- Khalīf
Khalīf (arab.), Stellvertreter. Unter dem Titel Khalifet Resul Allah (d.i. Stellvertreter u. Nachfolger des Propheten Gottes) hatte Muhammed bei seinen Zügen aus Medina häufig einen Oberaufseher zurückgelassen, u. dieser Titel blieb auch nach Muhammeds I Tode 633–1258 den Beherrschern Arabiens u. später auch anderer Länder. I. Die vier ersten od. rechtgläubigen Khalifen. Da Muhammed ohne männliche Erben u. ohne Bestimmung über seine Nachfolge starb, viele arabische Stämme seinen Glauben verließen, die Pseudopropheten Aswad, Moheilema u.A. auftraten, die nächsten Verwandten im Streite lagen u. Viele den Tod des Propheten bestritten: so huldigte endlich Omar durch Handergreifen (Biat, dieß war Wahl, Weihe u. Huldigung für denjenigen, welchem man die Stimme zum K. gab) dem Schwiegervater Muhammeds, Abu Bekr, u. dazu bewog Zeid Ben Thabit auch die Ansarier, welche einen Emir aus ihrer Mitte verlangten, u. den Ali, Anführer der Haschemiten. Dieser besiegte mehre widerspenstige Stämme, schlug die Byzantiner in Palästina, brach in Syrien ein, unterwarf Irak, Bahrein u. Anbar; daß er auch Bosra, Damask etc. erobert habe, ist blos eine Behauptung der Sunniten. Er st. 634 in Bagdad. Ihm wird die erste Sammlung des Korans zugeschrieben. Er sprach zuerst das Recht im Islam u. begründete die Fetfa (s.d.). Zu seinem Nachfolger ernannte er in seinem Testamente Omar, einen andern Schwiegervater Muhammeds, welcher schon früher zum ersten Richter ernannt worden war. Omar begründete die innere Staatsgewalt u. verbreitete den Islam mit Feuer u. Gehwerk in Persien bis gegen Indien, in Syrien u. Nordafrika bis gegen Tripolis. Von seinen Feldherren nahm Khalid Bosra durch Verrath des römischen Statthalters Romanus, Abu Obeida Damask u. Saad Irak, Emesa u. Baalbek u. nach der siegreichen Schlacht am Iermuk Palästina, Samaria, Naplus, Tiberias, Lydda, Joppe, Cäsarea (640), Jerusalem (wo Omar die große Moschee an der Stelle des Tempels gründete) u. fast ganz Chaldäa; Abu Musa Kuhistan u. Mesopotamien (638- 40), Amru u. Zobeir Ägypten, wo Fostat gegründet wurde. Alexandrien fiel 642; daß er die dasige Bibliothek verbrannt habe, wird bestritten. Gleichzeitig erlagen die Perser zum dritten Male dem Hodseifah, Nachfolger des inzwischen gestorbenen Khalid. Omar selbst vertritt 641 die Juden aus Chaibar u. Nedschraa u. wurde 644 ermordet u. neben Muhammed u. Abu Bekr beigesetzt. Er gründete 635 Basra u. 638 Kufa, ordnete den Kriegersold, nahm den Titel Emir al Mumenin (d.i. Fürst der Gläubigen) an, stiftete Religionsgüter (Watt) für Moscheen u. Schulen, errichtete Festungen u. Gefängnisse u. führte die Ära der Hedschra ein. Zu seinen Nachfolger wurde Othman, ein Schwiegersohn Muhammeds, gewählt. Seine Feldherren, bes. Abdallah, dehnten die Eroberungen in Persien weit aus. Othman unternahm 648 den ersten Seezug von Phönicien aus bis gegen Spanien hin u. begründete hiermit das spätere arabische Corisarenthum. Er besetzte alle Statthalter mit unwürdigen Günstlingen, seinen Milchbruder Abdallah Ben Saad, früher vom Propheten für vogelfrei erklärt, schickte er nach Ägypten, seinen Stiefbruder Welid Ben Okba nach Syrien (mußte ihn aber 649 wieder abberufen), er verfuhr ungerecht mit dem Staatsschätze u. verlor sogar das Staatssiegel des Propheten Einen Aufstand in Khorassan (651–52) unterdrückte er grausam. Muawijjahs Brandschatzung Syriens u. endlich die Meuterei zu Kufa (653) gaben das Signal zur allgemeinen Empörung. Kufa, Basra u. Ägypten schickten Abgesandte nach Medina, u. da Othman denselben im öffentlichen Kanzelgebete im Namen des Propheten fluchte, wurde er mit Steinwürfen vertrieben u. Muhammed, Sohn Abu Bekrs, erstach ihn 656 Ali, genannt Heider (Hyder) Allah (Löwe Gottes), ein anderer Eidam Muhammeds, wurde nun von einer Partei erwählt. Zobeir u. Talk Abdallah, Sohn Omars, Saad u. bes. Muawijjah verweigerten die Huldigung u. erhielten den Namen Muatazile (Abgesonderte); Noaman aus Medina entzündete durch das blutige Kleid Othmans den Aufruhr in Damast: die Omajjaden schlössen sich an Aischa, Wittwe Muhammeds u. unerbittliche Feindin Alis, an, u. unter dem Verwände, Ali möge durch Bestrafung der Mörder Othmans seine Unschuld an dem Morde beweisen, verweigerten ihm viele Statthalter den Gehorsam. In der Kameelschlacht (Jaum el Dscheml) siegte Ali über die Abtrünnigen, Talha u. Zobeir fielen; hierauf focht er bei Soffin gegen Muawijjah (657), welcher den Zweikampf verweigerte u. floh. Da bewog der von Ali abgesetzte Amru durch Anheftung von Koranexemplaren die Aliden (Anhänger Alis) zum Rückzug, daher Kharedschiten (Austretende, Abtrünnige) genannt, u. so mußte der Feldherr Aschtar den Sieg aufgeben. Die Entscheidung über die Würdigkeit zum K. durch Schiedsrichter, Abu Musa von Seiten Alis u. Amru von Seiten Muawijjahs, mißlang; Abdorrahman ermordete den Ali 660. Nach ihm benennen sich die Aliden od. Schiiten, welche nur die bisherigen vier Khalifen als rechtgläubig anerkennen, im Gegensatz von den Sunniten, welche Ali verwarfen (s. unt Islam x). Seit Omar war die Residenz der Khalifen zu Medina gewesen. Hassan, Sohn Alis, durch eine Meuterei der Soldaten bewegen, entsagte dem Throne (661) u. st. zu Medina 669, vgl. Imamat 2). Die Aliden halten ihn für den einzig rechtmäßigen Imam u. behaupten, daß das Imamat bei Alis Familie bis auf Mehdi geblieben sei.
II. Die Dynastie der Omajjaden, so genannt von Omijjah, dem Ahn des nunmehrigen Khalifen Muawijjah I., welcher 661 (daher Amr[456] el Dschemai, Jahr der Vereinigung) das ganze Volk vereinigte, begann nun zu regieren. Den rebellischen Zijad, seit 659 Statthalter von Tajef, aus einer christlichen Sklavenfamilie, beredete Mogheira, Statthalter von Kufa, 662 zur Huldigung, u. Muawijjah nahm ihn 663, zum allgemeinen Ärgerniß, an Bruders Statt an u. verlieh ihm mehre Provinzen. Muawijjah errichtete zuerst eine Leibwache von 500 Mann, verlegte seine Residenz nach Damask, unternahm zuerst einen Zug gegen Constantinopel u. drang bis gegen Indien, eroberte Sedschestan u. Äthiopien (663), Zabulistan (664), Rhodus durch den ägyptischen Emir Okba, Cilicien, Tarsos etc., durch seinen Sohn Dschezid (673) Kuhistan u. einen Theil von Turkestan, durch Obeidallah (676) Samarkand u. drang bis gegen die Meerenge von Gibraltar; aber von griechischen Hülfsvölkern in Carthago zurückgedrängt, stiftete er 670 eine Colonie in Kairwan. Er machte das Khalifat erblich u. erzwang die Anerkennung seines Sohnes, Dschezid I., bei seinen Lebzeiten (760) in Syrien u. Irak u. st. 680 in Damask; aber Hussein, der Sohn Alis, dritter schiitischer Imam, verweigerte dem Dschezid die Huldigung; dessen abgesandter Vetter Muslim übernahm die Huldigung der Stadt Kufa, belagerte den Statthalter von Basra, Obeidallah, mußte aber fliehen u. st. 680. Abdallah Ben Zobeïr empörte Mekka, vertrieb 682 den Statthalter von Medina, Othman; Dschezid sandte gegen ihn Muslim Ben Okba, welcher Medina eroberte u. in Mekka 683 grausame Rache übte, aber durch den Tod unterbrochen u. durch Hazim ersetzt wurde. Unterdessen st. aber Dschezid, u. sein Andenken wird selbst von den Sunniten mit Fluch begleitet. Sein Sohn Muawijjah II. legte nach 40 Tagen das Khalifat nieder, ohne einen Nachfolger zu ernennen, weil er Niemand würdig erachtete, u. st. auch 683. Abdallah, Enkel Bekrs, nahm nun die Huldigung zu Kufa an, aber in Syrien erhob sich Merwan I. als Gegenkhalif, u. es gelang ihm nach Vertreibung Abdorrahmans auch in Ägypten die Huldigung zu empfangen. Vergebens erregte Soleiman 684 einen Aufstand gegen Beide. Sein Stiefsohn Khalid, Sohn Dschezids, tödtete ihn 685, weil er seinen Sohn Abdalmelik zum Nachfolger ernannt hatte. Der Pseudoprophet Mokhtar hatte sich 682 in Kufa huldigen lassen, wurde aber 687 von Mozab, Bruder Abdallahs, Statthalter von Basra, u. Mohalieb, Statthalter von Khorassan, überwunden u. getödtet. Von den Einwohnern von Kufa aufgemuntert, gewann Abdalmelik nach dem Siege am Kleinen Tigris 690 das arabische u. persische Irak. Sein Feldherr Haddschadsch eroberte nach siebenmonatlicher Belagerung Mekka, u. Abdallah fiel 692. Schebib, Haupt der kharedschitischen Sesriten, nahm zwar Kufa, aber er ertrank; bald darauf kämpfte Haddschadsch nun gegen den Kharedschiten Abdorrahman 700–701; Mohalieb schlug 685 u. 691 die fanatischen Asrakiden; Muhammed, Bruder des Khalifen, die Christen 693 u. 702 bis Armenien hin, wo die Griechen endlich 704 siegten; Musa focht siegreich in Afrika 697 u. 703. Abdalmelik selbst st. 705; man schreibt ihm die Einführung der Münzen u. der Arabischen Sprache in Amtssachen etc. zu. Sein Sohn Welid I. setzte einen obersten Gerichtshof von zehn Personen ein; sein Feldherr Koteiba drang siegreich gegen die Türken vor (706, 709, 712 u. 715); Muhammed fiel durch Sind in Indien ein; sein Bruder Muslima u. sein Sohn Abbas fochten siegreich in Kleinasien (707–715). Musa versuchte die erste Landung in Europa 706 u. 711, s.u. Spanien (Gesch.). Welid st. 715; er war sehr freisinnig, beförderte die Künste, bes. die Baukunst, u. baute u.a. die merkwürdigen Moscheen zu Damask, Jerusalem u. Medina. Sein Bruder Suleiman (Abu Ejub) belagerte durch seinen Bruder Muslima 716 vergeblich Constantinopel u. st. schon 717. Nach seinem letzten Willen bestieg Omar II. (Abu Hasaß) den Thron, regierte mild u. st. 720. Dschezid II., der Sohn Abdalmeliks, wurde nun nach Suleimans Bestimmung K.; er befreite durch Muslima Khorassan von Dschezid, Sohn Mohallebs, u. st. 723. Sein Bruder Hischam folgte; seine Feldherren fochten gegen die Türken u. Khasaren u. besiegten den Gegenkhalifen Zeid, Urenkel Husseins; Hischam st. 742; unter ihm hatte Karl Martell die Fortschritte der Araber gegen Westen gedämmt. Welid II., Sohn Dschezids II., wurde 744 enthauptet, u. ihm folgte Dschezid III., Sohn Welids I.; er unterwarf Cypern u. st. unter Unruhen 744. Seinen Bruder Ibrahim verdrängte 745 Merwan II. Die letzten Omajjaden hatten sich durch Zerrüttung des Reiches, Ausschweifungen u. Freigeisterei verhaßt gemacht; die Verdrängung derselben, welche den Aliden bisher mißlungen war, geschah nun durch die Abbassiden.
III. Die Abbassiden waren eine angesehene Familie aus Khorassan, Nachkommen des Abbas I., u. hießen von ihrer schwarzen Kriegertracht auch Musawidah (die Schwarzen), griechisch Maurophoroi. Schon Muhammed, Enkel Abbas', machte 718 auf das Khalifat Anspruch. Seinen Sohn Ibrahim, den Imam, unterstützte nun der Omajjade Abu Muslim u. der Feldherr Kahtabah. Ibrahim wurde zwar von Merwan gefangen u. getödtet (746), ernannte aber zum Nachfolger im Imamat seinen Bruder Abul Abbas, u. dieser ließ sich 749 in Kufa als K. ausrufen. Sein Oheim Abdallah verfolgte Merwan II., welcher 750 in Ägypten umkam, u. vertilgte sämmtliche Omajjaden, von denen nur Abdorrahman nach Spanien entkam u. dort ein selbständiges Khalifat gründete, s. Spanien (Gesch.). Abul Abbas verlegte 752 seine Residenz von Hira nach Anbar, wo er 754 starb. Sein Bruder Abu Dschaaser I. el Manßur folgte; seinen Neffen Isa Ben Musa, welcher einen Aufstand machte, bezwang Abu Muslim; Abu Muslim, durch welchen magische Lehrer von Persien nach Arabien kamen, ließ Manßur tödten u. rottete nur mit Mühe die ketzerischen Ravenditen 758 aus. Seine Tyrannei beförderte den Aufstand der von dem K. grausamst behandelten u. mit den Omajjaden verbundenen Aliden Muhammed u. Ibrahim. Ihr Vater Abdallah wurde hingerichtet, Muhammed wurde unter dem Namen Mehdi Gegenkhâlif in Hidschaz; aber der Feldherr Isa besiegte u. tödtete ihn 762 u. Ibrahim 763; er selbst st. 755 auf der Wallfahrt nahe bei Mekka. Unter ihm wurde Cilicien u. Kappadocien erobert, er beförderte Künste u. Wissenschaften, baute viel, unter anderen Bagdad 762; auch verfolgte er die Christen in Syrien u. Mesopotamien. Sein Sohn el Mehdi (Mahadi) Muhammed regierte weise, bekämpfte die Zendikiten unter Anführung des Betrügers Aba el Mokanna 781–782, u. sein Sohn Hadi Musa bekämpfte den Aliden Hussein 786; er verlegte die Residenz nach Bagdad u. st.[457] dort 786. Dessen Bruder Harun al Raschid brachte das Khalifat auf den höchsten Gipfel seines Glanzes. Seine milde u. weise Regierung fand an dem Wesir Dschaafer eine bedeutende Stütze. Mit diesem soll er die Stadt des Nachts durchwandelt haben, um sich so von dem allgemeinen Zustande selbst zu überzeugen (welches der Inhalt der Tausend u. Eine Nacht [s.d.) ist). Er erweiterte den Handel bis nach den entlegensten Gegenden der Wen Welt, beförderte Künste u. Wissenschaften durch hohe Schulen, ließ griechische u. syrische Schriften ins Arabisch: übersetzen, unternahm siegreiche Feldzüge, namentlich gegen die Griechen 797; die Kaiserin von Byzanz, Irene, mußte den Waffenstillstand mit 60,000 Goldstücken erkaufen; er schreckte 803 den Kaiser Nikephoros in Constantinopel u. schickte 798 eine Gesandtschaft an Karl den Großen mit der ersten Schlaguhr. Doch fiel unter ihm Fez u. Tunis ab. Sein Luxus hatte die Staatskasse erschöpft u. den Verfall des Reiches veranlaßt; auch sein Privatcharakter war nicht frei von Flecken. Bes. wüthete er gegen die edle Familie der Barmekiden, ließ Dschaafer, den Gemahl seiner vermuthlich von ihm selbst geliebten Schwester Abbassah, hinrichten, Abu ala Dschachja, seinen Erzieher u. Wesir, Dschaafers Vater, im Gefängnisse verschmachten u. die übrigen Barmekiden vertreiben od. hinrichten. Abbassah starb in Elend u. Armuth. Alles dies geschah., unter dem Vorwand, daß sie Ketzer wären. Überhaupt war er gegen Ende seiner Regierung despotischer, während die Streitigkeiten seiner Söhne um die Nachfolge seine letzten Tage trübten. Er st. zu Thus 809, nachdem er die Theilung des Reiches unter seine drei Söhne befohlen hatte. Der älteste el Amin (Emin) erhielt Arabien, Irak, Syrien, Ägypten, Afrika, zugleich das Khalifat, wurde aber durch seinen Wesir Fadhl zum Krieg verleitet, u. 813 von Tahir dem Feldherrn getödtet; el Maamun, welchem die östlichen Länder Persiens etc. zugefallen waren, wurde nun K. Er residirte zu Khorassan, regierte zwar besser, aber die Sahliden, Familie des Fadhl Ben Saht, leiteten ihn fast unbeschränkt. Die Einwohner von Kufa erhoben daher den achten alidischen Imam Ali el Ridha 815, während zwei andere Aliden, Ibrahim Ben Musa el Dschessar (der Schlächter) u. Muhammed Ben Dschaafer, Jemen beunruhigten, wo nun die Zijadiden-Dynastie entstand, die bis 1017 zu Zebid unabhängig herrschte (s. Arabien [Gesch.] II. b). Um durch die Aliden seine Macht zu stützen, erkannte el Maamun den Imam Ali el Ridha an, gab ihm seine Tochter u. führte die grüne Farbe der Aliden statt der schwarzen abbassidischen ein. Da ernannten die Abbassiden zu Bagdad seinen Oheim Ibrahim el Mobarek zum K., als Alis plötzlicher Tod 818 die Versöhnung herbeiführte. Tahir, Mörder el Amins, machte sich 822 in Khorassan selbständig, st. aber 829. Nach einem erfolglosen Kriege mit den Griechen 830–833 st. Maamun 834. Unter ihm machten sich die Statthalter u. Kolonien in allen drei Welttheilen immer mehr unabhängig. Seinen Bruder Muatassem Billah erhob die türkische Miliz, welche von nun anstatt der Khalifen regierte. Sein Sklave Efschin (Akschin), Commandant der Leibwache, bekämpfte den fanatischen Babel Chorremi (833) u. tödtete denselben (837), st. aber selbst, nachdem er gegen die Griechen (838) u. andere Empörer gedient hatte, im Gefängnisse (841). In seiner 835 erbauten Residenz Samirra (Sermenrai) st. Muatassem 842. Auch unter ihm fanden heftige Streitigkeiten über Religion Statt. Sein Sohn el Wathik Billah lebte in äußerer Ruhe mit Wissenschaft u. Kunst beschäftigt, aber im Kampf mit den Sunniten, führte die Sultanwürde ein, welche Aschnas durch einen goldenen Doppelgürtel u. Diadem erhielt, u. st. 847. Wegen Minderjährigkeit seines Sohnes Muhammed trat zuerst die Wahl durch die drei obersten Staatsbeamten ein, sie fiel auf seinen Oheim el Mutawakkil ala Allah. Dieser war grausam, ein unversöhnlicher Feind der Aliden (Nefibi), zwang die Christen, darunter seine Leibärzte Bachtischua u. Honnin, gelbe Kleidung zu tragen u. beförderte die Sammlung der Sunna. Sein Feldherr Buga (Beghai) Kebir verbrannte 851 Tiflis. Das Reich sank u. verlor auf allen Seiten, die türkische Leibwache wurde immer einflußreicher, tödtete ihn 861 u. hob seinen, von ihm mißhandelten Bruder el Mostanßir Billah auf den Thron, u. da dieser schon 862 st., den Enkel Muataßims, el Mosthain Billah. Der Alide Jahja Ben Omar wurde von den zu Hülfe gerufenen Thahiriden geschlagen (864), während ein Andrer, Hassan, der elfte Imam, sich 19 Jahre hielt. Die rebellische Leibwache wählte 866 den Sohn Mutawakkils el Muatazz Billah u. tödtete Mosthain. Muatazz tödtete seinen Bruder Muawijjah u. den Buga; aber da er die Leibwache entlassen wollte, setzte diese ihn 869 ab u. wählte el Muhtedi Billah; dieser wollte ebenfalls die Miliz reformiren, da er aber deren Führer Bankial hinrichten ließ, so erstach ihn 870 ein Verwandter desselben. Es folgte el Muatamid ala Allah, dessen Bruder Muwaffik endlich die Macht der Leibwache beschränkte 871. Von 873 an blieb die Residenz wieder zu Bagdad. Der K. st. 892; dessen Sohn el Muatadhid Billah begünstigte die Aliden, litt durch Einfälle der Griechen u. die in Irak neuentstandene Secte der Karmathen u. st. 902, Er bestätigte die Rechte der Samaniden, durch welche das Khalifat sank. Sein Sohn el Muktafi Billah besiegte die Karmathen 903 u. 907, vertrieb 905 die Tuluniden aus Ägypten u. st. 908. Dessen Bruder el Muktadir Billah kam 13 Jahre alt zur Regierung, war der Spielball der Frauen u. hohen Beamten, u. der Hamdamide Hussein setzte ihn 909 ad u. ließ Abdallah. Sohn des Muatazz, ausrufen, welcher aber umgebracht wurde; die ketzerischen Karmathen erhoben sich wieder; die Fatimiden in Tunis, die Soffariden in Khorassan u. die Ikschiditen in Ägypten waren jetzt von der Oberherrschaft der Khalifen in der That unabhängig, u. nach der Ermordung Muktadirs 931 bestand das Khalifat nur noch als Schattenreich. Muktadirs Bruder, el Kahir Billah, schon bei Lebzeiten seines Bruders ein- u. wieder abgesetzt, kam aus dem Gefängniß auf den Thron, regierte geizig u. grausam, ließ Abu Achmed, den Sohn Muktafis, hinrichten u. wurde vom Wesir Moklah mit Hülfe der Leibwache 934 abgesetzt u. st. 950. Unter ihm entstanden die Buiden. Er-Radhi Billah, Sohn Muktadirs, benahm sich undankbar gegen Moklah, welcher ihn auf den Thron gehoben hatte, u. ernannte den Seldschuken Raik (Rank) zum Emir al Omrah (Oberst der Oberen). Moklah reizte aus Rache die Karmathen gegen Raik, u. ein Offizier, Jakem, verdrängte denselben[458] 939 (welcher Kufa Basra. u. das arabische Irak als unabhängiges Reich erhielt) von der Würde, deren Gewalt nach u. nach hie Khalifen überstieg. Rabbi st. 941. Sein Bruder el Motakki Billah ließ zwar Jakem 941, ermorden, floh aber vor Abdallah, el Baridi zu den hamadanischen Prinzen Abu Muhammed Hassan H. Abu Hassan Ali, u. Tozun, welchen er zum Emir ernannte, setzte ihn dann 944 ab u. blendete ihn; er st. 968, u. el Mustakfi Billah, Sohn Moktafis, kam auf den Thron u. vermachte sterbend seine Würde an den Offizier Schirzad, welcher aber auf den Hülferuf des K-en von dem Buchen Muezz el Daulah 945 verdrängt würbe. Dieser setzte aber den K-en ab u. machte die Würde des Emir al Omrah in seinem Hause erblich.
Die folgenden Khalifen verloren nach u. nach auch die letzte Auszeichnung, die Erwähnung im Kirchengebete (Khotbah) u. das Münzgepräge u. wurden ein Spielball in den Händen der Buiden, daher nur, ihre Namen hier genannt werden. El Mutie Billah 946–974, El Taie Billah 974–991, El Kadir Billah 991–1.031, El Kazim Beamr Illah, unter welchem die Gaznaviden erblich wurden. Der dilemitische Prinz Bassa Siri, 1048 von Kadschem vertrieben, zog 1055 mit einem ägyptischen Heere gegen Bagdad, Kadschem rief den Seldschuken Togrul zu Hülfe, der den bei der Eroberung Bagdads 1062 gefangenen K. befreite u. Bassa Sir: hinrichten ließ. Von nun an regierten die Seldschuken als Emirs, al Omrah, wie früher die Buiden Die abhängigen Khalifen genossen die Einkünfte von Bagdad u. pflegten Künste u. Wissenschaften, sie waren: El Mukhtadi Beamr Illah 1075–35, El Mustasher Billah 1094–1118, El Mustarschid Billah 1118–35, Er-Raschid Billah 1135–1136 El Muktafi Beamr Illah 1136–60 El Mustandschid Billah 1160–70, El Mustadhi Beamr Illah 1170–80, En-Naßir il Pin Illah 1180–1225. Die folgenden Khalifen lebten eben so unter Abhängigkeit der unter Dschingis-Khan eindringenden Mongolen (s.d.): Ed-Dhahir Billah 1225–26. El Mustandsir Billah 1226–42; unter el Mustaaßim Billah eroberte Hulaka Bagdad u. tödtete den letzten K. 1258.–Von den Khalifen in Bagdad u. in Spanien s.u. Ägypten (Gesch.) VI. u. Spanien (Gesch.). Vgl. Norberg, De Khalifatu orient, im 2. Bd. seiner Opuscula, S. 173 ff.; Marigny, Hist. des Arabes sous les gouvernements des Khalifes, Par. 1750 (deutsch von Lessing, Berl. 1752 f., 3 Bde.); Elmakin, Geschichte der Khalifen, arabisch; Hammer, Über Ländeverwaltung unter dem Khalifate (Preisschrift). Berl. 1835; Derselbe, Gemäldesaal der Lebensbeschreibungen großer moslemitischer Herrscher; Weil, Gesch. der Khalifen, Manh 1846–51, 3 Bde.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.