- Schatz
Schatz, 1) etwas Vorzügliches, mit besonderer Sorgfalt Bewahrtes; 2) (gr. Thesauros), Vorrath kostbarer Dinge. Schätze besaß im Alterthum jeder Staat zu Deckung solcher Aufwände, welche der Staat unvorhergesehen zu machen hatte, u. nach den verschiedenen Regierungsverfassungen gab es Staatsschätze, in welche das Volk steuerte u. deren Gelder nach der Angabe der Magistrate verwendet wurden; od. königliche Schätze, deren Inhalt entweder aus den Domänen od. aus den ihm von seinen Unterthanen gebrachten Steuern u. Geschenken bestand; in Griechenland gab es bes. reiche Tempelschätze, welche aus den Geschenken, dem Überschuß vom Ertrag heiliger Güter u. anderen dem Gott zufließenden Einkünften bestand, z.B. in den Tempelschatz der Athene in Athen auf der Akropolis kamen nicht nur eine Menge Weihgeschenke u. die Pachtgelder der heiligen Güter, sondern auch viele Strafgelder ganz, von anderen 1/10, ebenso 1/10 der Beute u. der eingezogenen Güter exilirter Privatleute. Wo die öffentlichen Schätze nicht in Tempeln aufbewahrt wurden, hatte man Gebäude dazu errichtet (Schatzkammern, Schatzhäuser, Thesauroi). Solche Thesauren, domartig gebaut, kommen vorzüglich als eigenthümliche Theile der griechischen Herrenhäuser in der Heroischen Zeit vor, wo man kostbare Waffenstücke, Becher u. and. Haus- u. Erbgüter aufbewahrte. Bekannt ist noch von griechischen Thesauren der in der paraboloidischen Form gebaute Mykenäische od. Atreische, wovon noch Ruinen bei Baphio zu sehen sind; das Schatzhaus des Minyas, des Menelaos, unfern Amyklä, des Hyrieus u. Augias etc. In Ägypten war bes. das Schatzhaus des Rampsinit (s.d.) berühmt. Die Aufseher über diese Schätze hießen Tamiai. Im Mittelalter, wo der Staatshaushalt noch nicht gehörig geordnet war, hielten die Regenten sehr auf einen S., um hieraus unvorhergesehene Ausgaben bestreiten zu können, u. in Europa bis in die neuere Zeit, wie Ludwig XIV., Katharina II. u. Friedrich der Große. Die jetzigen Staatswirthe verwerfen die Aufhäufung großer Summen zu Kron-, Reichs- u. Staatsschätzen, weil dies Geld, wenn es unterder Nation im Umlauf bleibe, weit mehr Nutzen bringe, als wenn es todt da liege. 3) Vergrabenes, vermauertes od. sonst verstecktes altes Geld u. Kostbarkeiten von bedeutendem Werth, deren einstige Besitzer nicht mehr bekannt u. welche daher herrenlos geworden sind. Solche Schätze wurden bes. zu Kriegszeiten in Burgen, welche der feindlichen Eroberung nicht ausgesetzt waren, Klöstern u. dergl. verborgen, die Besitzer kamen später um, u. so finden sie sich noch zum Theil im Schoße der Erde. Durch das Auffinden solcher Schätze hat sich in der Phantasie des Volks die Idee von versteckten Schätzen ausgebildet u. ist zu einem bedeutenden Zweige des Aberglaubens geworden. Man wähnt gewöhnlich die Schätze von Geistern bewacht u. hält gewisse Personen (Schatzgräber) u. Zeiten für geeignet sie zu heben. Meist soll dies in der Mitternachtsstunde in geheimnißvoll gezogenen Kreisen geschehen, ein schwarzer Bock od. schwarzer Hahn wird geschlachtet, eine Summe Gelds in der Nähe niedergelegt etc. Vor Allem muß strenges Schweigen beobachtet werden, wenn der S. nicht sogleich rücken od. tiefer in die Erde sinken soll. Der Glaube an Schätze hat zahlreiche Betrüger gereizt die Schatzgräber zu spielen u. Leichtgläubige zu täuschen; bes. waren solche Betrügereien im 16., 17. u. 18. Jahrh. gewöhnlich. Finden sich wirklich irgendwo Schätze, so entsteht die Frage, wem dieselben gehören, dem Finder, dem Eigenthümer des Grund u. Bodens, od. dem Landesherrn als dem Besitzer aller unter der Erde befindlichen Sachen. Nach Römischem Recht gehört der S. zur Hälfte dem Finder, zur Hälfte dem Eigenthümer des Grundstücks, in welchem er gefunden wird; bei Schätzen aber, welche in Res sacrae od. religiosae od. auf einem zum öffentlichen Gebrauch bestimmten Grundstücke gefunden wurden, zur Hälfte dem Fiscus. Auch in den Ländern des Sächsischen Rechts gilt diese Bestimmung des Römischen Rechts, wiewohl eine Stelle des Sachsenspiegels (I, 35) zuweilen Veranlassung gegeben hat die Schätze, wenn sie tiefer in der Erde liegen, als ein Pflug geht, irriger Weise ganz dem Fiscus zuzuweisen. Die Benutzung Leichtgläubiger, um denselben unter dem Vorgeben eines zu hebenden Schatzes Geld etc. abzulocken, kann unter Umständen der öffentlichen Strafe des Betruges, die Verschweigung eines wirklich gefundenen Schatzes der Bestrafung als Unterschlagung unterfallen. 4) S. der guten Werke, s. Superogationes; 5) so v.w. bewegliche u. unbewegliche Habe; 6) ehemals ein Maß für trockene Dinge u. noch jetzt in den Rheinländern ein Flächenmaß, bes. bei Weinbergen, ungefähr = 1/3 Juchert, od. ein Stück, welches 1 Ruthe breit u. 30 Fuß lang ist.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.