Paul [1]

Paul [1]

Paul (v. gr. Paulos, lat. Paulus), d.i. der Kleine, Vorname. Merkwürdig: I. Apostel u. Heilige, s. Paulus. II. Regierende Fürsten: A) Kaiser von Rußland 1) P. I. Petrowitsch, Sohn Peters III. u. der Katharina II., geb. den 1. Oct. 1754; wurde von dem Physiker Äpinus u. dem Grafen Panin erzogen, machte 1782 als Graf von Norden eine viermonatliche Reise durch Europa u. lebte nach seiner Rückkehr zurückgezogen in seinem Palaste zu Gatschina. Seine Mutter hielt ihn immer in den Augen, schlug ihm 1788 ein Commando gegen die Türken ab u. gestattete ihm nur dem Feldzug in Finnland, jedoch ohne ein Commando zu führen, beizuwohnen. Im November 1796 bestieg er nach dem Tod seiner Mutter den Thron. Er regierte theils mild u. hochherzig, theils durch die lange Unthätigkeit verstimmt u. mit Argwohn, bes. gegen seine Umgebung, erfüllt, sehr willkürlich u. streng, trat nach außen 1798 u. 1799 mit den Mächten gegen Frankreich auf, verließ aber das Bündniß 1799 wieder u. verband sich 1800 mit Bonaparte; s.u. Russisches Reich (Gesch.). In Folge seiner strengen Regierung, welche die vornehmsten Familien nicht schonte, bildete sich eine Verschwörung, zu deren Mitgliedern Pahlen, Dubow, Bennigsen, Uwarow u. And. gehörten, u. er wurde in der Nacht zum 23.)24. März 1805 in Michailowschen Palast ermordet. Er war vermählt seit 1773 mit Natalie geb. Landgrosin von Hessen-Darmtstadt (st, 1278) u. dann seu 1776 mit Marie geb. Herzogin von Württemberg; über seine Kinder s. Rußland (Geneal.); ihm folgte sein ältester Sohn Alexander I. Ihm wurde 1851 in Gatschina ein Denkmal errichtet. Vgl. Bülau, Geheime Geschichten, Lpz. 1850, Bd. 1. B) Andere Fürsten: a) Fürsten von Lippe-Detmold, s.u. Leopold 16) u. 17). b) Großherzog von Mecklenburg-Schwerin: 2) P. Friedrich, Sohn des Erbgroßherzogs Friedrich Ludwig u. der Großfürstin Helene Paulowna von Rußland, geb. 15. Sept. 1800, wurde 1819 Erbgroßherzog u. succedirte 1837 seinem Großvater Friedrich Franz; er that viel für Verschönerung von Schwerin u. zur Hebung des Bades von Dobberan, starb aber schon 7. März 1842; s. Mecklenburg (Gesch.). Er war seit 1822 vermählt mit Alexandrine, Tochter des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preußen; seine Descendenz s.u. Mecklenburg (Geneal.).; sein Nachfolger war sein Sohn Friedrich Franz II.

III. Päpste: 3) P. I., der Bruder seines Vorgängers in der Papstwürde Stephan II., er wurde 757 gewählt; er hatte an dem Longobardenkönig Desiderius u. dem byzantinischen Kaiser stete Feinde, wogegen er sich an die Frankenkönige Pipin u. Karlmann anschloß; die Beschlüsse der Synode zu Gentilly 767, welche wegen des Streites zwisihendem Papst u. dem byzantinischen Kaiser wegen der Bilderverehrung u. der Rückgabe der italienischen Provinzen an den Kaiser gehalten wurde, waren dem Papste nicht ganz günstig; P. st. 28. Juni 767; von ihm gibt es 31 Briefe an Pipin u. seine Söhne; er wird auch als Heiliger verehrt, sein Tag ist der 28. Juni. 4) P. II., Neffe des Papstes Eugen IV., ein Venetianer, Namens Pietro Barbo, war erst Archidiakon in Bologna, dann Bischof von Cervia, hierauf Cardinal von St. Marcus u. folgte als Papst 1464 auf Pius II.; die vor seiner Wahl beschworene Wahlcapitulation wegen Reformirung des Cardinalcollegiums, Berufung eines allgemeinen Concils binnen drei Jahren etc. hielt er nicht, hatte fortwährende Streitigkeiten mit dem König Ferdinand von Neapel, that den König Georg Podiebrad von Böhmen in den Bann, setzte ihn ab u. regte die deutschen Fürsten auf, das Urtheil an ihm zu vollziehen; dagegen scheiterte sein Versuch, die Pragmatische Sanction in Frankreich aufzuheben, u. den Beginn des Zuges gegen die Türken, gegen welche ihm die deutschen Fürsten auf dem Reichstage in Augsburg Hülfe zugesagt hatten, erlebte er nicht, sondern starb 25. Juli 1471; er war sehr verschwenderisch u. ließ das Jubelfest alle 25 Jahre feiern. 5) P. III., vorher Alexander Farnese, geb. 1468 zu Carino im Florentinischen, war vorher Bischof von Ostia u. Dekan des Heil. Collegiums u. folgte 1534 als Papst auf Clemens VII.; er war Anfangs scheinbar zu einer Verständigung mit den Protestanten geneigt, aber seit 1540 lenkte er wieder ein, beschickte das Wormser Gespräch, ohne jedoch seinen Nuntius zur Versöhnung zu instruiren, bestätigte den Jesuiterorden, ordnete 1542 eine Inquisition zur Unterdrückung des Protestantismus in Italien an u. ließ das Concil in Trident eröffnen, bald aber nach Mantua verlegen, weshalb der Kaiser das Interim (s.d.) erließ, mit welchem P. nicht zufrieden war. Den König Heinrich VIII. that er in den Bann u. sprach über England das Interdict aus, zwischen Karl V. u. König Franz von Frankreich wachte er den Vermittler, um nur Hülfe gegen die Türke zu erlangen; sodann gab er 1545[755] seinem Sohne Pietro Aloys das Herzogthum Parma u. Piacenza u. st., nachdem ihm durch diesen Sohn viel Kummer verursacht worden war (s.u. Parma), 10. Novbr. 1549. 6) P. IV., ein Neapolitaner, hieß Giovanni Pietro Caraffa u. war geb. 1476, war Bischof von Chieti u. stiftete den Orden der Theatiner; nach Marcellus II. wurde er 1555 zum Papst erwählt; er war ein heftiger Feind aller Ketzer u. aller Freisinnigen in der Kirche, zu deren Verfolgung u. Unterdrückung er die Inquisition die ausgebreitetste Wirksamkeit u. Strenge entfalten u. einen Index librorum prohibitorum verfertigen ließ. Da er in Spanien mit seinen Maßregeln glücklich war, so erregte der Abschluß des Augsburger Religionsfriedens in Deutschland um so mehr seinen Groll, u. er versagte daher der Wahl des Kaisers Ferdinand I. seine Billigung, wodurch er aber dem Päpstlichen Stuhle insofern schadete, als dadurch der Einfluß des Papstes auf die Wahl des Deutschen Kaisers ganz aufgehoben wurde. Einen Versuch, dem König Philipp von Spanien das neapolitanische Lehen zu entziehen, büßte er mit der Belagerung Roms durch ein spanisches Heer u. mußte den Abzug desselben im September 1557 mit dem Versprechen erkaufen, jeder Verbindung gegen den König zu entsagen. Wegen seines ungemessenen Benehmens gegen die Königin Elisabeth von England, welche wieder annähernde Schritte an den Papst that, hob diese für immer die Gemeinschaft mit demselben auf. Er st. 18. Aug. 1559. Durch seine Strenge hatte er das Volk in Rom so erbittert, daß dasselbe nach seinem Tode die Gebäude der Inquisition zerstörte u. seine Bildsäule umwarf. Er schr. u.a.: Notae in Aristotelis Ethicam, Orationes, Epistolae. 7) P. V., hieß eigentlich Camillo Borghese u. war 1552 in Rom geboren, er wurde 1596 Cardinal u. 1605 als Leo's XI. Nachfolger Papst; als strenger Canonist wollte er nach dem Rechte der Decretalen den Eingriffen der weltlichen Macht in kirchlichen Dingen ein Ende machen, fand damit aber an der Republik Venedig, welche den modernen Staatsbegriff Paolo Sarpi's festhielt, eine unbesiegliche Gegnerin, gegen welche ihm weder die Unterstützung Bellarmins u. der Jesuiten, noch die Freundschaft Spaniens helfen konnte. In dem Streite der Molinisten u. über die unbefleckte Empfängniß der Jungfrau Maria zwischen Dominicanern u. Jesuiten enthielt er sich des Urtheils u. verbot nun den ferneren Streit darüber. Er st. 25. Jan. 1621. IV. Ordensmeister 8) P. Lascaris Castellar, 1636–57 Großmeister des Johanniterordens, s.d. 9) P. von Rußdorf, Hochmeister des Deutschen Ordens 1422–42, wo er abdankte, s. Deutscher Orden u. Preußen (Gesch.).

V. Prinz von Württemberg: 10) P. Karl Friedrich August, jüngerer Sohn des Königs Friedrich I. u. der Prinzessin Auguste von Braunschweig, geb. 19. Jan. 1785 zu Lübben in Schlesien trat 1813 während des Waffenstillstandes in russische Dienste u. commandirte 1814 die Anhaltthüringische Brigade, welche beim dritten deutschen Armeecorps unter dem Großherzog Karl August von Sachsen-Weimar stand. Er veruneinigte sich 1818 mit seinem Bruder über ein Haus- u. Apanagegesetz u. lebte seitdem in Paris. 1805 vermählte er sich mit der Prinzessin Charlotte von Sachsen-Hildburghausen (gest. 12. Decbr. 1847), welche ihm vier Kinder gebar, doch lebte er später von dieser getrennt. Er st. am 16. April 1852 in Paris; kurz vor seinem Tode war er katholisch geworden. 11) Friedrich P. Wilhelm, Sohn des Herzogs Eugen von Württemberg u. der Prinzessin Luise von Stolberg-Gedern, Neffe des Königs Friedrich I., geb. 25. Juni 1797 zu Karlsruhe in Schlesien, widmete sich bes. den mathematischen u. naturwissenschaftlichen Studien, wurde 1806 Hauptmann in der württembergischen Garde, trat 1817 aus dem Militärdienst u. unternahm 1822 eine Reise nach Nordamerika, wo er bes. die Flußgebiete des Mississippi u. Missouri durchforschte, u. nach Cuba. Nach seiner Rückkehr 1824 lebte er theils in Württemberg, theils in Schlesien u. nahm 1827 seinen dauernden Sitz auf Schloß Mergentheim, wo er seine reichen naturhistorischen, namentlich zoologischen u. insbesondere ornithologischen Schätze aufstellte. 1829 trat er seine zweite Reise nach Amerika an u. wählte jetzt bes. Mexico u. die südlichen Staaten der Nordamerikanischen Union zum Gegenstand seiner Forschung. 1832 nach Deutschland zurückgekehrt, widmete er seine Zeit als Mitglied der Ersten Kammer der Theilnahme an den ständischen Verhandlungen, sowie der Cultur seiner Gärten, bes. dem Weinbau. 1839–40 betheiligte er sich an der Expedition, welche Mehmed Ali, Vicekönig von Ägypten, zur Erforschung des obern Nil anordnete, u. besuchte dabei Ägypten, Nubien u. das Fazogl. 1849–56 machte er die dritte Reise nach Amerika, wo er nach u. nach die Weststaaten der Union, fast ganz Südamerika, dann Canada, das Oregongebiet u. Florida durchforschte. Nachdem er kurze Zeit in Bremen u. Karlsruhe in Schlesien mit der Ordnung seiner Naturalien zugebracht hatte, ging er Ende 1857 zum vierten Male nach Amerika, besuchte von New Orleans aus die Länder des untern Mississippi, ging dann nach Australien u. kehrte über Ceylon u. Ägypten nach Deutschland zurück, nahm seinen Sitz nun in Karlsruhe u. st. 25. Novbr. 1860 in Mergentheim. Er war seit 1827 vermählt mit Prinzessin Sophie von Thurn u. Taxis, welche ihm 1828 einen Sohn, Maximilian, gebar. Er schr.: Erste Reise nach dem nördlichen Amerika, Stuttg. 1835; die schriftlichen Materialien über seine anderen Reisen sollen auch veröffentlicht werden.

VI. Gelehrte u. Künstler: 12) P. Veronese, s. Cagliari 1). 13) P. Lukas, geb. 1664 in Rouen, Sohn eines Kaufmanns; reiste in Handelssachen nach Constantinopel, Syrien u. Ägypten, ging dann als Soldat in venetianische Dienste, kehrte 1696 nach Frankreich zurück u. brachte viele Münzen, Manuscripte u.a. Curiositäten mit; 1699 unternahm er eine zweite Reise, den Nil aufwärts bis zu den Wasserfällen, nach Syrien, Armenien, Persien u. kam über Bagdad u. Constantinopel 1703 zurück. 1705–1708 reiste er nochmals nach Griechenland, Syrien u. Ägypten, machte 1714–1717 u. 1723 neue Reisen nach dem Orient u. 1738 nach Spanien, wo er 1737 als königlicher Antiquar in Madrid starb. Er schr.: Voyage au Levant, Par. 1704, 2 Bde.; Voyage dans la Grèce, l'Asie Mineure, la Macédoine et l'Afrique, ebd. 1710, 2 Bde.; Voyage dans la Turquie, l'Asie, Syrie, Palestine et Egypte, ebd. 1716, 3 Bde.; sämmtlich deutsch Hamb. 1702–25, 5 Bde. Er erzählte in diesen Schriften viel Unwahrscheinliches u. Übertriebenes, dennoch enthalten sie viel Werthvolles.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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