- Bertrand
Bertrand (spr. Bertrang), südfranzösischer Vorname, kommt bes. bei den Grafen von Auvergne, Forcalquier, Orange, Provence u. Toulouse (s.d.), vor; außerdem 1) B., der falsche Balduin, im 13. Jahrh. ein Prätendent in Flandern, s.d.; 2) B. de Born, Vicomte von Hautefort bei Perigueux, Troubadour u. Theilnehmer an den Kämpfen des Königs Philipp August von Frankreich mit Richard Löwenherz von England; er schr. Gedichte, in welchen er Richards Schwester, Helene, feiert; auf der Pariser Bibliothek sind noch 12 Sonette von ihm. B-s Liebe zu des Königs Schwester benutzte Uhland als Stoff zu seiner Ballade: Bertrand de Born. 3) F. A. Bertrand de Molleville, geb. 1744, Ludwigs XVI. Marineminister, bes. der Revolution eifriger Aristokrat, entging er dem Tode durch die Flucht nach London, kehrte aber nach Wiederherstellung der Bourbons nach Pari zurück, wo er 1818 st.; er schr.: Hist. de la révolution de France, Paris 1801–3, 10 Bde.; Annales de la rév. franç., Lond. 1802, 9 Bde. u. v. a. 4) Henri Gratien, Comte de B., geb. 1778 in Touvent bei Chateaurour im Departement [661] Indre; er wollte erst Civildienste nehmen, ward aber gewaltsam zu den Waffen gerufen, diente zuerst unter der pariser Nationalgarde, dann unter dem Ingenieurcorps, bei dem er 1795 Capitain wurde, kam 1796 zur italienischen Armee, wo er in Ägypten mit Napoleon bekannt, von diesem zum Oberstlieutenant, später zum Oberst u. Brigadegeneral ernannt wurde, er begleitete ihn von 1805 an bei allen Feldzügen, bewirkte durch Klugheit, als Divisionsgeneral, die Capitulation von Spandau 1806, baute nach der Schlacht von Aspern 1809 die Übergangsbrücken über die Donau u. führte 1813 das Reservecorps (später 4. Corps), mit welchem er bei Lützen, Bautzen, Leipzig u. Hanau focht. An Durocs Stelle Großmarschall des Palastes u. Aide-Major der Nationalgarde geworden, folgte er Napoleon nach Elba, von dort nach Frankreich u. endlich nach St. Helena, wo er bis an Napoleons Tod 1821 blieb. Er kehrte dann nach Frankreich zurück, wo er, nachdem Ludwig XVIII. die in contumaciam 1816 über ihn verhängte Todesstrafe aufgehoben u. ihn in alle seine Würden wieder eingesetzt hatte, auf seinem Gute bei Chateauroux lebte. Nach der Julirevolution warb er 1830 zum Deputirten erwählt u. stimmte immer für die Freiheit der Presse. Er wurde 1840 mit zur Abholung der Asche Napoleons von St. Helena betraut, machte zuletzt eine Reise nach den Vereinigten Staaten Nordamerikas u. st. am 31. Jan. 1844. Seine Leiche wurde 1845 im Dom der Invaliden beigesetzt u. seinem Andeuten zu Touvent 1848 eine Bildsäule errichtet. Seine Gemahlin, Tochter des Generals Dillon, welche ihn nach St. Helena begleitete, starb 1830 im Schloß Latent bei Chateauroux.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.