- Sueven
Sueven, Gesammtname der zwischen der Ober-Elbe, Weichsel u. Donau wohnenden germanischen Völkerschaften, welchen man gewöhnlich von sweibon ableitet u. als die Umherschweifenden, Wandernden erklärt, welcher aber nach Grimm gleich mit den Namen Slawen sein u. die Freien bedeuten soll; nach Andern waren die S. wenigstens mit slawischen Elementen vermischt u. erhielten den Namen von der, mehr den Slawen eigenthümlichen unstäten Lebensweise; nach Zeuß gehört der Name S. den östlichen u. der gleichbedeutende der Wandalen den westlichen Völkern dieses Stammes an. Obgleich die Angaben der Alten über die Ausbreitung u. Wohnsitze der S. verschieden sind, so stimmen sie doch darin überein, daß sie den größten Theil Germaniens bewohnten; Tacitus setzt sie in das ganze Ostgermanien von der Donau bis zur Ostsee (Suevĭcum mare); Dio Cassius westlich bis in die Main-, Cäsar sogar bis in die Rheingegenden, wo die von Ariovist (s.d.) geführten Germanen S. waren; Plinius rechnet sie mit Hermunduren, Katten u. Cheruskern zu den Hermionen, während Andere sie gegenüber den Ingävonen, Istävonen u. Hermionen als einen zweiten Haupttheil der Germanen annehmen. Zu den S. wurden gerechnet die Semnonen, Longobarden, Hermunduren, Markomannen, Quaden, Lygier, Gothonen, Rugier, nach Tacitus auch die Bariner, Angeln, Reudinger, Avioner, Eudosen, Suardonen, Nuithonen, Narisker, Marsigner, Gothiner, Osen, Burier, Lemonier u. selbst die Ästyer u. die Suionen (s.d. a.). Sie hatten 100 Gaue, deren jeder jährlich 1000 Bewaffnete ausschickte, um Krieg zu führen, die Zurückbleibenden bauten für sich u. jene das Feld; im folgenden Jahre wechselten die Krieger u. Ackerleute. Eigenthümliche Grundstücke hatte Keiner u. nach Jahresfrist wurde der Wohnplatz gewechselt. Als einen Beweis von ihrer Macht sahen sie es an, wenn 120 Millien von ihren Grenzen das Feld unbebaut lag. Die Freien trugen das Haupthaar auf dem Scheitel in einen Knoten gebunden. Die Religionsgebräuche der S. waren mit Menschenopfern verbunden; die gemeinschaftliche Gottesverehrung war in einem heiligen Hain bei den Semnonen (s.d.) als dem Hauptstamm, wo sie zu bestimmten Zeiten durch Abgeordnete zusammenkamen. Als ihnen die Römer in Pannonien u. Noricum zu nahe kamen, gingen sie unter Marbod über die Donau u. besetzten die dortigen Länder, u. seit dieser Zeit blieb der Name S. für die südöstlichen Völker des Bundes. Seit dem 3. Jahrh. drangen sie auch am Oberrhein über die römische Grenze, u. während von da an die suevischen Völkerschaften nach ihren einzelnen Namen benannt wurden, wurde als Stammname der südwestlichen S. mehr der der Alemannen üblich; doch erhielt sich der alte Name in dem des Landes Suevĭa, d.i. Schwaben (s.d. S. 490). 407 fielen die S. unter Hermerich mit Alanen u. Vandalen in Gallien ein, gingen auch 409 auf Bitten des Gerontius nach Spanien über u. gründeten dort das Suevische Reich im nordwestlichen Theile, welches bis 585 bestand, wo der letzte König Andeca von den Westgothen vertrieben wurde, s.u. Spanien S. 354 f.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.