneuert. Der Regent eilte herbei, u. schon am 4. Dec. ergab sich Barcelona, nachdem sich die Schuldigsten auf französische Schiffe geflüchtet hatten; am 5. Dec. zogen die königlichen Truppen unter van Halen ein, die Nationalgarde wurde aufgelöst, die Einwohner entwaffnet, der Stadt eine Kriegssteuer von 3 Mill. Francs aufgelegt u. der Belagerungszustand ausgesprochen. Auch über Figueras, Saragossa, Valencia, Sevilla hatte sich der Aufstand verbreitet; zwar gelang es der Regierung denselben nochmals zu dämpfen, aber die Entlassung des Ministeriums Lopez im Mai 1643 erregte neue Aufregung, bes. in Valencia. Gleichzeitig erfolgte das Pronunciamento (d.i. die Aufstandserklärung) in Granada, Malaga, Almeria u. Andalusien durch Capitän Salamanca, Adjutant des Generals Narvaez, ebenso in Reus u. Gerona, überhaupt fast in ganz Catalonien, wo General Prim immer den Krieg gegen Espartero fortgesetzt hatte; überall fielen die Truppen von Espartero ab, ja selbst ein Theil der von Zurbano gegen Prim am 8. Juni geführten Bataillone gingen zu diesem über. Hierauf nahm Burgos, Coruña, Zamora, Pampeluna, Cordova, Palma, Santander, Logroño nach u. nach an dem Pronunciamento gegen Espartero Theil. Auch der Oberstlieutenant Amettler, früher Adjutant beim Infanten Francisco de Paula, erklärte sich gegen Espartero, u. General Serrano übernahm in Barcelona das Commando über die Insurgenten u. erließ ein Absetzungsdecret gegen den Regenten. Vergebens publicirte Espartero wieder ein Manifest gegen den Aufstand. Am 21. Juni marschirte er von Madrid ab, um Valencia wieder zum Gehorsam zu bringen, aber er fand allenthalben Insurrection, selbst seine Truppen wurden schwierig; vergebens setzte er die Belagerung von Granada fort u. ließ Reus beschießen, während Murcia von den Christinos belagert u. genommen wurde. Am 27. Juni kamen Narvaez u. Concha zur See in Valencia an u. Erster übernahm als Oberbefehlshaber von ganz S. dort, Concha in Andalusien das Commando u. verstärkten ihre Heere durch Überläufer aus dem königlichen Heere: Espartero dagegen stand mit 10,000 Mann 18 Tage lang unthätig zu Albacete. Die größte Verwirrung herrschte nun unter beiden Parteien, bald war ein Ort heute in den Händen der Einen, morgen in den Händen der Andern, die Truppen gingen wechselseitig zu der einen od. andern Partei über u. Aufstände od. Abfälle entstanden in Städten, wo man sich ganz sicher glaubte. Im Ganzen gewann aber die Sache der Christinos bedeutend. Um sich Espartero u. Madrid zu nähern, zogen sich Seoane u. Zurbano Anfangs Juli aus Catalonien nach Aragonien u. Serrano folgte ihnen sogleich, Espartero aber ging nach Val de Peñas an der Sierra Morena u. der Straße nach Sevilla u. ließ die nach Madrid frei. Sogleich aber schob Narvaez seine Avantgarde unter Aspiroz nach Madrid vor, welcher am 11. Juli vor dieser Stadt eintraf u. den Pardo besetzte. Nur das Husarenregiment Principessa bildete die Garnison Madrids, außerdem wurde es von etwa 12,000 Mann Nationalgarde vertheidigt. Diese wehrten sich, von Mendizabal angespornt, Anfangs gegen Aspiroz gut, so daß dieser den Angriff aufgab u. sich den 21. Juli bei Torrejon mit Narvaez vereinigte; den 22. Juli rückte aber Narvaez den Corps von Seoane u. Zurbano entgegen, welche von Saragossa kommend Madrid entsetzen wollten. Beide Corps hatten indessen schon viel unterwegs durch Desertion verloren, u. als sie die Narvaezsche Vorhut erblickten, ging das ganze Corps zu Narvaez über. Seoane wurde gefangen, aber nach Frankreich entlassen, Zurbano erreichte nur mit drei Adjutanten zu Fuß Madrid. Narvaez wurde durch diesen Abfall 30,000 Mann stark. Mendizabal u. alle Häupter der Progressisten flohen nun aus Madrid od. versteckten sich, u. das Ayuntamiento der Hauptstadt, wo noch am 21. die Reste von Eñas Corps, 2500 Mann Infanterie u. 400 Reiter, ganz niedergeschlagen eingezogen waren, capitulirte am 23. Juli; die Miliz wurde, gegen die Capitulation, so wie das Ayuntamiento aufgelöst. Der Palast der Königin blieb frei u. das Ministerium Lopez, dessen Abdankung alles dies veranlaßt hatte, wurde am 25. Juli von der Königin hergestellt; Arguelles gab seine Entlassung als Vormund der Königin, Serrano wurde Kriegsminister. Derselbe war noch in Barcelona zurück, wurde aber von den dortigen Progressisten u. Republikanern, welche den Sieg der christinischen Moderados nur als den Weg zur Republik[403] betrachteten, am 25. Juli vertrieben. Den 28. erkannte jedoch die Municipalität dieser Stadt, so wie von Saragossa die christinische Regierung an, worauf Amettler dort einzog. Unterdessen setzte Espartero seinen Marsch über Baylen, Andujar u. Cordova gegen Sevilla fort, wo er sich mit van Halen, welcher jetzt in Andalusien befehligte, vereinigte, um Sevilla für seine Erhebung zu bestrafen u. dann rasch nach Madrid zurückzukehren, welches bis dahin, wie er meinte, sich halten würde. Vom 20.–25. Juli wurde Sevilla heftig beschossen, es wehrte sich aber tapfer, bis in der Nacht zum 26. Juli Espartero, als er die Ereignisse von Madrid erfuhr u. weil sich Concha in Eilmärschen näherte, die Belagerung aufhob u. sich nach Cadiz zog; mit Mühe entging er den ihn verfolgenden Reitern unter Concha u. schiffte sich mit Linage u. van Halen am 90. zu Cadiz auf einem britischen Linienschiff nach England ein, nachdem er noch zuvor ein Abdankungsmanifest erlassen hatte; in Lissabon angelangt, protestirte er aber gegen Alles, was während seiner Abwesenheit in S. geschähe. In Madrid hatte sich indessen das Ministerium Lopez od. die Nationalregierung, wie sie sich nannte, völlig ausgebildet, die Stellen der entsetzten Ayacuchos waren durch die alten Minister u. durch die Häupter der Pronunciamentos u. Moderados ersetzt worden, an Arguelles' Stelle war Castaños, Herzog von Baylen, als Vormund der Königin getreten, ein neues Manifest wurde erlassen u. Espartero am 16. Aug. aller seiner Würden u. Ehren für verlustig erklärt. In den Provinzen unterwarfen sich vor u. nach Esparteros Fall alle ihm bisher treu gebliebenen Plätze u. Städte der neuen Regierung, nur Barcelona nicht Hier herrschte noch immer Neigung für Republik; zwar unterwarf sich im August die dortige Provinzialjunta der Regierung zu Madrid, aber nur unter der Bedingung, daß sie selbst berathend bliebe; bald aber brach der Zwist wieder aus, die Junta zog sich 16. Aug. in das Fort Atarazanas zurück, ein in der Citadelle liegendes, den Progressisten geneigtes Bataillon der Freiwilligen wurde aber von dem königlichen General Arbuthnot durch List entwaffnet. Da der Zwist sich aber verschlimmerte u. die Einsetzung einer Centraljunta für ganz S. verlangt ward, begann General Prim Anfangs September Barcelona von Monjuich u. der Citadelle aus lebhaft zu beschießen. Dennoch wurde die Sache für die Königlichen bedenklich, denn am 10. Sept. rückte Amettler, welcher sich für die Sache der Progressisten erklärt u. einige Tausend Man dafür gewonnen hatte, in Barcelona ein u. auch Gerona, Hostalrich, Figueras, Saragossa, Zamora, Leon, Vigo erklärten sich für die Progressisten u. an vielen andern Orten, z.B. Sevilla, Granada etc., wurden Aufstandsversuche für sie gemacht, Saragossa von den Königlichen eingeschlossen, Amettler aber, welcher einen Ausfall aus Barcelona machte, von Prim am 22. Sept. geschlagen u. sich nach Gerona zu retten gezwungen. Mataro am 25. gestürmt, die kleinen Guerrillas der Progressisten in den Städten Cataloniens gefangen genommen; dagegen stürmte Prim am 27. Gerona vergebens u. blockirte darauf diesen Platz. Selbst in Madrid fürchtete die königliche Regierung immer Ausbrüche von Verschwörungen u. die Truppen waren sehr auf ihrer Hut. Barcelona wurde aber fortwährend heftig beschossen u. die Junta gezwungen das Fort Atarazanas zu verlassen. Dabei fand die größte Anarchie in Barcelona Statt, die Junta hatte ein Aufgebot aller Männer von 18–60 Jahren bei Todesstrafe erlassen u. Batterien gegen die Citadelle errichtet; wer nur konnte, wanderte aus, u. die Läden u. das Privateigenthum wurden geplündert. Doch als Zamora u. rasch hinter einander Anfangs November Leon u. das vom General Concha bezwungene Saragossa, sowie das von Prim belagerte. Gerona, Hostalrich u. endlich auch Vigo fielen u. bes. als die Großjährigkeitserklärung der Königin in Barcelona bekannt wurde, sendeten die Progressisten Unterhändler in das Hauptquartier des Generalcapitäns Sanz, u. es kam nach langen Unterhandlungen am 19. Nov. eine Capitulation zu Stande; den 20 Nov. zogen die Königlichen ein, die Milicianos wurden entwaffnet u. alle Compromittirte erhielten Pässe in das Ausland. Überall wo die Progressisten Anhang gefunden hatten, wurde nun die Ruhe hergestellt, nur Figueras hielt sich bis zum 12. Jan. 1844, wo Amettler auch capitulirte; die Compromittirten erhielten ebenfalls Pässe nach Frankreich.
Noch vor dem Zusammentreten der Cortes, am 8. Aug., machte das Ministerium bekannt, es halte die Großjährigkeitserklärung der, obgleich erst 13jährigen Königin für nöthig, werde aber erst die Zusammenberufung der Cortes abwarten, um sie zu berathen u. die Königin zu beeidigen. Viele Umtriebe entstanden nun, die Parteien, bes. die äußersten Exaltados, suchten diese Volljährigkeitserklärung durch Aufstände in ganz S. zu hintertreiben, u. Alles regte sich Wahlen für seine Partei zu erlangen. Die größte Anzahl Stimmen hatte das Ministerium, nach ihr die Partei Olozagas u. Cortinas, welche sich unter dem Namen Coalition verbanden, im Ganzen aber nur wenig von dem Ministerium abwichen. Die Cortes traten am 15. Oct. 1843 zusammen u. beschlossen endlich 8. Nov. die Großjährigkeitserklärung der Königin, worauf dieselbe am 10. Nov. den Eid auf die Constitution leistete. Nun wollte sie ihre Mutter Christine wieder nach S. zurück haben, u. als deshalb der Ministerpräsident Lopez seine Entlassung genommen hatte, erhielt er am 21. Nov. Olozaga zum Nachfolger. Aber Olozaga wünschte, als sein Gegner Pidal zum Präsidenten der Cortes gewählt wurde, diese am 28. Nov. aufgelöst zu sehen, u. als die Königin zögerte den Befehl hierzu zu unterzeichnen, soll er sie mit Gewalt dazu genöthigt haben, weshalb er am 29. Nov. seine Entlassung erhielt; mit ihm dankten alle anderen Minister ab. Gonzalez-Bravo bildete am 1. Dec. ein neues Cabinet u. nahm sogleich die Cortesauflösung zurück. Olozaga u. seine Anhänger widersprachen aber den, von der Königin in dem angeblichen Auftreten Olozagas gegen sie gemachten Angaben auf das Bestimmteste, u. Madrid war gewaltig hierüber aufgeregt. Als aber seine Anklage durch Mehrheit der Stimmen der Cortes entschieden war, entwich er am 19. Dec. nach Portugal. Am 8. Jan. 1844 wurden die Cortes aufgelöst.
Schon am 28. Jan. 1844. fand in Alicante u. am 2. Febr. in Cartagena ein Aufstand der Progressisten Statt, auch Orihuela, Malaga u. Murcia wurden am 4. Febr. von Unruhstiftern u. Schmugglerbanden überfallen u. besetzt. Sogleich brach General Roncali mit 10,000 M. Truppen gegen die insurgirten Städte auf, auch von Madrid wurde General Concha mit einer Reiterbrigade entsendet u. zahlreiche Verhaftungen verdächtiger Deputirten u. anderer Personen, worunter Cortina, Lopez, Madoz[404] u. Andere waren, vorgenommen. Malaga, Orihuela u. Murcia beruhigten sich indessen bald die Milicianos wurden entwaffnet, u. als der Oberst Bonet, Anführer des Aufstandes, bei u. in Alcoy geschlagen worden war, Alicante u. Cartagena eingeschlossen u. beschossen; in ersterem Platze empörte sich die Garnison am 6. März u. verjagte Bonet, auch Cartagena fiel am 25. März. Überall aber wurden die Nationalgarden entwaffnet, selbst in Sevilla, Cadiz u. in mehren andalusischen Städten, wo sich gar kein Aufstand gezeigt hatte, u. dies später auf ganz S. ausgedehnt. Am 26. Febr. überschritt auch die Königin Mutter Maria Christine die spanische Grenze, ging, überall feierlich empfangen, über Barcelona nach Valencia u. zog, 21. März in Aranjuez von der Königin empfangen, am 23. in Madrid ein. Sie hatte die Freude ein moderadistisches Ayuntamientogesetz, ungefähr im Sinne des ihrigen, welches 1840 ihre Abdankung veranlaßte (s. oben S. 400), angenommen zu sehen, bald nachher wurde auch ein neues Preßgesetz von den Cortes gebilligt, welches die Preßfreiheit, welche in Preßfrechheit ausgeartet war, beschränkte. Das erste Geschäft Christinens war sich u. S. mit der Kirche wieder zu aussöhnen. Auf ihren Antrieb waren schon vor ihrer Ankunft mehre Bischöfe u. Erzbischöfe, welche seit 1836 verbannt waren, zurückberufen u. das Rotagericht u. die Nunciatur wieder hergestellt u. ein Concordat im Stillen unterhandelt worden, u. endlich verstand sich das spanische Cabinet auch im April dazu den Verkauf der bis dahin nicht verkauften Kirchengüter zu inhibiren. Gleich nach Christinens Rückkehr wurde Muñoz von der Königin Isabella zum Herzog von Rianzares u. Granden von S. erster Klasse ernannt u. seine seit 1833 heimlich bestehende Ehe mit Christinen am 13. Oct. in Gegenwart der Minister öffentlich eingesegnet. Im Übrigen gestaltete sich die Lage S-s in dieser Zeit wenig anders. Zwar brachen hier u. da, bes. in Barcelona, noch Unruhen aus, u. Karlisten bemühten sich im Norden S-s noch Banden zu errichten, aber alle diese Versuche wurden sogleich mit Erschießen gestraft; nach Außen waren nur die Streitigkeiten mit Marokko wegen der Hinrichtung des spanischen Consularagenten Darmont wichtig. S. rüstete u. nahm selbst ein marokkanisches Schiff, indessen kam es nicht zum eigentlichen Kriege. Am 25. April wurde zwischen S. u. Chile ein Friedens- u. Freundschafts- u. Seitens S-s ein Anerkennungsvertrag abgeschlossen. Sonst beschäftigte die Regierung nur das sehr geschärfte Preßgesetz u. die Finanzen, welche sich wenig gebessert hatten u. stets ein Deficit ließen. Am 2. Mai 1844 dankte das bisherige Ministerium, wohl weil die Königin größere Rückschritte machte, als es verantworten zu können meinte, ab u. Narvaez bekam die Bildung des neuen übertragen, Mon erhielt die Finanzen. Pidal das Innere, Martinez de la Rosa das Äußere, überhaupt bestand das ganze Ministerium aus entschiedenen Moderados. Endlich wurden auch die Cortes auf den 10. Oct. berufen; die Mehrheit derselben waren ebenfalls Moderados. Gleich Anfangs wurde eine Verfassungsveränderung beantragt, der Ausdruck Volkssouveränetät sollte am Eingang der Verfassungsurkunde, als das Königthum beleidigend, gestrichen werden, die Nationalgarde wegfallen u. der Regierung freistehen dieselbe nach Verhältnissen u. Localitäten zu organisiren, die Cortes sollten sich nicht mehr uneinberufen von selbst im December versammeln dürfen, die Preßvergehen nicht der Jury mehr überwiesen werden, welche nur für nichtpolitische Verbrechen bestehen solle, der Senat sollte nicht mehr bei jeder Cortesversammlung, sondern frei von der Königin auf Lebenszeit gewählt werden, die Söhne des Königs od. der Königin sollten geborene Senatoren vom 25. Jahre an, bei den übrigen Senatoren aber 30 Jahre zur Senatorenwürde erforderlich sein, der Senat sollte zugleich Richter sein bei Ministeranklagen durch die zweite Kammer, bei Hochverrath, bei Anklagen gegen einzelne Cortes; die Landtagsperiode sollte fünfjährig sein u. die Wahlen auf diese Periode gelten; die Katholische Religion sollte auch ferner Staatsreligion u. der Staat verpflichtet sein die Geistlichkeit zu erhalten; die Königin brauche ihre Vermählung nur anzuzeigen, u. die Sache der Cortes sei es dann ein Gesetz über die Bedingung des Ehevertrags u. die Verhältnisse des Gemahls zu entwerfen; die Bestimmungen über Thronfolge u. Minderjährigkeit sollten geändert werden, bei Minderjährigkeit aber stets dem nächsten Verwandten die Regentschaft zukommen, wer regierungsunfähig sei od. sich gegen die Rechte der Krone vergangen habe, solle durch ein Gesetz von der Thronfolge od. Regentschaft ausgeschlossen sein; sei kein naher Verwandter da, so sollten die Cortes die aus drei od. fünf Personen bestehende Regentschaft ernennen. Alle diese Vorschläge wurden, mit wenigen Modificationen in der Fassung, angenommen u. die Cortes am 23. Mai 1845 wieder geschlossen, zugleich aber die neue Verfassung u. somit der Sieg des französisch-christinischen Einflusses (denn die Verfassung war der französischen Karte fast ganz nachgebildet) verkündet. Gleich nach dem Antritt des Ministeriums Narvaez waren wieder Zeichen von Unruhen wahrgenommen worden, da die Grundsätze desselben denen der Progressisten zu sehr widersprachen. Schon im Juli 1844 wurde Aragonien, Almeria u. Logroño in Belagerungsstand erklärt; auch in Madrid, Barcelona u. in fast allen großen spanischen Städten wurden Verhaftungen vorgenommen; endlich wurde Ende Oct. General Prim, weil er an einer Verschworung gegen die Verfassung u. gegen Narvaez theilgenommen haben sollte, verhaftet u. viele Offiziere arretirt. Aber Prim wies alle Verdächtigungen wegen des Attentates gegen Narvaez zurück, gestand dagegen frei, daß er stets gegen Abänderungen der Verfassung sein werde, u. wurde deshalb zu sechs Jahren Hast in einem spanischen Castell verurtheilt u. nach Cadiz gebracht, aber schon im Jan. 1845 begnadigt. Die kräftigen Maßregeln des Ministeriums verhinderten lange den Ausbruch neuer Aufstände, obgleich hier u. da Versuche dazu gemacht wurden. Endlich erhob sich Zurbano im November in der Rioja, einem Theil der Provinz Logroño, u. durchzog mit einer Guerrilla das Land, wurde aber bald von Regierungstruppen ereilt, seine Guerrilla zersprengt, seine Söhne gefangen u. erschossen u. er selbst im Jan. 1845 in seinem Versteck in Logroño entdeckt u. am 21. ebenfalls erschossen. Spätere Unruhen 1845, wie in Vitoria u. Valencia, eine carlistische in Burgos u. Berga, ferner eine durch die allgemeine Conscriptionspflicht hervorgerufene in Catalonien, eine andere in Malaga etc., wurden schnell unterdrückt; nur in Madrid kam ein Aufstand zu Stande, indem nach einer mißlungenen Emeute am 19. Aug. am 5. Sept. Exmilicianos einen Angriff auf die Kaserne des Regiments Navarra[405] versuchten, aber sogleich durch das Feuer desselben zerstreut u. die Ruhe wieder hergestellt wurde. Der Zwist mit Marokko gewann durch den Zwiespalt Frankreichs mit diesem Staat neue Nahrung; Mitte 1844 wurden 7000 Mann Spanier nach Südspanien geschickt, jedoch kam es zu keinen weiteren Feindseligkeiten, sondern Marokko bewilligte den Gouverneur, welcher Darmont hatte enthaupten lassen, zu bestrafen u. ein Stück Land in der Gegend von Ceuta abzutreten. Auf Antrieb Christinens wurden die Unterhandlungen mit Rom wegen eines Concordats vom Ministerium Narvaez ernstlich fortgesetzt, u. um den guten Willen S-s zu zeigen dieselben zum Ziel zu bringen, durch Decret vom 8. Aug. 1844 der Verkauf der geistlichen Güter eingestellt u. Ende 1844159 Mill. Realen (11,484,000 Thlr.) statt wie früher 75 Mill zum Unterhalt der Geistlichkeit ausgeworfen u. dies Gesetz von den Cortes am 15. Jan. 1845 angenommen. Da aber die Eigenthumsrechte, welche die Kirche an den eingezogenen Gütern geltend machte, zu große Verwickelungen in Rom hervorriefen, so wurden im April die Kirchengüter dem Clerus förmlich zurückgegeben. Indeß fanden die Präliminarien zum Concordat, welches der spanische Unterhändler Castilla y Ayensa aus Rom einsendete, wieder in Madrid, bes. bei den Cortes, Anstand u. wurden im Mai, kurz vor der Auflösung der Cortes, als unannehmbar zurückgesendet. Am 30. März 1845 kam zu Madrid ein förmlicher Friedensvertrag mit Venezuela zu Stande.
Die wichtigste Angelegenheit war aber die Wahl eines Gemahls für die Königin Isabella. Seit Jahren schon hatten sich die verschiedenen Ministerien hiermit beschäftigt u. Anfangs hatte bes. der älteste Sohn des Don Carlos, der Infant Carlos, von den Karlisten Prinz von Asturien genannt, die meiste Hoffnung hierzu, indem man hierdurch, wenn Don Carlos zu Gunsten seines Sohnes abdankte, den Streit um den spanischen Thron am besten auszugleichen hoffte. Erst als der Bürgerkrieg auf die äußerste Spitze getrieben wurde u. sich zu Gunsten der Christinos entschied, verschwand diese Hoffnung, u. es traten mehre Bewerber in die Schranken, namentlich wurden Stimmen für den Infanten Don Franz de Assis, den ältesten Sohn des Infanten Franz de Paula (des Bruders von Don Carlos), od. auch für dessen Bruder, den Infanten Heinrich (Enrique) laut; Beide hatten die Stimmen der Liberalen deshalb für sich, weil sie Spanier waren. Auch der Sohn des verstorbenen Königs Franz I. von Neapel u. jüngster Bruder der Königin Mutter, Franz de Paula, Graf von Trapani, wurde eine Zeitlang als der bestimmte Bräutigam Isabellens betrachtet, u. die damalige schnelle Aussöhnung S-s mit Neapel schien diese Vermuthung zu bestätigen, doch protestirte die öffentliche Meinung gegen diesen Prinzen als aus einem absolut monarchischen Hause stammend. Auch französische Prinzen, aus der Dynastie Orleans, wurden als um die Hand der Königin werbend genannt, nämlich Heinrich, Herzog von Aumale, u. als dieser sich 1844 vermählte, Anton, Herzog von Montpensier, beide Söhne des Königs Ludwig Philipp. Bes. erhielt dieser Plan Wahrscheinlichkeit, als die Königin Mutter mit ihren Töchtern sich über Barcelona nach den baskischen Provinzen begab, wo sie zu Pampeluna Anfangs Sept. 1845 mit den Herzögen von Nemours u. Aumale zusammenkamen. Die meiste Schwierigkeit stellten England, Rußland, Österreich u. Preußen der Heirath Isabellens mit dem Herzog von Montpensier entgegen, aus Furcht, es möchte durch diese Heirath der Einfluß Frankreichs auf die spanische Regierung noch mehr verstärkt werden. Am 18. Mai 1845 dankte Don Carlos zu Gunsten seines Sohnes Carlos, des Herzogs von Asturien, als König ab, nahm den Titel Graf von Molina an u. ging im Sept. 1845 über Lyon nach Genua, sein Sohn hingegen nannte sich von da an Graf von Montemolin u. verlangte Pässe nach S., welche ihm aber verweigert wurden. Sogleich wurden die Gerüchte über eine Vermählung dieses mit der Königin Isabella wieder laut, aber um diese Gerüchte zu widerlegen, erließ die spanische Regierung ein Umlaufschreiben an alle Behörden, worin sie erklärte, daß Don Carlos u. dessen Sohn für immer von der Regierung ausgeschlossen wären u. deshalb bei der Vermählung nicht in Betracht kommen könnten, zugleich gab sie den Befehl, so bald sie die spanische. Grenze überschritten, sie nach den Gesetzen zu richten. Die einflußreichsten Karlisten waren ihrerseits mit der Abdankung des Don Carlos so wenig einverstanden, daß sie öffentlich erklären ließen, daß der Geist des Fürsten bei solchem Entschlusse nicht frei gewesen sei. Der Graf Montemolin dagegen erließ ein Manifest, welches alle Parteien befriedigen sollte, deshalb aber eben keine befriedigen konnte. Um so mehr Anklang im Volke fand die hinsichtlich der Vermählungsfrage vom Infanten Don Heinrich unter dem 31. Dec. 1845 veröffentlichte Erklärung gegen die Rückschrittspartei u. für Aufrechthaltung der durch die Revolution geschaffenen Zustände; der Prinz büßte jedoch seinen Freimuth mit seiner Verweisung aus Madrid nach Ferrol. Am 25. Nov. erfolgte die Constituirung des, durch Decret vom 6. Juli errichteten Staatsrathes. Inzwischen waren die Cortes am 15. Dec. eröffnet worden, der Senat bestand jetzt aus 119 Senatoren, darunter 14 Erzbischöfe u. Bischöfe. Die Kammern beschäftigten sich mit der Adreßberathung, welche, je ruhiger sie im Senat verlaufen war, zu um so stürmischeren Auftritten in dem Congreß führte; der letztere war auch sehr besorgt wegen der Vermählung der Königin mit dem Grafen von Trapani, welcher noch für den Candidaten Frankreichs galt (s. oben), u. verlangte vom Ministerium die förmliche Versicherung, daß es nie in die fragliche Vermählung willigen werde. Wirklich ertheilte auch der Ministerpräsident Narvaez am 26. Jan. 1846 die beruhigende Zusicherung, daß das Parlament jedenfalls von einem etwaigen Vermählungsplane in Kenntniß u. so in den Stand gesetzt werden würde darüber im Interesse des Landes u. des Thrones zu berathen. Indeß dankte Narvaez am 10. Febr. ab u. führte dadurch den Sturz seines ganzen, an seine Erklärung gebundenen Ministeriums herbei. An Narvaez' Stelle trat der Marquis von Miraflores, welcher zugleich das Portefeuille des Auswärtigen übernahm, während Ronegli den Krieg, Arazola die Justiz, Isturiz das Innere, Topete die Marine u. Peña Aguayo die Finanzen übernahmen. Die Befriedigung, welche die Ernennung dieses Ministeriums bei dem Bürgerstande wie bei den Cortes hervorrief, währte jedoch nur kurze Zeit. Schon am 16. März, als dasselbe eben ein Vertrauensvotum in den Cortes erhalten hatte, wurde es entlassen u. Narvaez trat wieder an die Spitze eines neuen Ministeriums, welches[406] aus lauter energischen Männern bestand, dem Absolutisten Pezuela, dem General Balboa, den Obersten Calonga u. Ortega. Die erste Maßregel des neuen Ministeriums bestand in der Vertagung der Cortes auf unbestimmte Zeit; ein zweites Decret betraf die Aufhebung der Preßfreiheit u. Wiederherstellung der scharfen Preßgesetze vom 10. April 1844 u. vom 6. Juli 1845. Noch strengere Maßregeln standen in Aussicht, als die Königin plötzlich einschritt, am 5. April das Ministerium Narvaez entließ u. Isturiz mit Bildung eines neuen Cabinets beauftragte, in welches nun Sanz für den Krieg, Pidal für das Innere, Caneja für die Justiz, Armero y Penaranda für Marine, Handel u. Colonien u. Mon für die Finanzen eintraten, während Isturiz neben der Präsidentschaft das Auswärtige übernahm. Narvaez wies die Ernennung zum Botschafter für das Königreich Sicilien zurück u. ging nach Frankreich. Das neue Ministerium begann mit versöhnenden Maßregeln, berief die Cortes wieder ein, nahm die Maßregeln gegen die Presse zurück (Decret vom 2. Mai) u. entfernte die Anhänger des Narvaez aus den höchsten Ämtern.
Die Umstände ließen dies aber auch als dringend genug erscheinen. Denn schon seit Anfang April hatte sich in Galicien wieder ein heftiger Aufstand erhoben. Nachdem dort am 2. Mai ein Theil des Infanterieregimentes Zamora u. das Provinzialbataillon von Gijon sich empört hatte, proclamirte am 4. Mai eine Junta zu Lugo constituirende Cortes u. eine Centraljunta; am 10. Mai schloß sich die Garnison der Stadt Vigo der Bewegung an. Der Generalcapitán von Galicien sah sich genöthigt einen Theil der Küste in Belagerungszustand zu erklären, wie überhaupt die größten Anstrengungen zur Bezwingung des Aufstandes gemacht wurden. Am 23. Mai gelang es dem General Concha die Aufständischen unter General Rubin de Solis zu Santiago zu schlagen u. 1500 Mann sammt dem Anführer gefangen zu nehmen; am 27. Mai wurde Lugo besetzt, Vigo von den Insurgenten geräumt u. der Aufstand konnte für unterdrückt angesehen werden. Ein königliches Decret vom 30. Mai verfügte die Auflösung der insurgirten Truppen u. Provinzialbataillone, überwies die Anführer u. Offiziere an die Gerichte, verurtheilte die Soldaten u. Civilpersonen zu zehnjährigem Dienst u. ernannte General Concha zum Generallieutenant. Weniger ernst war ein in Catalonien ausbrechender Aufstand. Dagegen erneute sich die Gefahr mit dem Sturze des Ministeriums Cabral in Portugal, da der dortige Aufstand um so mehr über die Grenze zu brechen drohte, als die neue portugiesische Regierung die spanischen Flüchtlinge offen. begünstigte; daher sah sich die spanische Regierung genöthigt ein starkes Beobachtungscorps an der portugiesischen Grenze aufzustellen. Am 2. Juli erschien ein königliches Decret, wodurch alle Provinzialmilizen des Königreichs (47 Bataillone) aufgehoben, die Soldaten u. Unteroffiziere zur Vertheilung unter die Linientruppen bestimmt, die Offiziere mit halbem Solde entlassen wurden.
Inzwischen war die Vermählungsfrage wieder in den Vordergrund getreten. Die Königin-Mutter war so ganz in die nun endlich unverhüllt aufgestellten Projecte des Königs von Frankreich eingegangen, da die Königin Isabella, gedrängt von ihr, plötzlich dem Ministerium erklärte, daß sie sich mit dem Infanten Franz de Assis vermählen werde. Gleichzeitig wurden die Cortes auf den 14. September einberufen, um ihre verfassungsmäßige Zustimmung zu der Vermählung abzugeben. Zugleich wurde bekannt, daß die Schwester der Königin, Infantin Luisa, dem Herzoge von Montpensier, u. zwar gegen die frühere Zusage Frankreichs an England, gleichzeitig mit der Königin vermählt werden sollte. Der britische Gesandte in Madrid wandte sich vergebens durch eine Note vom 31. Aug. an den Ministerpräsidenten Isturiz unter Androhung, daß sich das Verhältniß Englands zu S. ändern werde. Der Einfluß der englischen Diplomatie sollte diesmal völlig annullirt werden. Am 13. Sept. erfolgte die Eröffnung der Cortes, u. sowohl der Senat als auch der Congreß erklärten fast einhellig ihren Beifall zu beiden Vermählungen. Am 25. fand darauf die Werbung des französischen Botschafters in Madrid um die Hand der Infantin Luisa statt. Im Lande selbst fand das französische Project eine kühle Aufnahme; namentlich erklärte sich die progressistische Partei in einer Verwahrung dagegen u. sprach sich für die Wahl eines spanischen Prinzen aus. Auch erließ der Infant Heinrich selbst von Gent aus unter dem 9. Sept. einen Protest gegen jeden Anspruch auf den spanischen Thron, welcher aus der Vermählung Dona Luisas in Frankreich erwachsen könnte; durch Erklärung vom 19. Nov. nahm er denselben jedoch zurück, sagte sich von seinen bisherigen Freunden los u. wurde dafür durch Ernennung zum Admiral belohnt. Nicht weniger glaubte auch der Graf Montemolin die Gelegenheit ergreifen zu müssen, um seine Ansprüche zu wahren; eine Proclamation aus Bourges vom 12. Sept. stellte dem Land seine versöhnliche Politik dar u. erinnerte an die Gerechtigkeit seiner Sache. Übrigens gelang es ihm auch am 13. Sept. aus Frankreich zu entkommen u. am 19. London zu erreichen. Cabrera, welcher sich ihm neuerdings genähert hatte u. in kurzer Zeit sein vertrautester Rathgeber geworden war, erreichte gleichfalls glücklich die englische Küste. Trotz dem Allen nahmen die Vorbereitungen zu der Doppelvermählung ihren ungestörten Fortgang, u. dieselbe fand am 10. Octbr. statt. Ein königliches Decret vom 12. Octbr, verlieh dem Gemahl der Königin den Ehrentitel König u. Majestät u. eins vom 17. Octbr. eine beschränkte Amnestie. Am 22. Octbr. trat der Herzog von Montpensier mit seiner Gemahlin die Rückreise nach Paris an. Obschon somit der viel angefeindete Plan der spanischen Heirathen zur Thatsache geworden war, so war dennoch dadurch die Abneigung der Verletzten nickt beschwichtigt u. die Streitfrage nicht erledigt worden. Bei der Möglichkeit, daß das königliche Paar ohne Nachkommen bliebe, mußte die Frage wegen der Successionsberechtigung der jungen Herzogin von Montpensier vor Allem ins Auge fallen. Schon die spanischen Oppositionsblätter hatten darauf hingewiesen, daß eine rechtsbeständige Verzichtleistung des Hauses Orleans auf die Thronfolge in S. vorhanden sei u. andererseits die spanische Constitution die Vermählung der nächsten Thronerbin mit einem von der Thronfolge ausgeschlossenen Prinzen ausdrücklich verbiete. Durch den Utrechter Vertrag von 1713 war Ludwigs XIV. Enkel als König von S. anerkannt worden, jedoch unter bestimmter Verzichtleistung von Seiten der französischen Bourbons u. somit auch des Hauses Orleans[407] auf die spanische Thronfolge. Hierauf stützte sich denn auch namentlich der Protest Englands, indem er auf die Nothwendigkeit der Verzichtleistung der Kinder der Infantin Luisa hinwies, eine Auslegung des Utrechter Vertrages, welche von Guizot als unstatthaft zurückgewiesen wurde (Notenwechsel vom 22. Sept. u. 5. Oct.). Die nordischen Mächte waren dem Proteste Englands nicht beigetreten, weil die Frage für sie aller Erheblichkeit entbehrte, da sie überhaupt die Thronfolgefähigkeit der weiblichen Linie in S. bis jetzt nicht anerkannt hatten.
Die Cortes wurden am 18. Oct. aufgelöst. Am Ende des Jahres kehrte Narvaez aus Frankreich zurück u. stellte sich in offene Opposition gegen das neue Ministerium, dessen Stellung auch bereits eine unsichere geworden war. Differenzen mit der Königin wegen des, von der Regierung dem moderadistischen Staatsanwalt Pacheco verweigerten Urlaubes zum Eintritt in die Cortes hatte eben schon die Entlassung des Ministeriums herbeigeführt; da jedoch der zur Bildung eines neuen Cabinets berufene Marquis de Viluma ein solches nicht zusammenzubringen hoffen konnte, so gab die Königin dem Wunsche der französischen Partei nach u. kehrte zu dem Ministerium Isturiz zurück. Rücksichtlich der auswärtigen Beziehungen S-s, so war am 26. März mit Uruguay ein Friedensvertrag zu Stande gekommen, wodurch die Unabhängigkeit der Republik anerkannt, den dortigen spanischen Unterthanen aber auch eine vielfach bevorzugte Stellung gesichert wurde. Am 31. Dec. fand die Eröffnung der Cortes statt. Ein Drittheil derselben gehörte der Progressistenpartei an; zum Präsidenten des Senates wurde der absolutistische Viluma ernannt. Als dagegen bei der Präsidentenwahl in der Abgeordnetenkammer der ministerielle Candidat so wenig als der progressistische gesiegt hatte, reichte das Ministerium Isturiz am 21. Jan. 1847 wieder seine Entlassung ein, welche nun auch angenommen wurde u. am 28. Jan. kam ein aus Progressisten u. Moderados gemischtes Cabinet zu Stande, an dessen Spitze der Herzog von Sotomayor zugleich als Minister des Auswärtigen stand. In den Cortes wurden gegen das vorige Ministerium die härtesten Angriffe gerichtet, so wegen des gänzlichen Verschwindens sämmtlicher Urkunden über die Montpensiersche Heirath. Im Februar erfuhr das Land neue Beunruhigungen durch Karlistenaufstände. In Catalonien rückte am 16. Febr. eine gut organisirte Colonne derselben in Cervera, Guisona u. Iborra ein, deren Besatzungen sich ihnen theilweis anschlossen, worauf die Bewegung rasch um sich griff, bis General Pavia der Bewegung ein Ende machte. Zu den häuslichen Zwistigkeiten des königlichen Paares kam eine neue Familienunannehmlichkeit durch Don Heinrich, welcher die Verheirathung mit einer Unterthanin beabsichtigte, angeblich auf Antrieb des französischen Gesandten, welcher somit die Kinder des nächsten Thronerben thronunfähig habe machenwollen; der Infant wurde verbannt u. ging nach Toulon, erließ aber von da aus eine Beschwerdeschrift an die Cortes (24. Febr.) wegen Verhinderung seiner Vermählung u. seiner erzwungenen Abreise, vermählte sich dann im Mai 1847 zu Rom wirklich mit Gräfin Castellvi y Shelly Fernandez de Cordova u. wurde hierauf durch Decret vom 13. Mai 1848 der Würde eines spanischen Infanten für verlustig erklärt. Ein gleiches Schicksal traf seine Schwester Josefa wegen ihrer, im Juni 1848 ohne königliche Genehmigung vollzogenen Vermählung mit einem Amerikaner (Jose Güell y Renté), weshalb auch ihr Vater Francisco de Paula ins Ausland geschickt wurde. Im März verließ auch die Königin-Mutter (auf welche sich wegen der französischen Heirath, wie wegen ihres Eifers ihre zahlreiche Nachkommenschaft aus den Mitteln des Landes zu bereichern, ein immer größerer Haß im Volke gehäuft hatte) das Land u. ging nach Paris. Am 28. März wurde der Herzog von Sotomayor seines Postens als Ministerpräsident enthoben u. Pacheco wurde Präsident im Ministerium, welches, theils aus Progressisten, theils aus wirklichen Moderados bestehend, als ein echtnationales u. somit der französische Einfluß überwunden galt, zumal die Königin nun auch ihre christinisch gesinnten Palastbeamten entließ. Olozaga erhielt die Erlaubniß zur Rückkehr nach S.; der Königin-Mutter aber, welche auf Antrieb des französischen Hofes nach S. zurückeilen sollte, wurde General Concha entgegengeschickt, um ihr den Eintritt ins Land zu verweigern. Inzwischen hatte sich jedoch das Mißverhältniß der Königin zu ihrem Gemahl verschlimmert; beide lebten bereits gänzlich getrennt, dagegen stand der General Serrano in besonderer Gunst bei der Königin, die Nährung des Zwistes wurde bes. französischen Intriguen zugeschrieben. Am 5. Maierfolgte die Vertagung der Cortes. Übrigens wurde auch S. in jener Zeit der Schauplatz von Theuerungstumulten, welche in mehren Bezirken ausbrachen u. zu blutigen Kämpfen mit dem Militär führten; Carmona wurde deshalb in Belagerungszustand erklärt. Bei der immer bedenklicheren Ausdehnung des Bürgerkrieges in Portugal sandte S., laut der auf der Londoner Conferenz vom 21. Mai mit England, Frankreich u. Portugal getroffenen Übereinkunft, ein Truppencorps unter General Concha nach Portugal, welches namentlich bei der Entsetzung von Valença da Minho u. der Einschließung von Porto gute Dienste leistete (s. Portugal S. 390). Ein Theil der im Juli zurückkehrenden Truppen erhielt seine Bestimmung nach Catalonien, da man dort noch immer montemolinistische Aufstände fürchtete. Übrigens nahm S. auch weiteren Theil an der Ordnung der portugiesischen Verhältnisse; so durch Beitritt zu der Collectivnote vom 5. Aug. wegen Änderung des portugiesischen Ministeriums. In jene Zeit fiel auch die endliche Anerkennung der Unabhängigkeit von Bolivia. Rücksichtlich der inneren Angelegenheiten verordnete ein königliches Decret vom 1. Aug. die Aufhebung aller Binnenzollstellen vom 1. Oct. an, so daß dann völlig freier Verkehr im Innern stattfinden sollte. Unter dem 20. Juli hatte die Königin die Wiederherstellung des Tribunals de la Rota, des höchsten geistlichen Gerichtes, bei der Nunciatur, unter Vorsitz des päpstlichen Delegaten für S. genehmigt. Zur Lösung der fortwährenden Palastwirren kam nun Narvaez am 27. Aug. von Paris wieder in Madrid an, fand jedoch bei der jungen Königin, welche jedenfalls jetzt entschieden unter dem Einflusse Englands stand, keine günstige Aufnahme. Am 1. Sept. fand ein Ministerwechsel statt; das neue Ministerium Goyena-Salamanca war dem englischen Einflusse nicht fremd, doch aber durch u. durch spanisch. Seinen Antritt bezeichnete es mit einer allgemeinen Amnestie; von allen aus politischen Ursachen Ausgewanderten wurde als einzige Bedingung zur Rückkehr die Ablegung des Eides[408] der Treue gegen die Königin u. die Verfassung gefordert. Unter demselben Datum (3. Sept.) wurde Espartero zum Senator ernannt. Zugleich wurden kräftige Maßregeln getroffen, um das Schuldenwesen. des Staates zu regeln u. die Hülfsquellen des Landes zu eröffnen. Bald aber änderte sich dieser glückliche Zustand; Narvaez, welcher sich mit Serrano in Verbindung zu setzen u. gemeinschaftlich mit diesem auf die Königin einzuwirken gewußt hatte, wurde am 4. Oct. plötzlich zum Ministerpräsidenten ernannt u. mit ihm siegte wieder die französische Partei. Die Königin Christine wurde sofort benachrichtigt, daß ihrer Rückkehr nichts mehr im Wege stehe. Espartero dagegen versuchte man durch den Antrag, den Gesandtschaftsposten in London zu übernehmen, dort zurückzuhalten; nachdem er aber diese Ehre abgelehnt hatte, wurde ihm eine nicht erbetene königliche Erlaubniß zum Reisen ins Ausland zugestellt. Das neue Ministerium berief die Cortes auf den 15. Nov. ein u. beschloß zugleich die Decrete vom 29. Sept. über Umgestaltung der Verwaltung (eine Hinterlassenschaft des Fortschrittsministeriums) bis zur Kenntnißnahme der Cortes zu verschieben. Am 15. Oct. kam die Königin Christine sammt dem Herzoge von Rianzares in Madrid an. Bereits am 13. hatte eine Versöhnung zwischen dem königlichen Paare stattgefunden u. der Gemahl der Königin war aus dem Pardo in den königlichen Palast zurückgekehrt, Serrano aber hatte schon am 10. Oct., auf seinen Posten als Generalcapitán von Granada geschickt, Madrid verlassen. Am 15. Nov. erfolgte die Eröffnung der Cortes. Die Stellung des Ministeriums war übrigens bei dem heftigen Andrängen der Ultramoderados eine nichts weniger als sichere; bes. schwierig wurde sie gegenüber den beiden Fragen wegen der Rückkehr Esparteros u. der durch Pidal gegen den früheren Finanzminister Salamanca erhobenen u. von den Ultramoderados eifrigst unterstützten Anklage, daß derselbe von den, zu Gunsten der Rückstände des königlichen Hauses creirten dreiprocentigen Staatsschuldscheinen 25 Mill. in seine Kasse habe fließen lassen. Trotz dem Widerstreben des Ministeriums, welches von dem Verhandeln eines solchen Staatsprocesses die bedenklichsten Folgen für die moderirte Partei, ja für den Thron fürchten mußte, wurde der Antrag im Senat eingereicht u. einer Commission überwiesen; Salamanca hatte übrigens selbst im Congreß auf Untersuchung angetragen. Unmittelbare Folgen erwuchsen nicht aus dieser Angelegenheit. Espartero kam am 7. Jan. 1848 in Madrid an u. betrat, vom Volke begeistert begrüßt, zum ersten Mal den Senat; dennoch mochten ihn die Verhältnisse auf anderen Seiten so wenig befriedigt haben, daß er sich bald nach Logrosio zurückzog. Narvaez suchte übrigens die von ihm verheißene Politik der Versöhnung jetzt auch durch eine Erweiterung der Generalamnestie zu bekunden, welche den bisher ausgeschlossenen Militärpersonen die Rückkehr gestattete. Dagegen gab auch der Congreß mit einer bedeutenden Majorität dem Ministerium die Ermächtigung zur Forterhebung der Steuern.
Die Pariser Februarrevolution u. der Sturz des Königthums in Frankreich konnten nicht verfehlen auch das gährende S. heftig zu ergreifen. Schon glaubte man die bisherigen Einflüsse auf die Regierung für immer vernichtet, hielt das Ministerium für unmöglich geworden u. eine neue große Revolution im Anzuge: da griff Narvaez mit eiserner Hand ein. Am 28. Febr. verlangte er von den Cortes Ermächtigung zur Ergreifung aller zur Aufrechthaltung der Ruhe erforderlichen Maßregeln zur Erhebung der Steuern u. zu einer Anleihe von 200 Mill. Realen. Cortes u. Senat gaben ihre Einwilligung u. bekleideten Narvaez somit mit einer vollständigen Dictatur; auch die Königin bestätigte das Gesetz. Die nächste Folge hiervon war, daß die Cortes am 21. März vertagt wurden. In der Nacht vom 26. März brach beinah ein republikanischer Aufstand in Madrid aus, wurde aber nach einem heftigen Kampfe durch Narvaez' Entschlossenheit unterdrückt. Madrid wurde in Belagerungszustand erklärt, durch ganz S. die verfassungsmäßigen Bürgschaften aufgehoben, die bei dem Aufstande Betheiligten zum Theil nach den Presidios geschafft, einige andere, wie der Abgeordnete Escosura u. der General Ruiz, in Cadiz gefangen gesetzt, Olozaga am 30. in Madrid verhaftet. Diesen Zuständen gegenüber glaubte England, welches eben erst wieder neue Verwahrungen gegen alle Folgen der Montpensierschen Heirath eingelegt hatte, sich bes. warnend vernehmen lassen zu müssen. Eine Note vom 16. März forderte die spanische Regierung zur Befolgung eines verfassungsmäßigen Systems auf, wurde aber unter dem 10. April mit der Bemerkung erwidert, daß die Beurtheilung der inneren Angelegenheiten des Landes dem britischen Minister. des Auswärtigen nicht zustehe u. daß ähnliche Staatsschreiben ohne Bemerkung zurückgeschickt werden würden. Die Differenz erweiterte sich darauf dermaßen, daß dem britischen Gesandten Bulwer am 17. Mai seine Pässe zugestellt wurden u. derselbe Tags darauf abreiste; doch wurde gleichzeitig Graf Mirasol in besonderer Mission nach London gesandt, um der englischen Regierung die Gründe des Verfahrens des spanischen Cabinets darzulegen, indeß von Palmerston nicht empfangen. Dagegen trug die stürmische Zeit auf der anderen Seite wieder dazu bei für S. freundliche Beziehungen zu auswärtigen Mächten herbeizuführen u. die so lange vermißte Anerkennung der Königin als rechtmäßigen Thronfolgerin zu bewirken. Sardinien ging hierin u. in der Wiederherstellung der diplomatischen Verbindungen im Mai voran; Preußen folgte im Juni u. im Juli auch Österreich u. der Papst. Der Herzog u. die Herzogin von Montpensier waren inzwischen im März in Madrid angelangt u. hatten dort Schutz gefunden. Wie wenig jedoch in S. selbst Vertrauen auf die Zustände herrschte, bewiesen die großen Baarsendungen von reichen Privaten nach England. Und wirklich war auch die Hauptstadt selbst wieder von einer neuen dringen deren Gefahr bedroht. Die liberale Partei, der Dictatur längst müde u. selbst nach der Herrschaft begierig, war durch die Verhaftung einiger durch ihre freisinnigen Ansichten verdächtigen Männer aufs Höchste gereizt worden. Am 7. Mai brach ein neuer Aufstand in Madrid aus, welchem sich theilweis das Militär anschloß. Narvaez entfaltete jedoch sogleich eine imposante Truppenmacht, u. schon nach drei Tagen war Madrid wieder völlig beruhigt; eine Ergebenheitsadresse aus allen Klassen der Bevölkerung wurde der Königin überreicht. Der Belagerungszustand über Madrid konnte bereits am 28. Juni aufgehoben werden, aber die verfassungsmäßigen persönlichen Garantien blieben in der ganzen Monarchie suspendirt. Schon im [409] Juli aber brach wieder ein heftiger carlistischer Aufstand aus. Cabrera drang mit einem kleinen Heere von Frankreich her in die baskischen Provinzen ein, in denen sich die Bewegung schnell verbreitete; in Guipuzcoa wurde der Graf von Montemolin zum König ausgerufen. Bis zum Schlusse des Jahres 1848 wurden die verschiedenen Guerrillas eifrig bekämpft, aber nicht unterdrückt, obschon im November einer der besten Generale, Concha, an Cordovas Stelle den Oberbefehl in Catalonien erhielt u. die französischen Grenzbehörden den Aufstand in keiner Weise begünstigten. Daneben fehlte es nicht an montemolinistischen u. republikanischen Complotten an anderen Orten, selbst in Madrid, deren Entdeckung meist auf weitverzweigte Verbindungen hinwies. Die Operationen des Finanzministers Mon, freilich etwas gewaltsamer Art (u.a. Zwangsanleihe u. Zwangsgeschenke von Gehalten u. Pensionen), ließen die Hoffnung auf eine erträgliche Lösung der Finanzwirren aufkommen, dagegen befand sich die San Fernandobank in so mißlicher Lage, daß zu ihrer Aufhülfe eine Lösung des mit der Regierung eingegangenen Contractes für nöthig erachtet wurde. Am 15. Dec. eröffnete die Königin die Cortes. Zur Berathung über die Sicherung der päpstlichen Würde lud die spanische Regierung unter dem 21. Dec. die Regierungen von Frankreich, Österreich, Baiern, Sardinien, Neapel u. Toscana ein. An ihrem Namensfeste erließ die Königin wieder eine Amnestie. Übrigens hatte dies Jahr S. auch die erste Eisenbahn zwischen Barcelona u. Mataro (28. Oct. eröffnet) gebracht.
Dem Jahre 1849 war es endlich vorbehalten, die carlistischen Unruhen dauernd zu unterdrücken. Nachdem es der Wachsamkeit der französischen Behörden gelungen war den Grafen von Montemolin, als er eben die Grenzen S-s überschreiten wollte, zu verhaften, worauf er nach England zurückgewiesen wurde, nöthigte am 29. April ein erfolgreicher Angriff der königlichen Truppen bei Esquirol die Chefs der Bewegung, Sarragalat, Estartus, Merino u. Iriarte, sich auf französisches Gebiet zu flüchten; Cabrera war schon am 23. auf der französischen Grenze verhaftet u. nach Toulon gebracht worden. Hierauf erließ die Königin am 8. Juni eine Amnestie für alle bis zu diesem Tage begangenen politischen Verbrechen. Die Cortes bewilligten am 26. Mai die Forterhebung der Steuern; der von Mon aufgestellte Staatshaushaltungsplan zeigte zum ersten Male seit einem halben Jahrhundert ein Gleichgewicht zwischen Einnahme u. Ausgabe. Die in Folge der päpstlichen Allocution auch von S. zugesagte Intervention im Kirchenstaate erhielt die Beistimmung der Cortes, u. so ging das spanische Hülfsheer von 4000 Mann im April unter Segel (s. Kirchenstaat S. 524). Die Verhältnisse im königlichen Hause waren inzwischen bei den ungebundenen Neigungen der Königin wieder sehr getrübt worden; auch hatte das Benehmen der Königin gegen Narvaez öfters eine Ministerkrisis herbeigeführt. Daß es übrigens dem Ministerium ernstlich um Fortschritt u. Versöhnung der Parteien zu thun war, ließ sich nicht verkennen, es wurde der Termin hinsichtlich der bisher schon in ausgedehntem Maße benutzten Amnestie verlängert, ein neuer, auf liberalen Grundsätzen basirter Zolltarif eingeführt, zugleich wurde der Plan eifrig verfolgt mit Portugal in einen Zollverein zu treten, u. wegen einer Einigung in Bezug auf das neue Zollsystem wurde bereits mit der portugiesischen Regierung unterhandelt. Gegen Ende des Jahres 1849 wurde Mahon zu einem Freihafen als Niederlage für ausländische Waaren erklärt, praktische Ackerbauschulen errichtet u. eine Akademie der exacten Wissenschaften gegründet. Anhaltende Differenzen in dem Ministerium führten endlich zu einem Wechsel im Finanzdepartement, indem Bravo Murillo am 19. Aug für Mon eintrat. Eine viel entscheidendere Krisis drohte jedoch bald nachher, jedenfalls herbeigeführt durch Umtriebe der Carlistenpartei, welcher mit dem Falle Ungarns u. dem dadurch bewirkten Steigen des russischen Einflusses plötzlich wieder der Muth gewachsen zu sein schien; nur blieb das Ganze ohne Erfolg. Der Einwirkung des Beichtvaters des Königs war es gelungen die Königin in Angst vor der immer wachsenden Allmacht des Premierministers zu versetzen; ein Brief ihres Gemahles an sie enthielt die dringende Aufforderung sich von einem Ministerium zu befreien, welches mit den Exaltirten sympathisire u. ihre Krone in Gefahr bringe, wie die Amnestie u. die vielfachen Anstellungen der Amnestirten beweisen könnten. Narvaez, von diesem Schreiben in Kenntniß gesetzt, gab am 19. Oct. mit dem ganzen Cabinet seine Entlassung ein; dieselbe wurde angenommen, u. unter dem Vorsitz des Grafen Cleonard, eines Absolutisten, ein Ministerium aus meist unbekannten Männern gebildet. Sobald dies bekannt wurde, gerieth Madrid in die größte Gährung; alle höheren Beamten gaben ihre Entlassung, die Rente fiel; die Minister entwickelten eine bedeutende Militärmacht. Inzwischen hatte jedoch die Königin-Mutter der Königin Vorstellungen über die Gefahren dieses Vorgehens gemacht, u. noch am Abend des 20. Oct. wurde Narvaez gerufen, welcher unter der Vermittelung der Königin-Mutter die Wiederübernahme der Geschäfte zusagte. Er ließ sofort alle Urheber des Complottes verhaften; des Königs Beichtvater wurde in ein Kloster geschickt, Cleonard seines Ministerpostens entsetzt u. die anderen Minister aus der Hauptstadt entfernt, der König endlich der Verwaltung des Vermögens der Königin überhoben. Sofort trat wieder vollkommene Ruhe ein, die Fonds stiegen u. das Ministerium Narvaez erschien stärker als je. Dies bewies auch die Haltung der Majorität der bald darauf eröffneten Cortes, welche bei den Angriffen der liberalen Partei auf das Cabinet stets auf dessen Seite stand. Mit Zustimmung der Cortes kehrte am Schlusse des Jahres die italienische Expeditionsarmee allmälig zurück. Hinsichtlich der auswärtigen Angelegenheiten beschäftigte die allgemeine Aufmerksamkeit, abgesehen von den Ereignissen auf Cuba (s.d. S. 565), bes. eine von der Regierung beabsichtigte energische Bekämpfung der Mauren im Riff, welche in der letzten Zeit die spanische Stadt Melilla durch regelmäßige Angriffe ernstlich beunruhigten; schon dachte man an einen Krieg mit Marokko, welches jene Angriffe zu begünstigen schien, u. es sammelten sich um Mitte des Jahres bereits spanische Truppen in Ronda zu der Expedition. Doch unterblieb diese dann u. nur die Besatzung von Melilla wurde verstärkt; trotz derselben währte jedoch das Unwesen noch eine Zeitlang fort. Im Febr. 1850 erfolgte die Vertagung der Cortes, nachdem die Angriffe der Linken gegen die Maßregeln des Ministeriums Narvaez in dieser Sitzungsperiode bes. lebhaft gewesen waren. Vorzugsweise hatte der Gesetzentwurf, wonach die Regierung ermächtigt[410] werden sollte die Steuern bis Ende 1850 zu erheben, ohne daß die Kammern das Budget für 1850 discutirt hätten, die Entrüstung u. den Widerstand der Opposition geweckt. Dennoch wurde endlich der ministerielle Antrag von der Deputirtenkammer angenommen, welchem Beschluß dann auch der Senat beitrat. So hatte auch in allen anderen Hauptfragen die Opposition der ministeriellen Majorität unterlegen. Der Vertagung folgte dann später durch königliches Decret vom 5. Aug. die Auflösung der Cortes. Inzwischen war es der Regierung gelungen die seit Mai 1848 bestehende diplomatische Differenz mit England völlig auszugleichen; auf eine bedauernde u. entschuldigende Note des Ministers Pidal vom 30. März antwortete Palmerston am 23. April in versöhnlichem Tone; der neue englische Gesandte, Lord Howden, traf dann um Mitte des Jahres in Madrid ein. Dagegen war nun wieder eine Verwickelung mit Neapel entstanden wegen der Vermählung des Grafen Montemolin mit der Prinzessin Caroline, Schwester des Königs von Neapel, in Folge deren der spanische Botschafter, Herzog von Rivas, sofort am 10. Juli Neapel verließ; doch erklärte der neapolitanische Gesandte hierauf ausdrücklich im Auftrage seines Hofes, daß jene Vermählung durchaus keine politische Bedeutung, sondern nur die eines Familienereignisses habe. Die neuen Cortes, in denen die Opposition nur durch wenige Stimmen vertreten war, wurden am 31. Oct. von der Königin mit einer Thronrede eröffnet, welche unter Anderen der sich immer mehr befestigenden Ordnung im Lande gedenken konnte. Das auch jetzt wiederholte Verlangen der Regierung, das Budget für 1851 ohne vorherige specielle Discussion zu genehmigen, wurde genehmigt. Dem Staatsschuldenwesen war übrigens wieder große Aufmerksamkeit zugewendet worden, doch ohne daß die Schwierigkeit der Lage bedeutend hätte vermindert werden können. Dagegen befanden sich die Staatseinkünfte in fortwährender Steigung u. zwar nicht durch neue Steuern, sondern durch die Erträge der Zölle u. des Tabaks. Die Cubawirren hatten übrigens in diesem Jahre die Regierung noch angelegentlicher beschäftigt als früher; die dortige Flotte wurde bedeutend verstärkt. Überhaupt machte sich aber jetzt auch im Allgemeinen eine besondere Thätigkeit für Vervollkommnung des Seewesens bemerkbar; der Bau neuer Kriegsschiffe wurde mit Eifer von der Regierung betrieben u. von Privaten unterstützt.
Am. 10. Januar 1851 ganz unvermutheter Weise trat Narvaez zurück u. es bildete sich unter der Präsidentschaft des Finanzministers Bravo Murillo ein neues Ministerium. Über den Grund dieses Cabinetswechsels gab es zunächst nur Vermuthungen; man sagte, Narvaez sei der entschiedenen Feindschaft der Königin-Mutter zum Opfer gefallen u. habe sich auch großer Verstöße gegen die Etikette gegenüber der Königin schuldig gemacht. Er ging nach Paris. Das Programm des neuen Ministeriums entfernte sich nicht wesentlich von der Politik des abgetretenen Ministerpräsidenten, u. so schien der Wechsel der Personen keineswegs auch auf einen Systemwechsel hinzudeuten. Selbst das Budget wurde nicht zurückgenommen. Murillo trat zunächst mit mehren wichtigen Gesetzvorschlägen vor die Cortes, bezüglich einer Reorganisation der San Fernandobank, dos Verkaufes der Güter des Ordens St. Johanns von Jerusalem u. der Regulirung der öffentlichen Schuld. Die Debatte über letztere Angelegenheit nahm jedoch einen Charakter an, welcher das Ministerium veranlaßte, die Cortes am 7. April aufzulösen. Die Eröffnung der neuen Cortes fand am 1. Juni statt; als fast einziger Gegenstand der Berathung neben dem Budget lag das Schuldenregulirungsproject vor, hinsichtlich dessen nun auch endlich eine Einigung eintrat, so daß die königliche Genehmigung des Gesetzes am 1. Aug. erfolgen konnte. Auch die Aussöhnung mit dem Römischen Stuhle war jetzt vollständig bewerkstelligt; ein königliches Decret vom 17. Oct. verkündete, daß das mit dem Heiligen Stuhle am 16. März abgeschlossene u. am 1. u. 23. April ratificirte Concordat als Staatsgesetz zu betrachten sei. Mit Ausnahme der Progressisten zeigte sich das Volk mit der Aussöhnung sehr zufrieden. Der am 28. Aug. erfolgenden Entbindung der Herzogin von Montpensier von einer Prinzessin war ein königliches Decret vom 10. Aug. vorhergegangen, wonach dem erwarteten Kinde alle Prärogativen eines spanischen Infanten zugesichert wurden. Am 9. Sept. wurde das Gesetz über Organisation des Staatsrathes publicirt. Das Ministerium trat indessen immer rücksichtsloser auf. Die für den 5. Nov. wieder einberufenen Cortes, denen namentlich eine sehr beschränkende Gemeindeverfassung zur Genehmigung vorgelegt wurde, wurden durch königliches Decret vom 8. Dec. unerwartet prorogirt, eine Maßregel, welche nun auch die gemäßigte Opposition zu einem energischeren Auftreten gegen das Ministerium u. zu einer Annäherung an die Progressisten bestimmte. Bedeutsam mußte es unter solchen Verhältnissen jedenfalls sein, daß Narvaez, vom Hofe zur schleunigen Rückkehr nach Madrid aufgefordert, inzwischen am 19. Nov. wieder eingetroffen war. Auch die Königin-Mutter befand sich jetzt wieder in der Hauptstadt. Am 20. Dec. wurde die Königin von einer Tochter entbunden. S-s asiatische Besitzungen erhielten in diesem Jahre eine Vergrößerung; nämlich zur Züchtigung der Piraten hatten die Spanier unter dem Gouverneur der Philippinen die Forts von Sulu zerstört (Ende Febr. 1851) u. bald darauf Sulu unterworfen u. ihren Besitzungen einverleibt. Mit Nicaragua wurde ein Friedens- u. Freundschaftsvertrag geschlossen, welcher am 29. Juli veröffentlicht wurde; die Verwickelung mit den Nordamerikanischen Freistaaten (s.d. S. 64 f.) löste sich durch einen am 7. Dec. in Madrid abgeschlossenen Vertrag, wonach die spanischen Besitzungen gegen Piraten geschützt werden sollten, wogegen S. die gefangenen Nordamerikaner von der Cubaexpedition freilassen würde.
Gegen Ende des Jahres 1851 waren inzwischen die Zustände wieder mehr u. mehr bedenklich, die Aufregung gegen das Ministerium größer geworden. Ein progressistischer Aufstand in Madrid wurde unterdrückt; ernstere Unruhen republikanischen Charakters in Barcelona erforderten dagegen zu ihrer Bewältigung die größten Anstrengungen. Zugleich regten sich wieder carlistische Banden in Catalonien u. Aragonien. Als nun aber die Regierung am 7. Jan. 1852 die Cortes auflöste, andere eigenmächtige Handlungen des Ministeriums, wie Abänderungen im Zolltarif, hinzukamen u. die Anzeichen sich mehrten, daß man durch einen Staatsstreich die Verfassung zu annuliren gedenke, so erreichte die Aufregung einen hoben Grad. Eine [411] Versammlung von progressistischen Abgeordneten u. Senatsmitgliedern wandte sich abmahnend in einer Adresse an die Königin. Übrigens war schon am 7. Jan. eine Militäremente in Madrid ausgebrochen, angeblich indem eine Anzahl Soldaten auf Anlaß der Geburt der Prinzessin von Asturien die Verminderung ihrer Dienstzeit um zwei Jahre verlangte; die Regierung nahm u. strafte den Vorgang sehr ernst u. ergriff ungewöhnliche militärische Vorsichtsmaßregeln. Jetzt wurde auch gegen die Presse entschiedener vorgegangen; ein königliches Decret vom 10. Jan. bedrohte jedes Blatt, welches beunruhigende Nachrichten bringe od. sich unpassend über die Regierung u. deren Diener äußere od. die Religion od. die königliche Familie herabsetze, mit harten Strafen bis zur gänzlichen Unterdrückung. Einzelne Verbannungen, so die der Generale Prim u. Ortaga, fanden fortwährend statt. Die Entdeckung eines republikanischen Clubs in Valencia, dessen Fäden anscheinend von Barcelona aus sich weit, selbst bis nach Madrid, erstreckten, schienen immer gewaltsamere Maßregeln zu rechtfertigen. Die bedeutsamsten Folgen hatte jedoch erst ein Mordattentat auf die Königin. Als diese nämlich am 2. Febr. von ihrem Kirchgange wegen ihrer Entbindung aus der Atochakirche zurückkehrte, wurde sie durch einen Priester Martin Merino (s.d. 2) mörderisch angegriffen, jedoch nur leicht in den Oberarm verwundet. Der sofort ergriffene Mörder, welcher keine Mitschuldigen hatte, auch zu keiner der in S. existirenden politischen Parteiengehörte, wurde am 7. Febr. hingerichtet. Die nächste Folge des Attentates war die Verbannung der ganzen absolutistischen, bigotten Camarilla, unter deren Einfluß bes. der König gestanden hatte, da man auf einen Zusammenhang des Verbrechens mit den Plänen der Absolutisten schließen zu können glaubte. Die Hoffnung, daß somit auch die absolutistischen Gelüste der Regierung aufgegeben seien, währte jedoch nicht lange. Am 2. April erschien ein sehr strenges Preßgesetz, welches Präventivcensur über die Besprechung öffentlicher Angelegenheiten, sehr hohe Caution von den Journalen, die Niedersetzung einer aus den Höchstbesteuerten zusammengesetzten Jury für die Hauptpreßvergehen festsetzte u. der Regierung das Recht der Suspension u. völligen Unterdrückung gab. Noch an demselben Tage wurden mehre Journale mit Beschlag belegt. Zugleich erschien ein neues Adelsgesetz, wonach die Zahl des hohen Adels wesentlich beschränkt wurde, indem nun zur Würde eines Granden eine jährliche Rente von 27,000 Thlrn. aus liegenden Gründen erforderlich sein sollte; jeder solcher Grande war dann auch geborener Senator, obschon der Regierung das Recht gewahrt wurde lebenslängliche Senatoren zu ernennen. Um den baskischen Provinzen jeden Grund zur Unzufriedenheit zu nehmen, wurde der Beschluß gefaßt die Fueros in denselben wieder herzustellen, u. es wurden deshalb aus jeder der drei Provinzen Deputationen zur Regulirung der Angelegenheit nach Madrid berufen. Daneben verbesserten sich die Finanzverhältnisse zusehens; binnen drei Monaten war z.B. der Betrag der schwebenden Schuld von 352 auf 344 Mill. Realen herabgesunken. Ein königliches Decret verfügte, daß die 20 Procent des Nettoertrages vom Verkaufe der Gemeindegüter zur Verminderung der öffentlichen Schuld in nicht übertragbare Inscriptionen zu Gunsten des Staates verwandelt werden sollten. Am 1. October erschien die Verordnung über die Umschreibung der differirten Schuld.
Inzwischen war die Stellung des Cabinets eine immer ungünstigere geworden; während sich die Opposition täglich verstärkte, hatte es auch in seinem Schooße keinen Halt. Kaum hatten sich die Cortes versammelt, so wurden sie auch am 2. Dec. schon wieder wegen der Wahl des oppositionellen Exministers Martinez de la Rosa zu ihrem Präsidenten aufgelöst. Hereinrückende Grenadiere räumten den Saal u. die Thüren wurden geschlossen. Am 3. Dec. aber erschienen in der officiellen Gazeta mehre Gesetzentwürfe, welche den Cortes hatten vorgelegt werden sollen. Nach diesen sollte der Senat unter der neuen Constitution theils erblich sein, theils auf Lebenszeit ernannt werden; die Zahl der Mitglieder der Deputirtenkammer war auf 271 vermindert, welche 30 Jahre alt sein, 3000 Realen Steuer zahlen u. in dem Wahlbezirke wohnen müßten; gewählt sollten sie von je 150 Höchstbesteuerten werden. Hernach mußten die neuen Cortes, welche auf den 9. März 1853 zusammentreten sollten, allerdings einen wesentlich anderen Charakter erhalten. Dennoch gedachten die vereinigten Fractionen der progressistischen u. moderirten Opposition unter der gewaltigen Aufregung, welche dem Staatsstreiche folgte, den Wahlkampf aufzunehmen. Narvaez trat plötzlich aus seiner bisherigen Zurückhaltung heraus u. kam in der Hauptstadt an, u. sofort schaarten sich die Vertheidiger der Verfassung um ihn. Eine Versammlung von Moderados wählte ihn zum Vorsitzenden eines von ihr niedergesetzten Wahlcomités, u. die Progressisten unter Mendizabal ordneten sich ihm nun gleichfalls unter. Da verbot ein Decret des Ministeriums alle Wahlversammlungen, welche nicht von der Regierung autorisirt seien. Die hierauf nachgesuchte Erlaubniß zu den Versammlungen der Moderados wurde beharrlich verweigert. Narvaez aber erhielt den Befehl unverzüglich nach Wien abzureisen, um Einsicht in die dortigen Militärarchive zu nehmen. Damit erreichte die Aufregung den höchsten Grad. Unter demonstrativen Ovationen von Seiten der beiden Oppositionsparteien reiste der Herzog am 11. Dec. nach Bayonne ab, während ganz Madrid sich vereinigte, um Petitionen für Wahlfreiheit zu unterzeichnen. Die Verlegenheit des Ministeriums mußte um so größer werden, als zugleich die beunruhigendsten Meldungen über die Stimmung von Catalonien u. namentlich von Barcelona einliefen. Jetzt gab Murillo seine Entlassung ein u. reiste nach Frankreich ab. Aber gegen alle Erwartung wurde das gestürzte Cabinet nicht durch ein constitutionelles, sondern durch ein ebenfalls dem Absolutismus zugeneigtes unter Roncali ersetzt. Die Aufregung dauerte fort, da die Verfassung noch nicht außer Gefahr war. Doch trat eine ruhigere Haltung der Opposition ein, nachdem das Ministerium die vom Gouverneur von Madrid am 15. Dec. verhängte Confiscation der Oppositionsjournale u. des Wahlmanifestes der moderirten Partei endlich desavouirte u. jenen selbst entließ. Das am 18. Dec. in Form eines Rundschreibens an die Provinzialgouverneure erlassene Programm des neuen Cabinets wies allerdings noch auf die Nothwendigkeit einer Verfassungsrevision hin, doch in so vorsichtigen Ausdrücken, daß es offenbar war, man wolle zunächst zu temporisiren versuchen. Zugleich ging man mit versöhnenden Maßregeln vor:[412] es erfolgte eine Reihe von Absetzungen reactionärer, Werkzeuge Murillos u. am 5. Jan. 1853 erschien ein Preßdecret, welches das Preßgesetz von 1852 aufhob u. wesentlich auf das mildere Gesetz von 1845 zurückging. Hierdurch wurde schon erreicht, daß ein Theil der gemäßigten Partei von der Opposition gegen das Cabinet zurücktrat. Auf die Nachricht von Murillos Sturz hatte Narvaez in Bayonne Halt gemacht u. in einem Briefe der Königin abmahnende Rathschläge. gegeben. Dieser Brief, welcher den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hatte, machte den tiefsten Eindruck; mehr aber noch die Rückäußerungen der Königin darauf, indem dem Herzog am 9. Jan. unter Bezeugung der allerhöchsten Ungnade der geschärfte Befehl zugesandt wurde sich sofort auf seinen Posten nach Wien zu begeben. Narvaez blieb jedoch trotzdem in Bayonne u. ging erst nach der Cortesenöffnung nach Paris. Die Verfolgung der Presse blieb übrigens trotz des neuen Decretes dieselbe, wie überhaupt noch kein beruhigendes Anzeichen vorlag, daß man in den höchsten Regionen die, angeblich von Frankreich aus geforderte, durch die Königin-Mutter betriebene Aufhebung der Verfassung nicht mehr beabsichtige, so sehr auch England sich gegen derartige Projecte erklärte u. von seiner Garantie von 1834 zurückzutreten drohte. Der Minister des Innern trat jetzt auch in so beschränkender Weise gegen die Wahlversammlungen auf, daß die oppositionellen Wahlcomités sich aufzulösen beschlossen, u. bei den Wahlen vom 4. Febr. hatte das Ministerium einen alle Erwartungen übersteigenden Sieg davon getragen; die Moderados u. Progressisten hatten zusammen kaum 80 Abgeordnete durchgebracht; bes. groß war die Niederlage der Letzteren. Um auch des Senates gewiß zu sein, ernannte die Regierung jetzt 37 Senatoren. Weiter erließ sie ein Decret, welches den Journalen untersagte andere Berichte über die Cortessitzungen als die stenographischen Mittheilungen der officiellen Gazeta zu bringen. Die Journalconfiscationen währten täglich fort. Am 1. März wurden endlich die neuen Cortes eröffnet. Sofort begannen die Angriffe der Opposition auf das Ministerium in beiden Häusern, bes. in Bezug auf die von Narvaez erhobene Beschwerde wegen des ihm unmöglich gemachten Eintrittes in den Senat, doch wurde die Frage endlich zu Gunsten der Regierung entschieden. Am 29. März trat das Ministerium mit seinen Vorschlägen der Verfassungsrevision hervor, welche noch bei weitem tief eingreifender erschienen, als man erwartet hatte. Sie bestanden vornämlich in folgenden Punkten: Umwandelung des Senates in der Weise, daß derselbe künftig nach einem dreifachen Modus gebildet werde: theils aus erblichen, von der Krone aus den Granden ernannten Mitgliedern mit mindestens 240,000 Realen Revenüen aus Grundbesitz; theils aus den höchsten geistlichen u. weltlichen Würdeträgern; theils aus lebenslänglichen von der Krone ernannten Mitgliedern; ferner neue Organisation der Grandezza u. des detitellen Adels nebst Herstellung der Majorate; Aufhebung der Verfassungsbestimmungen, wonach der Deputirtenkammer die Prüfung der Wahlen u. beiden Staatskörpern die Feststellung ihres Reglements zugestanden waren; Eintheilung des Budgets in ein permanentes u. ein temporäres, welches letztere allein der Berathung u. den Beschlüssen der Cortes unterliegen solle. Schon aber bereuete sich eine neue Krisis. vor, welche fast noch mehr als das Ministerium in Frage zu stellen drohte. Am 7. April wurde im Senat bei Gelegenheit der Verhandlungen über die Eisenbahnfrage nicht nur das jetzige wie das vorige Ministerium, sondern auch das Verhältniß des Herzogs von Rianzares zur Verwaltung von dem General Concha schonungslos angegriffen. An demselben Tage fielen im Congreß nicht nur gegen den eben eingetretenen Exminister Murillo, sondern auch wider das gegenwärtige Ministerium die gewaltigsten Schläge in einer Rede des General Prim, welche zuletzt selbst warnende Andeutungen über den möglichen Fall der in S. herrschenden Dynastie enthielt. Für den 8. April wurden neue Angriffe im Senat gegen die Geschäfte des Herzogs von Rianzares erwartet. Unterdeß aber hatte der Finanzminister Llorente bereits der Königin eine Ordonnanz wegen Suspensirung der Cortes abgedrungen, da überhaupt das moralische Übergewicht der Opposition jetzt so gewachsen war, daß das Ministerium in keiner Hauptfrage mehr mit Sicherheit auf einen Sieg rechnen konnte. Am 8. April wurden beide Kammern auf unbestimmte Zeit vertagt.
Die Ereignisse folgten sich nun mit reißender Schnelligkeit. Da die Aufregung in Madrid den bedenklichsten Charakter annahm, so boten die Minister am 9. April ihre Entlassung an. Die Königin wies diese zurück. Also wurden strenge Maßregeln ergriffen. Die als Senatoren gegen die Regierung aufgetretenen Beamten wurden entsetzt. Als aber aus den Provinzen, bes. Catalonien, die drohendsten Nachrichten einliefen, war am 11. April das Ministerium Roncali in voller Auflösung; alle Minister reichten ihre Entlassung ein, am 12. April erhielt auch Roncali selbst, welcher bereits ein neues Ministerium gebildet hatte, den Abschied u. am 15. April trat Lersundi an die Spitze des neuen. Dieses folgte ganz den Fußtapfen des vorigen, ließ Alles beim Alten u. that namentlich nichts um die Besorgnisse des Landes wegen eines Umsturzes der Verfassung zu zerstreuen. Der Finanzminister Bermudez de Castro überließ sein Portefeuille schon nach zwei Monaten an Luis Pastor, den Schwager desselben Salamanca, welchen die Nordbahnconcession ebenso reich als verhaßt gemacht hatte; Moyana trat das Handelsministerium, da er wegen der Eisenbahnconcessionen in offenen Zwiespalt mit dem Hofe u. den diesem ergebenen Ministern gerathen war, nach wenigen Wochen an Collantes ab, welcher auch am 9. Aug. die angefochtenen Concessionen bestätigte. Dazu herrschte im Schooße des Ministeriums, namentlich zwischen Lersundi, welcher auf Einberufung der Cortes drang, u. dem Minister des Innern Egaña, welcher die Willkürherrschaft fortgesetzt wissen wollte, der größte Hader. So wuchsen die Entrüstung u. der Muth der Opposition, der Mißmuth des Landes. Das Cabinet trat am 19 Sept. zurück, worauf Sartorius, Graf von San Luis, den Auftrag zur Bildung eines neuen Ministeriums erhielt, in welchem er den Vorsitz u. das Innere übernahm, während Domenech für die Finanzen, Blaser für den Krieg, Gerona für die Justiz. Calderon de la Barca für das Auswärtige, Graf von Molins für die Marine, Collantes für die öffentlichen Bauten eintraten. Das neue Cabinet, in welchem Sartorius u. Molins für erklärte Anhänger von Narvaez, die übrigen Minister für constitutionell gesinnt galten, wurde von den Moderados nicht ungünstig aufgenommen, es bewies auch in[413] der That guten Willen die constitutionelle Bahn einzuschlagen. Mehre Decrete ordneten Ersparnisse im Staatshaushalte an od. stellten dieselben doch in Aussicht, die Presse u. die Wahlfreiheit wurden minder beschränkt u. es erfolgte die Einberufung der Cortes. Während Narvaez zurückberufen, aber freilich der Hauptstadt immer noch fern gehalten wurde, verloren die Günstlinge der früheren Verwaltung ihre einflußreichen Staatsämter. Dennoch blieb im Volke die Mißstimmung vorherrschend. Auch in den Cortes, welche am 19. November eröffnet wurden, u. namentlich im Senat trat wieder eine lebhafte Opposition gegen die Regierung hervor, obschon dieselbe bereits am 20. Nov. erklärt hatte, daß sie die Entwürfe ihrer Vorgänger rücksichtlich einer Verfassungsrevision zurückgenommen habe, u. obschon ihr Einfluß auf die Wahlen eine ministerielle Mehrheit geliefert hatte. Gerade hierüber aber entbrannten schon gelegentlich der Wahlprüfungen in der Abgeordnetenkammer heftige Debatten, während der Senat die bedenkliche Frage wegen der Eisenbahnconcessionen aufs Neue aufnahm. Hiergegen stellte nun das Ministerium, sich darauf berufend, daß es in dieser Frage selbst die Initiative ergriffen habe, bereits gegen Salamanca eingeschritten sei u. den Bau der Nordbahn im Versteigerungswege angeordnet habe, den Antrag die Angelegenheit fallen zu lassen. Bei der Abstimmung hierüber am 9. Decbr. wurde jedoch dieser Antragverworfen, u. Tags darauf erfolgte die Vertagung der Cortes auf unbestimmte Zeit.
Die Lage wurde immer peinlicher. Die Vorstellungen der angesehensten Männer des Landes in einer Denkschrift an die Königin fruchteten eben so wenig, um eine Änderung des Systems herbeizuführen, als dies die Bitten der deshalb vom Hofe verbannten Herzogin von Montpensier vermocht hatten. Willkürherrschaft u. Unentschiedenheit blieben nach wie vor, u. daneben beständige Zwistigkeiten unter den gegenwärtigen Gewalthabern. Auch das Ministerium Sartorius war ganz zum Werkzeug der verfassungsfeindlichen Camarilla geworden. Inzwischen hatten mehre Generale von der gemäßigten Partei sich dahin geeinigt gewaltsamen Versuchen der Regierung gegen die Verfassung mit Gewalt entgegenzutreten. Die Regierung hatte hiervon unbestimmte Kunde erhalten u. ging nun mit energischen Maßregeln vor. Neben etwa 60 Oppositionsmitgliedern wurde eine Anzahl der bedeutendsten Generale, namentlich Manuel, Jose Concha, Of Donnell u. Armero, am 17. Jan. 1854 verbannt u. letztere zugleich aus den Armeelisten gestrichen, worauf der Justizminister seine Entlassung einreichte. Dagegen wurden auf der anderen Seite, um das, bis jetzt übrigens hiergegen gleichgültig erscheinende Volk zu gewinnen, verschiedene Concessionen (Zollerniedrigungen, Ermäßigung der Salzpreise etc.) gemacht. Aber trotzdem stand die Revolution schon vor der Thüre. Als Vorbote derselben konnte ein Militäraufstand in Saragossa gelten, welche Stadt Jose Concha auf seiner Flucht nach Frankreich berührt hatte. Am 20. Februar empörte sich daselbst das Regiment Cordova unter seinem Obersten de Hore, da es eben, als der Regierung verdächtig, die Stadt verlassen sollte. In dem sich mit den treu gebliebenen Truppen entspinnenden Kampfe fiel jedoch der Oberst, die Aufständischen wurden besiegt u. zerstreut, ein großer Theil derselben niedergemacht, jeder ergriffene Anführer standrechtlich erschossen u. das Regiment aufgelöst. Hiervon nahm die Regierung nun Veranlassung bereits am 22. Februar ganz S. in Belagerungszustand zu erklären. Zugleich wurde die Presse unter die schärfste Aufsicht gestellt, gegen mißliebige Cortesmitglieder u. Generale eine lebhafte Verfolgung begonnen u. über viele Personen ohne vorgängige Untersuchung die Deportation od. eine Verweisung an die entferntesten Punkte des Landes ausgesprochen. Ein Arbeiteraufstand, welcher am 30, März in Barcelona ausbrach, gab der Regierung willkommene Gelegenheit die Zügel nur noch schärfer anzuziehen. Jetzt bildeten sich die Verschwörungen gegen dieselbe nun in vollem Maße, fast ausschließlich unter den Generalen u. anderen angesehenen Männern, aus; Seele u. Leiter derselben war O'Donnell, welcher sich im Geheimen noch immer in Madrid aufhielt. Man harrte nur der Gelegenheit, um der Theilnahme des Volkes gewiß zu sein. Eine außerordentliche Steigerung der Lebensmittelpreise, welche der Königin-Mutter schuldgegeben wurde, sowie die Ausschreibung einer Zwangsanleihe in halbjährigem Betrage aller directen Steuern, womit die Regierung in ihrer finanziellen Noth am 19. Mai hervortrat, gaben diese Gelegenheit. Diesmal erhob sich der Aufstand in Madrid selbst. Nachdem General Dulce als Generaldirector der Cavallerie die Genehmigung erhalten hatte die in Madrid liegenden Cavallerieregimenter die Revue passiren zu lassen, führte er dieselben am 28. Juni auf den Campo de Guardias von Madrid, wo General O' Donnell plötzlich erschien u. durch seine Anrede die Truppen schnell für den Aufstand gewann. Andere Truppentheile unter dem Obersten Echague, den Generalen Messina u. Ros de Olano schlossen sich demselben gleichfalls an. Die Regierung, obschon längst auf das Ereigniß vorbereitet, that doch auch jetzt noch nichts. Entschiedenes, u. so konnte sich die Insurrection ruhig organisiren. Nach einem am 30. Juni gegen die königlichen Truppen bei Vicalvaro siegreich bestandenen Gefecht zogen sich die Aufständischen unter O'Donnell, jetzt etwa 3000 M. stark, auf Alcala zurück. Die Regierung hatte zunächst nichts gethan, als die Absetzung der aufständischen Generale zu decretiren, den Erlaß wegen Erklärung des Landes in Belagerungszustand zu erneuern u. die allgemeine Einsetzung von Kriegsgerichten für politische Vergehen anzuordnen. Übrigens hatte sich die Hauptstadt bisher ruhig verhalten, um so unzuverlässiger zeigte sich dagegen der größere Theil der Truppen. Von Alcala aus richteten die verschworenen Generale, O'Donnell an der Spitze, einen Brief an die Königin, in welchem die Regierung wegen Unterdrückung der Verfassung, der Presse, wegen Erpressung u. Bestechlichkeit hart angeklagt u. die Entlassung der Minister u. die Einstellung des Zwangsanlehens verlangt wurden. In gleichem Sinne erließen sie unter dem 1. Juli eine Proclamation an das Volk; dieselbe hatte aber keinen nur irgend bedeutenden Erfolg. Die Regierung hielt inzwischen die Hauptstadt durch Strenge im Zaum u. ließ Verhaftungen in Menge vornehmen, ertheilte reiche Belohnungen an die Kämpfer von Vicalvaro u. verkündigte sogar am 7. Juli volle Verzeihung für alle zu ihrer Pflicht zurückkehrenden Offiziere u. Soldaten des Insurgentenheeres. O' Donnell zog sich vor dem ihn bes. mit überlegener Artillerie heftig[414] verfolgenden Kriegsminister Blaser von Aranjuez nach Andalusien hin zurück, u. da er auch die Insurrection keinen entschiedenen Fortgang nehmen sah, so trat er jetzt mit einer neuen Proclamation hervor, in welcher er sich gänzlich für das Progressistenthum erklärte u. neben der Aufrechthaltung des Thrones der Königin Isabella als Ziel der Revolution die Vernichtung der Camarilla, die strenge Ausführung des Grundgesetzes mit einem verbesserten Wahl- u. Preßgesetze, größere Selbständigkeit der Gemeinden gegenüber der bisher durchgeführten Centralisation, Wiederherstellung der Nationalmiliz u. Rückgängigmachung der Zwangsanleihe hinstellte. Zugleich überstieg er, durch neu abgefallene Truppen verstärkt, die Sierra Morena u. rückte auf Granada zu. Jetzt verbreitete sich der Aufstand mit reißender Schnelligkeit fast über ganz S. Am 13. Juli erklärte sich ganz Catalonien, den Generalcapitän mit der ganzen Besatzung von Barcelona an der Spitze, für denselben, nachdem Valladolid als erste größere Stadt den Anfang gemacht hatte; Barcelona folgte u. mit ihr die meisten bedeutenden Städte. Von besonderer Wichtigkeit war aber die Erhebung von Saragossa, da die dortigen Leiter als Junta del Gobierno von Aragonien sich für den Mittelpunkt der Nationalbewegung erklärten u. Espartero mit der militärischen Dictatur bekleideten; da dieser auch alsbald von Logroño herbeieilte, so war der Sieg des Progessistenthums entschieden. Die benachbarten Provinzen erkannten die Junta von Saragossa an, u. überall her zogen Truppen dahin, um sich der sogenannten Armee des Centrums anzuschließen. Nachdem nun auch noch am 17. Juli die Nachricht sich in Madrid verbreitet hatte, daß Blaser bei Jaen gänzlich von O'Donnell geschlagen worden u. nach Portugal geflohen sei, war auch die Hauptstadt nicht länger zu halten. Einzelne Volkshaufen sammelten sich u. gingen bald zu Gewaltthätigkeiten an den Ministerhotels u. dem Palast der Königin-Mutter über. Der Widerstand, welchen sie dabei durch das Militär fanden, führte alsbald zur Errichtung von Barrikaden, u. nun entspann sich der Kampf durch die ganze Stadt. Inzwischen hatte das flüchtend zerstreute Ministerium San Luis seine Entlassung erhalten u. die Königin hatte auf Rath des Generals San Miguel, welcher sich gegenüber den republikanischen Barrikadenführern an die Spitze einer Wohlfahrts- u. Vertheidigungsjunta gestellt hatte, ein neues Cabinet unter dem Vorsitz des Herzogs von Rivas ernannt, durch welches alsbald Concessionen zur Beruhigung der Gemüther beschlossen wurden; die Preßfreiheit wurde für wiederhergestellt u. die Zwangsanleihe für aufgehoben erklärt. Trotzdem kämpfte man am 18. Juli noch erbittert unter großen Verlusten von beiden Seiten fort, bes. am königlichen Palast u. dem Palast der Königin Christine. Am 19. Juli erschien eine Deputation von Bürgern bei den Ministern u. forderte Annahme des O'Donnellschen Programms u. Verkündigung der Verfassung von 1837. Das Cabinet verlangte Bedenkzeit, u. man kam über eine einstweilige Waffenruhe überein. Mehre Truppentheile waren jedoch hiervon nicht in Kenntniß gesetzt u. eröffneten den Kampf aufs Neue. Unter den Ausbrüchen grenzenloser Wuth, welche sich des Volkes über diesen vermeintlichen Verrath bemächtigte, verlangte eine Progressistendeputation die Abdankung der Minister u. die Berufung Esparteros an die Spitze der Geschäfte. Da die Minister selbst hierzu riethen, willigte die Königin auch noch am Abend des 19. Juli ein, u. die Kunde hiervon wurde sofort durch ganz Madrid verbreitet. Damit nahm der Kampf ein schnelles Ende, wenn auch die Führer des Aufstandes beschlossen bis zur Ankunft Esparteros u. der Bewaffnung der Nationalgarde die Barrikaden besetzt zu halten. Am 26. Juli erschien hierauf ein königliches Amnestiedecret für die politischen Vergehen, namentlich wurden auch die Generale O'Donnell, Serrano, Ros de Olano, Jose Concha, Messina u. Dulce in ihre Ämter u. Titel wieder eingesetzt. Ängstlich erwartet von der Bürgerschaft, welche sich über die Plane einzelner republikanischer u. communistischer Leiter des Aufstandes nicht täuschen konnte, zog endlich Espartero am 29. Juli, von Saragossa kommend u. auf das Feierlichste empfangen, in Madrid ein. Auch die Königin u. ihr Gemahl begrüßten ihn herzlich, obschon ein Gerücht wissen wollte, daß seiner Berufung die heftigsten Palastscenen vorausgegangen seien. Auch O'Donnell hielt denselben Abend seinen Einzug in Madrid u. fand von Seiten Esparteros, welchem er sich willig untergeordnet hatte, das achtungsvollste Entgegenkommen. Tags darauf ward Letzter als Ministerpräsident vereidigt u. das neue Ministerium ernannt, in welchem O'Donnell alsbald das, von dem am 19. Juli zugleich zum Generalcapitán von Neucastilien ernannten General San Miguel interimistisch geführte Portefeuille des Krieges übernahm, während Jose Alonso für die Justiz, Franzisco Lujan für Handel, Unterricht u. öffentliche Arbeiten, Franzisco de Santa Cruz für das Innere, Jose Manuel Collado für die Finanzen, General Allende Salazar für die Marine, Joaquin Pacheco für das Auswärtige eintraten.
Mit dem Eintritt Of Donnells in das Cabinet Esparteros war die Vereinigung der Moderados mit den Progressisten thatsächlich vollbracht u. Letzterem damit eine bedeutende Stütze gegeben. Übrigens konnte man sich, obschon Espartero jetzt als Herr der Situation erschien, schwerlich darüber täuschen, daß die Lage immer noch eine sehr schwierige war. In der Hauptstadt konnte das wilde Treiben der fremden wie einheimischen Demagogie, welches San Miguel auch nach Wiederherstellung der Nationalgarde nur unvollständig bis dahin hatte niederhalten können, als kaum beschwichtigt gelten; ebenso schienen die allenthalben während der Revolution entstandenen Junten noch keineswegs ohne Weiteres zur Niederlegung ihrer Macht geneigt, wie überhaupt in den Provinzen, vorzüglich in dem stets radical gesinnten Barcelona, für den Fall, daß den erwarteten Abänderungen der Regierungsform nicht genügend entsprochen wurde, auf leidenschaftlichen Widerstand zu rechnen war. Auch hinsichtlich der Armee liest sich voraussehen, daß nicht allen ihren Ansprüchen werde genügt werden können; u. dazu gab es noch eine sehr rührige Partei, welche auf eine Verschmelzung S-s mit Portugal u. auf ein Königreich Iberien unter Don Pedro V. hinarbeitete, der Ultras u. der, wenn auch vereinzelten republikanischen u. communistischen Bestrebungen noch gar nicht zu gedenken. Aber Espartero ergriff die Zügel mit starker Hand, jedoch auch mit weiser Mäßigung. Den thatsächlichsten Beweis hiervon gab das Decret vom 1. August bezüglich der Provinzialjunten, wonach denselben, so wie sie jetzt beständen, zwar jede gouvernementale[415] Amtsausübung entzogen, dagegen ihre Eigenschaft als berathende Körperschaften belassen wurde; es durften sich sogar in den Provinzen, wo sich noch keine Junten befanden, solche neu bilden. So sollte die einmal erregte Leidenschaft, statt gewaltsam unterdrückt zu werden, sich in sich selbst verzehren. Zugleich wurde aber auch durch Decret von demselben Tage die Einstellung der Wirksamkeit solcher Verfügungen von Provinzialjunten, wodurch Steuern aufgehoben od. verändert worden waren, angeordnet, das Preßgesetz vom 17. Octbr. 1837 wiederhergestellt u. unter dem 7. August die Erneuerung der Provinzialdeputationen in den Provinzialstädten, wie sie im April 1843 bestanden, verfügt. Die wichtigste Maßregel des neuen Cabinets aber war die unter dem 11. August angeordnete Einberufung der Cortes auf den 8. November; dieselben sollten blos aus einer Versammlung, dem Congreß, bestehen, die Zahl der Deputirten 349 (1 auf 35,000 Seelen) betragen u. die Wahlen nach dem Gesetz von 1837 vorgenommen werden. Eine weitere Maßregel von Bedeutung war die Entfernung der Königin-Mutter, wodurch die allgemeine Lage wesentlich gebessert u. namentlich die dynastische Frage gelöst wurde. Mit Bewilligung der Regierung reiste Christine am 28. August nach Portugal ab; einzelne insurrectionelle Auftritte dabei, da das Volk die Königin-Mutter zur Verantwortung gezogen wissen wollte, wurden mit Gewalt unterdrückt, für die Schuldigen aber später eine Amnestie erlassen. Inzwischen befand sich das Land in der That immer noch im Zustand der Revolution, als deren Herde außer Catalonien bes. die Küstenstädte von Andalusien gelten konnten. In den größeren Städten lösten sich die Junten zwar allmälig auf, doch bestanden deren auch noch viele fort u. verweigerten der Regierung den Gehorsam, während in einzelnen Gegenden Mordbrennerbanden das Land brandschatzend durchzogen. Gefahrloser erschien ein um diese Zeit erlassener Aufruf des Grafen Montemolin an die spanische Nation, worin derselbe seine alten Ansprüche in Erinnerung brachte, sich jedoch jeder gewaltsamen Verfolgung derselben zu enthalten versprach. Am 8. Nov. eröffnete die Königin die Cortes mit einer Thronrede, worin sie erklärte erst jetzt die wahre Lage der Dinge kennen gelernt zu haben u. deshalb entschlossen zu sein den jüngst geleisteten Zusagen wegen Achtung der Freiheiten u. Rechte der Nation treu zu bleiben. Darauf legte Espartero seine Würde als Ministerpräsident nieder, indem er am 21. November den Cortes ankündigte, daß er von vornherein zur Übernahme derselben nur bis zur Constituirung der Cortes bereit, jetzt seine Dimission eingereicht habe, damit die Königin sich mit verantwortlichen Ministern umgeben könne; aber schon am 30. Nov. trat er wieder als Präsident in das neugebildete Ministerium, in welchem die meisten der früheren Minister ihre Portefeuilles behielten u. die Mehrzahl des Cabinets zu den Progressisten gehörten. Das Programm des neuen Ministeriums wollte den Cortes bei Schaffung der Verfassung völlig freie Hand gelassen wissen u. erklärte sich für Preßfreiheit mit Geschwornengerichten, für Nationalgarden in den Hauptorten, für Abschaffung der Steuern auf Lebensmittel, sobald ein Ersatz dafür ermittelt sei, u. für ein stehendes Heer von 70,000 Mann. Die Cortes erwiderten dies Programm mit einem Vertrauensvotum für das Ministerium u. erklärten, so herb auch die Ausfälle auf die bisherige Regierung in der Antwortsadresse gewesen waren, am 30. den Thron der Königin Isabella u. ihrer Dynastie für die Grundlage der gegenwärtigen politischen Gestaltung S-s. Überhaupt zeigte sich bald der Charakter der Cortes als ein um vieles minder extremer, als dies bei der Aufregung der Zeit, in welcher sie gewählt worden, zu erwarten gewesen war. Zeugniß dafür war die Genehmigung eines königlichen Decrets vom 16. December, wonach die Aufhebung auch der berathenden Junten verfügt war, dann die am 23. December erfolgte Annahme des Regierungsentwurfes, wonach der Stand der Armee auf 70,000 M. erhöht werden sollte, die Billigung der Maßregeln zur Unterdrückung carlistischer u. republikanischer Bewegungen. Nur in der finanziellen Frage konnte das Ministerium keine Mehrheit erlangen; der Finanzminister Collado hatte bei der völligen Erschopfung des Schatzes zur Befriedigung auch nur der laufenden Bedürfnisse kein anderes Mittel entdeckt als die Beibehaltung der verhaßten Verbrauchssteuern zu beantragen, doch wurde dieser Antrag von den Cortes verworfen. Was die auswärtigen Verhältnisse betrifft, so hatte S. in der Orientalischen Frage eine durchaus strenge Neutralität beobachtet, u. wie schon im April 1854 die von den Westmächten verlangte Schließung der spanischen Häfen für russische Schiffe zurückgewiesen worden war, so hielt auch die Verwaltung unter Espartero an dem System der Neutralität fest, trotzdem daß für den Anschluß an die westmächtliche Allianz England bedeutende Subsidien in Aussicht gestellt hatte; ebenso entschieden war die Politik der Regierung hinsichtlich Cubas gegenüber den Gelüsten der Nordamerikanischen Freistaaten diese Insel an sich zu bringen (s.u. Cuba).
Das Jahr 1855 erfüllte die Hoffnung, zu welcher der Schluß des vorhergehenden berechtigte, daß S. endlich auf dem Wege zu geordneten Zuständen sei, nur in geringem Maße; das Land wurde wiederum zum Schauplatz unausgesetzter Wirren, trotzdem daß die Cortes in ihrer Mehrheit der Regierung beständig ihre loyale Unterstützung gewährten. Bei der Energie jedoch, mit welcher letztere gegen eine große Anzahl von Beamten, gegen den Clerus, gegen alle unruhigen, der gegenwärtigen Lage der Dinge feindlichen Elemente, ja selbst gegen den Hof auftrat, konnten eine erbitterte Opposition wie die sich immer erneuernden Versuche zum Umsturz des Bestehenden nicht ausbleiben. Dennoch hielt Espartero dem Allen gegenüber bis zum Schlusse des Jahres Stand. Das Jahr wurde eröffnet mit der Absetzung von 300 Beamten der früheren Finanzverwaltung, worauf ein Decret vom 9. Januar auch alle richterlichen Beamten, welche seit 1845 im Widerspruch mit den im Augenblick ihrer Ernennung geltenden Gesetzen angestellt worden waren, ihres Amtes entsetzte. Es steht dahin, in wie weit mehre im Januar in Granada, Sevilla u. in Madrid selbst ausbrechende Aufstände republikanischen Charakters in Zusammenhang mit dieser Maßregel standen, um so gewisser war es, daß der Clerus in Voraussicht der ihm drohenden Pläne der Regierung nichts unterließ die unteren Klassen aufzuregen u. sich derselben für den rechten Zeitpunkt zu versichern, weshalb 19 Jesuiten in Guipuzcoa nach Majorca deportirt wurden. Nicht minder sprachen alle Anzeichen dafür,[416] daß die Karlistenpartei einen neuen Schlag vorbereite, u. die Regierung hatte es nur der Wachsamkeit der französischen Grenzbehörden, welche keine verdächtigen Ansammlungen gestatteten u. am 27. Januar die beiden Karlistenchefs Forcadel u. Serrats in Toulouse, einem carlistischen Sammelplatze, aufhoben, sowie dem am 10. März in Triest erfolgenden Ableben des Infanten Don Carlos, welcher auf seinen Sohn wohl seine Ansprüche, aber nicht seinen Geist u. seine Energie vererbt hatte, zu verdanken, daß sich die beabsichtigte carlistische Erhebung nur in einzelne aufständische Bewegungen zersplitterte, denen durch die im ganzen Königreiche angeordneten energischen Maßregeln der Regierung leicht siegreich begegnet wurde. Inzwischen hatten die Cortes wiederum nichts unterlassen, um ihr Vertrauen gegen die Regierung an den Tag zu legen, so durch die Billigung der von dieser gegen Aufstände in Malaga u. Teruel ergriffenen Maßregeln, durch Votirung des Gesetzentwurfes wegen Forterhebung der Steuern im neuen Jahre, durch Abwerfung der von republikanischer Seite eingebrachten Gegenanträge etc. Als aber der neue Finanzminister Sevillano, welcher bei seinem Antritt ein anderes Gegenmittel für die Finanznoth ausfindig zu machen verheißen hatte, jetzt selbst zu dem Project der Verbrauchssteuern zurückkehrte, versagten die Cortes abermals ihre Zustimmung, worauf Madoz das Portefeuille der Finanzen übernahm. Nun ging die Versammlung Ende Januar an die erste Lesung des Verfassungsentwurfes u. nahm bis Ende März die ersten acht Artikel an, darunter die wichtige Bestimmung über die Freiheit der Culten, wonach, obschon die katholische Religion zur Staatsreligion erklärt wurde, doch kein Spanier od. Ausländer wegen seiner Meinung od. seines Glaubens verfolgt werden dürfe. Ebenso erhielten die Finanzmaßregeln von Madoz, zu denen namentlich der Verkauf der Staats-, Kirchen- u. Gemeindegüter, mit den nothwendigen Ausnahmen, gehörte, im Wesentlichen die Billigung der Cortes. Unterdessen drohte aber wieder von außen her ein Sturm gegen das Ministerium. Eine Deputation der Milizen von Madrid verlangte am 27. März vom Ministerpräsidenten eine Modification des Ministeriums im demokratischen Sinne. Espartero wies diese Forderung jedoch nicht nur entschieden zurück, sondern legte auch alsbald am 28. den Cortes einen Gesetzentwurf vor, wonach der Nationalgarde als solcher nicht gestattet sein sollte über politische Fragen zu discutiren, zu berathen od. irgendwelche Vorstellungen zu machen. Damit war der Aufregung in der Versammlung wie außerhalb derselben eine neue Nahrung gegeben, während zugleich der Clerus die günstige Gelegenheit zu neuen Agitationen gegen das Desamortisationsgesetz (Verkauf der Klostergüter etc.) benutzte. Aber die Regierung behauptete auch jetzt ihre Festigkeit u. fand wiederum eine kräftige Unterstützung bei den Cortes. Die demokratischen Bewegungen in der Nationalgarde u. die Volksaufläufe in der Hauptstadt wurden durch energische Maßnahmen unterdrückt, u. auch in den Cortes unterlag die demokratische Partei, indem das Milizgesetz am 12. April zum Beschluß erhoben wurde. Damit war alle Opposition für jetzt zum Schweigen gebracht, u. unter dem Eindrucke dieses Sieges der Regierung fand nun auch am 25. April die endgültige Annahme des Gesetzes über den Verkauf der National- u. Kirchengüter durch die Cortes statt, wie kurz darauf auch ein weiteres Gesetz über die Anlegung akatholischer Kirchhöfe im Lande votirt wurde. Hierdurch war aber die Leidenschaft des katholischen Clerus aufs Höchste gesteigert, u. das Ministerium empfand auch nur zu bald, daß der clericalen Partei, was deren Einfluß im Volke nicht vermocht hatte, um so vollständiger am königlichen Hofe gelungen war, zumal dort der päpstliche Nuntius offen mit seiner Abreise gedroht hatte. Gleichwohl erlangte das Ministerium endlich am 29. April die Unterschrift der Königin zu den derselben verhaßten Gesetzen, u. dieselben wurden dann am 3. Mai publicirt, worauf die einzelnen Ausführungsbestimmungen über das Desamortisationsgesetz rasch nachfolgten, da dasselbe bereits am 1. Juli in Kraft treten sollte. Das Haupt der clericalen Opposition aber, der Bischof von Osma, wurde am 14. Mai nach den Balearen verwiesen. Nachdem sich noch im Mai in den verschiedensten Theilen des Landes Aufstände, meist carlistischen Ursprungs, wiederholt hatten, weshalb in der Mitte des Monats eine ganze Reihe von Provinzen in Belagerungszustand erklärt worden war, sah sich das Ministerium inmitten der Gefahren, welche dem Staate beständig durch die Pläne der carlistischen, republikanischen, clerical-demagogischen u. proletarischen Elemente drohten, in die Nothwendigkeit versetzt am 24. Mai mit einem Gesetzentwurfe vor die Cortes zu treten, welcher eine temporäre Suspendirung der constitutionellen Garantien forderte u. der Regierung eine außerordentliche Machtbefugniß gewähren sollte, um der Revolution mit voller Energie zu begegnen. Zugleich beantragte Espartero gegenüber den Bestrebungen der Opposition, die Berathung hinauszuschieben, die Permanenzerklärung der Cortes bis zur Entscheidung über den Entwurf. Und so wurde auch am 30. Mai das Gesetz votirt. Trotzdem blieb die Stellung des Ministeriums bei der Gereiztheit des Hofes über dessen rücksichtsloses Vorgehen eine mißliche, u. sein Fortbestehen war um so mehr in Frage gestellt, als auch die französische Regierung die strengconstitutionelle Entwickelung der Dinge in S. mit Mißfallen zu betrachten begann. Schon im Juni erfolgte auch eine umfassende Modification des Cabinets; Madoz, Lujan, Luzuriaga, Aguirre u. Santa Cruz traten am 5. Juni zurück, worauf Bruil die Finanzen, Zabala das Auswärtige, Fuente Andres die Justiz, Martinez die Staatsbauten u. den Unterricht, Huelves das Innere übernahmen. Die Ruhe im Lande war übrigens bei weitem noch nicht hergestellt; auch im Juni mußte trotz der fortgesetzten Unterstützung der französischen Regierung gegen die revolutionären Anschläge eine Anzahl von Provinzen wegen erneuter carlistischer Aufstände in Belagerungszustand erklärt werden. Nach der Neubildung des Cabinets lag den Cortes neben der fortgesetzten Berathung des Verfassungsentwurfes, welcher auch am 9. Juli als Ganzes in erster Lesung sanctionirt wurde, vor Allem eine Prüfung der Finanzpläne ob, u. nach Verwerfung mehrer eingebrachter wurde endlich am 11. Juli der Antrag der Regierung auf eine Subscriptionsanleihe in der Art zum Gesetz erhoben, daß ein Anlehen von 230 Mill. Realen zu freiwilliger Subscription ausgeschrieben, wenn es aber auf diesem Wege binnen 30 Tagen nicht od. nicht völlig gedeckt wäre, zwangsweise aufgebracht werden sollte. Kurz darauf[417] vertagten sich die Cortes bis zum 1. October. Wider Erwarten gingen die freiwilligen Zeichnungen zu der Nationalanleihe, obschon der Termin um vieles verlängert werden mußte, so gut von Statten, daß bis zum Zusammentritt der Cortes nahe an 200 Millionen abgegeben waren. Einen ebenso günstigen Verlauf nahm der Verkauf der Domänen-, Gemeinde- u. Kirchengüter Inzwischen war aber doch zur Befriedigung der dringendsten Bedürfnisse ein transitorisches Anlehen von 40 Mill. Renten mit französischen Bankiers abgeschlossen worden, wovon die ersten Zahlungen schon am 9. August erfolgten. Durch solche Benutzung der finanziellen Bedrängnisse der Regierung war nun aber der Einfluß Frankreichs so hoch gestiegen, daß es jetzt sogar, so schroff früher das Anerbieten dazu zurückgewiesen worden war, zu einem Anschluß S-s an das Bündniß der Westmächte gekommen war, wonach S. sich zur Stellung eines Contingents zur Krimarmee verpflichtete. Freilich stellte das Ministerium bei der großen Unpopularität eines solchen Bündnisses den Abschluß eines derartigen Vertrages stets in Abrede u. derselbe kam auch, nachdem sich bald darauf die europäischen Verhältnisse friedlicher gestalteten. nicht zur Ausführung Die Regierung bedurfte aber auch in anderer als finanzieller Hinsicht des Beistand es Frankreichs nur zu dringend, denn der schwer beleidigte Clerus unterließ nichts, um ihre Stellung zu untergraben u. das Land in eine neue Revolution zu stürzen. Der päpstliche Nuntius hatte umsonst gegen die Durchführung des Desamortisationsgesetzes protestirt u. in einer Reihe von Actenstücken die vermeintlichen Verletzungen u. Beleidigungen der Kirche in S. zum Gegenstande leidenschaftlicher Klagen gemacht; er sah sich endlich genöthigt seine Drohung wahr zu machen u. forderte am 11. August seine Pässe. Schon gelegentlich dieses Ereignisses wurde eine Demonstration in Madrid versucht, doch mit Hülfe der Nationalgarde rasch unterdrücke. Aber der Clerus trieb nun seine Agitation nur um so heftiger u. scheute selbst die Verbindung mit den karlistischen u. social-demokratischen Elementen nicht. Schon früher hatte hiervon ein gefährlicher Aufstand in Barcelona am 3. Juli Zeugniß gegeben, welcher zuletzt einen ganz communistischen Charakter annahm u. nur unter vielem Blutvergießen niedergeschlagen werden konnte, während zugleich die französische Fregatte Veloce im Hafen erschien. Nun verbreiteten sich aber die Unruhen durch das ganze Königreich. Die Regierung bedurfte der äußersten Energie jedoch nicht nur gegen diese, sondern auch gegen die, namentlich durch clericalen Einfluß bei Hofe gesponnenen Pläne, wie denn die Sage ging, daß eine beabsichtigte Flucht der Königin, welche eine allgemeine Umwälzung nach sich ziehen sollte, nur durch die rechtzeitige Dazwischenkunft Esparteros u. O'Donnells verhindert worden sei. Am 15. September erfolgte die officielle Schließung des Tribunals der apostolischen Nuntiatur in Madrid. Gegen Ende des Jahres nahmen die öffentlichen Zustände eine bessere Gestalt an. Allerdings fanden im October u. November noch einzelne Unruhen statt, wie in Saragossa, Cordova, Cadiz u. in Madrid selbst; doch waren dieselben nur durch die herrschende Theuerung veranlaßt u. hatten nirgends ernste Folgen. Dagegen schien die karlistische Bewegung völlig im Absterben zu sein Selbst der drohende Widerstand der baskischen Lande gegen die Durchführung der Desamortisation wurde zufolge der verständigenden Schritte von Seiten der Regierung ohne Schwierigkeit überwunden. Auch in finanzieller Hinsicht hellten sich die Aussichten auf. Die Desamortisation gab über Erwartung günstige Resultate, so daß ebenso bei den Versteigerungen der Kirchengüter wie bei dem Verkauf der Antheile der Nationalgüter dem Staatsschatze reiche Überschüsse zuflossen (bis Ende December nahe an 120 Mill. Realen). Die umfassenden Finanzpläne des Ministers Bruil, welche derselbe den Cortes am 1. October in sechs Gesetzentwürfen vorlegte (Erhöhung der Grundsteuer, Wiedereinführung der Verbrauchs- u. Nahrungssteuer in mildester Form, Erhöhung der Zölle, Errichtung von Banken etc.) fanden bei den Cortes Aussicht auf möglichste Unterstützung, wie dieselben am 18. December das Ministerium auch zur Forterhebung der bisherigen Steuern ermächtigten. Von Wichtigkeit war auch die von der Regierung befürwortete, von den Cortes genehmigte u. schließlich im nächstem Jahre auch von der Königin sanctionirte Bildung einer allgemeinen Creditgesellschaft zu Madrid mit Filialen in den Provinzen Endlich vollendeten die Cortes auch bis zum 15. December die zweite Lesung des Verfassungsentwurfes, so daß demselben nur noch die königliche Sanction fehlte, mit welcher freilich bis ins nächste Jahr hinein so lange gezaudert wurde, bis die Ereignisse die neue Verfassung von selbst beseitigten.
So hatten am Schlusse des Jahres 1855 die Zustände S-s eine um vieles erfreulichere Wendung genommen; freilich sollte aber schon das nächste Jahr alle diese neubelebten Hoffnungen wieder zerstören u. S. abermals zum Schauplatz der furchtbarsten Bürgerkriege machen. Schon der, Januar des Jahres 1856 brachte eine Modification des Ministeriums, anscheinend nur, um demselben einen noch bestimmteren Charakter der Mäßigung zu geben, indem am 13. die oppositionellen Mitglieder Fuente Andres, Huelves u. Martinez ausschieden u. durch Arias Uria für die Justiz, Escosura für das Innere u. Lujan für die öffentlichen Bauten ersetzt wurden. Im Februar legte auch der Finanzminister Bruil, an der Durchführung seiner Pläne verzweifelnd, sein Amt nieder u. erhielt in Santa Cruz einen Nachfolger. Übrigens bewahrten auch dem neugebildeten Ministerium die Cortes ihr Vertrauen. Von einer Annäherung der Regierung an den päpstlichen Hof aber zeugte ein in Übereinstimmung mit einem päpstlichen Breve vom 11. Dec. v. I. erlassenes Decret vom 26. Jan. 1856, wonach der Gerichtshof der Rota wieder eröffnet wurde. Die Cortes beschäftigten sich außer den finanziellen Vorlagen mit einem ziemlich strengen Preßgesetz, welches sie möglichst zu mildern suchten, einem Wahlgesetz für die Deputirtenkammer u. den Senat etc. In dem wegen Verletzung spanischer Unterthanen zwischen S. u. Mexico (s.d. S. 223 f.) ausgebrochenen Streit, wegen dessen schon eine Flotille von Cuba nach Santa Cruz abgegangen war, sagten sie der Regierung ihre kräftigste Unterstützung zu. Inzwischen war aber das Land wieder allenthalben von den bedenklichsten Unruhen bewegt worden. Nachdem schon im Januar eine militärische Verschwörung in den Nordprovinzen, welche ihren Sitz in Vitoria u. zu ihrem Zweck die Proclamirung der Republik hatte, entdeckt u. im Augenblick ihres [418] Ausbruchs unterdrückt worden war, im März Unruhen zu Badajoz stattgefunden hatten, brach in Valencia am 7. April gelegentlich der Conscription ein Aufruhr aus, bei welchem sich die Nationalgarde mindestens passiv verhielt u. der erst nach einem blutigen Straßenkampfe niedergeworfen werden konnte, worauf am 11. April die Nationalgarde aufgelöst, ein neuer Stadtrath eingesetzt u. die Meuterer vor ein Kriegsgericht gestellt wurden Daß fast gleichzeitig auch Erhebungen in Malaga, Murcia u. Granada statthatten, schien die Annahme einer neuen Karlistenverschwörung nur zu bestätigen. Von der gefährlichsten Art aber war eine Reihe von Aufständen, die angeblich durch die Theuerung u. die Wiedereinführung der Stadtzölle veranlaßt, am 22. Juni mit einer gegen das Ayuntamiento, Getreidehändler u. Mühlen gerichteten Emeute zu Valladolid ihren Anfang nahmen, bald aber an der ganzen Linie des Castilischen Kanals hin, in Salamanca, Valencia etc., unter Plünderung u. Mordbrennerei sich ausbreiteten u. bes. zu Valladolid die Entfaltung der vollen militärischen Strenge forderten. Aber auch anderwärts nahmen die Unruhen, angeblich in Folge der Theuerung, mehr u. mehr einen communistischen Charakter an u. äußerten sich im Anzünden der Ernten auf dem Felde, Niederbrennen von Spinnereien etc., indeß machte sich die Ansicht immer mehr geltend, daß sie von politischen Parteiführern angezettelt seien, wie gelegentlich der Aufstände am Castilischen Kanal, wo die Königin-Mutter reiche Besitzungen hatte, deren Interesse von den dort projectirten Eisenbahnen bedroht war, die Partei der Christinos offen als intellectuelle Urheberin bezeichnet wurde. War es nun damit auf einen Umsturz des gegenwärtigen Regimentes abgesehen, so wurde dieser Zweck nur zu vollständig erreicht, wenn auch jene Vorgänge nur den äußeren Anstoß, wo nicht gar nur den Vorwand dazu gaben. Denn die Entfernung Esparteros wurde schon seit langer Zeit wegen seiner streng constitutionellen Haltung vom Hofe gewünscht u. erstrebt, wie auch Frankreich, welches ihn bisher auf seinem Posten geduldet hatte, um so eher in seinen Fall willigen konnte, als es nach der Wiederherstellung des Weltfriedens der, wenn auch nur moralischen Unterstützung S-s nicht länger bedurfte. Die Vertagung der Cortes bot jetzt zur Ausführung des lange gehegten Planes den günstigsten Zeitpunkt dar, und so löste sich denn das widernatürliche Bündniß zwischen dem Moderado O'Donnell u. dem Progressisten Espartero auf. Die äußere Veranlassung zu der neuen Staatsumwälzung war folgende: Der Minister des Innern, Escosnra, hatte, nach seiner am 10. Juli erfolgten Rückkehr von einer Reise nach Castilien zur persönlichen Untersuchung der dort stattgehabten Unruhen, eine Denkschrift verfaßt, in welcher er nachwies, daß dieselben nur den Intriguen der verbündeten Christinos, Karlisten u. der sogenannten Conservativen zuzuschreiben seien, u. zugleich verlangt, daß die Cortes einberufen, die Constitution schnell proclamirt, die Cortes hierauf wieder entlassen u. die Jesuiten aus dem Lande gewiesen würden. Der Veröffentlichung dieser Schrift als Decret setzte sich im Ministerrathe nur O'Donnell entgegen, indem er zugleich den Rücktritt Escósuras forderte. Bei dem so offen im Cabinet ausgebrochenen Zwiespalt wurde der Königin die Wahl zwischen Escosura u. O'Donnell anheimgestellt, u. als sie sich gegen Ersteren entschied, nahmen sämmtliche Minister ihren Abschied, worauf O'Donnell mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt wurde. Dasselbe kam noch am 14. Juli zu Stande u. bestand ans O'Donnell als Präsident u. Kriegsminister, Cantero für die Finanzen, Rios Rosas für das Innere, Collado für die öffentlichen Bauten u. Pastor Diaz für das Auswärtige, wozu dann noch Bayarri als Marineminister u. Luzuriaga als Justizminister kamen; doch gab Letzter sein Portefeuille schon am 7. Aug. an Alvarez wieder ab.
Sofort nach dem Bekanntwerden der Entlassung Esparteros, welche einen Staatsstreich gegen die Verfassung zugleich mit der Entwaffnung der Nationalgarde erwarten ließ, brach ein Aufstand in Madrid aus, der Cortespräsident, General Infante, kämpfte an der Spitze der Nationalgarde gegen die von O'Donnell u. Concha geführten Regierungstruppen, wider welche sich zugleich der Pöbel erhob. Durch das persönliche Erscheinen der Königin in der Mitte der Kämpfenden wurde am 16. Aug. dem Blutbad ein Ende gemacht, die Hauptstadt unterwarf sich u. die Nationalgarde wurde entwaffnet. Eine Versammlung der in Madrid anwesenden Cortes, welche sich in einem Mißtrauensvotum gegen das neue Cabinet einigte, wurde mit Gewalt aufgehoben, während vorher über ganz S. der Belagerungszustand ausgesprochen worden war. Trotzdem erhob sich der Aufruhr bald allgemein. Namentlich war es Saragossa, welches unter General Falcon sich empörte u. sich zum äußersten Widerstand entschlossen zeigte. Aber so verzweifelt die Sache der Regierung Anfangs zu stehen schien, so überraschend schnell ging diese als Siegerin aus den neuen Wirren hervor, bis zum Ende des Monats hatte sich selbst Saragossa ergeben u. mit ihm ganz Aragonien unterworfen, u. durch das ganze Land ging die Entwaffnung der Nationalgarde ungestört vor sich. Die Reste der Aufständischen von Barcelona, Garcia, Reus u. anderen Provinzen warfen sich, vor den Regierungstruppen her flüchtend, nach Catalonien, wo sie sich zerstreuten u. allmälig ihre Unterwerfung erklärten. Die nächsten Maßregeln der neuen Regierung waren nun die Auflösung der Nationalmiliz u. der constituirenden Cortes, die Vertagung der Gemeindewahlen u. die Entsetzung der meisten Civilgouverneure, wie überhaupt wiederum durchgreifende Änderungen im Beamtenstande eintraten. Je mehr sich die Regierung nach außen hin zu befestigen schien, um so unhaltbarer erschien aber ihre Stellung rücksichtlich des Verhältnisses der einzelnen Mitglieder zu einander u. bes. gegenüber dem Hofe u. der Hofpartei. War das Cabinet schon bei Berathung der früheren Decrete in fast unheilbare Spaltungen gerathen, so trat dies bei den Verhandlungen über die künftige Verfassung noch schärfer hervor. Dazu hatte O'Donnell zu dem Hofe u. namentlich zu der absolutistischen Partei, an deren Spitze der König stand, eine so mißliche Stellung, daß er schon wiederholt zum Rücktritt entschlossen gewesen war. Es war vorauszusehen, daß Narvaez, obschon jetzt noch durch die Verweigerung seiner Pässe u. den Einfluß der französischen Regierung in Paris zurückgehalten, bald genug die Erbschaft des Übergangscabinets anzutreten haben würde. Inzwischen bereitete ihm dieses den Weg, zunächst durch Wiederherstellung der Constitution von 1845, wenn schon mit einigen neuen Zusätzen, welche sich auf die Aburtheilung von[419] Preßvergehen durch Geschwornengerichte bezogen u. rücksichtlich der Cortes die Bestimmungen enthielten, daß dieselben mindestens vier Monate versammelt bleiben sollten u. daß zur Vermählung des Souveräns wie zur Veräußerung des Kronvermögens ihre Zustimmung erforderlich sei. Unter dem 23. Sept. wurde weiter der Verkauf der Kirchengüter, welcher bis jetzt gegen 300 Mill. Realen ergeben hatte, für ausgesetzt erklärt u. fast gleichzeitig auch der Sequester auf die Güter der Königin Christine aufgehoben. Damit hatte das Ministerium seine Bestimmung erfüllt. Am 5. Oct. traf Narvaez in Madrid ein, u. darauf erfolgte eine Cabinetskrisis, welcher zufolge das bisherige Ministerium fiel, worauf Narvaez ein neues Ministerium bildete, in welchem er den Vorsitz ohne Portefeuille übernahm, für das Auswärtige trat Pidal ein, Seijas für die Justiz, Urbistando für den Krieg, Nocedal für das Innere, Lersundi für die Marine, Moyano für die öffentlichen Arbeiten u. Barzanallana für die Finanzen. Charakteristisch für das neue Ministerium war es, daß die meisten seiner Anfangs erlassenen Decrete sich auf die Wiederherstellung der geistlichen Gewalt bezogen; denn es stand bald außer Zweifel, daß es sein Fortbestehen nur durch immer neue Zugeständnisse an den Clerus erkaufen mußte. Zunächst wurde durch ein Decret vom 16. Oct. das Concordat mit dem Päpstlichen Stuhle in seiner ganzen Kraft wieder hergestellt, unter Annullirung der ihm zuwiderlaufenden neueren gesetzlichen Bestimmungen; die Vollziehung des Desamortisationsgesetzes wurde suspendirt u. die schwebenden Versteigerungen der Staatsgüter für nichtig erklärt (dagegen sanctionirte aber allerdings später die Regierung, trotz dem Protest des Papstes, die bisher stattgefundenen Verkäufe von Kirchen- u. geistlichen Gütern). Weitere Decrete widerriefen die Zusatzacte zu der Verfassung von 1845, stellten das alte Regime für die innere Verwaltung des Palastes wieder her, gaben dem Episcopat die Befugniß zur Verleihung der Weihen zurück, riefen das Municipalitäts- u. Provinzialdeputationsgesetz von 1845 wieder ins Leben u. führten die Censur nach den Bestimmungen von 1844 u. 1845 wieder ein. Die Jesuiten wurden in ihre Ämter zurückberufen. Die Beschlüsse der Cortes über das laufende Budget wurden für aufgehoben erklärt u. durch die Bestimmung ersetzt. daß das Ministerium das nächstjährige Budget unter Beobachtung der von 1854 bestandenen Gesetze feststelle. Dagegen wurden alle wegen der Juliereignisse verurtheilten Personen begnadigt. Zur wenigstens vorübergehenden Abhülfe der Finanznoth wurde, unter freilich für den Staat wenig günstigen Bedingungen, mit dem Bankierhause Mirès in Paris ein Anlehen von 300 Mill. Realen abgeschlossen. Inzwischen waren die mit Mexico entstandenen Irrungen, welche immer noch ihrer Ausgleichung harrten, durch die Plünderung u. Ermordung mehrer spanischer Unterthanen auf mexicanischem Gebiet in ein neues Stadium getreten u. die Regierung schien entschlossen mit allem Ernste Genugthuung zu verlangen. So schloß das Jahr 1856 wieder unter wenig erfreulichen Aussichten für die Zukunft des Landes. Die Bevölkerung befand sich noch immer in einer dumpfen Gährung, wovon bald hier, bald da aufflackernde Aufstände, wie zuletzt in Malaga, ein ebenso deutliches Zeugniß gaben, wie die unausgesetzt in der Hauptstadt u. im ganzen Lande, angeblich auf Grund neu entdeckter Verschwörungen vorgenommenen Verhaftungen. Dazu galt die Stellung des Cabinets, namentlich gegenüber der absolutistischen Partei am Hofe, für nichts weniger als befestigt; es schien eben der Situation nicht mehr Herr zu sein u. selbst zu erkennen, daß die Reaction ihm über das Haupt gewachsen sei. Dennoch verfolgte es seinen Weg weiter.
Das Jahr 1857 kündigte sich zunächst durch verschiedene Aufstände an, welche, veranlaßt durch die Wiedereinführung der Verbrauchssteuer wie des städtischen Eingangszolles, in Valencia, Badajoz, Valladolid, Barcelona, statthatten, aber ohne Mühe unterdrückt wurden. Demnächst beschäftigten die öffentliche Aufmerksamkeit vorzugsweise das Zerwürfniß mit Mexico u. die Einberufung der Cortes. Die Cortes wurden unter Herstellung des Wahlgesetzes von 1846 auf den 1. Mai 1857 zusammenberufen. Die strengen Maßregeln zur Befestigung der Regierungsgewalt dauerten fort. Die öffentlichen Blätter erhielten Befehl nicht gegen die Regierung zu schreiben, ein neues strenges Preßgesetz wurde gegeben u. gegen nicht ganz zuverlässige Generale eingeschritten. Das Budget für 1857 wies nach dem Vorschlag der Regierung auf: 1803,300,000 Realen Ausgaben u. 1562,660,000 Realen Einnahme; der Minderbetrag von fast 241 Mill. sollte durch Anleihen u. Abzüge von Beamtengehalten gedeckt werden. Außerdem beschäftigte sich der Ministerrath lebhaft mit Maßregeln zur Steigerung der Einnahme u. zur Wiederbelebung des spanischen Credits andeneuropäischen Börsen. Der Unternehmungsgeist der Nation wurde bes. durch Aussicht auf reichen Gewinn durch Bergbau in Bewegung gesetzt, so daß im Jahre 1856 512 Eigenthumstitel neuer Bergbauunternehmen ausgestellt worden waren. Dagegen litt das Land fortwährend an großer Unsicherheit durch Räuberbanden, u. im Juli brach in ganz Andalusien ein neuer republikanischer Aufstand aus, welcher jedoch schnell unterdrückt wurde. Narvaez zeigte den Cortes an, daß Befehl ertheilt worden sei unzweifelhafte Theilnehmer sofort zu erschießen; das darauf erfolgende Blutvergießen veranlaßte aber die Königin anzuordnen keine Hinrichtung mehr zu vollziehen, bevor sie nicht selbst die Acten eingesehen hätte. Regierung u. Cortes, welche am 17. Juli auseinandergingen, hatten sich bemüht gehabt durch versöhnliche Maßregeln die Aufregung der Gemüther zu besänftigen u. durch Veränderung der Verfassung in conservativem Sinne die Ordnung zu befestigen. In Bezug auf die äußeren Verhältnisse waren die Nachrichten aus Nordamerika beunruhigend, da die Politik der Union der spanischen Regierung wegen Cuba fortwährend Verlegenheiten bereitete, in S. Domingo hatte das Volk das spanische Wappen heruntergerissen u. in Mexico waren wiederholt ungestraft verbrecherische Handlungen gegen Eigenthum u. Leben spanischer Unterthanen verübt worden, u. die dortige Regierung hatte jegliche Genugthuung verweigert. Schon im Laufe des Jahres 1856 hatte daher die spanische Regierung mit Zwangsmaßregeln gegen Mexico gedroht u. am 17. Febr. 1657 zeigte sie durch Rundschreiben den auswärtigen Regierungen an, daß 30 spanische Kriegsschiffe in den Gewässern von Mexico versammelt seien, um die Befriedigung der gerechten Forderungen S-s, welche auch von Frankreich u. England als solche anerkannt worden waren, zu erzwingen[420] Seit dem Aug. 1857 war der Fortbestand des Cabinets Narvaez immer offenbarer bedroht. Endlich da die Königin sich weigerte die von dem Ministerium bezeichneten Personen von verfänglichem Einfluß aus ihrer Umgebung zu entfernen, anderseits aber die vom Cabinet vorgeschlagene Ernennung des bisherigen Marineministers Lersundi zum Gouverneur von Cuba u. mehrer hervorragender Männer, darunter des Vaters des Ministers des Innern Nocedal, zu genehmigen: so nahm das Cabinet am 4 Oct. seine Entlassung u. am 15. Oct. wurde der General Armero zur Ministerpräsidentschaft berufen, aber erst am 25. war das Cabinet vollständig gebildet, welches außer Armero (Präsidentschaft u. Krieg), aus Martinez de la Rosa (Staatsminister), Bermudez de Castra (Inneres), Alex. Mon (Finanzen), Casaus (Justiz), Salaveria öffentliche Arbeiten etc.), Bustillo (Marine) bestand. Das neue Ministerium begann mit liberalen Maßregeln, den willkürlichen Verhaftungen u. Verbannungen wurde ein Ziel gesetzt, das Preßgesetz mit weniger Strenge gehandhabt, der Belagerungszustand blieb nur auf den bedrohtesten Punkten bestehen. Durch die Genesung der Königin von einem Prinzen am 28. Nov. schien S. an Festigkeit u. Sicherheit seiner Lage für die Zukunft wesentlich zu gewinnen. Das Ministerium trat am 10. Jan 1858 mit einem durchaus im liberalen Sinn verfaßten Programm vor die Cortes: aber schon die Wahl des Präsidenten, welche gegen den Candidaten der Regierung auf Bravo Murillo fiel, veranlaßte im Verein mit manchen ungünstigen Palasteinflüssen den Rücktritt auch dieses Ministeriums. Der Präsident des Senates Isturiz bildete ein neues Cabinet, in welches Ventura Diaz, welcher später durch Posada Herrera ersetzt wurde, für das Innere, de la Hoz für die Justiz, Ocanea für die Finanzen, Mencos für die öffentlichen Arbeiten, Ezpalata für den Krieg, Quesada für die Marine eintrat. Das neue Ministerium acceptirte die bei der Eröffnung der Cortes von dem früheren Cabinet ausgesprochene Politik vorbehältlich etwaiger Modification in der Ausführung der in Aussicht gestellten Gesetzentwürfe, unter denen sich namentlich ein Entwurf über erbliche Übertragung der Senatorenwürde, über Verwaltungseinrichtungen, Änderungen im Wahl- u. Preßgesetz u. die Veräußerung der Güter der Todten Hand befanden. Aber bereits bei der Berathung über die Adresse u. über die vom Ministerium verlangte Ermächtigung zur Erhebung der Abgaben zeigte sich, daß dasselbe keineswegs über eine compacte Majorität zu gebieten habe. Gesetzentwürfe von praktischem Interesse, wie über das Notariat, über eine Reform der Hypothekargesetzgebung, über Reorganisation der Provinzialräthe kamen zum Theil gar nicht zur Berathung, während die rein politischen Debatten jeden Augenblick neu entbrannten. Bei einer dieser Gelegenheit trat Posada Herrera als Minister des Inneren ein u. gleichzeitig erfolgte der Schluß der Cortes (14. Mai 1858), welcher in den Kampf der Parteien einen Waffenstillstand brachte. Als aber der neue Minister des Inneren die Auflösung der Cortes u. eine Rectification der Wahllisten vorschlug, löste auch dieses Cabinet sich auf, u. die Königin berief nunmehr den General O'Donnell zum Vorsitzenden im Ministerrath u. Kriegsminister (30. Juni 1858), in dessen Cabinet außer Posada Herrera u. Quesada, welche verblieben, Salaverria für die Finanzen, Negrete für die Justiz, Marquis de Corvera für die öffentlichen Arbeiten, Calderon Collantes für das Auswärtige eintraten.
Bei diesem fortwährenden Wechsel in der obersten Gewalt konnte die innere Entwickelung des Landes keine stetige u. gedeihliche sein. Der Bau der Eisenbahnen rückte nur langsam vorwärts; doch wurde im Jahre 1858 die seit 10 Jahren begonnene Bahn von Madrid nach Alicante u. die Verbindungsbahn derselben mit Toledo eröffnet. Dagegen fand das Project einer Bahn zur Verbindung Pampeluna's mit der französischen Grenze, die sogenannte Alduidenbahn, in den Cortes erbitterte Gegner u. blieb unerledigt. Ein anderes Werk von Wichtigkeit war die Vollendung des Kanals Isabella II., welcher Madrid mit Wasser versorgt (s. Spanien [Geogr.] S. 335) Zu einer in der Hauptsache befriedigenden Lösung gediehen die Verwickelungen mit dem Heiligen Stuhl wegen des Verkaufs der Kirchengüter: das Cabinet Narvaez hatte sofort bei seinem Antritt das Desamortisationsgesetz vom 1. Mai 1855 suspendirt; im Gefolge dieser Maßregel wurde der regelmäßige diplomatische Verkehr mit Rom wieder angeknüpft u. es kam schließlich durch Vermittelung Mon's eine Vereinigung zu Stande, nach welcher die spanische Regierung versprach die Kirche wegen der bereits verkauften Güter mit denjenigen Gütern des Regularclerus zu entschädigen, welche nach dem Concordat hätten verkauft werden sollen u. noch nicht verkauft waren. Zu einer Differenz mit England gab das Durchsuchungsrecht Anlaß, welches von britischen Kreuzern in einigen Fällen in verletzender Weise gegen spanische Schiffe ausgeübt worden war, u. offensive Ausdrücke, welche bei Gelegenheit einer Debatte hierüber im englischen Parlament gegen S. fielen, erzeugten in Madrid eine ernste Verstimmung. Die Versuche zur Ausgleichung der Differenzen mit Mexico waren von keinem Erfolg, obwohl Frankreichs u. Englands Vermittelung angeboten wurde.
Das Cabinet O'Donnell tratals Repräsentant derjenigen politischen Richtung auf, welche unter dem Namen der liberalen Union eine Fusion aller Parteien bewirken wollte. Seine erste Sorge war die Vertheilung der Stellen, u. es bedachte hierbei ebenso wie bei Neuernennungen in den Senat Liberale aller Schattirungen ebensowohl als Moderirte. Gleichzeitig aber wurde die Berichtigung der Wählerlisten, welche eigentlich erst 1859 zu erfolgen hatte, angeordnet, u. auf diese Maßregel, welche viele auffallende Unrichtigkeiten ergab, folgte die Auflösung der Cortes (11. Sept. 1858) u. die Einberufung der neuen Cortes auf den 1. Dec. Noch deutlicher trat die Politik des neuen Cabinets in einem Decret zu Tage, durch welches das Desamortisationsgesetz von 1855 für die Civilgüter wieder hergestellt, bezüglich der Kirchengüter aber neue Verhandlungen mit dem Päpstlichen Stuhle vorbehalten wurden, u. in einem Circular des Ministers des Inneren an die Gouverneure der Provinzen, um ihr Verhalten bei den bevorstehenden Wahlen zu leiten. Das Ministerium erhielt bei denselben die große Mehrheit. Kurz vor Eröffnung der Cortes mußte der Marineminister Quesada, welcher ohne Vorwissen O'Donnells von der Königin den Titel eines Admirals erlangt hatte, zurücktreten u. wurde durch den General Mac-Crohon ersetzt; auch wurde der Belagerungszustand überall, wo er noch herrschte,[421] aufgehoben. Die Eröffnungsrede an die Cortes kündigte außer den schon erwähnten Maßregeln namentlich ein liberales Gesetz über die Presse, finanzielle Vorlagen, ein großes Project materieller Verbesserungen an. Die Debatten der Cortes waren nicht selten stürmisch u. erfüllt von persönlicher Gereiztheit. Eine vollkommene Übereinstimmung unter den streitenden Parteien stellte sich nur bei denjenigen Fragen heraus, welche die nationale Ehre betrafen; so namentlich bei dem einmüthigen Protest gegen den zu Anfang 1859 in Madrid bekannt gewordenen Inhalt der Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten Buchanan, in welcher dieser vorschlug neue Unterhandlungen für den Ankauf von Cuba anzuknüpfen u. in der Ferne eine Berufung auf das Recht des Stärkeren durchscheinen ließ. Als der Italienische Krieg begann, erklärten sich gleichfalls alle Parteien mit der Politik des Cabinets einverstanden, welche in einer bewaffneten Neutralität bestand, die eine Vermehrung der Armee bis zur Zahl von 100,000 Mann nöthig machte. Doch erließ der Hof von Madrid, als Chef des Hanses Bourbon, eine Protestation, um die Rechte des Herzogs von Parma diplomatisch zu wahren. Die Ereignisse in Italien waren aber jedenfalls nicht ohne störenden Einfluß auf das Ergebniß der Unterhandlungen, welche das Cabinet O'Donnell durch Rios Rosas von Neuem mit dem Heiligen Stuhl über die Frage der Veräußerung der Kirchengüter anknüpfen ließ. Es gelang diesem geschickten Unterhändler am 25. Aug. 1859 einen Vertrag abzuschließen, zu dessen Genehmigung die Regierung von den Cortes ermächtigt wurde. Nach demselben überträgt die Kirche dem Staat alle ihre Besitzungen u. erhält dagegen unübertragbare Rentenobligationen; der Staat verkauft die sämmtlichen Kirchengüter u. verpflichtet sich die im Budget für den Clerus eingetragene Summe zu erhöhen. Ein Gesetz vom 22. März 1861 regelte die Ausführung dieses neuen Concordats; hiernach sollen die Kirchengüter, welche auf den Staat übergehen, in Gemäßheit der Desamortisationsgesetze von 1855 u. 1856 weiter veräußert werden. Der Ertrag dieser Veräußerungen soll zu zwei Dritttheilen zur Rückzahlung u. Amortisation der öffentlichen Schuld, von dem dritten Dritttheil aber eine Summe von 678 Mill. Realen zur Ausführung eines Gesetzes vom 1. April 1859 vorweggenommen werden, durch welches ein außerordentliches Budget von 2 Milliarden Realen für öffentliche Arbeiten u. andere Werke von nationaler Bedeutung festgestellt wurde. Außer diesem Arrangement mit Rom hatte das Cabinet den im Oct. 1859 wieder zusammentretenden Cortes eine Berufung an das Nationalgefühl für einen Krieg gegen Marokko vorzulegen. Über Veranlassung u. Verlauf dieses Krieges s. Spanisch-Marokkanischer Krieg.
Dieser Krieg war kaum beendigt, als am 1. April 1860 ganz unerwartet ein abenteuerlicher Aufstandsversuch ausbrach. Seit dem 27. März hatte der General Ortega, Generalcapitán der Balearischen Inseln, zwei Dampfboote mit Beschlag belegt, auf denen er die Garnisonen von Palma u. Mahon in der Stärke von etwa 4000 Mann einschiffen ließ, ohne daß die erstaunten Soldaten etwas über den Zweck der Expedition erfuhren. Am Abend des 1. April landete er mit denselben an der Mündung des Ebro bei San Carlos de la Rapita, bemächtigte sich sofort der Stadt, ließ alle Verbindungswege bewachen, die Telegraphenlinien zerstören u. requirirte alle Hülfsmittel der Stadt. Mit Ortega hatte sich gleichzeitig der Prätendent Graf von Montemolin nebst seinem jüngsten Bruder, dem Infanten Don Fernando, u. dem General Elio, einem der Hauptführer der karlistischen Partei, eingefunden. Ortega hatte augenscheinlich auf den gleichzeitigen Ausbruch von Bewegungen an verschiedenen Punkten der Halbinsel gehofft, u. in der That fanden auch solche Erhebungen in Baracaldo, in der Umgegend von Palencia u. an anderen Orten statt; aber Ortega's eigene Soldaten singen sofort nach der Landung an unruhig zu werden u. verlangten zu wissen, wohin man sie führe. Als nun am 2. April die Truppen gegen Tortosa geführt werden sollten u. Ortega in Gegenwart des Grafen von Montemolin sie zu dem Rufe: Es lebe Karl VI, nieder mit der Königin! hinreißen wollte, antworteten ihm die Bataillone einstimmig mit dem Rufe: Es lebe die Königin, es lebe die constitutionelle Regierung! Ortega u. der Prätendent mit seinem Bruder u. Gefolge mußten die Flucht ergreifen. So war dieser Aufstand zu Ende, ehe noch die von der Regierung sofort zu seiner Unterdrückung angeordneten Maßregeln zur Ausführung kommen konnten. General Ortega wurde drei Tage nach seiner Flucht in Calanda gefangen genommen, die beiden Prinzen am 21. April in Uldecona gleichfalls verhaftet. Ein Kriegsgericht verurtheilte Ortega zum Tode u. er wurde am 18. April in Tortosa erschossen. Gleiches widerfuhr einigen in Biscaya u. Castilien mit den Waffen in der Hand ergriffenen karlistischen Parteigängern in Bilbao u. Palencia. Die Frage aber, was mit den gefangenen Prinzen anzufangen, wurde durch ein königliches Decret vom 1. Mai gelöst, welches für jedes politische Vergehen eine allgemeine Amnestie aussprach, während der Graf von Montemolin u. sein Bruder Don Fernando bereits durch eine am 23. April in Tortosa unterzeichnete Erklärung für immer auf alle Rechte an die spanische Krone verzichtet, auch sich verpflichtet hatten diesen freiwilligen Verzicht sofort nach Wiedergewinn ihrer vollen Freiheit zu wiederholen. Beide wurden hierauf freigelassen u. über die spanische Grenze geleitet. Dieser Verzicht veranlaßte aber Zwiespalt unter der karlistischen Partei selbst. Der andere Bruder des Grafen von Montemolin, der Infant Don Juan, welcher dem eben geschilderten Aufstandsversuch fremd geblieben war, protestirte nämlich gegen die Thronentsagung seiner Brüder u. nahm deren aufgegebene Rechte auf die spanische Krone nunmehr für sich in Anspruch, während auch diese selbst, sobald sie die Freiheit wieder erlangt hatten, ihre Verzichtserklärung zurückzogen. Don Juan ist seitdem in zahlreichen Manifesten als liberaler Prätendent aufgetreten, indem er selbst das allgemeine Stimmrecht angerufen u. der Halbinsel alle Arten Wohlthaten versprochen hat; auch verzichtete er zu Gunsten Victor Emanuels auf die eventuellen Rechte seiner Familie auf die Krone beider Sicilien. Doch hat er in S. wenig Anhänger gefunden. Der Infant Don Fernando starb am 2. Januar u. der Graf von Montemolin zugleich mit seiner Gemahlin am 13. Januar 1851.
Eine im Mai 1860 begonnene kurze Session der Cortes änderte überdies Wesentliches an der allgemeinen Lage S-s; die glückliche Beendigung des [422] Krieges mit Marokko wurde allgemein mit Genugthuung aufgenommen, u. der Aufstandsversuch des Generals Örtega fand eben so allgemeine Verurtheilung. Außer dem Budget kam namentlich ein neues Wahlgesetz zur Vorlage. Ein besonderes Interesse hatte S. am Gange der Ereignisse in Italien, namentlich so weit es sich um Bedrohung der weltlichen Besitzungen des Papstes u. die Entsetzung der Herrscherhäuser von Parma u. Neapel handelte Während die von Teingehal (eine Neutralität Anfangs der nationalen Erhebung der Italiener günstig gestimmt war, wurde sie in dem Maße, wie die Ereignisse wuchsen, weniger wohlwollend. S. erschöpfte alle diplomatischen Mittel zu Gunsten des Herzogthums Parma u. nicht minder zur Verhütung eines Conflicts zwischen Nord- u. Süditalien. Ein bewaffnetes Einschreiten zur Sicherung der päpstlichen u. neapolitanischen Staaten aber wurde abgelehnt, dagegen als Pieniont Truppen in diese beiden Staaten einrücken ließ, der spanische Gesandte von Turin abgerufen, Octbr. 1860); doch blieb ein Geschäftsträger noch einige Zeit dort zurück. Ein am 1. Septbr. 1860 publicirtes Decret verlieh dem ursprünglich durch Decret vom 14. Juli 1858 organisirten Staatsrath eine durch die Cortes genehmigte Organisation, s. Spanien (Geogr.) S. 346. Zum Präsident wurde Martinez de la Rosa ernannt. Als Marineminister trat im Juli 1860 der Marquis de Sierra Bullones ein. Am 17. Octbr. 1860 versuchte ein Bedienter Namens Rodriguez ein Attentat auf die Königin, welches jedoch, da das Pistol nicht einmal gehörig geladen war, ohne alle Gefahr verlief u. keine politische Bedeutung hatte. Im November traten die Cortes von Neuem zusammen, die Regierung legte mehre organische Gesetze vor, von denen namentlich ein Entwurf über die Organisation der Provinzen lebhafte Debatten hervorrief. Rios Rosas, welcher schon früher seine Entlassung als Gesandter in Rom eingereicht hatte, trennte steh hierbei vollständig von dem Ministerium, welchem er sein negatives Verhalten zwischen den Parteien zum Vorwurf machte, u. wurde dessen erbittertster Gegner. Dem Infanten Don Sebastian, welcher sich mit der Infantin Christina vermählte (s. Spanien; Geneal.] S. 425), wurde erst nach heftiger Debatte die geforderte Dotation verwilligt. Im December richteten in Granada Überschwemmungen große Verheerungen an, zu denen Wiederherstellung namhafte Summen verwilligt wurden. Aus Anlaß einer verletzenden Äußerung Lord Palmerstous über das Verhalten Spaniens bezüglich Unterdrückung des Sklavenhandels fielen in beiden Häusern der Cretes (4. u. 5. März 1861) sehr starke, ja drohende Reden gegen England, denen selbst der Ministerpräsident beistimmte.
Schon mit Beginn des Jahres 1861 hatte sich das Gerücht von der in Madrid erfolgten Unterzeichnung eines Vertrags verbreitet, durch welchen die Republik San Domingo zu einer spanischen Provinz gemacht wurde. Nachdem der Congreß von San Domingo diese Einverleibung beschlossen hatte, erfolgte die feierliche Proclamirung derselben am 18. März durch eine Rede, welche der bisherige Präsident der Republik Santana an die versammelte Menge hielt u. welche von der letzteren mit Bestallsrufen beantwortet wurde. Auch die übrigen Städte der Republik erklärten sich für die Annexion, u. bereits am 4. März ließ General Serrano von Cuba aus Truppen landen u. von der neuen Provinz Besitz ergreifen. Am 20. Mai unterzeichnete die Königin das Decret, durch welches sie im Namen des Spanischen Volkes die Annexation San Domingos genehmigte; die Sklaverei wurde nicht wieder hergestellt, Santana behielt die oberste Verwaltung der Colonie. Die Großmächte erhoben keinen Widerspruch gegen die Einverleidung, u. der Bürgerkrieg in Nordamerika, welchem gegenüber sich übrigens S. streng neutral verhielt, m. übte der Regierung der Vereinigten Staaten jedes Einschreiten dagegen unmöglich. Die Republik Haiti leistete, als am 6. Juli ein spanisches Geschwader auf der Rhede von Port-au-Prince erschien, für die in den Grenzbezirken von San Domingo stattgehabten Plünderungen Schadenersatz u. Genugthuung für eine der spanischen Flagge zugefügte Beleidigung u. erkannte das Recht S-s auf das einverleibte Gebiet an. Kurz darauf wurden auch die mit Venezuela entstandenen Streitigkeiten beigelegt. Mit Österreich war schon unter dem 17. April ein Vertrag über gegenseitige Auslieferung von Verbrechern abgeschlossen worden. Am 29 Juni brach in Loja unter Führung eines Roßarztes Namens Perez ein Aufstand aus, welcher einen republikanischen u. protestantischen Charakter hatte. Obwohl sich Verschworene von einigen Nachbarorten anschlossen, zerstreute sich der Aufstand doch beim Herannahen von Truppen eben so rasch, wie er entstanden war. Die meisten Aufständischen flüchteten sich ins Gebirge u. über die Grenze, der Anführer wurde verhaftet u. hingerichtet. Da die Ausführung des mit Marokko abgeschlossenen Friedensvertrags (s. Spanisch-marokkanischer Krieg) auf vielfache Schwierigkeiten stieß, so sah sich S. genöthigt von Neuem ein Ultimatum zu stellen u. eventuell das noch immer besetzte Tetuan für spanisches Eigenthum zu erklären. Es kam hierauf der marokkanische Prinz Muley-el-Abbas als Gesandter nach Madrid, u. mit diesem wurde ein neuer Beitrag abgeschlossen. Vor der Räumung Tetuans sollte S. nach demselben 60 Millionen Realen er. halten, der Rest der schuldigen 200 Mill. Realen aber ms der Hälfte der Zollerträgnisse, über welche S. direct verfügt, bezahlt werden. Die Kirche in Tetuan soll bestehen bleiben, ein spanisches Consulat in Fez errichtet u. den dortigen Missionaren der Schluß der Regierung zugesichert werden. Unter dem 20. Nov. wurde auch ein vortheilhafter Handelsvertrag mit Marokko abgeschlossen. Mit der italienischen Regierung gerieth S. in einen Conflict aus Anlaß der Weigerung der spanischen Regierung die neapolitanischen Consulararchive an den Vertreter der italienischen Regierung herauszugeben. Die diplomatische Correspondenz hierüber nahm bald einen gereizten Ton an u. am 26. November verließ Baron Tecco, der Gesandte des Königs Victor Emanuel, Madrid. Am 18. December trat der Marquis de la Veja de Armijo als Minister der öffentlichen Arbeiten in das Cabinet ein. Schon Anfang November wurden die Cortes wieder eröffnet die Throarede berührte die römische Frage u. steute Vorlegen über constitutionelle Reformen, über Kanalbauten, Verbesserung der Wasserstraßen, Territorialcredit, Organisation der Handelstribunale u. der industriellen Actiengesellschaften in Aussicht. Das gleichfalls vorgelegte Budget für 1862 berechnete Einnahmen u. Ausgaben auf 2021 Mill. Realen.
Ein besonderer Passus der Thronrede behandelte[423] das Verhältniß S-s zu der Republik Mexico. Bereits im Januar 1861 hatte der Präsident Juarez dem spanischen Gesandten wegen. Begünstigung der clericalen Partei seine Pässe zugestellt; eine darauf folgende lange Reihe von Beleidigungen der spanischen Macht u. von Gewaltthaten gegen das Eigenthum u. das Leben spanischer Unterthanen nöthigte die Regierung endlich zu dem Entschlusse mit bewaffneter Hand Schadenersatz u. Genugthuung zu verlangen, zu welchem Zweck ein Geschwader ausgerüstet wurde. Die Forderungen, welche S. an Mexico stellte, bestanden namentlich in vollkommener Genugthuung für die dem Gesandten zugefügten Beleidigung, Eröffnung eines hinreichenden Credits, um die rückständigen Zahlungen an spanische Gläubiger zu decken, od. sofortige Erlegung von 10 Mill. Realen, Bestrafung der mexicanischen Unterthanen, welche die Interessen spanischer Unterthanen beeinträchtigt hatten, endlich Entschädigung für die Wegnahme der Handelsfregatte Concepcion Ähnliche Beschwerden wie S. hatten aber auch Frankreich u. England gegen Mexico; es kam daher unter dem 31. October ein unter dem 15. November durch Austausch der Ratificationen bestätigter Vertrag zwischen den drei Staaten zu Stande, durch welchen sich dieselben verpflichteten gemeinschaftlich See- u. Landtruppen nach den Küsten Mexicos zu entsenden, um von den dortigen Behörden eine wirksamere Beschützung der Personen u. des Eigenthums ihrer Unterthanen, sowie die Erfüllung der gegen die Contrahenten von Seiten der Republik Mexico eingegangenen Verpflichtungen zu fordern, hierbei aber keine Gebietserlangung od. sonstigen Sondervortheile anzustreben, auch nicht in den inneren Angelegenheiten Mexicos ihren Einfluß der Art geltend zu machen, daß das Recht des mexicanischen Volkes sich aus freien Stücken seine Regierungsform zu wählen u. zu constituiren beeinträchtigt werde. Noch ehe die Nachricht von dieser Convention nach Cuba gelangt sein konnte, war aber die spanische Expedition auf Befehl des Marschalls Serrano, Generalcapitäns von Cuba, von dort bereits abgegangen. Sie erschien am 8. December vor Vera-Cruz; am 17. December landeten die Spanier unter General Gassett u. besetzten die Stadt u. das Fort San Juan d'Ulloa, nachdem die Besatzung in das Innere des Landes abgerückt war. Am 7. Januar 1862 kamen nun auch das französische u. englische Expeditionsgeschwader u. der Rest des spanischen unter General Prim als Oberbefehlshaber an. Die Spanier erlitten jedoch bei ihrem zu lebhaften Vordringen gegen die Hauptstadt Mexico eine Niederlage, u. überhaupt entsprach wegen der Natur des Landes, ausbrechender Krankheiten u. namentlich auch gegenseitiger Eifersüchteleien unter den Verbündeten der Erfolg der Waffen den gehegten Erwartungen nicht Am 19. Februar schlossen die Commissarien der Verbündeten mit dem mexicanischen General Doblada zu Soledad einen von dem Präsidenten Juarez ratificirten Präliminarvertrag ab, welcher bestimmte: Da die gegenwärtige mexicanische Regierung die Commissarien der Verbündeten davon unterrichtet hat, daß sie nicht der von ihnen dem mexicanischen Volk angebotenen Hülfe bedarf, weil dieses Volk selbst hinreichende kräftige Elemente besitzt, um jede innere Revolte zu verhindern, so haben die Alliirten wieder auf die Verträge zurückgegriffen, um ihre Reclamationen vorzulegen. Zu diesem Zweck sollen die Unterhandlungen zu Orizaba eröffnet werden, u. so lange dieselben dauern, die Truppen der alliirten Mächte die Städte Cordova, Orizaba u. Tehuacan besetzt halten, für den Fall der Abbrechung der Unterhandlungen aber sich in ihre früheren Stellungen vor Vera Cruz zurückziehen. Von den spanischen Truppen wurde in Folge dieser Convention Orizaba besetzt. Die Regierung billigte diese Convention u. überhaupt die Haltung, welche General Prim in den Unterhandlungen angenommen hatte. Aber das Einverständniß der Verbündeten erlitt plötzlich eine gewaltige Störung: am 9. April hielten die Generale zu Orizaba eine Zusammenkunft, in welcher Prim die Ausführung der Convention von Soledad u. die Entfernung der mexicanischen Emigrirten forderte. Die Franzosen weigerten sich aber mit Juarez zu unterhandeln. Während der britische u. spanische Bevollmächtigte erklärten, daß kein Grund vorhanden sei Feindseligkeiten gegen Mexico zu beginnen, behauptete der französische, daß der Beginn derselben zum Schutz der französischen Bewohner des Landes u. im Sinne der Londoner Convention nothwendig sei, u. zeigte in einer Note von demselben Tage diesen Entschluß der mexicanischen Regierung an. Die Engländer u. Franzosen dagegen kündigten gleichfalls am 9. April dem Präsidenten Juarez ihren Entschluß an sich zurückzuziehen, worauf der General Doblada, mexicanischer Minister, erklärte, daß die Regierung bereit sei ihre Forderungen durchaus zu befriedigen. Die spanischen u. englischen Truppen schifften sich bald darauf auch wirklich wieder ein, u. die Expedition gegen Mexico wurde nun eine rein französische, anscheinend auf eine Änderung der Regierungsform im monarchischen Sinne gerichtete. In den Cortes war die spanische Regierung vielfachen Angriffen wegen dieses ihres Verhaltens in der mexicanischen Frage ausgesetzt; doch gelang es der Opposition nicht die erhobenen Anklagen zu beweisen
Während dieser Ereignisse in Mexico war die Regierung daheim nicht unthätig. So war mit Frankreich bereits am 7. Jan. 1862 ein Vertrag über das Consularwesen, am 15. Febr. ein Vertrag über Regulirung der Schuld von 1823, am 14. April ein Grenzregulirungsvertrag u. mit der Türkei am 19. März ein Handelsvertrag abgeschlossen worden, welchen im Juli noch ein Postvertrag mit Portugal folgte. Nachdem Marokko mit Hülfe Englands die versprochene Entschädigungssumme gezahlt hatte, erfolgte im April die Räumung Tetuans. Außer diesen Verträgen hatten die Cortes, welche erst am 2. Juli geschlossen wurden, unter andern namentlich Gesetzentwürfe über die städtischen Behörden, die Generalräthe u. das Präfecturwesen zu berathen; auch ein Preßgesetz wurde wieder vorgelegt u. die Verweigerung der Concession für die Eisenbahnlinie der Alduides nach lebhaften Erörterungen noch einmal gebilligt. Eine Amnestie für die Aufständischen von Loja wurde abgelehnt. Eine Unterbrechung in den Arbeiten der Cortes bewirkte der allgemein betrauerte Tod des Kammerpräsidenten Martinez de la Rosa, an dessen Stelle Mon zum Präsidenten gewählt wurde. Wohl nicht ohne Vorbedacht war es, daß General Prim erst einige Zeit nach dem Schluß der Cortes in Madrid eintraf u. sich hierdurch den stürmischen Debatten über die mexicanische Frage entzog. Aus Anlaß dieser Angelegenheit erfolgten[424] mehre wichtige Personalveränderungen, namentlich trat Mon von dem Botschafterposten zu Paris zurück, u. es wurde an seine Stelle der General Concha, Marquis de la Havana, der General Dulce aber an Stelle des Marschalls Serrano als Generalcapitän nach Cuba geschickt; Comyn wurde Bevollmächtigter in Constantinopel. Bei seiner Antrittsaudienz (14. Aug.) ertheilte der Kaiser Napoleon dem neuernannten Gesandten General Concha eine kühle, ja fast verletzende Antwort rücksichtlich der Beziehungen Frankreichs zu S., welche in S. eine große Aufregung hervorrief, jedoch ohne weitere Folgen blieb. Am 1. Dec. wurde die Session der Cortes wieder eröffnet. Die Thronrede der Königin sprach den Wunsch aus, daß die Bedrängnisse des Papstes aufhören möchten, sowie die Hoffnung auf Erledigung der Differenzen, welche aus der Meinungsverschiedenheit zwischen dem spanischen u. französischen Bevollmächtigten in Mexico entsprungen seien u. sich dem Vollzuge des Londoner Vertrags. entgegengestellt hätten; auch verhieß sie Vorlage der Papiere über eine Expedition, welche S. Gemeinschaft mit Frankreich an den Küsten von Cochinchina unternommen hat. Es heißt, daß eine Reform der Colonialgesetzgebung vorbereitet werde, nach welcher die Colonien freiere Institutionen erhalten u. Abgeordnete in die Cortes nach Madrid schicken sollen.
Vgl. Stef. de Garibay, Los XLlibros del compendio hist. de las coronicas y universal historia de todos les reynos de España, Anvers 1571, 4 Bde, Fol., Barc. 1628; Flor. de Ocampo, Coronica gen. de España, u.a. Madr. 1791 f., 12 Bde.; Ambr. de Morales, Coronica gen. de España, Alcala 1574–86, 3 Bde.; Henr. Florenz u.a., España sagrada Madr. 1754–1850, 47 Bde.; I. Rodriguez de Castro, Biblioteca Española Madr. 1781–86, 2 Bde., Fol.; Antonio, Bibliotheca hispana vetus et nova, ebd. 1783–1788, 4 Bde., Fol.; R. Bel, Rerum hispanicarum scriptores, Frankf. 1579, 3 Bde., Fol.; A. Schott, Hispania illustrata, ebd. 1603–8, 4 Bde., Fol.; Derselbe, Hispaniae bibliotheca, ebd. 1608; E. da Llaguno Amirola, Coleccion de Coronicas de los Reyes de Castilla, Madr. 1779–1784, 5 Bde.; I. de Mariana, Historiae de rebus Hispaniae, mit den Fortsetzungen von J. Sabau y Blanco, Madr. 1817–22, 20 Bde.; I. de Ferreras, Synopsis historiae chronologica de España, neueste Aufl. ebd. 1785–91, 17 Bde. (deutsch Halle 1754–72, 13 Bde.); I. B. Morvan (Abbé Bellegarde), Histoire générale d'Espagne, Par. 1726, 9 Bde.; N. de Jesus. Belando, Historia civil de España, Madr. 1740–44, 3 Bde., Fol.; I. Ade Colmenar, Anna les d'Espagne et de Portugal. Amsterd 1741, 4 Bde.; I. L. Ripault-Déformeaux, Abrégé é chronologique de l'histoire d'Espagne, Par 1758–59, 5 Bde.; Fr. Masdru, Historia crit. de Esp. y de la cultura española en todo genere, Madr. 1783–1805, 20 Bde.; Ascargota, Compendio de la historia, de España, Madr. 1806, 3 Bde.; I. A. Dietze, Geschichte von S. u. Portugal, Lpz. 1774; W. Gifford, Geschichte S-s bis zum Tode Ferdinands des Weisen, ebd. 1796, 3 Bde.; Ortiz y Sanz, Compendio cronologico de la historia de España. Madr. 1795–1803, 7 Bde.; J. A. Feßler, Versuch einer Geschichte der spanischen Nation, Berl. 1819; H. Seel, Die Völker S.-s u. ihre Fürsten, Augsb. 1821, 2 Bde.; L. Bossi, Storia della Spagna antica e moderna, Mail. 1821 f, 8 Bde. (deutsch von C. G. Henning, Ronneb. 1825–26, 2 Bde.); T. de Iriarte, Compendio de la historia de España, Lond. 1823; A. Rabbe, Histoire abrégé d'Espagne, Par. 1824, 2 Bde. (deutsch, Dresd. 1832); W. A. Lindau, Gemälde aus der Geschichte von S., Dresd. 1824; Alvarado de la Peña, Elementos de la historia general de España, Madr. 1826; B. Guttenstein, Geschichte des spanischen Volks, Manh. 1836–38, 2 Bde.; A. St. Prosper, Histoire d'Espagne, de Portugal etc., Par. 1839; F. W. Lembke, Geschichte von S., Hamb. 1831, 1. Bd., fortgesetzt von H. Schäfer, 2. u. 3. Bd., 1844, u. 1861; Havemann, Darstellungen aus der innern Geschichte S-s, Gött. 1850; Diccionario geograf.-historico de Esp., Madr. 1802–46, 3 Bde.; Diccion. geogr.-hist. esta distico de las provincias de Esp. ebd. 1845–50, 16 Bde.; Ant. Elias, Atlas hist. de Esp, Barc. 1848; I. Aschbach, Geschichte der Omajaden in S., Frankf. a. M. 1829, 2 Bde., 2. A. Wien 1860; Derselbe, Geschichte S-s u. Portugals zur Zeit der Herrschaft der Almoraviden u. Almohaden, Frankf. 1833; Gius. Ant. Conde, Historia de la dominacion de los Arabes in Esp., Barc. 1844, 3 Bde.; Dozy, Histoire des Muselmans d'Espagne jusqu'à la conquête de l'Andalousio par les Almoravides (711_–1110), Leyden 1861, 4 Bde.; Prescott, History of Ferdinand and Isabella, Lond. u. Bost. 1838, 3 Bde., 5. A. Lond. 1844 (deutsch, Lpz. 1842); Derselbe, History of the reign of Philipp II. of Spain, Bost 1856 ff., 3 Bde. (deutsch, Lpz. 1856 ff., 3 Bde.); Carlos de los Valles, Career of D. Carlos since the death of Ferdinand VII., Lond. 1835; Spain revisited by the Autor of a year in Spain, ebd. 1836, 2 Bde.; Henningsen, Twelve month's Campaign with Zumalacarregny, ebd. 1836, 2 Bde.; A. Wichmann, Bilder aus dem spanischen Bürgerkriege, Hamb. 1838; (Fürst Felix Lichnowski) Erinnerungen aus den Jahren 1837, 1838 u. 1839. Frankf a. M. 1841–42, 2 Bde.; S. seit dem Sturze Espartero's bis auf die Gegenwart, Lpz. 1853; H. Baumgarten, Geschichte S-s zur Zeit der Französischen Revolution, Berl. 1861; Th. M'Carie, History of the progress and suppression of the Reformation in Spain in the 16. century, Edinb. 1820 (deutsch von G. Plieninger, Stuttg. 1835); A. de Castro, Historia de los Protestantes españoles, Cadiz 1851.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.