Preußen [1]

Preußen [1]

Preußen, 1) ursprünglich seit 1283 Staat des Deutschen Ordens, die Gegenden am südlichen Theil der Ostsee begreifend; wurde in dem Thorner Frieden 1466 in seiner größern westlichen Hälfte (West-P.) an das Königreich Polen abgetreten, während die kleinere östliche (Ost-P.) Ordensland unter polnischer Lehnshoheit blieb; 1525 wurde dieses verkleinerte Gebiet als Herzogthum P. säcularisirt u. kam 1628 an das Kurhaus Brandenburg, welches 1701 von diesem Theil seines Staates den Namen als Königreich P. annahm u. 1772 in der ersten Theilung Polens wieder ganz West-P. erhielt (über dieses alles s. Preußen, Gesch.). Seitdem bestand das eigentliche P. wieder aus Ost- u. West-P., wozu durch die dritte Theilung Polens 1793 noch Süd-P. u. Neu-Ost-P. kam, in welchem Umfange es an Rußland, Galizien, Schlesien, Brandenburg, Pommern u. die Ostsee grenzte. Seit aber der Tilsiter Friede 1807 Süd-P. u. Neu-Ost-P. mit dem Großherzogthum Warschau vereinigte, besteht es wieder aus Ost- u. West-P., welche zusammen die Provinz P. des Preußischen Staates bilden; 2) (Preußischer Staat), Staat ersten Ranges, im Areal u. der Bevölkerung der zweite des Deutschen Bundes, bildet zwei Hauptländermassen (östliche etwa 5/6, westliche 1/6 des Ganzen), welche zwischen 49°6' 45'' u. 55°52' 56'' nördl. Breite u. zwischen 23°31' 50'' u. 40°32'25'' östl. Länge liegen. Der östliche Haupttheil grenzt gegen. Norden an die Ostsee, gegen Osten an Rußland u. Polen, gegen Süden an Galizien, Österreichisch-Schlesien, Mähren, Böhmen, Sachsen, Altenburg, Reuß, Weimar, Schwarzburg, Koburg-Gotha, Meiningen, gegen Westen an Kurhessen, Hannover, Anhalt, Braunschweig u. die beiden Mecklenburg: der westliche grenzt gegen Osten an Hannover, Lippe, Kurhessen, Braunschweig, Waldeck, das Großherzogthum Hessen, Nassau, Rheinbaiern, die homburgische Herrschaft Meisenheim, das oldenburgische Fürstenthum Birkenfeld, gegen Süden an Frankreich, gegen Westen an Luxemburg, Belgien u. die Niederlande u. gegen Norden[489] an die Niederlande u. Hannover. Zu diesen beiden Hauptländermassen kommen außerdem: das Fürstenthum Lichtenberg am Hundsrück seit 1834, ferner die Fürstenthümer Hohenzollern seit dem Besitznahmepatent vom 12. März 1850, der frühere Antheil Lippe-Detmolds an Lippstadt in Westfalen seit 7. Mai 1850 u. das Jahdegebiet seit 1855 (das Erbfürstenthum Neuenburg od. Neufchatel mit Valengin in der Schweiz steht seit 1857 nicht mehr unter preußischer Hoheit). Kleine Enclaven sind noch der Kreis Wetzlar, Schleusingen, Ziegenrück, der Regenstein etc. Mit diesen Ländereien umfaßt der ganze Staat einen Flächengehalt von 5103, 97 geograph. QM. Der Staat theilt sich in acht Provinzen: a) Preußen, u. zwar Ostpreußen, 706,34 QM. mit 1,608,842 Ew., u. Westpreußen, 471,69 QM. mit 1,135,658 Ew.; b) Posen, 536,21 QM. mit 1,417,155 Ew.; c) Pommern, 576,72 QM. mit 1,328,381 Ew.; d) Schlesien, 741,74 QM. mit 3,269,613 Ew.; e) Brandenburg, 734,14 QM. mit 2,329,996 Ew.; f) Sachsen, 460,63 QM. mit 1,910,062 Ew.; g) Westfalen, 367,96 QM. mit 1,566,441 Ew.; h) Rheinprovinz, 487,14 QM. mit 3,096,629 Ew. Dazu kommen noch i) Hohenzollern, 21,15 QM. mit 64,235 Ew., u. k) das Jahdegebiet, 0,25 QM. mit 858 Ew. Der östliche Theil gehört fast ganz dem nördlichen europäischen Tieflande an, namentlich erstreckt sich von der nordöstlichen Grenze bis zum Unterlaufe der Elbe ein fast ununterbrochenes großes Flachland, welches indeß auch von kleineren Höhenzügen besetzt ist (die Goldapscher u. Wildenhöfer Anhöhe in Ostpreußen 600–700 Fuß, der Thurm berg westlich von Danzig 1024 Fuß, in einigen schlesischen Kreisen rechts der Oder Höhen bis zu 1400 Fuß). Die Gebirgsgegenden dieses östlichen Haupttheils beginnen erst zwischen der Oder u. dem Oberlauf der Elbe, namentlich in Schlesien; hier befindet sich das Riesengebirge (welches durchschnittlich zu 4100 Fuß ansteigt u. den höchsten Berg des Preußischen Staates, die 4929 F. hohe Schneekoppe, enthält), der Iserkamm, das Mährische Gesenke, die Glatzer u. Lausitzer Gebirge. Das Land zwischen der Elbe u. Werra ist ebenfalls flaches u. nur von dem isolirten 1086 F. hohen Petersberge bei Halle unterbrochen, wird aber südlich u. südwestlich der Saale durch den hereinreichenden Thüringerwald u. Harz gebirgig mit den höchsten Punkten, dem 3506 F, hohen Brocken im Harz u. dem 2184 F. hohen Dolmar im Thüringerwalde. Die nördlichen u. nord. westlichen Striche des westlichen Haupttheils des Preußischen Staates sind wieder flach, dann erheben sich östlich vom Rhein das Weser- u. Mindensche Gebirge mit der Porta Westphalica, der Teutoburger Wald, das Eggegebirge, der Haarstrang, das Sauerländische Gebirge, das Siebengebirge, der Westerwald mit dem 2006 Fuß hohen Salzburger Kopf; westlich vom Rheine der bis zu 3000 F. ansteigende Hundsrück, der Hochwald, die Eifel (mit dem 1600 F. hohen Kellberg), der Hohe Veen u. Zweige der Ardennen. Die Ostsee bespült den östlichen Theil P-s (der westliche ist Binnenland) auf 110 Meilen, von der russischen bis zur mecklenburgischen Grenze, in Ost- u. Westpreußen u. Pommern; sie bildet nur an der Küste von Pommern einige Inseln (darunter Rügen, die größte Deutschlands) u. vier Meerbusen, das Putziger Wyk, den Rügenschen Bodden, das Prorer u. Tromper Wyk in Rügen; die drei großen Hasse (das Kurische, Frische u. Stettiner) entstehen als Binnenwasser durch die in die See mündenden Ströme, stehen mit dem Meere zwar in Verbindung, haben aber süßes Wasser u. einen stark ausgehenden Strom. Außer ihnen gibt es in Pommern noch mehre ähnliche, doch weit kleinere Strandseen. Alle Flüsse des östlichen Haupttheils gehen der Ost- od. Nordsee zu. Erstere sind bes. zwei Hauptflüsse: Weichsel (mit Drewenz, Brahe, Schwarzwasser, Ossa, Ferse, Nogat u. Mottlau) u. Oder (mit Oppa, Klodnitz, Hotzenplotz, Malapane, Schlesische Neiße, Stoberau, Ohlau, Lohe, Weida, Weistritz, Katzbach, Bartsch, Bober, Lausitzer Neiße, Warthe mit Netze, Weise, Plöne u. Ihna), ferner Memel (polnisch Niemen), mit Scheschuppe u. Jura, Dange, Pregel mit Alle, die Elbing, Passarge, Leba, Lupow, Stolpe, Wipper, Persante, Rega, Ucker, Peene u. Recknitz. In die Nordsee mündet nur die Elbe (außerhalb Preußens), mit Schwarzer Elster, Mulde, Saale (mit Unstrut, Weißer Elster u. Bode), Ohre, Havel (mit Spree, Stremme, Rhin, Dosse), ferner mit Stepenitz, Aland, Elde u. Jeetze. In dem westlichen Haupttheile gehen sämmtliche Flüsse zuletzt, jedoch außerhalb des preußischen Gebiets, in die Nordsee, die Weser mit Diemel, Emmer u. Weere, u. der Rhein, mit Nahe, Lahn, Mosel (mit Sure, Saar u. Kyll), ferner mit Nette, Wied, Ahr, Sieg, Wupper, Erst, Ruhr, Emscher u. Lippe, auch die Ems; einige andere fließen zuletzt in den Zuydersee, als die Vechte, Dinkel, Berkel u. Alte Yssel; die Roer u. Werre vereinigen sich außerhalb des preußischen Gebiets mit der Maas. Von den Flüssen sind viele theilweise schiffbar (s. u.). Schiffbare Kanäle sind: der Kleine Friedrichsgraben (Neue od. Sestenburger Kanal), welcher den Gilgenstrom mit dem Nemonin, der Große Friedrichsgraben, welcher den Nemonin mit der Deime u. dem Pregel, der Bromberger Kanal, welcher die Weichsel mit dem Odergebiet, der Friedrich-Wilhelms- od. Müllroser Kanal, welcher die Oder mit der Spree, der Finowkanal, welcher die Oder mit der Havel, der Planesche Kanal, welcher die Havel mit der Elbe verbindet; der Klodnitzkanal in Schlesien zur Beförderung der Bergwerks- u. Hüttenproducte nach der Oder, viele Kanäle zwischen den einzelnen kleinen Landseen. Der Münstersche Kanal, der Nordkanal im Regierungsbezirk Düsseldorf u. der Eugenienkanal (von Rheinberg am Rhein bis zur Maas projectirt) sind noch nicht vollendet. Landseen sind sehr zahlreich, aber meist klein (im Ganzen 389 u. nehmen 36 QM. ein); Brandenburg u. Ostpreußen haben die meisten, nächst dem Westpreußen, Posen u. Pommern, Schlesien u. Sachsen aber sehr wenige. Der bedeutendste ist der Spirdingsee, außerdem der Madüe-, der Goplosee, der Schwieloch-, Müggel-, Ucker-, Rupinersee, die Havelseen, der Arendsee, der Salzige u. Süße See, der Laachersee, die Maare auf der Eifel (das Meerfelder u. das Pulvermaar) u. v. a.

Das Klima ist im Ganzen gemäßigt u. gesund, jedoch in den Ostseeprovinzen feucht u. veränderlich, in den Gebirgsstrichen rauh u. kälter. Die jährlichen Mittel der Temperatur bewegen sich zwischen 4,51 u. 8°, die Unterschiede der Wintertemperaturen sind im Norden u. Süden ansehnlich, die der Sommertemperaturen ganz gering. Für die Witterungsbeobachtungen existiren 39 vom Staate eingerichtete meteorologische Stationen. Producte: Getreide, Mannagras (Schwaden), Hirsen, Hopfen, Flachs, Hanf, Küchengewächse u. Obst, Wein, gute Waldungen; [490] Vieh aller Art, Wild: Hochwild, Seehunde an der Ostsee; Kleinwild u. wildes Geflügel häufig; von Raubwild Wölfe) nur noch in Ost- u. Westpreußen u. Posen, wenige in den Ausläufern der Ardennen), Füchse; ferner viele Gänse, Sumpfvögel, namentlich Störche, Kraniche, Fischreiher, Kibitze, Schnepfen, Strandläufer, Rohrdommeln etc. Von Fischen gibt es Häringe, Strömlinge, Steinbutten, Störe, Lachse, Salmen, Neunaugen, Aale, Muränen, Forellen, Karpfen, Hechte; Schildkröten hegt ein See in Brandenburg, Blutegel zieht man in Pommern, Berlin etc. Von Mineralien hat P. fast alle Metalle, jedoch Silber wenig, Blei hinreichend, aber Kupfer u. Zink viel; dann Stein- u. Braunkohlen, viel Torf, Bernstein, Kochsalz, Vitriol, Salpeter u.a. Erden u. Steine. Mineralquellen, welche als Heilanstalten benutzt werden, hat P. 104, nämlich Pommern 3, Brandenburg 7 (darunter die Eisen- u. Schwefelquellen zu Freienwalde), Schlesien 33, darunter 10 allgemein gesuchte (Schwefelwasser: Warmbrunn, Landeck, Muskau; Säuerlinge: Salzbrunn, Flinsberg; Eisenwasser: Reinerz, Cudowa, Altwasser, Charlottenbrunn), Sachsen 16 (bes. Kochsalzwasser: Halle, Großsalza, Kösen; Schwefelwasser: Langensalza, Transtädt, Lauchstädt), Westfalen 14 (Stahlbrunnen zu Driburg), Rheinprovinz 31 (bes. Schwefelquellen: Aachen, Burtscheid; Kochsalzwasser: Kreuznach). Seebäder befinden sich an der Ostseeküste; es entstehen fast jährlich neue Anstalten, u. jede Stadt, fast jedes Dorf an der Küste kann ein Seebad genannt werden; die bedeutendsten sind: Kranz, Zoppot, Rügenwalde, Kolberg, Swinemünde, Deep, Putbus. Die Bevölkerung betrug 1816: 10,402,631; Ende 1858: 17,739,913 (auf eine QM. kommen 3476); es wanderten 1858 ein: 3469, aus: 13,329 (davon 11,307 nach Amerika); von den Provinzen hat Schlesien die meisten Einw., Pommern die wenigsten, von den Regierungsbezirken Potsdam die meisten, Stralsund die wenigsten. 1855 gab es 8,577,568 männliche u. 8,625,263 weibliche Einw. Den Confessionen nach zählte man Ende 1858: 10,848,510 Evangelische, 6,618,979 römische u. 1331 griechische Katholiken, 242,416 Juden, 14,608 Deutschkatholiken, 14,052 Mennoniten, 14 Muhammedaner. Der nationalen Abstammung nach ist die größte Zahl der Einw. germanischer u. slawischer Abkunft; man zählte nämlich 1855: 14,730,664 Deutsche u. 2,283,890 Slawen; letztere gibt es am meisten in Posen (Polen), Ost- u. Westpreußen (Masovier), in den Regierungsbezirken Köslin (Kassuben), Oppeln u. Breslau (sog. Wasserpolen), in der Lausitz Wenden (74,771). Dazu kommen 30,000 französischer u. wallonischer, 150–170,000 lettischer Abstammung u. 242,416 Juden. P. hat 990 Städte mit 4,956,127 Ew., 352 Flecken mit Marktgerechtigkeit, 31,479 Dörfer, 11,687 Vorwerke u. Höfe, 8447 Colonien u. Weiler, 31,014 einzelne Etablissements, so daß auf das platte Land 12,234,675 Einw. kommen.

Staatsverfassung. Seit dem Jahre 1848 gehört P. zu den monarchisch-constitutionell regierten Staaten, nachdem es früher nur eine ständische Verfassung u. auch diese bis 1847 nur für die einzelnen Provinzen, nicht für den gesammten Staat, gehabt hatte. Die neuere Entwickelung des preußischen Verfassungsrechts datirt vom Eintritte des Ministers v. Stein in die Verwaltung (vgl. das sogenannte Steinsche Testament, ein Rundschreiben vom 24. Nov. 1808). In dem Edicte vom 27. Oct 1810, über die Finanzen des Staats u. die neuen Einrichtungen wegen der Abgaben, wurde zum ersten Male dem preußischen Volke eine Nationalrepräsentation gesetzlich verheißen u. bereits im Februar 1811 eine interimistische Repräsentation in Berlin versammelt, welche indessen nur wenig Erfolg hatte u. deshalb bald wieder entlassen wurde; wegen des bald darauf folgenden Krieges gegen Frankreich trat der Verfassungsplan in den Hintergrund, aber nach dem Frieden wurde in einer Verordnung vom 22. Mai 1815 das Versprechen, daß eine Nationalrepräsentation eingeführt werden solle, mit dem Zusatz wiederholt, daß dieselbe aus den neu zu bildenden Provinzialständen hervorgehen, ihren Sitz in Berlin haben u. ihre Wirksamkeit auf alle Gegenstände der Gesetzgebung, welche die persönlichen u. Eigenthumsrechte der Staatsbürger, mit Einschluß der Besteuerung, beträfen, erstrecken solle. In der That wurde auch eine Commission ernannt, um sich mit der Ausarbeitung einer vollständigen Verfassungsurkunde zu beschäftigen; allein die demagogischen Umtriebe des Jahres 1819 erzeugten Besorgnisse, daß dem Staate durch die Begünstigung der liberalen Ideen Gefahr drohe, die Karlsbader Beschlüsse traten in das Leben u. brachten die Doctrin zu Wege, daß nur eine ständische Verfassung den Bestimmungen des 13. Art. der Bundesacte entspreche. An Stelle der früher beabsichtigten allgemeinen Landesrepräsentation kam daher nur das Gesetz wegen Anordnung der Provinzialstände vom 5. Juni 1823 zu Stande, wonach für jede Provinz eine provinzielle Vertretung geschaffen, für diese aber das Grundeigenthum zur Bedingung der Standschaft u. die Versammlung selbst als das Organ der verschiedenen Stände der Unterthanen in der Provinz erklärt wurde. Die Rechte, welche diesen Ständen eingeräumt wurden, bestanden in der Berathung der die Provinz allein angehenden Gesetzentwürfe; außerdem sollten ihnen, so lange keine allgemeinen ständischen Versammlungen stattfänden, die Entwürfe solcher allgemeinen Gesetze, welche Veränderungen in den Personen- u. Eigenthumsrechten u. in den Steuern zum Gegenstand hätten, soweit sie die Provinz beträfen, zur Berathung vorgelegt, auch Bitten u. Beschwerden, welche auf das Wohl der Provinz Beziehung hätten, von ihnen angenommen, geprüft u. sie darauf beschieden werden. Für jede Provinz ergingen hierauf noch besondere Gesetze, welche die Zusammensetzung der Versammlung meist nach den drei Ständen der adeligen Ritterschaft, der Städte u. ländlichen Gutsbesitzer (Erbpächter etc.) bestimmten Auf diesen Gesetzen beruhten die ständischen Institutionen P-s bis zum Jahre 1847, wo König Friedrich Wilhelm IV. sich entschloß, durch die Einberufung des Vereinigten Landtages mittelst Patentes vom 3. Febr. 1847 eine weitere Ausdehnung der ständischen Befugnisse anzubahnen. Der Vereinigte Landtag, welcher vom 11. April bis 26. Juni 1847 in Berlin versammelt war, bestand aus der Vereinigung der acht Provinziallandtage zu Einer Versammlung u. war in zwei Curien, die Herrencurie (Stand der Fürsten, Grafen u. Herren mit 80 Stimmen) u. die Curie der Stände (Abgeordnete der Ritterschaft, Städte u. Landgemeinden mit 525 Stimmen), eingetheilt, welche bald vereinigt, bald abgesondert beriethen. Eine Periodicität war demselben nicht bewilligt, nur ein ständischer Ausschuß sollte längstens[491] aller vier Jahre berufen werden; außerdem wurde noch eine ständische Deputation für das Staatsschuldenwesen gebildet. Die neue Institution befriedigte indeß das Verlangen nach einer allgemeinen Nationalrepräsentation nicht, u. schon der Landtag selbst trug auf eine Erweiterung seiner Befugnisse an. Zwar wurden diese Anträge zurückgewiesen, allein die bald darauf eingetretenen gewaltsamen Ereignisse des Frühjahrs 1848 beseitigten bald die ganze Institution. Eine Nationalversammlung wurde (22. Mai) berufen, um die künftige Staatsverfassung mit der Krone zu vereinbaren, als diese aber mit ihrer Aufgabe nicht zu Stande kam (s. u. Preußen, Geschichte), mittelst Verordnung vom 5. Decbr. 1848 unter Vorbehalt der Revision eine auf breitester demokratischer Grundlage basirende Verfassungsurkunde nebst den Wahlgesetzen für die erste u. zweite Kammer vom 6. desselben Monats octroyirt. An ihre Stelle trat dann, nachdem das Wahlgesetz für die zweite Kammer inzwischen durch ein neues vom König erlassenes Wahlgesetz vom 30. Mai 1849 ersetzt worden war, die revidirte Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850, welche (am 6. Febr. 1850 vom König beschworen) gegenwärtig das Staatsgrundgesetz des Königreichs bildet. Doch hat diese Verfassungsurkunde seitdem durch verschiedene, mit Zustimmung beider Kammern erlassene Gesetze, insbesondere vom 30. April 1851, 21. Mai u. 5. Juni 1852, 7. u. 24. Mai 1853, 10. Juni 1854, 30. Mai 1855, 14. u. 30. April 1856, 18. Mai 1857, mehre Abänderungen erlitten u. die in der Verfassungsurkunde noch freigelassene Lücke über die Bildung der ersten Kammer ist durch die der eigenen Entschließung des Königs überlassene Verordnung vom 12. Octbr. 1854 ausgefüllt worden Die hauptsächlichsten Bestimmungen der Verfassungsurkunde (L. v. Rönne, Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat, unter Vergleichung mit dem Entwurfe etc., 2. Aufl. 1852) sind folgende: Alle Landestheile der Monarchie bilden ein einiges, untheilbares u. unveräußerliches Staatsgebiet, dessen Grenzen nur durch ein Gesetz verändert werden können. Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich; Standesvorrechtefinden nur in so fern Statt, als sie vom König den Gliedern der vormals reichsunmittelbaren Häuser durch besondere Verordnung zugestanden sind. Die öffentlichen Ämter sind, unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen, für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. Die persönliche Freiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, des Eigenthums, der Auswanderungsfreiheit, der Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Religionsgesellschaften u. der gemeinsamen häuslichen u. öffentlichen Religionsübung, Freiheit der Wissenschaft u. ihrer Lehre, Freiheit der Meinungsäußerung durch Wort, Schrift, Druck u. bildliche Darstellung, des Rechtes, sich ohne vorgängige obrigkeitliche Erlaubniß friedlich u. ohne Waffen in geschlossenen Räumen zu versammeln, des Petitionsrechtes, der Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses sind gewährleistet. Alle Preußen sind wehrpflichtig; das Heer zerfällt in die drei Abtheilungen des stehenden Heeres, der Landwehr u. des Landsturmes. Das mit dem Besitze gewisser Grundstücke verbundene Recht der Ausübung od. Übertragung der richterlichen Gewalt (Patrimonialgerichtsbarkeit) u. die aus diesem Rechte fließenden Exemtionen u. Abgaben, ingleichen die aus dem gerichts- u. schutzherrlichen Verbande, der frühern Erbunterthänigkeit, der frühern Steuer- u. Gewerbeverfassung herstammenden Verpflichtungen bleiben nach Maßgabe der ergangenen Gesetze aufgehoben, u. mit den aufgehobenen Rechten fallen auch die Gegenleistungen. u. Lasten hinweg, welche den bisher Berechtigten dafür oblagen. An der Spitze des Staates steht der König; seine Person ist unverletzlich. Die Minister des Königs sind verantwortlich; alle Regierungsacte des Königs bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines Ministers. Dem König allein steht die vollziehende Gewalt, die Annahme u. Entlassung der Minister, die Verkündigung der Gesetze u. der zu ihrer Ausführung erforderlichen Verordnungen, der Oberbefehl über das Heer, die Besetzung aller Stellen des Militär- u. Civildienstes, der Verleihung von Orden u. andern mit Vorrechten nicht verbundenen Auszeichnungen, die Ausübung des Münzrechtes, das Recht der Begnadigung u. Strafmilderung (zu Gunsten eines wegen seiner Amtshandlungen verurtheilten Ministers aber nur bei vorhandenem Antrag derjenigen Kammer, von welcher die Anklage ausging) zu; bereits eingeleitete Untersuchungen kann der König nur auf Grund eines besonderen Gesetzes niederschlagen. Die Krone ist, den Königlichen Hausgesetzen gemäß (dazu gehören bes. das Testament des Kurfürsten Albrecht Achilles von 1473, der Geraische Vertrag von 1599, der Vergleich zwischen Markgraf Philipp Wilhelm u. Kurfürst Friedrich III. vom 3. März 1692, die Verordnung Friedrichs IIl. vom Jahre 1710, das Edict König Friedrichs I. vom 13. Aug. 1713 u. dessen Testament vom 1. Juli 1714), nach dem Rechte der Erstgeburt u. der agnatischen Linealfolge erblich. Nach der Thronbesteigung hat der König in Gegenwart der vereinigten Kammern das feierliche Gelöbniß, die Verfassung des Königreichs zu halten u. in Übereinstimmung mit derselben u. den Gesetzen zu regieren, zu leisten. Ohne Einwilligung der beiden Kammern kann der König nicht zugleich Herrscher fremder Reiche sein. Ist der König minderjährig (unter 18 Jahr), od. sonst dauernd verhindert zu regieren, so übernimmt der nächste Agnat die Regentschaft; derselbe hat sofort die Kammern zu berufen, welche in vereinigter Sitzung über die Nothwendigkeit der Regentschaft beschließen. Ist kein volljähriger Agnat vorhanden, so hat das Staatsministerium die Kammern zu berufen, welche in vereinigter Sitzung einen Regenten erwählen. An pecuniären Einkünften bezieht der König, abgesehen von den Einkünften aus dem Kronfideicommiß, eine durch Gesetz vom 17. Jan. 1820 auf die Erträgnisse der Forsten u. Domänen angewiesene Rente von 2,500,000 Thlrn. Die Vertretung des Landes, mit welcher der König gemeinschaftlich die gesetzgebende Gewalt ausübt, wird durch zwei Kammern gebildet, von welchen die erste die Bezeichnung »Herrenhaus«, die zweite »Haus der Abgeordneten« führt. Das Herrenhaus besteht aus den Prinzen des Königlichen Hauses, welche, sobald sie in Gemäßheit der Hausgesetze die Großjährigkeit erlangt haben, vom König dazu berufen werden können; aus Mitgliedern, welche mit erblicher Berechtigung, u. solchen, welche nur auf Lebenszeit berufen werden. Zu den erblichen Mitgliedern gehören die Häupter der Fürstlichen Häuser von Hohenzollern-Hechingen u. Sigmaringen u. der sonst in P. ansässigen, nach der [492] Deutschen Bundesacte zur Standschaft berechtigten Häupter der vormals reichsständischen Häuser, so wie die Häupter derjenigen Familien, denen das erbliche Recht auf Sitz u. Stimme im Herrenhaus vom König durch besondere Verordnung verliehen wird; zu den Mitgliedern auf Lebenszeit werden berufen die Inhaber der vier großen Landesämter im Königreich P., Personen, welche der König aus besonderem Vertrauen dazu ausersieht u. von denen gewisse, zur Begutachtung wichtiger Rechtsfragen Berufene die besondere Bezeichnung Kronsyndici führen, endlich solche, welche auf erfolgte Präsentation von Seiten gewisser bevorrechter Corporationen (der Domstifter, Landesuniversitäten, der größeren Städte, Verbänden, welche für jede Provinz aus den mit Rittergütern angesessenen Grafen gebildet worden sind, Verbänden von durch ausgebreiteten Familienbesitz ausgezeichneten Geschlechtern u. Verbänden des sogenannten alten u. des befestigten Grundbesitzes) vom Könige dazu auserwählt werden. Das Abgeordnetenhaus besteht aus 352 Mitgliedern, von denen zwei den hohenzollernschen Fürstenthümern angehören. Die Abgeordneten werden nach der Wahlordnung vom 30. Mai 1849 durch Wahlmänner gewählt, welche aus Urwahlen hervorgehen. Bei letzteren hat jeder selbständige, 24 Jahre alte u. im Vollbesitz der bürgerlichen Rechte befindliche Preuße, welcher nicht aus öffentlichen Mitteln Armenunterstützung genießt u. welcher seit sechs Monaten in der betreffenden Gemeinde seinen Wohnsitz hat, eine Stimme. Die Urwähler werden nach Maßgabe der von ihnen entrichteten directen Staatssteuern gemeinde- od. bezirksweise in drei Abtheilungen getheilt, so daß auf jede Abtheilung ein Drittheil der Gesammtsumme der Steuerbeträge aller Urwähler fällt; jede Abtheilung wählt ein Drittheil der zu wählenden Wahlmänner, u. zwar so, daß auf jede Vollzahl von 250 Seelen ein Wahlmann zu wählen ist u. die Wahlmänner in jeder Abtheilung aus der Zahl der stimmberechtigten Urwähler des Urwahlbezirkes, ohne Rücksicht auf die Abtheilung, durch Stimmgebung zu Protokoll gewählt werden. Zum Abgeordneten ist jeder Preuße wählbar, welcher das 30. Lebensjahr vollendet, bereits drei Jahre dem preußischen Staatsverbande angehört hat u. sich im Vollbesitz der bürgerlichen Rechte befindet; die Wahl erfolgte auch hierbei durch protokollarische Stimmgebung; Beamte bedürfen zur Annahme der Wahl keines Urlaubes. Die Legislaturperiode des Abgeordnetenhauses umfaßt drei Jahre; die Mitglieder desselben erhalten Reisekosten u. Diäten, die Mitglieder des Herrenhauses dagegen nicht. Die beiden Häuser werden regelmäßig alljährlich in dem Zeitraum von Anfang November bis Mitte Januar, außerdem so oft es die Umstände erheischen, einberufen. Jedes Gesetz, ingleichen jede neue Steuererhebung, wobei Bevorzugungen nicht eingeführt werden können, Aufnahme neuer Staatsanleihen od. Übernahme von Staatsgarantieen, erfordert die Übereinstimmung des Königs u. beider Häuser. Finanzgesetze u. die jährlichen Staatshaushaltsetats, werden zuerst dem Hause der Abgeordneten vorgelegt, die letzteren werden von dem Herrenhause nur im Ganzen angenommen od. abgelehnt. Beiden Häusern steht, wie dem Könige, das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen; doch können Gesetze, welche durch eine der Kammern od. den König verworfen sind, in derselben Sitzungsperiode nicht wieder vorgebracht werden. Jedes Haus hat für sich das Recht Adressen an den König zu richten u. die Befugniß behufs ihrer Information Commissionen zur Untersuchung von Thatsachen zu ernennen. Zu Etatsüberschreitungen ist die nachträgliche Genehmigung der Kammern erforderlich; die allgemeinen Rechnungen über den Staatshaushaltsetat müssen, nachdem sie von der Oberrechnungskammer geprüft u. festgestellt worden sind, den Kammern zur Entlastung der Staatsregierung vorgelegt werden. Für ihre Abstimmungen in den Kammern können die Mitglieder derselben niemals, für ihre darin ausgesprochenen Meinungen nur auf Grund der Geschäftsordnung zur Rechenschaft gezogen werden; eine Untersuchung od. Verhaftung gegen Kammermitglieder ist während der Sitzungsperiode nur mit Genehmigung des Hauses statthaft. Neben den allgemeinen Ständen bestehen übrigens die durch das Gesetz vom Jahr 1823 eingeführten Provinzialstände für die einzelnen Provinzen, so wie für die einzelnen Kreise die Kreisstände noch fort. Vgl. Bergius, Preußen in staatsrechtlicher Beziehung, 2. Ausg. Münst. 1843; H. Simon, Das Preußische Staatsrecht, Bresl. 1844, 2 Thle.; Jacobson, Der Preußische Staat, eine übersichtliche Darstellung seiner Bildungsgeschichte, Gesetzgebung, Verfassung u. Verwaltung, Lpz. 1854; L. v. Rönne, Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie, Lpz. 1856, 2 Bde.

Verwaltung. Die Verwaltung des Staates gipfelt (vgl. L. v. Rönne u. H. Simon, Die Verfassung u. Verwaltung des Preußischen Staates, Bresl. u. Berl. 1840–54) in dem Staatsministerium, dessen Wirkungskreis sich über das ganze Staatsgebiet erstreckt. In seiner gegenwärtigen Gestaltung besteht dasselbe aus der Vereinigung der Einzelministerien, nämlich: dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, welcher meist auch Präsident des Staatsministeriums ist, wenn nicht ein besonderer Präsident ohne Portefeuille ernannt ist; dem Finanzminister, dem Minister der geistlichen, Unterrichts- u. Medicinalangelegenheiten, dem Minister des Innern, dem Minister für Handel, Gewerbe u. öffentliche Arbeiten, dem Justizminister, dem Kriegsminister, welcher zugleich Marineminister ist, u. dem Chef des Ministeriums für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten. Die Würde eines Staatskanzlers, welcher nach einer Verordnung vom 27. Octbr. 1810 mit ausgedehnten Befugnissen an der Spitze der gesammten Verwaltung gestellt werden sollte, ist seit dem Tode des Fürsten Hardenberg, welcher dieselbe bekleidete u. 1822 starb, nicht wieder verliehen worden u. auch der neuen Verfassung fremd. Dem Staatsministerium kommt die Berathung aller Entwürfe. zu neuen Gesetzen, aller Anordnungen, welche ein allgemeines Interesse betreffen od. in der bestehenden Verfassung etwas verändern, ferner die allgemeine Aufsicht über die Generalverwaltung des Staates, daher die Prüfung der Verwaltungspläne der Provinzialbehörden, der periodischen Übersichten vom Zustande der Generalkassen u. deren Etats, die Berathung über abweichende Ansichten zwischen einzelnen Ministerien, der Vorschläge wegen Anstellung der Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten, Chefs der oberen Justizbehörden etc. zu. Nur unter Verantwortlichkeit des gesammten Staatsministeriums können provisorische Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen, für den Fall eines Aufruhrs der [493] Belagerungszustand erklärt u. die Auflösung einer Stadtverordneten-, Gemeinde- od. Amtsversammlung mittelst königlicher Verordnung angeordnet werden; auch gehen an das Staatsministerium die Berufungen gegen die Erkenntnisse der Disciplinarbehörden erster Instanz u. die Recurse gegen Verfügungen der unteren Behörden. Unmittelbar dem Staatsministerium untergeordnet sind der Disciplinarhof für die nicht richterlichen Beamten die Oberexaminationscommission für die Prüfung zu den höheren Verwaltungsämtern u. die geheime Oberhofbuchdruckerei; unmittelbar unter dem Präsidium desselben die Generalordenscommission, die Staatsarchive, die Centralstelle für Preßangelegenbeiten, welcher die Überwachung des gesammten Zeitungswesens, der von der Regierung speciell unterstützten Blätter, Abgabe von Gutachten über die Verhältnisse der Presse etc. obliegt, u. in Gemeinschaft mit dem Finanzminister die Verwaltung des Staatsschatzes u. des Münzwesens. Neben dem Staatsministerium u. von ihm unabhängig bestehen noch das Geheime Cabinet des Königs, welches in ein Civilcabinet, zu dem bes. die Bearbeitung der Begnadigungsgesuche gehören, u. in ein Militärcabinet für die vom König sich reservirten Personalangelegenheiten, allgemeinen Armeebefehle etc. zerfällt, u. der Staatsrath, als eine nur berathende Behörde, welche (Verordnung vom 20. März 1817 u. 6. Jan. 1848) aus den volljährigen Prinzen, den Feldmarschällen, dem Chef des Obertribunals a. a. hohen Staatsbeamten, welche theils kraft ihres Amtes, theils durch besonderes Vertrauen des Königs dazu berufen werden, gebildet ist u. zu deren Geschäftsressort namentlich die Berathung aller Gesetze, Verfassungs- u. Verwaltungsnormen von Plänen über Verwaltungsgegenstände, Streitigkeiten über den Wirkungskreis der Ministerien etc. gehören. Zur Bearbeitung dieser Gegenstände, deren jeder dem Staatsrath bes. erst zugewiesen werden muß, zerfällt der Staatsrath in sechs Abtheilungen; Gesetz- u. Verordnungsentwürfe sind aber entweder in einer Plenarversammlung od. einer engeren Versammlung zu berathen, zu welcher letzteren die sämmtlichen Mitglieder des Staatsministeriums, der Staatssecretär, sämmtliche Mitglieder der Hauptabtheilung, welcher zunächst die Sache zugefallen sein würde, mindestens zwei Mitglieder einer Nebenabtheilung u. außerdem noch zwei od. mehrere sonstige Mitglieder zuzuziehen sind. Die Einzelministerien erstrecken ihre Wirksamkeit innerhalb des ihnen überwiesenen Geschäftskreises über alle Provinzen; in ihrer inneren Einrichtung sind sie bureaukratisch organisirt, so daß alle Verfügungen zunächst unter Verantwortlichkeit des betreffenden Ministers ausfließen u. die dieselben bearbeitenden, vortragenden Räthe etc. nur ein berathendes Votum haben. Die meisten Ministerien zerfallen in verschiedene Abtheilungen, denen ein Director vorsteht. Zum Ressort des Ministeriums des Innern gehört die gesammte innere Landesverwaltung, insoweit nicht einzelne Zweige derselben anderen Ministerien überwiesen sind, insbesondere die Landesvertretung, sowohl die allgemeine, als die Provinzial- u. Kreisvertretung, das gesammte Communalwesen, das Armen- u. Heimathswesen, die Anstalten für die Landeswohlfahrt, die ganze Polizeiverwaltung, das Militärersatzwesen, Mobilmachung, Leistungen für die Landwehr etc. Die Geschäfte werden in zwei Abtheilungen, der Polizeiabtheilung u. der Abtheilung des Innern, bearbeitet. In dem Finanzministerium concentrirt sich die Rechnungsführung der gesammten Staatsverwaltung, die Regulierung des gesammten Einnahme- u. Ausgabewesens, die Vertretung des Fiscus, die Verwaltung der Generalstaatskasse etc. Das Ministerium zerfällt in drei Abtheilungen: für die Verwaltung der Steuern (Generaldirection der Steuern); für das Kassen- u. Etatswesen, welcher auch die Generallotteriedirection u. die Generaldirection der allgemeinen Wittwenverpflegungsanstalt untergeordnet sind; u. die Abtheilung für Domänen u. Forsten. Außerdem untersteht der unmittelbaren Aufsicht des Finanzministers noch die durch Patent des Königs Friedrich II. vom 14. Octbr. 1772 gegründete Seehandlung u. die als eine von der allgemeinen Finanzverwaltung völlig abgesonderte, für gewisse Fälle unbedingt verantwortliche Behörde bestehende Hauptverwaltung der Staatsschulden, so wie in Gemeinschaft mit dem Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten die Aufsicht über die Provinzialrentenbanken zur Beförderung der Ablösung u. Reallasten. Das Ministerium für Handel, Gewerbe u. öffentliche Arbeiten (erst im Jahr 1848 gebildet) umfaßt fünf Abtheilungen: das Generalpostamt, zu dessen Ressort zugleich die Telegraphendirection, die Oberpostdirection für Berlin u. das Immediatoberpostamt in Hamburg gehören; die Verwaltung für Eisenbahnangelegenheiten, welchen die königlichen Eisenbahndirectionen u. die für die Privatgesellschaften bestehenden Eisenbahncommissariate unterstehen; die Verwaltung des Land-, Wasser- u. Chausseebauwesens; die Verwaltung für Handel u. Gewerbe u. die Verwaltung für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen. Zu dem Ministerium für landwirthschaftliche Angelegenheiten (als eigenes Ministerium ebenfalls erst 1848 begründet) ressortirt die gesammte landwirthschaftliche Polizei, insbesondere die Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, der Gemeinheitstheilungen, Ablösungen, die Aufsicht über alle Anstalten zur Beförderung der Landwirthschaft, das Gestütwesen, die Vorfluths- u. Fischereipolizeisachen u. dgl. Außer der Centralcommission für die Angelegenheiten der Rentenbanken sind diesem Ministerium noch das Landesökonomiecollegium als technische Deputation, das Revisionscollegium für Landescultursachen als oberer Gerichtshof für die bei den unteren Auseinandersetzungsbehörden entstehenden Streitigkeiten u. die höheren landwirthschaftlichen Lehranstalten (in Eldena, Proskau u. Poppelsdorf), die Haupt- u. Landesgestüte etc. unmittelbar untergeben. Zu dem Geschäftskreis des Justizministeriums gehört die gesammte Oberaufsicht auf die eigentliche Rechtspflege, die Anstellung aller Justizbedienten, die Vorbereitung der in die Justiz einschlagenden Gesetzentwürfe u. die Lehnssachen. In Gemeinschaft mit dem Kriegsminister bildet der Justizminister zugleich das Militärjustizdepartement; unmittelbar unter ihm stehen das Obertribunal u. die Appellationsgerichte, so wie die Immediatjustizexaminationscommission. Das Ministerium für die geistlichen etc. Angelegenheiten (gegründet 1817) zerfällt in 4 Abtheilungen: die 1. Abtheilung für die äußeren evangelischen Kirchenangelegenheiten, während für die inneren Angelegenheiten der Evangelischen Kirche seit 1849 als eineselbständige, collegialisch eingerichtete Behörde der Evangelische[494] Oberkirchenrath besteht; die 2. Abtheilung für die katholischen Kirchenangelegenheiten, welche in höherer Instanz sowohl die äußeren, als die inneren Angelegenheiten des katholischen Kirchenwesens, insoweit auf Grund des Oberaufsichtsrechtes dabei überhaupt eine Einwirkung des Staates stattfindet, bearbeitet; die 3. Abtheilung für die Unterrichtsangelegenheiten, von welcher alle niederen u. höheren Bildungsanstalten, ohne Unterschied der Confession, u. alle Anstalten u. Behörden für Wissenschaft u. Kunst ressortiren; die 4. Abtheilung für die Medicinalangelegenheiten, welche die oberste Leitung der gesammten Medicinal- u. Sanitätspolizei, die Aufsicht über das Medicinalpersonal, alle öffentlichen u. Privatkrankenanstalten hat. Zu ihr ressortiren daher insbesondere noch die wissenschaftliche Deputation für das Medicinalwesen, die Oberexaminationscommission für die Staatsprüfungen der Arzte u. Apotheker, die Charité, die Thierarzneischule u. Hofapotheke in Berlin; zu der dritten Abtheilung die Akademien für Kunst u. Wissenschaft, die Museen u. die Landesuniversitäten in Berlin, Breslau, Königsberg, Greifswald, Halle u. Bonn. Das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten bearbeitet in zwei Sectionen die gesammten Geschäfte, welche sich auf den Verkehr mit den anderen Staaten beziehen, u. zwar in der ersten, sofern sie die äußeren Verhältnisse im Allgemeinen, die Communication mit den fremden Geschäftsträgern u. die Instruction der preußischen Agenten über die höhere Politik betreffen; in der zweiten, insofern sie zugleich die innere Verfassung u. Verwaltung des Staates, den Handel u. die Privatangelegenheiten der Staatsangehörigen (Grenz-, Post-, Polizei-, Paß- etc. Sachen) angehen. Zur Vertretung des Ministers besteht das Amt eines Unterstaatssecretärs. Unmittelbar unter diesem Ministerium stehen die Gesandtschaften, Consulate u. die Prüfungscommission für das diplomatische Examen. Das Kriegsministerium zerfällt in eine Centralabtheilung, das allgemeine Kriegsdepartement u. das Militärökonomiedepartement, über deren specielle Geschäftskreise s. unten S. 498. Außerdem ist seit 1860 auch für die Angelegenheiten der Marine, für welche als besondere Commandobehörde daneben seit 1853 die Admiralität besteht, ein eigenes Marineministerium gebildet, dasselbe aber vorläufig mit dem Kriegsministerium vereinigt worden. Neben diesen in ihrer Vereinigung das Staatsministerium bildenden Ministerien besteht endlich noch seit 1819 ein besonderes, nicht zu den eigentlichen Staatsbehörden gehörendes, sondern nur die oberste Instanz für die Verwaltung der Hofangelegenheiten bildendes Ministerium des Königlichen Hauses Zu dem Geschäftskreise desselben gehören die besonderen Angelegenheiten des Königlichen Hauses u. alle, welche Königliche u. Prinzliche Hofsachen, wie höhere Hofämter betreffen, die Verwaltung des Kronsideicommisses, des Krontresors u. Königlichen Familienfideicommisses, so wie die obere Leitung der Königlichen Haussideicommißgüter. Unter seinem Ressort stehen das Heroldsamt (errichtet 1854) für Bearbeitung der Adels- u. Standessachen, das Königliche Hausarchiv, die Hofkammer der Königlichen Familiengüter, die Verwaltung des Prinzlichen Fideicommisses u. der Königlichen Schatullgüter. Als eine gewissermaßen sämmtliche Ministerien controlirende Behörde erscheint die Oberrechnungskammer. Sie bildet eine collegialisch eingerichtete Behörde, an deren Spitze ein Chefpräsident steht, u. ihre Wirksamkeit erstreckt sich auf Revision der Rechnungen aller Kassen, deren Etats unmittelbar oder mittelbar vom Staate ressortiren. Prüfung der Rechnungen soll sich dabei nicht blos auf die Rechnungsjustification, sondern auch auf eine Prüfung dessen erstrecken, ob überall die Grundsätze der Sparsamkeit u. eines geordneten Haushaltes eingehalten worden sind.

Für die weitere Verwaltung ist das gesammte Staatsgebiet in die acht Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien, Posen, Sachsen, Westfalen u. Rheinland getheilt, von denen jede wieder in zwei bis vier Regierungsbezirke, im Ganzen 26, die Regierungsbezirke aber in Landräthliche Kreise zerfallen. Die Organisation der Provinzialverwaltung beruht hauptsächlich auf den Verordnungen vom 30. April 1815, 31. Dec. 1825 u. 27. Juni 1845. An der Spitze einer jeden Provinz steht hiernach ein Oberpräsident, welchem indessen im Ganzen nur eine mehr controlirende Thätigkeit u. allgemeine Aufsicht über die Provinzialverwaltung, u. nur für einzelne Angelegenheiten (bes. in Betreff der ständischen Angelegenheiten, Sicherheitsanstalten, Meliorationen, Institute etc., welche die ganze Provinz angehen od. doch die Grenzen eines Regierungsbezirkes überschreiten) die Bedeutung einer unmittelbaren Instanz zukommt. Die eigentlichen Mittelbehörden für die Provinzialverwaltung bilden die Regierungen, deren für jeden Regierungsbezirk eine (für Preußen in Königsberg, Gumbinnen, Danzig u. Marienwerder, für Brandenburg in Potsdam u. Frankfurt a. O., für Pommern in Stettin, Köslin u. Stralsund, für Schlesien in Breslau, Liegnitz u. Oppeln, für Posen in Posen u. Bromberg, für Sachsen in Magdeburg, Merseburg u. Erfurt, für Westfalen in Münster, Minden u. Arnsberg, für die Rheinprovinz in Köln, Düsseldorf, Coblenz, Aachen u. Trier, für Hohenzollern in Sigmaringen) bestehen. Der Geschäftskreis der Regierungen erstreckt sich auf alle Gegenstände der inneren Landesverwaltung, welche überhaupt von einer Territorialbehörde verwaltet werden können u. nicht anderen Behörden ausdrücklich übertragen sind. Jede Regierung besteht aus einem Präsidenten u. den Mitgliedern, nämlich den Oberregierungsräthen als Abtheilungsdirigenten, dem Oberforstmeister als Mitdirigent der Abtheilung für Domänen u. Forsten, den Regierungsräthen u. Assessoren u. den sogen. technischen Räthen (geistlichen, Schul-, Medicinal-, Bau- u. Forsträthen). Jede Regierung (mit Ausnahme der in Stralsund u. Sigmaringen) zerfällt in mehre Abtheilungen, als welche bei den größeren namentlich die Abtheilungen des Inneren, für die Kirchenverwaltung u. das Schulwesen, für die Verwaltung der directen Steuern u. der Domänen u. Forsten vorkommen. Die einzelnen Sachen werden, wo es auf eine materielle Entscheidung ankommt, in der Regel collegialisch, meist nur in den Abtheilungen u. nur in bes. wichtigen Fällen im Plenum behandelt. Andere Provinzialbehörden sind noch die Provinzialsteuerdirectionen für die gesammte Verwaltung der indirecten Steuern in einer Provinz, die Provinzialconsistorien als evangelische Kirchenbehörden zur Aufsicht u. Leitung der evangelischen Kirchenangelegenheiten in derselben, die Provinzialschulcollegien für[495] die obere Leitung des Erziehungs- u. Unterrichtswesens in den Elementar- u. Bürgerschulen, so wie die unmittelbare Aufsicht über alle gelehrten Schulanstalten, welche zur Universität entlassen, die Medicinalcollegien als rein wissenschaftliche u. technische rathgebende Behörden für die Regierungen u. Gerichte im Fache der polizeilichen u. gerichtlichen Medicin, die (fünf) Oberbergämter für die Verwaltung des Berg-, Hütten- u. Salinenwesens, die Militärintendanturen zur Aufsicht über sämmtliche Garnisonsanstalten, Leitung des Servisweses u. der bei den Provinzialarmeecorps überhaupt zu besorgenden Militärökonomie, die Oberpostdirectionen als Provinzialpostbehörden für jeden Regierungsbezirk, u. die Generalcommissionen für die Regulirung der gutsherrlichen u. bäuerlichen Verhältnisse, die Ablösungen u. Gemeinheitstheilungen. Die ordentlichen Verwaltungsbehörden für die Kreise sind die Kreislandräthe; sie bilden die unterste Instanz in Verwaltungssachen u. sind ständige Commissarien der Regierungen zur Vollziehung ihrer Verfügungen. Ihrer Aufsicht ist der ganze landräthliche Kreis unterworfen, mit Ausnahme solcher Städte, welche eigene Kreise bilden, od. wo besondere, königliche Polizeidirectionen eingesetzt sind. Sie üben sowohl die verwaltende, als die executive Polizei aus, haben als Vorsteher der Kreisverwaltung die Kreisstände zum Kreistage zu berufen, dabei den Vorsitz zu führen u. die gefaßten Beschlüsse zur Ausführung zu bringen. Ihre Ernennung erfolgt meist auf Präsentation der Kreisstände aus den im Kreise angesessenen Rittergutsbesitzern, wo keine qualificirten Personen dazu vorhanden sind, direct vom Könige. Für die Bureaugeschäfte ist jedem Landrath ein Kreissecretär untergeordnet; für die Vertretung u. als Amtsgehülfen stehen ihm zwei von der Kreisversammlung zu wählende, von der Regierung zu bestätigende Kreisdeputirte zur Seite. Außerdem besteht für die Vereinnahmung der directen Steuern eine unter der Curatel des Landraths stehende Kreiskasse, welcher Kreissteuereinnehmer vorstehen, u. für die medicinalpolizeilichen Geschäfte ein Kreisphysicus, Kreiswund- u. Kreisthierarzt. Die locale Verwaltung richtet sich, was die Städte betrifft, in den sechs östlichen Provinzen gegenwärtig nach der Städteordnung vom 30. Mai 1853, für Westfalen nach der Städteordnung vom 19. März 1856, für Rheinland nach der Städteordnung vom 15. Mai 1856, für Neuvorpommern u. Rügen nach der Städteordnung vom 31. Mai 1853. Im Ganzen ruhen diese Ordnungen auf gleichen Grundsätzen. Die Stadtgemeinden sind hiernach Corporationen, welchen die Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten zusteht. Die städtische Obrigkeit wird durch einen collegialisch eingerichteten Magistrat, in der Rheinprovinz durch die Bürgermeister gebildet; diesen steht eine Stadtverordnetenversammlung zur Seite, welche die Stadt vertritt. Die Mitgliederzahl der Stadtverordnetenversammlung ist verschieden nach der Zahl der Einwohner; die Wahl erfolgt nach Maßhabe der von den stimmfähigen Bürgern zu entrichtenden Steuern in drei Abtheilungen auf sechs Jahre, so daß jede Abtheilung ein Drittheil der Stadtverordneten wählt u. alle zwei Jahre ein Drittheil der Gewählten ausscheidet, um durch Neuwahlen ersetzt zu werden. Die Hälfte der von jeder Abtheilung. zu wählenden Stadtverordneten muß immer aus Hausbesitzern bestehen. Die Wahl der Mitglieder des Magistrats erfolgt durch die Stadtverordnetenversammlung, u. zwar bei dem Bürgermeister u. den übrigen besoldeten Mitgliedern auf zwölf, bei den übrigen auf sechs Jahre; doch können die ersteren auch auf Lebenszeit gewählt werden. Bürgermeister, Beigeordnete, Schöffen u. besoldete Magistratsmitglieder bedürfen der Bestätigung, welche bei Städten von mehr als 10,000 Einwohnern dem König, im Übrigen der Regierung zusteht. Den städtischen Behörden ist der Regel nach auch die Handhabung der localen Polizei übertragen; doch kann in Gemeinden, in denen sich eine Bezirksregierung, ein Land-, Stadt- od. Kreisgericht befindet, so wie in Festungen od. Gemeinden von mehr als 10,000 Einwohnern die Polizeiverwaltung auch besonderen Staatsbeamten übertragen werden. Für die Landgemeinden kommt in den sechs östlichen Provinzen das Gesetz vom 14. April 1856 zur Anwendung, welches jedoch keine vollständige Landgemeindeordnung, sondern nur eine Ergänzung der bisher bestandenen, theils auf dem Allgemeinen Landrecht, theils auf localem Herkommen beruhenden Bestimmungen über die Gemeindeverfassung in den ländlichen Ortschaften enthält; für Westfalen bildet die Landgemeindeordnung vom 19. März 1856, für die Rheinprovinz die Gemeindeordnung vom 23. Juli 1845 mit einigen Abänderungen die Grundlage, welche durch Gesetz vom 15. Mai 1856 eingeführt wurden. Auch die Dorfgemeinden bilden nach diesen Gesetzen öffentliche Corporationen; allein ihre Selbständigkeit ist, bes. in den sechs östlichen Provinzen, dadurch, daß zu vielen Beschlüssen der Gemeindeversammlung resp. der Gemeindevertreter eine Genehmigung der vorgesetzten Behörde (des Landraths od. bes. der Regierung) erfordert wird, wesentlich beschränkt. Vorsteher der Gemeinde sind in den sechs östlichen Provinzen die Schulzen od. Dorfrichter mit zwei Schöppen, welche in der Regel vom Inhaber der Ortsobrigkeit ernannt u. vom Landrath bestätigt werden. In Westfalen steht jede Gemeinde unter einem Gemeindevorsteher, mehre Gemeinden nebst den den Gemeinden gleichgestellten Rittergütern aber bilden ein Amt, welchem ein Amtmann vorsteht, welcher die Verwaltung der Gemeinden, die Ausführung der Gemeindebeschlüsse u. die Verwendung aller Geldeinnahmen zu controliren hat u. auf Anhörung des Landraths u. der Regierung aus den größeren Grundbesitzern des Amtes durch den Minister des Inneren ernannt wird. Die Gemeindeordnung für die Rheinprovinz stimmt in den meisten Punkten mit der für Westfalen überein; die Verwaltungsbezirke heißen dort Bürgermeistereien. Den Amtmännern u. resp. Bürgermeistern ist zugleich die Verwaltung der Localpolizei in den Landgemeinden übertragen; für die sechs östlichen Provinzen wurde durch die Gesetzsammlung vom 14. April 1856 die durch die Verfassungsurkunde aufgehobene gutsherrliche Polizeiverwaltung wieder hergestellt, wonach die Gutsherrschaften, Domänenämter u. in den zu Städten gehörigen Dörfern die Magistrate die localen Polizeibehörden bilden.

Die Rechtsverfassung. Die Verfassungsurkunde (Art. 80) bestimmt, daß die richterliche Gewalt im Namen des Königs durch unabhängige, keiner andern Autorität, als der des Gesetzes unterworfene Gerichte ausgeübt werden darf. Die Richter, welche vom König od. in dessen Namen auf[496] ihre Lebenszeit ernannt werden, können nur durch Richterspruch ihres Amtes entsetzt od. zeitweise enthoben werden. Für alle Verhandlungen in Civil- u. Criminalsachen vor dem erkennenden Richter ist der Grundsatz der Öffentlichkeit ausgesprochen (Art. 93 der Verfassungsurkunde). Niemand darf seinem ordentlichen Richter entzogen worden; Ausnahmsgerichte u. außerordentliche Commissionen sind unstatthaft. Die Gerichtsbarkeit wird gegenwärtig überall nur durch unmittelbar vom Staate bestellte Gerichtsbehörden ausgeübt, indem alle Privatgerichtsbarkeit, nachdem sie schon früher in der Rheinprovinz nicht mehr bestanden hatte, durch die Verordnung vom 2. Jan. 1849 auch für die übrigen Landestheile aufgehoben wurde. Durch diese Verordnung wurde auch der eximirte u. privilegirte Gerichtsstand für Personen, Grundstücke u. Gerechtigkeiten, desgleichen der privilegirte Gerichtsstand des Fiscus allgemein aufgehoben. Nachdem die frühere besondere Gerichtsverfassung in Neuvorpommern u. im Ostrheinischen Bezirke der Rheinprovinz, sowie in den Hohenzollernschen Landen neuerdings gleichfalls beseitigt u. dafür im Wesentlichen dasselbe Gerichtsverfahren, wie in den Landestheilen des Preußischen Rechtes eingeführt worden ist, beruht überhaupt für das ganze Staatsgebiet, mit Ausnahme der Rheinprovinz, wo noch die französischen Einrichtungen bestehen, die Gerichtsorganisation u. das Gerichtsverfahren auf gleicher Grundlage. Die Gerichte zerfallen in ordentliche u. in besondere, welche nur für gewisse Personen od. gewisse Klassen von Rechtsstreitigkeiten bestehen. Betreffs der ordentlichen Gerichte bildet das Obertribunal in Berlin, nachdem durch Gesetz vom 17. März 1852 der früher bes. bestandene Rheinische Revisions- u. Cassationshof in Berlin mit demselben verschmolzen worden ist, den obersten Gerichtshof für die ganze Monarchie. Dasselbe zerfällt in einen Straf- u. fünf Civilsenate u. bildet zugleich kraft besonderer Staatsverträge den obersten Gerichtshof in Straf- u. Civilsachen für das Fürstenthum Waldeck, in Straf- u. Disciplinarsachen der Richter, sowie Ablösungssachen für das Herzogthum Anhalt-Bernburg u. in Gemeinheitstheilungs u. Ablösungssachen für das Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt. Die zweite Instanz bilden 22 Appellationsgerichte, von denen jedoch das in Berlin den Namen Kammergericht, das in Königsberg den Namen Ostpreußisches Tribunal u. das in Ehrenbreitenstein die Bezeichnung Justizsenat führt; die andern bestehen in Frankfurt a. d. O., Stettin, Köslin Greifswald, Insterburg, Marienwerder, Breslau Glogau, Ratibor, Posen, Bromberg, Magdeburg, Halberstadt, Naumburg, Münster, Paderborn, Hamm, Arnsberg u. Köln. Mit dem Kammergericht in Berlin ist zugleich der Geheime Justizrath, bei welchem die Mitglieder der Königlichen Familie, sowie die Fürstenhäuser Hohenzollern-Hechingen u. Hohenzollern-Sigmaringen ihren persönlichen Gerichtsstand haben, sowie der in einen Anklage- u. einen Urtheilssenat zerfallende Gerichtshof für die Untersuchung u. Entscheidung der Staatsverbrechen verbunden. Die ordentlichen Gerichte erster Instanz sind im Gebiete des Preußischen u. Gemeinen Rechtes die collegialisch eingerichteten, regelmäßig einen Bezirk von 40–70,000 Seelen umfassenden Kreisgerichten. die, indessen nur in Städten über 50.000 Ew. (zur Zeit nur in Berlin, Breslau, Königsberg, Danzig u. Magdeburg) bestehenden, ebenfalls collegialisch eingerichteten Stadtgerichte. Mit den Kreisgerichten sind nach Bedürfniß der Localität Gerichtscommissionen (Einzelrichter für einen Bezirk von circa 7500 Ew.) u. collegialisch formirte, bald ständige, bald nur für gewisse Zeiten an andern Orten des Bezirks zusammentretende Gerichtsdeputationen verbunden. Im Bezirke des Appellationsgerichts zu Köln dagegen wird die erste Instanz durch die Friedensgerichte u. die Landgerichte gebildet. Das Institut des Geschwornengerichtes bei schwereren Verbrechen ist seit 1849 für den ganzen Umfang der Monarchie eingeführt, nachdem es bis dahin nur in der Rheinprovinz bestanden hatte; die Assisen werden im Bezirke des Rheinischen Rechtes bei den Landgerichten, sonst bei den Kreisgerichten abgehalten Ebenso ist das Institut der Staatsanwaltschaft seit 1849 für den ganzen Umfang der Monarchie eingeführt; doch findet in Beziehung auf dasselbe zwischen dem Gebiete des Rheinischen Rechts u. den übrigen Landestheilen in so fern ein wesentlicher Unterschied Statt, als in letztern die Staatsanwaltschaft nur in Untersuchungssachen, einschließlich der Disciplinarsachen, u. in Ehesachen thätig wird, im erstern dagegen auch in Civilsachen, zur Handhabung der Gesetze u. der öffentlichen Ordnung, zur Wahrung der Interessen von Unmündigen. u. ihnen gleiche stehenden Personen eine Wirksamkeit entfaltet u. zugleich über die Advocatanwälte, Notarien, Gerichtsschreiber eine Aufsicht ausübt. Als besondere Gerichte bestehen außerdem noch die seit 1847 u. 1849 allgemein eingeführten Handels- u. Gewerbegerichte (s.d.), ferner die Universitäts- u. Militärgerichte für die Rechtssachen der Studirenden u. Militärs, die Disciplinargerichte für die richterlichen u. nicht richterlichen Beamten, die katholischgeistlichen Gerichte für die Disciplinaraufsicht über katholische Kirchenbeamte u. in Sponsalien- u. Ehesachen, soweit die rein kirchliche Seite in Betracht kommt, die Rheinzollgerichte zur Untersuchung u. Bestrafung aller Zuwiderhandlungen gegen die Rheinschifffahrtsordnung, aller Streitigkeiten über Entrichtung der Schifffahrtsgebühren, Hemmung des Leinpfads etc., u. der Gerichtshof für Entscheidung der Competenzconflicte.

Die Grundlage des materiellen Rechtes bildet (indessen nur als subsidiares Recht, neben welchem in den einzelnen Landestheilen die Provinzialrechte zur Anwendung kommen) in den Provinzen diesseits des Rheins das Allgemeine Preußische Landrecht vom Jahr 1794 (s. Landrecht) Die Bestimmungen desselben sind jedoch in den meisten Rechtstheilen durch neuere Gesetze erheblich modificirt worden, so daß mehre Theile des Gesetzbuches vollständig antiquirt sind. Am weitesten ist die Abänderung im Gebiete des Criminalrechts vorgeschritten. Unter dem 14. April erschien ein neues Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, welches alle entgegenstehenden Bestimmungen verdrängt u. seit 1. Juli 1851 im ganzen Umfange der Monarchie (seit 1. Jan. 1852 auch in Hohenzollern) Geltung erlangt hat (vgl. Beseler, Commentar zum Strafgesetzbuch, Lpz. 1851; Goldtammer, Materialien zum Strafgesetzbuch, Berl. 1851 f.; Dessen Archiv für Preußisches Strafrecht, 1853 ff.; Temme, Lehrbuch des Preußischen Strafrechts, ebd. 1853; Ergänzungen in 3 Theilen von Wenzel, Dabis, Salm u. Schmitz, ebd. 1851 u. 53). Der Criminalproceß, welcher früher auf dem Inquisitionsproceß[497] beruhte, trat schon durch das Gesetz vom 17. Juli 1846 in eine neue Phase, indem dadurch der Anklageproceß mit Mündlichkeit u. Öffentlichkeit für alle Justizbeamten vorläufig für die Untersuchungen des Kammergerichts u. Criminalgerichts zu Berlin eingeführt wurde. Die provisorische Verordnung vom 3. Jan. 1849 aber übertrug die Öffentlichkeit u. Mündlichkeit mit Staatsanwaltschaft u. Geschwornengerichten für die schwereren Verbrechen, wie sie vorher nur in der Rheinprovinz bestanden hatte, auf die ganze Monarchie, u. das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 14. April 1851 bestätigte diese Verordnung als Gesetz. Hiernach entscheiden über Übertretungen, auf denen eine Geldbuße bis zu 50 Thlrn. od. eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen steht, Einzelrichter, im Bezirke des Rheinischen Appellationsgerichtshofes die Friedensrichter; über Vergehen, d.h. solche Straffälle, welche eine Geldbuße von mehr als 50 Thlrn. od. eine Freiheitsstrafe von sechs Wochen bis zu drei Jahren nach sich ziehen, Gerichtsabtheilungen von drei Richtern, im Bezirk des Rheinischen Appellationsgerichtes die Zuchtpolizeikammer der Landgerichte; in Ansehung von Verbrechen, d. i. solchen Fällen, auf denen mehr als dreijährige Freiheitsstrafe steht, die Schwurgerichtshöfe. Für den Civilproceß (s.d.) schlug die Allgemeine Gerichtsordnung vom 6. Juli 1793 einen eigenen Weg ein, indem damit versucht wurde, an Stelle der gemeinrechtlichen Verhandlungsmaxime die Instructionsmaxime einzuführen, um chicanösen Proceßführungen vorzubeugen u. über das streitig gemachte Rechtsverhältniß die gründlichste, auch dem materiellen Rechte entsprechende Aufklärung zu erzielen. In neuerer Zeit ist dies Princip jedoch wieder verlassen worden. Zuerst geschah dies durch ein Gesetz vom 1. Juli 1833 bezüglich des Mandats-, summarischen u. Bagatellprocesses; ein Gesetz vom 21. Juli 1846 hob das Instructionsprincip auch für den ordentlichen Proceß auf u. führte ein mündliches, nach Gesetz vom 7. April 1847 auch öffentliches Verfahren ein, wonach zwar zunächst Klage u. Klagebeantwortung schriftlich erfolgt, hierauf aber vor dem Gericht ein mündliches Plaidoyer stattfindet. Eine neue, umfassende Civilproceßordnung wird gegenwärtig vorbereitet. Verhältnißmäßig die wenigsten Veränderungen hat bisher das Civilrecht erfahren, obschon im Einzelnen auch hier zahlreiche Ergänzungen u. Abänderungen eingetreten sind. Das Hypothekenwesen (s. u. Hypothek) ist auf die Grundsätze der Publicität u. Specialität u. das sogenannte Legalitätsprincip basirt; die Allgemeine deutsche Wechselordnung wurde 1849, das Allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch 1861 angenommen. Gemeines Recht gilt noch in Neuvorpommern, Rügen, im Ostrheinischen Theile des Regierungsbezirks Coblenz, in den Hohenzollernschen Fürstenthümern u. in dem seit 1853 von Oldenburg erworbenen Jahdegebiete; im Bezirke des Appellationsgerichts zu Köln gelten, mit Ausnahme des durch das neue Strafgesetzbuch aufgehobenen Code pénal, die französischen Gesetzbücher noch fort, s. u. Code. Über die Regelung des Gewerbewesens in P. vgl. Gewerbe. Die Verhältnisse der Presse sind durch Gesetz vom 12. Mai 1851 geregelt (s. u. Presse). Sammlungen der preussischen Gesetze sind: O. Mylius, Corpus constitutionum Marchicarum, bis zum Jahr 1736, Berl. u. Halle, 6 Thle, mit 4 Fortsetzungen u. einem Supplementband, 1737–47; Novum corpus constitutionum Borussico Brandenburgensium, 1751–1806, 13 Bde., mit 2 Registerbänden. Seit 1810 werden die neueren einzelnen Gesetze u. Verordnungen durch die amtliche Gesetzsammlung veröffentlicht, wovon für das Großherzogthum Posen auch eine amtliche polnische Übersetzung erscheint; außerdem erscheinen die Erlasse der Regierungen in besonderen Amtsblättern. Auszüge aus der Gesetzsammlung: F. Raudschmidt, Systematisches Repertorium der in den Gesetzsammlungen für die Preußischen Staaten von 1806–1854 enthaltenen Gesetze u. Verordnungen für Juristen, Bresl. 1855, 2 Bde.; R. Stöpel, Preußischer Gesetzcodex, Frankfurt a. d. O., 2 Bde.; O. v. Saucken, Gesetzsammlung für die preußischen Staatsbürger, Berl. 1856.

Finanzen. Nach dem für das Jahr 1861 gesetzlich festgestellten Etat sind die Einnahmen de. Staates auf 135,341,701 Thlr. berechnet. Hiervon entfielen auf das Finanzministerium 87,308,649 Thlr., nämlich als Ertrag der Domänen u. Forsten, abzüglich der Kronsideicommißrente von 2,500,000 Thlrn. (s. oben), 9,005,061 Thlr.; aus Ablösungen u. Verkäufen 800,000 Thlr.; Ertrag der directen Steuern: an Grundsteuer 10,208,250 Thlr., an klassificirter Einkommensteuer 3,402,500 Thlr., an Klassensteuer 10,222,000 Thlr., an Gewerbesteuer 3,286,000 Thlr., an Abgabe der Eisenbahnen 523,707 Thlr., diverse Einnahmen 22,700 Thlr., zusammen 27,665,157 Thlr.; Ertrag der indirecten Steuern: an Eingangs-, Ausgangs- u. Durchgangsabgaben 12,459,024 Thlr., Rübenzuckersteuer 4,243,000 Thlr., Branntweinsteuer 6,930,000 Thlr., Braumalzssieuer u. Übergangsabgabe vom Bier 1,326,000 Thlr., Mahlsteuer 1,540,000 Thlr., Schlachtsteuer 1,662,000 Thlr., Stempelsteuer 4,150,000 Thlr., Chausseegelder 1,317,000 Thlr. Brücken-, Hafengelder u. dgl. 1,000,000 Thlr., Steuer vom Weinbau 142,000 Thlr., vom Tabaksbau 137,000 Thlr. etc., im Ganzen 35,885,457 Thlr.; Ertrag des Salzmonopols 8,741,650 Thlr., der Lotterie 1,340,000 Thlr., des Seehandlungsinstitutes 300,000 Thlr., der Preußischen Bank 1,146,000 Thlr., der Münze 227,076 Thlr., aus der allgemeinen Kassenverwaltung 2,196,046 Thlr.; auf das Ministerium für Handel u. Gewerbe 35,246,054 Thlr., als: 11,453,800 Thlr. aus der Post-, Gesetzsammlungs- u. Zeitungsverwaltung, 805,400 Thlr. aus der Telegraphenverwaltung, 157,500 Thlr. Ertrag der Porzellanmanufactur zu Berlin, 84,500 Thlr. von der Gesundheitsgeschirrmanufactur daselbst, 11,822,487 Thlr. von der Verwaltung für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen, 10,843,737 Thlr. aus der Verwaltung der Eisenbahnen; auf das Justizministerium 10,010,320 Thlr., als: 9,161,780 Thlr. Ertrag der Gerichtskosten, 296,390 Thlr. von den Strafen, 275,175 Thlr. Beamtenemolumente, 276,975 Thlr. diverse Einnahmen; auf das Ministerium des Innern 694,604 Thlr., als: 515,341 Thlr. aus der Verwaltung der Strafanstalten, 87,037 Thlr. aus der Polizeiverwaltung, 89,174 Thlr. Verwaltung der Amtsblätter, 3052 Thlr. allgemeine Einnahmen; auf das Ministerium für landwirthschaftl. Angelegenheiten 1,342,292 Thlr, als: 979,682 Thlr. Einnahmen der Auseinandersetzungsbehörden u. 362,610 Thlr. aus der Verwaltung der Institute; auf das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- u. Medicinalangelegenheiten 95,987 Thlr.; auf das Kriegsministerium 369,382[498] Thlr.; auf die Marine 19,937 Thlr.; auf das Ministerium des Äußern 12,190 Thlr. (Consulats- u. Paßgebühren), in den Hohenzollernschen Landen 242,286 Thlr. Die Ausgaben sind mit 129,522,185 Thlr. an fortdauernden u. 9,805,152 Thlr. an einmaligen u. außerordentlichen, zusammen mit 139,327,337 Thlrn. veranschlagt. Von den erstern werden gerechnet auf Betriebs- u. Verwaltungskosten, u. zwar: auf das Finanzministerium 12,858,194 Thlr., als: 800,670 Thlr. Verwaltung der Domänen, 3,155,340 Thlr. Verwaltung der Forsten, 70,740 Thlr. Centralverwaltung beider, 1,138,368 Thlr. Verwaltung der directen u. 4,431,700 Thlr. Verwaltung der indirecten Steuern, 3,009,800 Thlr. Kosten des Salzmonopols, 24,500 Thlr. der Lotterie, 57,940 Thlr. des Seehandlungsinstitutes (welche indessen aus den Fonds des Instituts bestritten werden), 227,076 Thlr. der Münze; für das Ministerium für Handel u. Gewerbe 28,080,156 Thlr., als: 9,803,800 Thlr. Kosten der Post-, Gesetzsammlungs- u. Zeitungsverwaltung, 600,910 Thlr. Kosten der Telegraphenverwaltung, 137,500 Thlr. die Porzellanmanufactur u. 74,900 Thlr. die Gesundheitsgeschirrmanufactur zu Berlin, 9,087,497 Thlr. Kosten der Verwaltung für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen, 8,375,549 Thlr. Verwaltung der Eisenbahnen u. Eisenbahnfonds. An Dotationen: Zuschuß zur Rente des Kronsideicommißfonds 500,000 Thlr., für die öffentliche Schuld 15,547,700 Thlr. (darunter 10,795,337 Thlr. zur Verzinsung, 4,267,445 Thlr. zur Tilgung, 398,518 Thlr. an Renten etc.), für die beiden Häuser des Landtags 241,674 Thlr. (40,060 Thlr. Herrenhaus, 201,614 Thlr. Haus der Abgeordneten). An Staatsverwaltungsausgaben: für das Staatsministerium 268,840 Thlr. (darunter 31,000 Thlr. Dispositenfonds für allgemeine politische Zwecke, 20,100 Thlr. Staatsarchive, 26,900 Thlr. Generalordenscommission, 116,140 Thlr. Oberrechnungskammer etc.); für das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten 887,220 Thlr. (für Gesandtschaften 477,245 Thlr., Consulate 123,070 Thlr. etc.); für das Finanzministerium 6,762,920 Thlr. (darunter 651,618 Thlr. Passiva der Generalstaatskasse, 2,271,597 Thlr. Pensionen u. Competenzen, 1,832,165 Thlr. Besoldungen der Oberpräsidien u. Regierungen, 158,250 Thlr. Kosten der Rentebanken, 975,000 Thlr. allgemeine Fonds); für das Handelsministerium 5,577,404 Thlr. (darunter 2,384,913 Thlr. zur Unterhaltung der Staatschausseen, 1,000,000 Thlr. zu Chausseeneubauten); für das Justizministerium 11,283,781 Thlr.; für das Ministerium des Innern 5,481,787 Thlr. (darunter 791,226 Thlr. Polizeiverwaltung, 1,087,634 Thlr. Landgendarmerie, 2,100,468 Thlr. Straf- u. Besserungsanstalten, 35,000 Thlr. Dispositionsfonds für die höhere Polizei, 222,920 Thlr. Wohlthätigkeitszwecke); für das Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten 1,983,675 Thlr. (landwirthschaftliche Verwaltung 1,387,835 Thlr., Gestütverwaltung 595,840 Thlr.); für das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- u. Medicinalangelegenheiten 3,925,283 Thlr. (darunter evangelischer Cultus 407,376 Thlr., katholischer Cultus 744,092 Thlr., Universitäten 540,434 Thlr., Zuschuß zu Gymnasien u. Realschulen 324,938 Thlr., Elementarunterrichtswesen 479,823 Thlr.); für das Kriegsministerium 34,930,337 Thlr. (darunter 27,678,633 Thlr. Verpflegung, Ausrüstung u. Ergänzung der Truppen, 1,021,412 Thlr. für die nicht regimentirten Offiziere, 1,535,231 Thlr. für Waffen u. Festungen, 3,427,567 Thlr. für das Invalidenwesen); für die Marine 968,928 Thlr. (darunter Admiralität 48,050 Thlr., Militärpersonal 361,968 Thlr., Fahrzeuge 228,533 Thlr., Material 205,980 Thlr.). Unter den außerordentlichen Ausgaben finden sich namentlich angesetzt: 100,000 Thlr. für die Expedition nach den Ostasiatischen Gewässern, 100,000 Thlr. zur Vermehrung der Telegraphenverbindungen, 1,530,000 Thlr. zu Land- u. Wasserneubauten, 150,000 Thlr. zu Meliorationen u. Deichbauten, 220,000 Thlr. zu Gerichts- u. Gefängnißbauten, 370,207 Thlr. zu Unterrichtsbauten, 3,611,410 Thlr. zur Aufrechthaltung der Kriegsbereitschaft des Heeres, 1,819,357 Thlr. zu andern vorübergehenden Kriegszwecken, 400,000 Thlr. zu Schiffsbauten, 700,000 Thlr. zur Herstellung des Kriegshafens am Jahdebusen etc. Die Staatsschulden wurden 1860 berechnet mit 263,530,508 Thlrn. verzinsliche u. 15,842,347 Thlrn. unverzinsliche Schuld (Kassenanweisungen), zusammen 279,372,855 Thlr. Unter den verzinslichen Schulden befanden sich 87,924,300 Thlr. consolidirte Schuld (Staatsschuldscheine), 7,840,000 Thlr. Cautionen, 4,727,780 Thlr. blos provinzielle Staatsschulden, 19,650,288 Thlr. Schulden der dem Staate gehörigen Eisenbahnen. Der Betrag der seit 1848 vom Staate aufgenommenen u. noch nicht zurückgezahlten Anleihen aus den Jahren 1850, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 59 belief sich im Jahre 1860 auf 142,497,740 Thlr.

Die Kriegsmacht. Den Oberbefehl über das Heer führt der König; er besetzt alle Stellen, bestätigt die kriegsgerichtlichen Erkenntnisse gegen Offiziere, sowie in gewissen Fällen gegen Unteroffiziere u. Gemeine. Organ der Majestät ist das Kriegsministerium; es ist die höchste Militärbehörde, an seiner Spitze steht der Kriegsminister, welcher zugleich auch Marineminister ist; er muß die Verfassung beschwören, was von dem Heere nicht geschieht. Ein eignes Bureau, die Centralabtheilung, ist für das Correspondenzwesen des Kriegsministers bestimmt, Das Kriegsministerium zerfällt in zwei Departements: a) das allgemeine Kriegsdepartement; zu diesem gehört die Abtheilung für Armeeangelegenheiten (Verwendung der Armee, ihre Organisation, Dislocation, Dienstverhältnisse etc.), die für Artillerie, Ingenieure, persönliche Angelegenheiten u. die Geheime Kriegskanzlei; u. b) das Militärökonomiedepartement, es umfaßt alle Zweige des Militärhaushaltes u. sorgt für Verpflegung, Bekleidung u. Unterbringung der Armee; es hat vier Abtheilungen, für das Kassen- u. Etatswesen, für Natural-, Verpflegungs-, Reise- u. Vorspannangelegenheiten, für Bekleidung, Feldequipage u. Trainangelegenheiten, u. für Servis- u. Lazarethwesen. Außerdem gehört zum Ministerium eine Abtheilung für das Invalidenwesen, eine für das Remontewesen, das Generalauditoriat, das Directorium des großen Potsdamer Militärwaisenhauses, die Generalmilitärkasse. Unter dem Kriegsministerium stehen als nächste Militärbehörden das Obercommando in den Marken, die Generalcommandos des Gardecorps u. der acht Provinzialarmeecorps, die Generalinspection der Artillerie, die des Ingenieurcorps u. der Festungen, die Inspection der Jäger u. Schützen, die des Trains u. der Generalstab. Das Obercommando in den Marken begreift die Truppen in Berlin u. in der Provinz Brandenburg[499] u. hat seinen Sitz in Berlin. Das Generalcommando des Gardecorps ist in Berlin, das des 1. Armeecorps in Königsberg, des 2. in Stettin, des 3. in Berlin, des 4. in Magdeburg, des 5. in Posen, des 6. in Breslau, des 7. in Münster, des 8. in Coblenz. Ein Generalcommando besteht aus dem commandirenden General (Generallieutenant, od. General der Infanterie od. Cavallerie), dem Stabe, dieser besteht aus dem Generalstabe (zwei Stabsoffizieren, von welchen der eine Chef ist, u. einem Hauptmann) u. der Adjutantur (zwei Hauptleuten od. Lieutenants); ferner der Intendantur (1 Intendant, 3 Intendanturräthe, 3 Assessoren, 9 Secretäre, 1 Registrator, 3 Secretariats- u. 3 Registraturassistenten), dem Generalarzt des Corps, dem Corpsauditeur, dem Militäroberprediger. Die Generalinspection der Artillerie überwacht das gesammte Personelle der Artillerie, die Übungen der Linie u. Landwehr der Waffe, die durch die Artillerieprüfungscommission zu veranstaltenden Versuche, die Commission für die Examina, die Lehranstalten der Artillerie, die Depots etc. u. besteht aus einem Generalinspecteur, dem Chef des Generalstabes u. drei Adjutanten, von denen einer Major ist. Die Generalinspection des Ingenieurcorps der Pionniere u. Festungen besteht aus dem Generalinspecteur u. vier Adjutanten, von denen zwei Majors; sie überwacht außer dem Personellen den Dienstbetrieb etc., die Instandhaltung der Festungen u. die Ausführung neuer Bauten. Die Inspectionen der Jäger u. Schützen u. des Trains haben die Personalien, den Dienstbetrieb u. das Material zu überwachen. Die Inspection der Gewehrfabriken, bestehend aus einem Stabsoffizier als Inspecteur, einem Adjutanten u. einem Zeugoffizier, beaufsichtigt die Anfertigung der Handfeuerwaffen, Beschaffung des dazu nöthigen Materials etc. Die Generalinspection des Militärerziehungs- u. Bildungswesens, bestehend aus einem Generalinspecteur. u. einem Adjutanten, hat die gesammten höheren Bildungs- u. Erziehungsanstalten, als Obermilitärstudiencommission, Obermilitärexaminationscommission, Kriegsakademie, Kriegsschulen, Vereinigte Artillerie- u. Ingenieurschule u. die Cadettencorps, unter sich. Der Generalstab hat einen General als Chef u. besteht außerdem aus 45 Stabsoffizieren u. 19 Hauptleuten, welche bei dem großen Generalstab u. den Generalstäben der Armeecorps u. Divisionen verwendet werden. Zum Generalstab gehören noch 3 Ingenieurgeographen u. 13 Beamte. Der Generalstab sammelt Material zur Kenntniß der eignen u. fremden Armeen u. der möglichen Kriegsschauplätze; unter ihm stehen die Plankammer, welche alle wichtigen Karten u. Pläne enthält, u. die zur Landesvermessung bestimmte trigonometrische u. topographische Abtheilung. Die Generalstabsoffiziere der Corps u. Divisionen vollziehen die wichtigsten Bureaugeschäfte u. unterstützen den commandirenden General bei der Truppenführung. Neben den Generalstabsoffizieren stehen die Adjutanten, welche den Bureaugeschäften der Truppentheile vorstehen u. die Befehle der höheren Offiziere an die Truppen befördern. Sie zerfallen in General- u. Flügeladjutanten des Königs, Adjutanten der königlichen Prinzen u. Adjutanten der Truppentheile. Die General- u. Flügeladjutanten versehen den Dienst beim König; sie tragen eine besondere Uniform u. beziehen einen nach ihrer Charge bes. normirten Gehalt. Die Adjutanten der Prinzen tragen, wenn sie nicht einem Truppentheil aggregirt sind, die Uniform der Adjutantur u. beziehen ihre Competenzen aus einem besonderen Etat. Die Adjutanten der Truppenbehörden bleiben in Bezug auf Avancement etc. im Verband des Truppentheils. von welchem sie abcommandirt sind. Das reitende Feldjägercorps steht unter einem Adjutanten des Königs u. dem Inspecteur der Jäger u. Schützen; es besteht aus 3 Oberjägern (Secondelieutenants) u. 77 Jägern mit Feldwebelrang u. ergänzt sich aus jungen Leuten, die sich dem Forstfache widmen wollen. Sie sind bestimmt, im Frieden u. Kriege als Couriere zu besonderen Sendungen verwendet zu werden. Die Beamten der Armee sind Militärjustizbeamte, Militärärzte, Militärgeistliche, Intentandur- u. Proviantbeamte. Die verschiedenen Branchen bilden durch die ganze Armee geschlossene Corps, deren jedes einen Chef hat. Gouvernements haben Berlin u. Magdeburg; Commandanturen: Berlin, Potsdam, Breslau u. die Festungen (Coblenz u. Breslau haben zwei Commandanten). Den Commandanturen sind beigegeben ein Platzmajor (Major od. Hauptmann), welcher den Dienst etc. zu commandiren hat, ein Auditeur, welcher die Justizgeschäfte besorgt, u. ein Stabsarzt, welcher für die Gesundheitspflege sorgt. Nur den Commandanturen sind Garnisonsgeistliche beigegeben, bei denen kein Divisionsprediger ist.

Die Landmacht. Organisation. Jeder preußische Unterthan ist wehrpflichtig; die Wehrpflicht beginnt mit dem 17. Lebensjahre u. dauert bis zum vollendeten 49. Lebensjahre. Befreit von der Wehrpflicht sind die Mitglieder der Hohenzollernschen Fürstenhäuser u. die Mitglieder der vormals unmittelbaren deutschen Reichsstände u. die Gebrechlichen; ausgeschlossen sind die zu Zuchthausstrafe verurtheilten Individuen. Das gesammte Ersatzwesen steht unter den Ministerien des Innern u. Krieges, in den Ergänzungsbezirken der Provinzialarmeecorps unter den Oberpräsidien u. Generalcommandos. Die Corpsbezirke sind in Brigadebezirke eingetheilt, u. hier leitet eine Commission (Departementsersatzcommission), bestehend aus einem Brigadecommandeur u. einem Regierungsrath, die Geschäfte, während ihr in den landräthlichen Kreisen u. größeren Städten die Kreisersatzcommission, bestehend aus dem Landrath resp. Polizeidirector u. Landwehrbataillonscommandeur, vorarbeitet. Zu den Commissionen gehören noch ein Arzt, ein Infanterie- u. Cavallerieoffizier, ländliche u. städtische Grundbesitzer. Dem Ersatzgeschäft werden Listen zu Grunde gelegt, welche auf Grund der von den Geistlichen geführten Geburtslisten u. von den Ortsbehörden aufgestellten Stammrollen angefertigt werden. Das ganze Ersatzwesen ist durch die Militärersatzinstruction vom 9. Decbr. 1858 geregelt. Vom 20. (in Westfalen vom 21.) Lebensjahre an ist der Wehrpflichtige zu fünfjähriger Dienstzeit a) im stehenden Heere verpflichtet. Gestattet ist es, vom 17._– 20. Lebensjahre freiwillig ins Heer einzutreten, was bes. von solchen jungen Leuten benutzt wird, welche auf Avancement (Avantageux) dienen. Von den fünf Jahren Dienstzeit im stehenden Heere werden die ersten drei bei der Waffe zugebracht, die zwei andern Jahre wird der Soldat als Reservist beurlaubt u. ist verpflichtet, wenn er einberufen wird, sich zu gestellen. Diejenigen, welche Unterricht bei einer militärischen[500] Lehranstalt genossen haben, sowie die Zöglinge der Unteroffiziersschule, müssen für jedes Jahr, welches sie diese Staatsanstalten besucht haben, zwei Jahre bei der Fahne dienen. Kürzere Dienstzeit ist nachgelassen Studirenden u. jungen Leuten, die durch ein bestimmtes Examen od. durch Abgangszeugnisse von Gymnasien od. Realschulen eine gewisse Bildung nachweisen. Sie dienen ein Jahr als Freiwillige u. das eine Dienstjahr wird ihnen als dreijährige Dienstzeit angerechnet. Sie können vom 17. bis 23. Lebensjahre eintreten, müssen sich selbst bekleiden u. bekommen Liniensold. Als Abzeichen tragen sie eine schwarz u. weiße Schnur an den Achselklappen. Militärpflichtige Candidaten des Elementarschulamtes dienen nur sechs Wochen bei einem Infanterieregiment. Ebenso lange dienen bei der Artillerie militärpflichtige Gewehrfabrikarbeiter, welche sich zu neunjähriger Dienstzeit bei den Gewehrfabriken verpflichten. Militärkrankenwärter dienen ein Jahr in einem Militärlazareth. Die Durchschnittszahl des stehenden Heeres im Frieden beträgt 210,000 Mann; durch Einziehung der Kriegsreserven kann es auf verstärkte Friedens- od. Kriegsstärke gebracht werden, u. beträgt letztere 370,000 Mann. Jährlich werden 60,000 Mann Ersatz ausgehoben. Nach beendeter Dienstpflicht in der Reserve tritt der Soldat zur b) Landwehr ersten Aufgebots über, in welcher er sieben Jahre, vom 25._– 32. Lebensjahre, verbleibt. Die Verhältnisse der Landwehr sind durch die Landwehrordnung vom 3. Septbr. 1814 geordnet. Die Landwehr ist zunächst zur Vertheidigung im Innern des Landes bestimmt, doch kann sie auch mit dem stehenden Heere vereinigt werden zum Schutz diesseits u. jenseits der Grenzen. Die Landwehr ersten Aufgebots besteht aus 125,000 Mann, doch ist der Bestand an Mannschaften größer, so daß die älteren Mannschaften disponibel bleiben. c) Die Landwehr zweiten Aufgebots bilden die Wehrleute nach dem Austritt aus dem ersten Aufgebot bis zum 39. Lebensjahre; sie tritt erst zusammen, wenn das erste Aufgebot im Felde verwendet wird, u. dient zur Besatzung der Festungen u. zur Aufrechterhaltung der militärischen Polizei im Innern des Landes. Ihre Stärke ist circa 94,000 Mann. Die Landwehr ist bis auf schwache Cadres während des Friedens beurlaubt; diese beaufsichtigen das Kriegsmaterial. Die Truppentheile schließen sich eng an die betreffenden Landestheile, aus denen sie ihren Ersatz erhalten, an u. sind auch nach denselben benannt, z.B. Brandenburgisches Infanterie-, Thüringisches Ulanenregiment, Schlesische Artilleriebrigade. Die Landwehrbataillone führen außer dem Namen des Landestheils, welchem sie angehören, noch den des Orts, an dem sich der Stab befindet, z.B. ein Bataillon (Minden) zweiten Westfälischen Landwehrregiments. d) Der Landsturm gehört nicht zum eigentlichen Heere, sondern tritt nur, wenn das Land von einem feindlichen Einfall bedroht ist u. alle Kräfte erschöpft sind, auf besondern Aufruf zusammen; zu ihm gehören alle dienstfähigen Mannschaften vom 17._– 50. Lebensjahre, welche den permanenten Heerestheilen noch nicht od. nicht mehr angehören. Seine Formation ist nach localen Bedürfnissen zu bemessen.

Armeeeintheilung. Die Armee wird eingetheilt in neun Armeecorps, das Garde- u. acht Provinzialarmeecorps Nr. 1–8. Das Gardecorps wird eingetheilt in zwei Infanterie- u. eine Cavalleriedivision. Zur ersten Division gehören die erste u. zweite Gardeinfanteriebrigade; die erste Brigade besteht aus dem ersten u. dritten Garderegiment zu Fuß, dem ersten Gardelandwehrregiment, dem Gardejägerbataillon, der Gardeinvalidencompagnie, dem Lehrinfanteriebataillon, der Schulabtheilung. Zur zweiten gehören das zweite u. vierte Garderegiment zu Fuß, das zweite Gardelandwehrregiment, das Gardefüselierregiment. Die zweite Gardeinfanteriedivision besteht aus der dritten u. vierten Gardeinfanteriebrigade; zur dritten gehören das Kaiser-Alexander-Grenadierregiment, das dritte Grenadierregiment u. das erste Gardegrenadierlandwehrregiment, das Gardeschützenbataillon. Zur vierten Brigade gehören das Kaiser-Franz-Grenadierregiment, das vierte Gardegrenadierregiment, das zweite Gardegrenadierlandwehrregiment. Die Gardecavalleriedivision besteht aus der ersten u. zweiten Gardecavalleriebrigade; zur ersten gehören: das Regiment Garde du Corps, das Gardehusarenregiment, das erste u. dritte Gardeulanenregiment u. erste Gardelandwehrcavallerieregiment; zur zweiten gehören: das Gardecürassierregiment, das erste u. zweite Gardedragonerregiment, das zweite Gardeulanenregiment, das zweite Gardelandwehrcavallerieregiment. Außerdem befinden sich beim Corps: die Gardeartilleriebrigade, das Gardetrainbataillon, das Gardepionnierbataillon, die Gardeunteroffiziercompagnie, die Leibgendarmerie, das Invalidenhaus in Berlin. Zu einem Provinzialarmeecorps gehören zwei Divisionen; eine Division besteht aus zwei Infanterie- u. einer Cavalleriebrigade. Die Infanteriebrigade besteht aus zwei Linien- u. einem Landwehrinfanterieregiment; die Cavalleriebrigade besteht aus zwei bis vier Linien- u. einem bis zwei Landwehrcavallerieregimentern. Außerdem gehören zu einem Armeecorps: eine Artilleriebrigade, ein Trainbataillon, ein Pionnierbataillon, ein Füselierregiment, ein Landwehrbataillon dieses Regiments, ein Jägerbataillon, eine Invalidencompagnie. Die Artillerie stellt dazu die 7. u. 8. Brigade. Die Feldtruppen eines mobilen Armeecorps werden eingetheilt in 2 Infanteriedivisionen zu 12–18 Bataillonen, 4 Schwadronen, 3 Batterien (eine gezogene, eine 12 pfündige, eine Haubitzbatterie), eine Cavalleriedivision zu 6–8 Regimentern u. eine reitende Batterie; Reserveartillerie (zwei reitende, eine gezogene, eine 12 pfündige, eine Haubitzbatterie), das Pionnierbataillon mit dem Pontontrain. Über letztern, sowie über die Jäger, disponirt der commandirende General nach Umständen.

Waffengattungen. A) Das stehende Heer besteht aus a) Infanterie: aa) Garde: 4 Garderegimenter zu Fuß, 4 Gardegrenadierregimenter, 1 Gardefüselierregiment; bb) Linie: 12 Grenadierregimenter Nr. 1–12, 8 Füselierregimenter Nr. 33–40, 52 Infanterieregimenter Nr. 13–32, 41–72. cc) Jäger u. Schützen: 1 Gardejäger-, 1 Gardeschützen-, 8 Jägerbataillone Nr. 1–8. Ein Infanterieregiment besteht aus 3 Bataillonen, wovon die zwei ersten Musketier-, das dritte Füselierbataillon ist u. zum leichten Dienst bestimmt ist. Jedes Bataillon hat 4 Compagnien zu 1 Hauptmann, 1 Premier-, 3 Secondelieutenants, 1 Feldwebel, 1 Portepéefähnrich, 4 Sergeanten, 16 Unteroffiziere, 4 Spielleuten (bei den Musketierbataillonen 3 Tambours, 1 Hornist, bei den Füselierbataillonen umgekehrt), 24 Gefreiten, 208 Gemeinen, 2 Trainsoldaten, 1 Lazarethgehülfen.[501] Das Bataillon ist 1002 Mann stark excl. 4 Lazarethgehülfen u. 18–20 Trainsoldaten, incl. 1 Bataillonsschreiber u. 1 Bataillonstambour, außerdem gehören dazu 1 Bataillonscommandeur, 1 Adjutant, 1 Zahlmeister, 1 Stabs- u. 2 Assistenzärzte, 1 Bataillonsbüchsenmacher, 15 Reitpferde u. 20 Wagen- u. Packpferde. Im Frieden ist der Etat eines Bataillons: 1 Commandeur, 1 Adjutant, 1 Zahlmeister, 1 Stabs-, 2 Assistenzärzte, 4 Hauptleute, 4 Premierlieutenants, 8 Secondelieutenants, 4 Feldwebel, 4 Portepéefähnriche, 16 Sergeanten, 28 Unteroffiziere, 48 Gefreite, 16 Spielleute, 400 Gemeine u. 16 Handwerker, welche die Bekleidungsstücke auf der Regimentsökonomiecommission anfertigen u. im Kriege den Ersatzbataillonen zugetheilt werden, um für die mobilen Truppen den Ersatz an Bekleidung zu fertigen. Beim Regimentsstabe stehen noch der Regimentscommandeur, der Regimentsadjutant, der fünfte Stabsoffizier, 1 Regimentsschreiber, 10 Hautboisten, zu denen noch 20 Mann aus den Compagnien genommen werden dürfen; die Garderegimenter haben 48 Hautboisten. Das Lehrbataillon in Potsdam hat den Zweck, gleiche Grundsätze über den Dienstbetrieb in der Armee zu verbreiten; es besteht aus Mannschaften, welche alljährlich neu von den Linienregimentern commandirt werden; im Kriege wird es aufgelöst. Zur Beaufsichtigung der 23 Militärstrafabtheilungen sind 29 Offiziere u. 229 Unteroffiziere commandirt, welche den Landwehrstämmen attachirt sind. Im Kriege wird aus den Abgaben der Regimenter, den eingezogenen Reservisten u. eingestellten Recruten für jedes Regiment ein Ersatzbataillon in der Stärke von 1002 Mann gebildet. Für die 10 Jäger- u. Schützenbataillone werden 10 Ersatzcompagnien, zusammen 1690 Mann, neu errichtet; die gesammte Infanterie des stehenden Heeres besteht im Frieden aus 254, im Kriege aus 332 Bataillonen. b) Cavallerie: aa) Garde- cavallerie (s. oben Armeeeintheilung); bb) Linien- cavallerie: 8 Cürassier-, 8 Dragoner-, 12 Husaren-, 12 Ulanenregimenter. Jedes Regiment hat 4 Schwadronen, nur das 1._– 4. Dragoner- u. 7., 8., 9. u. 11. Husarenregiment haben eine 5. Schwadron, die zur Formation neuer Cavallerieregimenter benutzt werden soll. Der Etat einer Schwadron ist im Frieden: 1 Rittmeister, 1 Premierlieutenant, 3 Secondelieutenants, 1 Wachtmeister, 1 Portepéefähnrich, 4 Sergeanten, 10–11 Unteroffiziere, 3 Trompeter, 124 Mann u. 143 Pferde. Der Etat einer Schwadron im Kriege ist: Offiziere wie oben, 15 bis 16 Unteroffiziere u. Sergeanten, 3 Trompeter, 132 Mann u. 153 Pferde. Das Regiment hat also im Frieden 575 Köpfe u. 577 Pferde; außerdem 8–12 Krümperpferde, 20 Handwerker, 1 Regimentsarzt, 2 Assistenzärzte, 1 Roßarzt, 1 Zahlmeister, 1 Büchsenmacher, 4 Kurschmiede, 1 Regimentssattler. Im Kriege ist ein Regiment stark 23 Offiziere, 602 Mann, 42 Trainsoldaten u. hat 712 Pferde incl. Offiziers- u. Wagenpferde. Außerdem formirt jedes Cavallerieregiment im Kriege eine Ersatzschwadron zu 200 Pferden. Die Stärke der Cavallerie im Frieden ist 200 Schwadronen, im Kriege 248 Schwadronen. Die in Schwedt bestehende Reitschule (150 Pferde u. Mann, aus Commandirten aller Regimenter) wird im Kriege aufgelöst. Die Remonte für die Cavallerie wird im Inlande durch Ankäufe auf besonderen Remontewärkten bewirkt. Dem Remontewesen steht ein General als Inspecteur vor, welcher die drei Remonteankausscommissionen überwacht. Die angekauften Pferde werden in die Remontedepots gebracht, deren zehn bestehen, u. von da von den Truppen abgeholt. Jeder Lieutenant der Cavallerie u. reitenden Artillerie bekommt alle 5 Jahr ein Offizierschargenpferd, welches nach 5 Jahren sein Eigenthum ist. c) Artillerie. Sie besteht aus 1 Garde- u. 8 Brigaden Nr. 1–8 u. der Feuerwerksabtheilung. Sie steht unter einer Generalinspection, welche in vier Inspectionen eingetheilt wird; zu einer Inspection gehören 2–3 Brigaden. Außerdem besteht eine Inspection der technischen Institute der Artillerie, drei Artillerieinspectionen der Festungen (als Oberbehörde der Artillerieoffiziere der Plätze etc.). Eine Artilleriebrigade ist formirt im Frieden: aa) aus Festungsartillerie, bei der 1., 3., 4., 7., 8. Brigade zwei, bei den andern Brigaden eine Abtheilung à 4 Compagnien à 100–108 Mann. Die zweite Abtheilung der 3. Brigade hat außerdem 6, die erste der 7. Brigade 4 Ausfallgeschütze mit Bespannung; bb) aus Fußartillerie, drei Abtheilungen zu 3 Batterien, u. zwar eine 12 pfündige, eine gezogene 6 pfündige, eine Haubitzbatterie. Etat der Batterie: 100–150 Köpfe u. 40–50 Pferde. cc) Reiten de Artillerie: eine Abtheilung von 3 Batterien. Jede Batterie bespannt drei 6 pfündige Geschütze, eine 7 pfündige Haubitze u. ist 80 Mann u. 94 Pferde stark. dd) Hnndwerkscompagnie: 125 Mann; ee) Feuerwerkspersonal: 30 Mann. Die Feuerwerksabtheilung besteht aus 2 Compagnien zu 76 Mann. Die Friedensstärke der gesammten Artillerie besteht aus 108 Batterien mit 432 Geschützen u. 18,000 Mann u. 5796 Pferden, u. 56 Compagnien mit circa 5000 Mann. Im Kriege ist bei einer Artilleriebrigade der Stab: 1 Brigadier, 5 Stabsoffiziere, nämlich 1 Commandeur der Reserveartillerie u. 4 Abtheilungscommandeure, 1 Hauptmann, 6 Lieutenants als Adjutanten, 1 Stabsarzt, 1 Zahlmeister etc. Alle Batterien haben 8 Geschütze. Eine 12 pfündige Batterie besteht aus 4 Offizieren, 17 Unteroffizieren, 2 Trompetern, 179 Gemeinen u. Gefreiten (74 zur Bedienung, 76 zum Fahren, 29 zur Reserve) u. 179 Pferden. Eine gezogene u. Haubitzbatterie hat 163 Pferde, eine reitende Batterie 168 Gemeine etc. (66 zur Bedienung, 58 zum Fahren, 44 zur Reserve) u. 246 Pferde. Die Fußbatterien führen jede 10 Munitionswagen, die. reitende deren 6, außerdem aber alle 2 Vorrathswagen, 1 Feldschmiede, 1 Packwagen mit sich. In taktischer Beziehung zerfällt die Brigade in Divisionsartillerie u. in Reserveartillerie (s. oben Armeeeintheilung). Zu einer Brigade im Kriege gehören noch 9 Munitionscolonnen à 174 Mann, 174 Pferde u. 23 bis 24 Fahrzeuge. Jede Brigade formirt eine Ersatzabtheilung, bestehend aus 4 Batterien à 100 bis 153 Mann u. 43–72 Pferden (bespannt sind per Batterie 4 Geschütze) u. einer Handwerkerabtheilung à 212 Köpfen. Die Festungsartillerie wird im Kriege nach den Umständen bedeutend vermehrt u. kann auf 112 Compagnien mit 21,000 Köpfen gebracht werden; für gewöhnliche Kriegsfälle hat jede Brigade 8 Compagnien à 203 Köpfe. Die gesammte Feldartillerie ist stark 1008 Geschütze mit circa 50,000 Mann u. 35,000 Pferden. Bespannt sind die 12 Pfünder mit 8, die übrigen Geschüne mit 6 Pferden. Den Ersatz an Mannschaften erhält die Artillerie im Kriege aus den Reserve- u. Landwehrmannschaften;[502] der Ersatzabtheilung werden Recruten zugetheilt. Den Bedarf an Pferden erhält die Artillerie durch Aushebung im Lande; jeder Pferdebesitzer muß seine Pferde vor eine Commission gestellen, welche sich die brauchbaren aussucht u. den zu zahlenden Preis bestimmt. Ein gleiches Verfahren findet statt bei Completirung der Cavallerie auf Kriegsstärke u. bei Bespannung der Trainfahrzeuge; die Pferde für die Landwehrcavallerie müssen die Kreise bezahlen, sämmtliche übrigen Pferde bezahlt der Staat. Die Artillerie besetzt auch die Stellen der Artillerieoffiziere der Plätze in den Festungen mit 8 Majors, 15 Hauptleuten u. gibt auch 11 Hauptleute u. 37 Lieutenants als Zeugoffiziere ab; sie verwalten die Depots, in denen Waffen u. Munition für den Krieg afservirt sind. d) Das Ingenieurcorps steht unter einem General der Infanterie als Chef u. 1 Generalinspecteur. Das eigentliche Ingenieurcorps besorgt den Festungsbaudienst u. wird bei Schulen u. dem Pionnierwesen verwendet; es zählt 5 Generale, 42 Stabs-, 260 andere Offiziere u. umfaßt 3 Ingenieurinspectionen, jede zu 2 Festungs- u. 1 Pionnierinspection; 1 Festungsinspection umfaßt circa 6 Festungen, 1 Pionnierinspection 3 Bataillone. Ein Pionnierbataillon hat 4 Compagnien à 120 Mann; es bestehen jetzt 9 Pionnierbataillone u. 2 Reservepionniercompagnien zu Mainz u. Luxemburg (38 Compagnien). Im Kriege ist ein Bataillon 18 Offiziere, 58 Unteroffiziere, 536 Gemeine u. Gefreite u. 44 Trainsoldaten stark u. führt 14 Fahrzeuge bei sich. Jedem der 9 Bataillone ist außerdem attachirt: 1 Pontontrain à 41 Fahrzeuge zum Transport von 32 Pontons u. 2 Uferbrücken, u. besteht aus 2 Offizieren, 13 Unteroffizieren, 133 Trainsoldaten u. 262 Pferden; ferner ein leichter Feldbrückentrain: 2 Offiziere, 6 Unteroffiziere, 42 Trainsoldaten, 13 Wagen, 91 Pferde; eine Schanzzeugcolonne: 6 Unteroffiziere, 12 Trainsoldaten, 6 Fahrzeuge, 30 Pferde. Zwei Abtheilungen der mobilen Feldtelegraphie der Armee folgen den Hauptquartieren; sie sind stark 2 Ingenieuroffiziere, 13 Unteroffiziere, 80 Pionniere u. 1 Trainoffizier, 4 Unteroffiziere, 24 Trainsoldaten, 3 Stations-, 6 Requisitenwagen, 77 Pferde Jedes Bataillon formirt mobil eine Ersatzcompagnie mit Handwerksabtheilung: 4 Offiziere, 2 Assistenzärzte, 1 Zahlmeister, 170 Gemeine. Zur Besatzung der Festungen werden Pionnierdetachements in der Stärke von 150–170 Mann formirt u. die Mannschaften aus der Reserve des ersten u. zweiten Aufgebots nach Bedarf eingezogen. e) Train. Jedem Armeecorps ist ein Trainbataillon zugetheilt, bestehend aus 3 Offizieren, circa 116 Mann u. 50 Pferden; es hat den Zweck, für die Armee die hinreichende Zahl Trainsoldaten auszubilden. Im Kriege besteht ein Trainbataillon aus 1 Stabsoffizier (Artillerieoffizier), 1 Adjutant, 1 Unteroffizier, 4 Trainsoldaten; unter diesem Stabe stehen: ein Pferdedepot mit 86 Vorrathspferden, 5 Proviantcolonnen à 31 vier- u. 1 sechsspännigen Wagen, eine Feldbäckereicolonne mit zwei- od. 7 vierspännigen Wagen, wenn die eisernen Backofengestelle mit ins Feld genommen werden, eine Krankenträgercompagnie (4 Offiziere, 3 Assistenzärzte, 17 Unteroffiziere, 186 Gemeine, 8 Trainsoldaten), das Feldlazareth (ein Hauptfeldlazareth in 3 Abtheilungen für 12–1800 Kranke mit 35 Fahrzeugen u. 200 Pferden, drei leichte Lazarethe für 200 Kranke mit 10 Fahrzeugen u. 50 Pferden), die Colonnen der Artillerie (s. Artillerie), die Colonnen der Pionniere (s. Ingenieure). Außer dem Trainbataillon haben die Truppen u. Administrationen ihren besonderen Train, so daß der gesammte Train circa 30,000 Mann beträgt. f) Garnisontruppen sind im Frieden ganz aufgelöst bis auf die Gardeunteroffiziercompagnie; sie steht unter einem Flügeladjutanten des Königs, ist 70 Mann stark u. dazu bestimmt die königlichen Gärten u. Schlösser zu bewachen. Im Kriege bilden die Ersatzbataillone u. die Landwehrbataillone ersten resp. zweiten Aufgebots die Garnison- u. Besatzungstruppen. g) Die Invaliden bestehen aus Ganz- od. Halbinvaliden; Erstre erhalten eine Pension u. den Civilversorgungsschein od. werden in einem Invalidenhaus od. einer Invalidencompagnie untergebracht. Invalidenhäuser sind in Berlin (23 Offiziere, 400 Invaliden) u. in Stolp (4 Offiziere, 80 Invaliden); Invalidencompagnien bestehen 7, 1 Garde- u. 6 Provinzialinvalidencomp., u. sind hier circa 38 Offiziere u. 600 Invaliden untergebracht. Die Halbinvaliden werden den Landwehrstämmen attachirt od. mit Pension etc. entlassen. h) Gendarmerie: aa) Landgendarmerie: sie besteht unter dem Commandanten von Berlin als Chef zur Unterstützung der Polizei u. Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit in den Provinzen u. ist in 8 Brigaden eingetheilt; sie besteht aus 41 Offizieren, 101 Wachtmeistern, 1139 berittenen u. 938 Fußgendarmen. bb) Die Hafengendarmerie besteht aus zwei Commandos zu Memel u. Swinemünde: 4 Offiziere, 60 Mann. Von der Gardecavallerie commandirte Unteroffiziere werden unter einem Flügeladjutanten in einem besondern Corps (Leibgendarmerie) vereinigt u. versehen den Ordonnanzdienst beim König. Die Truppenbefehlshaber vom Brigadecommandeur aufwärts erhalten permanent berittene Ordonnanzen von den Cavallerieregimentern als Stabsordonnanzen.

B) Die Landwehr. Sie besteht aus Mannschaften, welche ihre Dienstzeit im stehenden Heere beendigt haben, sie soll zur Ergänzung desselben verwendet werden u., wenn größere Gefahren drohen, mit demselben kämpfen, für gewöhnliche Kriegsereignisse aber zur Besetzung des Landes dienen. Die Landwehr ist in Regimenter u. Bataillone eingetheilt, so daß auf jede Infanteriebrigade ein Landwehrregiment kommt u. außerdem jedes Füselierregiment ein Landwehrbataillon hat. Das Landwehrregiment führt unter Zusatz der Bezeichnung »Landwehr« die Nummer u. den Namen des ältesten Linienregiments der Brigade; s. oben S. 500. Das Gebiet des preußischen Staates wird in 104 Landwehrbataillonsbezirke eingetheilt, jeder Bezirk umfaßt drei bis vier Kreise u. gehört die auszuhebende Mannschaft betreffend, zum Ergänzungsbezirk einer Infanteriebrigade, sowie eines od. mehrer Cavallerieregimenter. Außerdem werden aus jedem Bezirk Mannschaften für die Garde u. die anderen Waffengattungen ausgehoben. Jeder Bezirk wird in vier Compagnien eingetheilt; jedes Bataillon besteht aus Landwehr ersten u. zweiten Aufgebots. Während des Friedens sind die Wehrmänner nicht im Dienst u. besteht ein Bataillon nur aus einem Cadre von einem Bataillonscommandeur u. einem Adjutanten (beides gegenwärtig Offiziere, welche verabschiedet od. zur Disposition gestellt waren), vier Feldwebeln, vier Capitains d'armes, einem Bataillonsschreiber, zwölf Gefreiten u. Gemeinen, welche die Listen führen u. die bei dem Bataillonsstabe[503] in Landwehrzeughäusern für Landwehrinfanterie ersten Aufgebots verwahrten Waffen u. Bekleidungsstücke in Stand halten u. im Fall einer Mobilmachung die Einreihung der Mannschaften in die Truppentheile besorgen. Das Landwehrbataillon führt in seinen Listen sämmtliche Mannschaften der Reserve u. der beiden Aufgebote aller Waffengattungen u. beordert dieselben jährlich zweimal, im Frühjahr u. Herbst, zu Controlversammlungen, bei denen sie mit den ertheilten Befehlen u. Bestimmungen bekannt gemacht u. überhaupt aller auf sie bezügliche Dienst erledigt wird. a) Die Landwehr ersten Aufgebots; ihre Organisation, rücksichtlich der Dienstzeit, s. oben S. 500. Das Verhältniß der Landwehr ersten Aufgebots hat sich durch die 1860 eingeführte Heeresorganisation wesentlich geändert u. wird der größte Theil derselben für gewöhnliche Kriegsfälle an Stelle des zweiten Aufgebots treten u. nur in außerordentlichen Fällen vor dem Feind verwendet werden, doch wird ein Theil der jüngsten Mannschaften vorläufig noch zur Ergänzung der Linienregimenter u. Ersatzbataillone benutzt werden. aa) Infanterie. Sie besteht aus 116 Bataillonen der Garde- u. Provinziallandwehr. Im Frieden üben die Bataillone in einer Stärke von circa 500 Mann, u. kommt jeder Wehrmann alle zwei bis drei Jahre zu einer Übung. Im Kriege werden die Bataillone auf 402 Köpfe gebracht zur ersten Besatzung der Festungen neben den Ersatztruppen. Bei der vollen Kriegsbesatzung eines Corps kommen die Bataillone auf 1002 Mann u. werden hierbei stets die jünsten Altersklassen einberufen, unabkömmliche Wehrleute müssen schon im Frieden zu bestimmten Terminen vor einer Commission ihre Unabkömmlichkeit haben feststellen lassen, da bei einer Einberufung keine Rücksichten mehr genommen werden. Landwehrjäger existiren nicht, sondern es bleiben die von den Jägern entlassenen Mannschaften bis zu ihrem Übertritt zum zweiten Aufgebot im Reserveverhältniß (excl. der gelernten Jäger, welche sich zu einer siebenjährigen Dienstzeit verpflichten müssen), sie dienen zur Completirung der Jägerbataillone. bb) Cavallerie. Es bestehen gegenwärtig zwei Gardelandwehrcavallerieregimenter, ein schweres Landwehrreiterregiment, ein Landwehrdragoner-, fünf Husaren-, fünf Ulanenregimenter, welche einem Linienregiment gleicher Gattung angeschlossen sind u. auch Nummer u. Namen desselben mit Hinzusetzung »Landwehr« tragen. Die Stämme, bestehend aus 1 Zahlmeister, 4 Wachtmeistern, 5 Unteroffizieren, 8 Gefreiten u. Gemeinen, u. die Zeughäuser der Escadrons befinden sich in den Garnisonorten der resp. Escadrons des Linienregiments u. stehen unter dem etatsmäßigen Stabsoffizier dieses Regiments. Die Wehrreiter ersten Aufgebots werden zur Formirung des Landwehrcavallerieregiments derartig benutzt, daß sie demjenigen der letzteren einverleibt werden, welches mit dem Linienregiment, in dem sie gedient haben, correspondirend od. von gleicher Gattung ist. Jedes Landwehrcavallerieregiment formirt eine Ersatzescadron à 75 Pferde. Die jüngsten Altersklassen der Landwehrcavalleristen werden zur Formation der Ersatzescadrons der Linienregimenter benutzt u. können auch beim Train verwendet werden. cc) Artillerie. Die Wehrmänner ersten Aufgebots der Artillerie eines Bataillons werden nur im Frieden zu Compagnien formirt u. zu solche zu Übungen beordert. Die Bekleidung u. Ausrüstung dieser Compagnien ist wie bei den betreffenden Artillerieregimentern. Im Kriege werden die Landwehrartilleristen zur Completirung der verschiedenen Colonnen, Batterien etc. der betreffenden Artillerieregimenter benutzt. Ein ähnliches Verhältniß findet dd) bei den Pionnieren statt. ee) Der Train gehört keinem bestimmten Truppentheil an, u. werden die Mannschaften, so lange sie landwehrpflichtig sind, nach Bedarf verwendet. b) Die Landwehr zweiten Aufgebots wird in Folge der neuen Heeresorganisation nur in ganz außerordentlichen Fällen zur Einberufung kommen. Die Bekleidung für dieselbe wird im Frieden nichtbereitgehalten, sie soll aus den überzähligen Beständen der Linie montirt werden. Die Waffen liegen auf den Artilleriedepots. aa) Infanterie. Es können ebenfalls 116 Bataillone formirt werden, doch nur in der Stärke von 800 Mann; die Führer des zweiten Aufgebots sind schon im Frieden ernannt, treten aber erst bei Formation der Bataillone in Activität. bb) Cavallerie. Bei der vollen Kriegsbesatzung des Landes werdenden Festungen 39 Ersatzschwadronen in der Stärke von 150–175 Pferden zugetheilt, sie werden zum Theil aus Mannschaften des zweiten Aufgebots formirt. cc) u. dd) Artillerie u. Pionniere zweiten Aufgebots werden zur Besatzung der Festungen verwendet.

Die höheren militärischen Grade werden von Offizieren, die niederen von Unteroffizieren u. Gemeinen eingenommen. Die Offiziere bilden vier Kategorien; a) die Generalität: Generalfeldmarschall, Generalfeldzeugmeister (12), Generale der Infanterie u. Cavallerie od. Artillerie (31), Generallieutenants (37), Generalmajors (82); b) Stabsoffiziere: Obersten (124), Oberstlieutenants (148), Majors (545); c) Hauptleute u. Rittmeister; d) Subalternoffiziere: Premier-, Secondelieutenants. Das Offiziercorps des stehenden Heeres ergänzt sich aus der Armee, ein Jeder kann zu den höchsten Stellen gelangen, welcher seine Befähigung durch ein abzulegendes Examen nachweist; auch die Cadettencorps liefern einen großen Theil der Offiziere. Die Offiziere der Landwehr bestehen aus Offizieren, welche einst als solche im stehenden Heere dienten od. einjährige Freiwillige waren u. das Landwehroffizierexamen bestandenhaben, vom Offiziercorps ihres Bataillons gewählt u. vom König ernannt worden sind. Zu den Unteroffizieren gehören solche, welche das Porteépee tragen: Feldwebel (bei der Cavallerie Wachtmeister), Oberfeuerwerker, Vicefeldwebel, Porteépeefähnriche, reitende Feldjäger, Obermeister bei den Artilleriehandwerkscompagnien, solche, welche das Porteépee nicht tragen: Feuerwerker, Sergeanten, Unteroffiziere (Oberjäger), Gendarmen, Oberpionniere. Zu den Gemeinen gehören die Gefreiten, Gemeinen u. Zöglinge der Schulabtheilung.

Die Stärke des Heeres beträgt: A) im Frieden: a) Stehendes Heer: 136,100 M. Infanterie, 28,560 Cavallerie, 23,944 M. Artillerie mit 432 Geschützen, 4650 Pionniere, 2097 Train; b) Landwehrstämme: 1972 M. Inf. u. 252 Cav.; c) außerdem 12,000 M. Infanterie; B) im Kriege: a) Stehendes Heer u. Landwehr als Feldtruppen: 253,506 Inf., 36,013 Cav., 42,502 Artillerie mit 864 Geschützen; 7200 Pionniere, 30,000 Train; b) Besatzungs- u. Ersatztruppen: 199,086 Inf., 18,840 Cav., 28,332 Art. mit 288 Geschützen, 4175 Pionniere. Zum Deutschen Bundesheer stellt P. von seinen Truppen das IV., V. u. VI. Bundesarmeecorps,[504] u. zwar 103,174 Mann Infanterie, 16,039 Mann Cavallerie u.13,666 Mann Artillerie mit 180 Geschützen, Pionniere u. Genie, wovon 70 Procent (72,220 Mann) Hauptcontingent, 20 Proc. (20,637 Mann) Reservecontingent u. 10 Proc. (10,317 Mann) Ersatzcontingent. Zu den deutschen Bundesfestungen Mainz, Rastatt u. Luxemburg stellt P. einen Theil der Besatzung, ebenso eventuell zur Besatzung von Frankfurt a. M., als Sitz der Deutschen Bundesversammlung.

Bewaffnung. Die Infanterie des stehenden Heeres ist mit Zündnadelgewehren (s.d.) u. Faschinenmessern bewaffnet; die Jäger u. Schützen führen Zündnadelbüchsen mit Pieken od. Hirschfängern; die Offiziere führen Degen, die der Jäger u. Füseliere Säbel mit Lederscheiden, die berittenen Offiziere im Felde Cavalleriesäbel. Lederzeug der Musketiere weiß, das der Jäger, Schützen u. Füseliere schwarz. Die Cavallerie: Kürassiere u. Garde du Corps Pallasche u. pro Mann eine Pistole, die Garderegimenter u. die Offiziere des zweiten u. sechsten Kürassierregiments gelbe, die übrigen weiße Kürasse mit Vorder- u. Rückenschild, deutsche Sättel; die Dragoner, Husaren u. Ulanen Säbel mit Stahlkorb, eine Pistole, die Ulanen auch Lanzen, sämmtliche drei letztere ungarische Böcke. Kürassiere, Dragoner u. Ulanen haben weißes, Husaren schwarzes Lederzeug; die Dragoner u. der vierte Zug der Husaren ist mit Zündnadelcarabinern bewaffnet. Die Artillerie führt an Geschützen gezogene vierpfündige (zur Probe) u. sechspfündige von Gußstahl, lange u. kurze (zur Probe) zwölfpfündige Geschütze u. siebenpfündige Haubitzen. Die Fußartillerie führt ein Faschinenmesser, die reitende den Cavalleriesäbel alter Art, beide haben weißes Lederzeug u. blau u. schwarze, roth vorgestoßene Schabracken. Die Pionniere haben Bayonnetcarabiner u. Faschinenmesser mit Säge, schwarzes Lederzeug. Jeder Pionnier, sowie ein Theil der Infanterie, hat ein Stück des nöthigsten Schanzzeuges. Gendarmen zu Pferd: Säbel u. Pistolen, Gendarmen zu Fuß: Bayonnetcarabiner, Infanteriesäbel, Lederzeug weiß. Die den Colonnen beigegebenen Mannschaften führen Zündnadelgewehre. Die Landwehrinfanterie hat gezogene Gewehre nach dem System Minié; das zweite Aufgebot hat Percussionsgewehre alter Art, doch sind für die Besatzungen der Festungen gezogene Gewehre verschiedener Art vorhanden; das Lederzeug ist wie beim stehenden Heere; die Säbel Infanterirsäbel, neuer u. alter Art. Die Cavallerie führt Cavalleriesäbel alter Art u. Pistolen, die leichten Regimenter Carabiner, Lederzeug schwarz.

Uniformirung. Infanterie: dunkelblauer, rothpassepoillirter Waffenrock mit einer Reihe Knöpfe, rothe Patten an Kragen u. Aufschlägen, graue Beinkleider mit rothem Passepoil, Helm von Leder mit Metallbeschlag u. Adler mit der Inschrift: mit Gott für König u. Vaterland. Die Garderegimenter haben am Kragen weiße Litzen, 1–4, u. Gardefüseliere auch an den Aufschlägen; am Helm haben sie den fliegenden Adler, die eben genannten Regimenter mit dem Gardestern, die anderen mit dem Namenszug F. W. R.; sämmtliche Garderegimenter tragen Haarbüsche auf dem Helm, die Musketiere weiße, die Füseliere schwarze. Das erste Garderegiment hat weiße Achselklappen, weiße Beschläge am Helm, weiße Knöpfe; die Musketierbataillone dieses Regiments tragen bei Paraden etc. hohe Grenadiermützen von rothem Tuch mit gelben Beschlägen; das zweite Garderegiment hat rothe, das dritte gelbe, das vierte blaue Achselklappen u. gelbe Knöpfe u. Beschläge. Das Kaiser-Alexander-Grenadierregiment hat weiße Achselklappen mit Namenszug des Kaisers Alexander; das Kaiser-Franz-Grenadierregiment rothe, mit dem Namenszug des Kaisers Franz I. Das dritte Gardegrenadier- u. Gardefüselierregiment haben gelbe, das vierte blaue Achselklappen; statt der Litzen tragen die Offiziere Silber- od. Goldstickerei. Die Linieninfanterie hat abgerundete Kragen, brandenburgische Aufschläge u. farbige Achselklappen; am Helm den heraldischen Adler Nr. 1–12 mit dem Namenszug F. W. R., die anderen Regimenter mit F. R. Die Farbe der Achselklappen mit Nummer des Regiments richtet sich nach dem Armeecorps, u. das erste u. zweite hat weiße, dritte u. vierte rothe, fünfte u. sechste gelbe, siebente u. achte blaue, bei den Armeecorps mit ungerader Nummer ist die Ärmelpatte mit einem weißen Passepoil eingefaßt. Die Unteroffizierschule in Potsdam hat weiße, in Jülich ponceaurothe Achselklappen. Einzelne Regimenter tragen zur Auszeichnung noch besondere Abzeichen, z.B. das erste Ostpreußische Grenadierregiment Nr. 1 am Helm die Jahreszahl 1619; das Pommersche (Colberg) Regiment Nr. 9 am Helm die Inschrift: Colberg 1809 etc. Sämmtliche Jägerbataillone tragen grüne mit rothem Vorstoß versehene Waffenröcke mit rothen Kragenpatten, Achselklappen u. Aufschlägen. Die Gardejäger haben gelbe Litzen an Kragen u. Aufschlägen. Die Gardeschützen haben schwarze Kragen mit gelben Litzen u. schwarze Aufschläge mit dunkelgrünen Patten. Als Kopfbedeckung tragen sie kleine Czakos von Leder, die Garde mit dem Stern, Nr. 1–4 mit einer messingenen Litze, Nr 5–8 mit dem Namenszug F. W. R. Bei Paraden tragen sie schwarze Haarbüsche. Die Cavallerie: Kürassiere weiße Koller mit gewirkten Borten von der Farbe des Regiments eingefaßt, weiße Achselklappen, Stahlhelm mit Messingbeschlag u. Adler, Stahlkürasse, weißes Lederzeug. Das Regiment Garde du Corps hat rothe Kragen u. Aufschläge mit weißen Litzen u. Knöpfen, gelbe Helme, statt der Spitze silberne Adler mit ausgebreiteten Flügeln, gelbe u. zu Paraden schwarze Kürasse, Schabracken roth mit blau. Das Gardekürassierregiment hat kornblumenblaue Kragen mit weißen Litzen u. Knöpfen. Das erste Kürassierregiment hat schwarze, das zweite carmoisinrothe, das dritte hellblaue, das vierte orangegelbe, das fünfte rosenrothe, das sechste dunkelblaue, das siebente citronengelbe, das achte dunkelgrüne Kragen u. Aufschläge u. weiße od. gelbe Knöpfe; für den gewöhnlichen Dienst tragen sämmtliche Kürassierregimenter blaue Waffenröcke mit den farbigen Kragen des Regiments. Die Dragoner tragen hellblaue, vorn rothpassepoillirte Waffenröcke mit farbigen Kragen, gelben Aufschlägen u. Achselklappen, hellblaue Schabracken mit farbiger Einfassung, Infanteriehelm mit weißem od. schwarzem Haarbusch u. fliegendem Adler. Bei den Gardedragonern hat das erste Regiment gelbe, das zweite weiße Litzen an rothen Kragen u. Aufschlägen, Helm, Schabracke u. Cartouche haben den Gardestern; das erste u. fünfte Regiment haben rothe, das zweite u. sechste schwarze, das dritte u. siebente rosenrothe, das vierte u. achte gelbe Kragen etc. u. weiße od. gelbe Knöpfe. Die Husaren tragen farbige Attilas mit gelben od. weißen Schnüren u [505] Knöpfen, Pelzmützen mit farbigem Kolpack, Schabracken mit Einfassung u. Schnurenbesatz, schwarzlederne Säbeltaschen mit dem königlichen Namenszug. Die Gardehusaren: rother Attila, blauer Pelz mit gelben Schnüren an der Mütze, Cartouche, Schabracke, den Gardestern, ponceaurother Kolpack; erstes u. zweites Leibhusarenregiment schwarze Attilas, weiße Schnüre u. Knöpfe, Mützen mit Todtenkopf, das erste rothen, das zweite weißen Kolpack, Cartouche mit dem Stern des schwarzen Adlerordens; das dritte Regiment rothe Attilas, weiße Schnüre, rother Kolpack; das vierte brauner Attila, gelbe Schnüre, gelber Kolpack; das fünfte dunkelrother Attila, weiße Schnüre, dunkelrother Kolpack; das sechste dunkelgrüner Attila, gelbe Schnüre, ponceaurother Kolpack; das siebente dunkelblauer Attila, gelbe Schnüre, ponceaurother Kolpack; das achte dunkelblaue Attilas, weiße Schnüre, hellblauer Kolpack; das neunte kornblumenblaue Attilas, gelbe Schnüre, hellblauer Kolpack; das zehnte dunkelgrüne Attilas, gelbe Schnüre, pompadourrothe Kolpacks; das elfte dunkelgrüne Attilas, weiße Schnüre, ponceaurother Kolpack; das zwölfte kornblumenblaue Attilas, weiße Schnüre u. Kolpacks. Die Ulanen tragen Czapkas mit weißen Cordons, blauen Ulankas mit rothen abgerundeten Kragen, Aufschlägen u. Rabatten, Epauletten mit farbigen Feldern, blauen Schabracken mit blau u. rother Einfassung, blau u. rothe Leibbinden, weiß u. schwarze Lanzenflaggen, weiße Haarbüsche. Bei der Garde tragen das erste Regiment weiße Epauletten, Rabatten, Czapkas u. Litzen, das zweite rothe Epauletten u. Czapkas u. gelbe Litzen, das dritte gelbe Epauletten, Kragen, Czapkas, Rabatten u. weiße Litzen. Die Farben des ersten u. fünften Regiments sind weiß, des zweiten u. sechsten roth, des dritten u. siebenten gelb, des vierten u. achten blau, aber haben feuerrothe Rabatten etc.; das neunte Regiment hat weiße, das zehnte ponceaurothe, das elfte gelbe, das zwölfte blaue Kragen, Aufschläge, Rabatten, Czapkas; die Knöpfe sind gelb od. weiß; sämmtliche Cavallerieregimenter haben braunes Zaumzeug. Die Artillerie blaue, vorn roth passepoillirte Waffenröcke mit schwarztuchenen Kragenpatten u. Aufschlägen, rothe Achselklappen mit der Nummer der Brigade u. gelbe Knöpfe, Helme mit Kugeln statt der Spitze; die Garde hat gelbe Litzen an Kragen u. Aufschlägen, weiße Haarbüsche: die reitende Artillerie hat blaue, schwarz u. roth eingefaßte Schabracken, schwarze Helmbüsche. Die Pionniere, wie die Artillerie, nur weiße Knöpfe u. Helme mit Spitzen u. weißem Beschlag, die Garde weiße Litzen u. schwarze Helmbüsche. Als Arbeitsanzug haben sämmtliche Truppen graue Drillichjacken, im Sommer tragen sie weiße od. graue Leinenbeinkleider; als Mützen tragen sie runde Feldmützen mit farbigem Streif nach der Farbe der Kragen etc. Der Train hat lichtblaue Aufschläge, Kragen u. Achselklappen mit der Nummer des Armeecorps, Mützen mit Schirm. Die Gardeunterossiziercomoagnie hat rothe Aufschläge u. Kragen mit Silber besetzt, vorn am Rock acht breite Schleifen, weiße Achselklappen mit dem Namenszug des Königs, Grenadiermützen von rothem Tuch mit weißem Beschlag. Die Invaliden rothe Kragen, eine Reihe weiße Knöpfe, Patten von der Farbe des Armeecorps. Leibgendarmen u. Stabsordonnanzen: grüne Wassenröcke, Kragen blauroth vorgestoßen mit einer od. zwei gelben Litzen, rothe Epauletten, eine Reihe gelbe Knöpfe, weißes Lederzeug, Kürassierhelme, dunkelgrüne Schabracken mit einem blauen, roth passepoilirten Streifen; Landgendarmerie ebenso, nur Helme der Infanterie. Landwehrinfanterie wie die Linieninfanterie, nur Czakos mit dem Landwehrkreuz; Landwehrcavallerie wie die correspondirende Liniencavallerie, nur haben die schweren Landwehrreiter keine Kürasse, die Husaren statt der Pelz-, Flügelmützen von Filz. Gradauszeichnungen: bei den Unteroffizieren goldene od. silberne Tresse, je nachdem die Knöpfe gelb od. weiß sind, um den Kragen u. Aufschläge, schwarz u. weiße Säbeldroddel, bei den Gemeinen ist sie weiß u. hat das erste Bataillon weiße, das zweite rothe, das dritte gelbe Stempel, die erste Compagnie weiße, die zweite rothe, die dritte gelbe, die vierte blaue Büschel über den weißen Quasten; Sergeanten u. Gefreite tragen einen Knopf mit dem heraldischen Adler an den Kragenspiegeln; Feldwebel, Wachtmeister, Oberfeuerwerker, Porteépeefähnriche u. Offiziere tragen ein silbernes, schwarzmelirtes Porteépee, die Offiziere Scharpen mit langen Quasten von Silber mit wenig schwarz vermischt, die Husaren ohne Quasten in der Form abweichend, Epaulettes, welche aus Tuch mit einem vergoldeten halben Monde bestehen, rothes Futter u. am Rand silberne u. schwarze Tressen haben. Die Stabsoffiziere haben silberne Franzen an den Epauletten, die Generale dicke an einander befestigte Raupen. Zur Unterscheidung der Grade dienen goldene od. silberne Sterne in den Epauletten, Generalmajors, Majors, Secondelientenants haben keinen Stern, Generallieutenants, Oberstlieutenants, Premierlieutenants einen Stern, Generale der Infanterie od. Artillerie, Obersten, Hauptleute u. Rittmeister zwei Sterne, Generalfeldmarschall zwei kreuzweis über einander liegende Commandostäbe. Bei den Husaren bestehen die Gradabzeichen der Offiziere in Schulterschnüren, bei den Stabsoffizieren geschlungen, bei den übrigen platt neben einander liegend. Die Generale tragen einen Waffenrock nach altbrandenburgischer Art, die Knöpfe von oben bis unten heruntergehend, das Futter des Rockes ist roth, Helm mit fliegendem Adler u. Stern des schwarzen Adlerordens, schwarz u. weißem Federbusch, an den Beinkleidern breite rothe Streifen, Paradeuniform mit Kragen u. Aufschlägen mit reich goldgesticktem Eichenlaub, auf der linken Schulter eine dicke silberne Raupe, auf der rechten ein goldenes Achselband. Das Kriegsministerium hat carmoisinrothe Aufschläge mit goldenen Litzen, der Generalstab mit silbernen Litzen, die Adjutantur hat grüne Kragen mit Stickerei von geschlungenen Schnüren, u. die letzteren breite rothe Streifen an den Beinkleidern. Die reitenden Feldjäger grünen Rock, goldene Stickerei an Kragen u. Aufschlägen.

Von den Nichtcombattanten besorgen a) die Intendanten die Verpflegung, Besoldung u. Bekleidung des Heeres. Bei den einzelnen Truppentheilen versehen Kassencommissionen, denen für das Rechnungswesen ein Zahlmeister beigegeben ist, die Besoldung, Regimentsbekleidungs- u. Ökonomiecommissionen die Bekleidung der Truppen etc. Jedes Armeecorps hat einen Intendanten, vier Intendanturräthe, welche unter dem commandirenden General alles besorgen, was sich auf Sold, Verpflegung, Reisen u. Vorspann, Bekleidung, Feldequipagen u. Train, Invalidenwesen der Provinz, Remonte, Servis u. Lazarethe u. dgl. be-[506] zieht. Sie refortiren an das Militärökonomiedepartement im Kriegsministerium. Im Kriege erhalten die Divisionen eigene Intendanturen. Vom 1. October 1861 an schon im Frieden. Uniform: Waffenrock mit blauem Sammtkragen u. Silberstickerei, silbernen Epaulettes, mit blauem Feld- od. Wappenschild, Helme mit weißem Blechbeschlag. b) Das Auditoriat u. die Militärgerichte verwalten die Militärgerichtsbarkeit. Die oberste Militärjustizbehörde ist das Generalauditoriat, dieses verwaltet die Militärjustiz, prüft die Erkenntnisse, entscheidet Anfragen u. Zweifel der Militärgerichte; es besteht aus einem Generalauditeur u. vier Oberauditeuren etc. Der Militärgerichtsbarkeit sind sämmtliche zum Soldatenstand gehörenden Personen ohne Unterschied unterworfen, ebenso wie die mit Pension etc. verabschiedeten Offiziere. Sie zerfällt in höhere u. niedere; die niedere verwalten die Regimentsgerichte, bestehend aus dem Commandeur u. Untersuchungsführenden Offizier; die höhere u. niedere die Divisionsgerichte, bestehend aus dem Divisionscommandeur u. dem Divisionsauditeur, die Corpsgerichte, bestehend aus dem commandirenden General u. Corpsauditeur; die Garnisongerichte, bestehend aus dem Commandanten u. Garnisonauditeur. Für jeden Untersuchungsfall ist ein Untersuchungsgericht, u. wenn dies die Acten geschlossen hat, ein Spruchgericht zu bestellen. Bei Straffällen der höheren Gerichtsbarkeit tritt ein Kriegsgericht, welches vereidigt wird, bei solchen niederer Gerichtsbarkeit ein Standgericht zusammen. Beide Gerichte bestehen aus fünf Richterklassen, von denen der Präses eine Klasse bildet. Die Erkenntnisse der Gerichte werden bestätigt vom Gerichtsherrn, od. bei Strafen über 1 Jahr Festung vom commandirenden General, od. Kriegsminister, od. König. Im Dienst u. im Dienstvergehen untersteht die Landwehr den Militärgerichten. Die militärischen Strafen sind Todesstrafe durch Erschießen, Baugefangenschaft, Festungsstrafe, Festungsarrest, Arreststrafe, u. zwar strenger, mittler, geringer u. Stubenarrest; Ehrenstrafen u. zwar Verlust des Adels, Verlust der Orden, Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes, Degradation, Ausstoßung aus dem Soldatenstand, Cassation, Entfernung aus dem Offizierbestand. Die Strafe körperlicher Züchtigung wird vom Gericht nicht mehr verhängt, kann aber im Disciplinarweg verfügt werden. Zur Aufrechterhaltung der Disciplin dient die Disciplinargewalt, von welcher die Disciplinarstrasgewalt ein Theil ist, durch sie werden geringe Vergehen gegen die militärische Zucht u. Ordnung bestraft, über welche die Militärgesetze keine Strafbestimmungen enthalten. Die Disciplinargewalt steht nur Offizieren zu, denen der Befehl über eine od. mehre Truppenabtheilungen od. ein abgesondertes Commando übertragen ist. Die Disciplinarstrafen gegen Offiziere sind Verweise ohne Zeugen od. im Beisein eines Vorgesetzten, vor dem versammelten Offiziercorps, durch Eintragung in die Parolbücher u. Stubenarrest bis 14 Tage; gegen Unteroffiziere Strafwache, Strafe du jour, Kasernen-, Quartierod. gelinder Arrest bis zu 3 Wochen, Mittelarrest bis zu 14 Tage, gegen Gemeine Nachexercieren, Strafwachen, Strafe du jour, Strafarbeiten, Erscheinen zum Rapport, Kasernen-, Quartier- od. gelinder Arrest bis zu 3 Wochen, Mittelarrest bis 14 Tage, strenger Arrest bis 8 Tage, statt des strengen Arrests kann auf Märschen etc. Anbinden an einen Baum, eine Wand geschehen, doch darf es nicht über drei Stunden täglich dauern. Die Gesetzbücher für das Heer sind die Kriegsartikel von 1852, die Verordnung über Disciplinarbestrafung von 1851, Militärstrafgesetzbuch von 1845 u. Nachtrag von 1852. Bei gemeinen nicht militärischen Verbrechen tritt das Civilstrafgesetzbuch in Kraft. Auch Ehrengerichte (s.d.) bestehen beim stehenden Heere u. der Landwehr, u. jeder Offizier kann auf ein solches antragen, der Divisionär aber entscheidet, ob ein solches Statt finden soll. Sämmtliche Offiziere des Truppentheils, wo der Angeschuldigte steht, entscheiden, ob der Angeklagte freigesprochen, durch Verweis od. Entlassung etc. zu strafen sei, u. der König bestätigt od. verwirft dann das Urtheil des Ehrengerichts. Bestimmungen über Ehrengerichte vom 20. Aug. 1843. Uniform der Auditeurs: blau mit zwei silbernen Litzen auf dem blauen Tuchkragen; silberne Epauletten mit blauem Feld. Das gesammte Justizpersonal besteht aus 81 Auditeuren u. Oberauditeuren etc. c) Militärärzte besorgen das Militärsanitätswesen; an der Spitze steht ein Generalstabsarzt (mit Oberstenrang), der unter dem Kriegsministerium steht; ihm beigegeben ist der Medicinalstab der Armee, welcher aus 1 Generalarzt, 1 Oberstabs- u. Stabsapotheker, 1 Feldlazarethinspector u. 131 Stabsärzten besteht. Die Medicinalangelegenheiten jedes Armeecorps leitet ein Generalarzt (mit Majorsrang), welchem die Oberstabs-, Stabs- u. Assistenzärzte untergeordnet sind. Jedes Bataillon hat einen Stabsarzt, das erste einen Oberstabsarzt u. jedes Regiment sechs Assistenzärzte. Jedes Cavallerieregiment hat einen Oberstabs- u. zwei bis drei Assistenzärzte. Jede Artilleriebrigade hat fünf Stabsärzte u. sieben Assistenzärzte. Die Landwehr erhält ihre Ärzte aus den Ärzten des beurlaubten Standes. Unter den Militärärzten stehen die Lazarethgehülfen, deren jede Compagnie od. Escadron einen hat, sie werden in den Lazarethen ausgebildet u. sind mit Waffenröcken ohne Achselklappen mit blauem Kragen bekleidet; die Krankenwärter u. die Lazarethe, welche Lazarethcommissionen, bestehend aus einem Offizier, einem Arzt, einem Lazarethinspector, unter Aufsicht der Intendantur u. des Generalarztes verwalten. Im Kriege werden Feldlazarethe errichtet, welche sich in leichte u. Hauptfeldlazarethe theilen, u. für welche Oberstabsärzte od. andere Ärzte aus dem beurlaubten Stande beordert werden. Uniform: blaue Waffenröcke, dunkelblaue Aufschläge u. Kragen, roth vorgestoßen; bei den Assistenzärzten ohne, bei den Stabs- u. Oberstabsärzten mit goldenen Litzen. Alle tragen Epauletten mit gepreßten goldenen Monden u. blauen Feldern, die Generalärzte mit goldenen Cantillen. Krankenträgercompagnien besorgen per Compagnie mit 45 Tragbahren den Transport der Verwundeten. d) Der Feldpropst steht an der Spitze des Militärkirchenwesens u. ersetzt im Krieg das Consistorium bei den im Felde stehenden Truppen. Er steht unmittelbar unter dem Kriegsministerium u. dem der geistlichen Angelegenheiten. Unter ihm stehen die Militärober-, Divisions- u. Garnisonprediger. Er bleibt beim Ausmarsch zurück, um alle geistlichen Angelegenheiten des Corps zu besorgen. Bei Divisionen mit vielen Katholiken ist ein katholischer Geistlicher angestellt. Garnisonprediger sind in Berlin, Breslau u. Königsberg, so wie in Festungen, wo kein Divisionsprediger angestellt ist. Eigene Militärküster[507] (halbinvalide Unteroffiziere), gibt es in jeder Militärgemeinde. Das geistliche Personal besteht aus 48 Geistlichen u. 42 Küstern. Amts- u. gewöhnliche Tracht wie die der übrigen preußischen Geistlichen.

Zur wissenschaftlichen Ausbildung des Militärs gibt es Militärbildungsanstalten. Sie u. die Prüfungen zu höhern Chargen stehen unter der Generalinspection des Militärerziehungs- u. Bildungswesen, u. ihr steht zur Seite die Obermilitärstudiencommission. Die höchste Bildungsanstalt ist die Kriegsakademie, welche seit 1816 in Berlin besteht. In ihr erhalten 108 Offiziere nach schriftlicher Prüfung in dreijährigem Cursus Unterricht in den höheren Kriegswissenschaften, durch 30 Lehrer unter einem Director u. fünf Studiendirectoren. Für die, welche sich zu Artillerie- od. Ingenieuroffizieren ausbilden wollen, besteht die Artillerie- u. Ingenieurschule in Berlin mit dreijährigem Cursus. Die Oberfeuerwerkerschule in Berlin bildet das Feuerwerkspersonal in zweijährigem Cursus aus. Bei den übrigen Truppentheilen sind für die, welche Offiziere werden wollen, drei Kriegsschulen in Potsdam, Erfurt u. Neiße, vom October bis zum Juli jedes Jahres, unter einem Stabsoffizier als Director, als Lehrer acht Hauptleute u. sechs Inspectionsoffiziere; Vorbereitungsschulen zu diesen bestehen nicht, vielmehr muß jeder die für einen Porteépeefähnrich nöthigen Kenntnisse sich schon anderswo erworben haben. Zur Erwerbung der nöthigen Elementarschul-, auch Dienstkenntnisse der Unteroffiziere u. Soldaten bestehen besondere Bataillons- u. Regimentsschulen, in denen die Offiziere u. Unteroffiziere Unterricht geben. Die Cadettenhäuser sind die Pflanzschulen für Offiziere; es besteht das Hanpteadettenhaus von vier Compagnien in Berlin mit 324 Zöglingen von 14–17 Jahren, u. vier Provinzialcadettenhäuser in Potsdam, Kulm, Wahlstadt u. Bensberg, in zwei Abtheilungen für Zöglinge von 8– 12 Jahren, jede Abtheilung zu 70 Zöglingen; ein Cadettenhaus zu Weißenfels ist projectirt. Die Gesammtzahl der Cadetten beträgt 936. Von den Provinzialcadettenhäusern kommen die Cadetten nach Berlin. Sie machen nach dem 17. Jahre dort das Offiziers- od. Fähnrichsexamen u. kommen nach den Resultaten desselben als Offizier, Porteépeefähnrich od. Gemeine in die Regimenter. Die Cadettenhäuser sind militärisch organisirt u. die Zöglinge uniformirt, jedes hat einen Commandeur, Rendanten, Oberstabsassistenzarzt u. Prediger. Jede Abtheilung hat einen Hauptmann, zwei Erzieher, zwei Gouverneure u. die nöthigen Lehrer, das Hauptcadettenhaus drei, die Provinzialcadettenhäuser vier Klassen. Gegenstände des Unterrichts: die Elementar- u. Militärkenntnisse bis zum Infanterieoffizierexamen u. gymnastische u. Exercirübungen. Uniform: blaue Waffenröcke, rothe Kragenpatten u. Aufschläge, zwei gelbe Litzen (bei den Offizieren goldene Schleifen), das Berliner Cadettenhaus weiße Schulterklappen, die Zöglinge der Cadettenhäuser in Potsdam, Kulm, Wahlstadt u. Bensberg nach der Farbe des Armeecorps. Die Centralturnanstalt in Berlin mit einem Dirigenten, sie hat den Zweck das nöthige Lehrpersonal für den Turnunterricht auszubilden u. werden zu dem viertel- od. halbjährigen Cursus Offiziere od. Unteroffiziere von den Regimentern commandirt. Zwei Unteroffizierschulen in Potsdam u. Jülich zur Ausbildung von Zöglingen zu Unteroffizieren. Militärcurschmiedelevenanstalt in Berlin mit 80 Zöglingen. Das große Militärwaisenhaus in Potsdam, wo 450 Militärwaisen zu Soldaten, Handwerkern u. Musikern ausgebildet werden (affiliirt ist ihm das Mädchenwaisenhaus in Schloß Pretsch von 250 Zöglingen). Die Aufnahme vom 6._– 12., die Dauer der Erziehung bis zum 15. Jahre. Das Waisenhaus hat einen General als Director, bildet vier Compagnien, Uniform: blaue Jacken mit rothen Aufschlägen, gelbe Knöpfe, verschiedene Schulterklappen nach den Compagnien. Das Annaburger Militärknabenerziehungsinstitut unter einem Major erzieht 500 Soldatenknaben von 10– 17 Jahren zu Unteroffizieren, Trompetern u. Hautboisten; sie lernen nebenbei ein Handwerk; Uniform: wie die des Potsdamer Waisenhauses, nur rothe Schulterklappen. Das Soldatenkinderhaus in Stralsund u. die von Schweudysche Schulstiftung in Spandau gewähren Soldatenkindern Wohnung, Unterricht u. Unterstützung zu Kleidung. Das Medicinisch-Chirurgische Friedrich Wilhelmsinstitut u. die Medicinisch-Chirurgische Militärakademie erziehen Militärärzte. Die Militärschule in Spandau bildet Lehrer für das Scheibenschießen. Die Reitschule in Schwedt bildet Reitlehrer.

Die Anstellung in den verschiedenen Chargen u. das Avancement geschieht in den niederen Graden nach vorhergegangener Prüfung; das Porteépeefähnrichsexamen, welches zur Bedingung des Eintritts der auf Avantage dienenden Leute erforderlich ist, ist analog dem Gymnasialabiturientenexamen, nur in den Alten Sprachen werden geringere Anforderungen gestellt. Nach dieser Prüfung kann nach sechs Monaten der Vorschlag zum Porteépeefähnrich erfolgen. Zum Offizier befähigt das Offizierexamen, welches nach Besuch der Kriegsschule gemacht wird. Es geschieht in Berlin unter der Obermilitärexaminationscommission, bestehend aus einem General als Director u. 5 Examinatoren. Gegenstände des Examens sind: Waffenlehre, taktische Disciplinirung, Fortification, Planzeichnen u. Aufnehmen, militärische Aufsätze u. Dienstkenntniß. Der zu Examinirende besteht od. fällt durch u. wird zum zweiten Male examinirt; besteht er hier nicht, so kann er nur auf Befehl des Königs wieder zum Examen zugelassen werden. Beim Artillerie- u. Ingenieuroffizierexamen wird noch speciell genaue Kenntniß ihrer Waffe verlangt. Auch Landwehroffiziere sind einem Examen über den praktischen Dienst unterworfen. Das Avancement bis zum Stabsoffizier geschieht nach der Anciennetät durch das Regiment, von da an durch die ganze Armee, ohne daß die Anciennetät streng berücksichtigt wird; bes. gilt dies von der Besetzung der Bataillons-, Regimentscommandeurstellen u. dgl, wo oft Majors Regimentscommandeurs sind, während in anderen Regimentern Oberstlieutenants Stabsoffiziere sind. Beim Avancement zum Artilleriecapitän erster Klasse wird ein besonderes Examen über die speciellen Fächer, von einer Commission in Berlin geleitet, gehalten. Auch eine Prüfungscommission für die Intendantur besteht in Berlin; Militärärzte werden vor ihrem Abgange von dem Friedrichs Wilhelmsinstitute in ihrer Wissenschaft geprüft.

Die Ausbildung u. die Übungen der Truppen geschehen nach den Exercierreglements der verschiedenen [508] Waffen (s. Reglement) möglichst gleichförmig; vorzügliche Sorgfalt wird auf die Dressur im Einzelnen, auf das Scheibenschießen, den Felddienst, das Tirailliren, Turnen, Schwimmen u. Bayonnetfechten gewendet. Im Herbst finden größere Übungen in den Divisionen, alle 3–4 Jahre in Armeecorps Statt; zuweilen werden große Manövres von 2– 3 Armeecorps vor dem Könige ausgeführt. Die Zusammenziehungen von Corps u. größeren Massen währen 14 Tage bis 3 Wochen. Die Landwehr tritt jährlich etwa 14 Tage zum Exerciren zusammen. Die Einziehung zu großen Manövres wird als zwei Übungen gerechnet. Noch wird die ganze Landwehr zu Controleversammlungen beordert. Die Landwehrartillerie, Pionniere, Jäger, Schützen üben jährlich 14 Tage bei ihren Waffen.

Besoldung des Heeres: Der General der Infanterie od. Cavallerie u. commandirende General steht sich jährlich auf 10,000 Thlr., der Generallieutenant u. Divisionär 5200 Thlr., der Generalmajor u. Brigadecommandeur 3300 Thlr., der Oberst u. Regimentscommandeur 2500–2200 Thlr., der Stabsoffizier 1800 Thlr. (bei der Cavallerie 1890 Thlr.), der Hauptmann erster Klasse 1200 Thlr., zweiter Klasse 600 Thlr. (bei der Cavallerie 1290 Thlr. u. 720 Thlr.), der Premier. lieutenant erster Klasse 300 Thlr. (bei der Cavallerie 360 Thlr.) u. der Secondlieutenant 240 Thlr., bei der Cavallerie 280 Thlr.). Die Artillerie u. Ingenieurs sind ungefähr wie die Cavallerie besoldet u. nur der Secondlieutenant etwas höher. Außerdem erhalten die Offiziere im Kriege Feldzulage, welche sich bei den Generalen auf 583, 150 u. 75 Thlr. monatlich, bei den anderen Offizieren bis zum Capitän zweiter Klasse auf 25 Thlr., bei den Lieutenants der Infanterie u. Artillerie u. den Ingenieurs auf 8 Thlr., bei denen der Cavallerie auf 6 Thlr. monatlich beläuft. Bei Reisen im Frieden werden Reise- u. Tagegelder gezahlt u. erhält der General für die Meile 1 Thlr. 15 Sgr., der Unteroffizier u. Gemeine 10 Sgr., u. Tagegelder der General 4 Thlr., der Unteroffizier u. Gemeine 15 Sgr. Eben so beträgt der Servis (das von den Städten gezahlte Quartiergeld) in großen Städten bei den Generalen 56–39, in kleinen 20–30, bei den Stabsoffizieren in ersteren 22– 10 Thlr., in letzteren 7–8 Thlr., bei den Lieutenants in ersteren 5–8, in letzteren 33/4–41/2 Thlr. monatlich. Auch Stallservis für Dienstpferde wird gezahlt. Der commandirende General hat 10, der Divisionär u. Brigadegeneral 8, der Regimentscommandeur der Infanterie 3, der Bataillonscommandeur 2, die Hauptleute eines Infanterieregiments u. der Adjutant bei derselben 1, der Stabsoffizier der Cavallerie 4, der Rittmeister u. Adjutant 3, der Lieutenant der Cavallerie 2 schwere od. leichte Rationen. Im Kriege mehren sich diese Rationen, bei den Subalternoffizieren um 1–2, bei den Stabsoffizieren um 2–3, bei den Generalen noch mehr. Die Adjutanten erhalten jährlich 72 Thlr., die untersuchungsführenden Offiziere 36 Thlr. Zulage. Der Generalstab u. die Adjutantur erhält etwas weniger Besoldung. Die Offiziere der Gardeducorps u. des ersten Garderegiments erhalten nicht nur höheren Sold, sondern auch Kleider- u. Tischgelder, so daß sich der Secondlieutenant den Monat auf 42 Thlr. steht. Jedes Bataillon u. jedes Cavallerieregiment u. jede Artillerieabtheilung erhält 30 Thlr. monatlich Tischgelder, jedoch müssen die Lieutenants zusammen an der Offizierspeiseanstalt Theil nehmen. Auch ein Offizierunterstützungsfond besteht, indem für jedes Infanterieregiment u. jede Artilleriebrigade 800 Thlr., für jedes Cavallerieregiment 300 Thlr., für jede Landwehrbrigade 100 Thlr. für Offiziere, welche in Dienst durch Verlust von Pferden, Brandschaden, Diebstahl u. dgl. Nachtheil erlitten haben, od. wegen Gesundheitsrücksichten ins Bad gehen müssen, ausgesetzt sind. Bei Urlaub behält der Offizier den ganzen Gehalt. Jedem Subalternoffiziere werden monatlich etwa 5 Thlr. Kleidergelder abgezogen u. dafür die Ausgaben für Bekleidung etc. vom Regiment bestritten. Ist das Jahr um u. ist nicht das Ganze verbraucht worden, so erhält der Offizier den Überschuß heraus, im Gegentheil zahlt er nach. Auch andere Abzüge, für Musik, Pensionsfond, bei Verheiratheten für Wittwenkasse etc. finden Statt. Der Lieutenant des stehenden Heeres erhält die nachzusuchende Erlaubniß zum Heirathen, wenn sein od. seiner Brant Vermögen, außer dem Gehalt, 600 Thlr. jährliche Einkünfte beträgt. Vom Hauptmann aufwärts bedarf es eines geringeren Vermögens. Bei der Verheirathung müssen sich die Offiziere in die Militärwittwenkasse einkaufen. Gleiches dürfen auch die Lieutenants der Landwehr. Der Feldwebel erhält, einschließlich der Zulagen, monatlich etwa 14 Thlr. 15 Sgr., der Porteépeefähnrich 8 Thlr. 15 Sgr., der Sergeant 81/2–10 Thlr., der Unteroffizier. 71/2–5 Thlr., Gefreiter 31/2 Thlr., Gemeiner od. Spielmann 2 Thlr., außerdem erhält jeder Unteroffizier u. Gemeine monatlich 10–15 Sgr. Victualienzuschuß. Dazu kommen für die Capitulanten u. Gefreiten eine monatliche Zulage, auch erhält der Mann freies Quartier in der Garnison, eine Portion von 1 Pfund 12 Loth, auf dem Marsche 2 Pfund Brod täglich u. gegen Abzug von 1 Sgr. bis 1 Sgr. 6 Pf. Menagenverpflegung, auf Märschen vom Wirth, gegen 5 Sgr. Vergütung, wozu der Soldat 1 Sgr. 3 Pf. zahlt, freie Verpflegung. Für Unterbringen der Mannschaften sind in den meisten Garnisonen Kasernen erbaut. Diese, so wie überhaupt sämmtliche Militärgebäude hat die Garnisonverwaltungsbehörde zu beaufsichtigen; sie ressortirt bei der Intendantur. Die Landwehr erhält vom Tage des Eintreffens zu den Übungen dieselbe Löhnung, Brod u. Servis wie das stehende Heer u. beim Auseinandergehen, wie dieses auch bei der Entlassung zur Kriegsreserve Statt findet, etappenmäßige Marschgelder. Nur bei Contreversammlungen erhält die Landwehr keine Zahlung. Die Bekleidung erhält das stehende Heern. diee Landwehr vom Staat, die großen Montirungsstücken werden ihnen von den Regimentern verabreicht, u. wenn der Mann zur Kriegsreserve entlassen wird, wieder abgeliefert, dagegen erhält er eine vollständige ausgediente Bekleidung mit. Das Tuch zu den Bekleidungen wird den Truppen aus den Montirungsdepots Berlin, Düsseldorf, Breslau u. Graudenz geliefert; alles andere Material wird von den Truppen gekauft; die kleinen Montirungsstücke bekommt er nach einer bestimmten Tragzeit als Eigenthum. Zur Aufbewahrung der großen Vorräthe an Getreide u. Mehl zur Verpflegung der Leute u. Pferde dienen Proviantmagazine, welche von dem Proviantamte beaufsichtigt werden. Alle größeren Garnisonen haben besondere Militärbäckereien, die auch unter der genannten Behörde stehen. Pensionen[509] erhält jeder, welcher durch Beschädigung im Dienst invalid wird od. 15 Jahre dient u. dann dienstuntauglich wird. Ist er unter 15 Jahren dienstuntauglich geworden, so wird nur eine gewisse Pension auf 1–5 Jahre gezahlt, um die Gesundheit herzustellen od. sich auf eine andere Laufbahn vorzubereiten. Die Pensionen steigen von 15 Jahren an mit den Dienstjahren, können aber nie das Gehalt, welches der zu Pensionirende im Augenblick bezieht, wo er den Abschied nimmt, übersteigen. Mit 15–20 Jahren Dienstzeit erhält der Pensionirte ungefähr die Hälfte, mit 20–30 Jahren Dienstzeit 3/4 seines Gehalts Pension, dann steigt es von 10 zu 10 Jahre, bis es endlich das ganze Gehalt erreicht. Kriegsjahre werden doppelt, Gefangenschaft aber nicht gerechnet. Während der Dienstzeit finden nach den Chargen Abzüge zum Pensionsfond Statt. Der Secondlieutenant zahlt 3 Thlr. u. steigend fort bis zum commandirenden General, welcher 280 Thlr jährlich zahlt. Wird ein Offizier bei Garnisontruppen od. bei den Invaliden versorgt, so gilt dies für Pension, Anstellung im Civildienst aber (bes. als Postmeister, dem Steuer- od. Zollfach, Telegraphie) nur dann, wenn der künftige Gehalt die Pension nicht erreicht, sonst wird das Fehlende dem Gehalt zugeschossen. Der König bewilligt bei Verabschiedung nach langer Dienstzeit oft ein Vorrücken im Grade, ohne daß dies auf die Pension Einfluß hätte, auch oft die Armeeuniform, blau u. roth mit 1 Reihe gelber Knöpfe (die Cavallerie nur mit 1) u. dunkelblauen Epauletten. Oft wird auch die Erlaubniß, die Regimentsuniform zu tragen, bewilligt. Die Verabschiedeten tragen die Epaulettsstege mit mehr Schwarz (u. dies in Blätterform).

Der Staat hat viele Festungen, darunter mehre vom ersten Range. Es sind Saar-Louis, Wesel, Köln u. Coblenz nebst Ehrenbreitstein, Minden, Erfurt mit dem Petersberge u. der Cyriaksburg, Magdeburg, Wittenberg, Torgau, Spandau, Stettin, Küstrin, Glogau, Kosel, Glatz, Schweidnitz, Neiße, Posen, Graudenz, Thorn, Stralsund, Colberg, Danzig, Pillau, so wie Königsberg u. Lötzen, Weichselmünde u. Neufahrwasser. Übrigens hat P. in den Bundesfestungen Mainz u. Rastatt mit Österreich u. in der Bundesfestung Luxemburg mit den Niederlanden das Besatzungsrecht. Über die Commandanturen in diesen Plätzen s. ob. Commandanturen. Stückgießereien sind in Berlin u. Spandau; Gewehrfabriken in Spandau, Danzig, Sömmerda, Suhl u. Saarn bei Düsseldorf, Erfurt im Bau; königliche Klingenfabriken in Solingen u. Suhl; Pulverfabriken in Spandau u. Neiße; Artilleriewerkstätten in Berlin, Deutz, Danzig, Neiße; Traindepots in Berlin, Königsberg, Bischofswerder, Breslau, Magdeburg, Posen, Ehrenbreitstein u. Münster. Nach dem Etat für 1861 beträgt der Bedarf für die Armee im Ordinarium 38,569,604 Thlr., im Extraordinarium 2,619,377 Thlr. Feldzeichen u. Nationalcocarde: weiß u. schwarz. Auf den Fahnen u. Standarten befindet sich der fliegende preußische Adler in orangegelbem Feld mit Lorbeerkranz umgeben.

Marine. An der Spitze derselben steht der Marineminister, welcher zugleich auch Kriegsminister ist. Unter ihm steht das Obercommando der Marine unter dem Admiral u. Oberbefehlshaber der Marine. Das Marineministerium besteht aus den Abtheilungen für technische u. für Verwaltungsangelegenheiten. Die Marine besteht dermalen aus: Offizieren u. Cadetten, 1 Admiral, 1 Contreadmiral, 4 Capitäns, zur See 6 Corvettencapitäns, 46 Lieutenants, 20 Fähnrichs zur See, 40 Seecadetten; Seeoffizieren 12 erster, 36 zweiter Klasse; niedere Chargen: 108 Unteroffiziere, 860 Matrosen, 200 Schiffsjungen; das Maschinenpersonal: 27 Maschinisten (Maate), 46 Heizer; das Handwerkspersonal: 29 Meistermaale, 210 Handwerker, 40 Lehrlinge, 18 Lazarethgehülfen, 16 Functionäre, Schneider u. Schuhmacher; das Seebataillon, Infanterie: 1 Stabsoffizier, 5 Hauptleute, 5 Premierlieutenants, 11 Secondelieutenants, 597 Mann; Artillerie (Seeartilleriecompagnie): 8 Offiziere, 296 Mann; Seewehr: das Commando der Marinereserve u. Seewehr führt die Listen der entlassenen Leute, analog den Landwehrbataillonen; die Marinestabswache: 24 Stabswachtmeister u. Sergeanten. Die Uniform der Marine besteht bei den Offizieren in dunkelblauem Frack mit umgelegtem Kragen u. 12 Ankerknöpfen in zwei Reihen, runden Ärmelaufschlägen mitgroßen Knöpfen, u. dunkelblauer Civilhosemitbreiten Goldstreifen; Dolch mit metallener Scheide an dunkelblauer Schnur. Unteroffiziere: blautuchene Matrosenjacken mit umgeschlagenem Kragen u. zwei Reihen kleiner Ankerknöpfe, auf dem linken Oberärmel ein Anker in Gold gestickt; blauwollene Mütze mit K. M. od. niedriger Matrosenhut mit schwarzseidenem Bande. Matrosen wie vorstehend, mit Wegfall des Ankers. Seebataillon: Offiziere: dunkelblauer Waffenrock mit gleichem farbigem Kragen, worauf goldene Litzen, weißer Vorstoß, dunkelblaue Beinkleider mit weißer Biese (Passepon); Helme der Linienartillerie; Füseliersäbel. Seesoldaten: dunkelblauer Waffenrock, ohne Litzen, mit glatten Metallknöpfen, weiße Achselklappen mit gelbtuchenem Anker, dunkelblaue Beinkleider mit weißer Biese; dunkelblaue Tuchjacken mit stehendem Kragen, acht Knöpfen in einer Reihe, weißem Vorstoß, dunkelblauen Achselklappen mit Anker; Helm der Linienartillerie. Bewaffnung: Zündnadelgewehre u. Faschinenmesser; Matrosen: Revolver u. Dolche. An Kriegsfahrzeugen besitzt die Marine 4 gedeckte Schraubencorvetten, Arcona, Gazelle, Vineta, Hertha à 28 Geschütze; 4 größere Schraubenkanonenboote à 3 Geschütze; 15 kleinere Schraubenkanonenboote à 2 Geschütze; 1 Yacht; 1 Dampfcorvette à 12, 1 dgl. à 9 Geschütze; 1 Dampfaviso (Raddampfer) à 2 Geschütze; 1 Bugsirdampfer; 2 Fregatten à 48 u. 38 Geschütze; 1 Corvette à 12,1 Brigg à 8, 1 Schooner à 1, 2 Transportschiffe à 12 u. 6 Geschütze, 2 kleinere Fahrzeuge, 36 Kanonenschaluppen à 2, 6 Jollen à 1 Geschütz. Mithin im Ganzen 79 Fahrzeuge mit 380 Geschützen. Zur Ausbildung der Mannschaften u. Offiziere werden alljährlich größere Expeditionen unternommen. Zur Gewinnung von Offizieren besteht ein Seecadetteninstitut in Berlin, zur Ausbildung der Unterossiziere eine Unteroffizierschule. Ein Kriegshafen für einen Theil der Küstenflottille besteht auf der Insel Dänholm bei Stralsund. Neue Kriegshafen werden gebaut am Jahdebusen u. auf Rügen am Jasmunder Bodden. Flagge bei den Kriegsschiffen weiß mit dem gekrönten preußischen Adler u. dem eisernen Kreuz in der oberen Ecke. Bei Kauffahrteischiffen weiß mit 2 schwarzen horizontalen Streifen oben u. unten eingefaßt, in der Mitte den preußischen Adler.

Das Wappen ist ein dreifaches. Das große besteht aus vier. Mittelschildern u. den 48 Feldern[510] des Hauptschildes. Das erste u. oberste Mittelschild (aus welchem allein das kleinere Wappen besteht) hat oben die königliche Krone, im silbernen Felde den gekrönten königlichen preußischen schwarzen Adler, mit goldenen Kleestängeln auf den Flügeln, dem goldenen Namenszuge F. R, auf der Brust, goldenem Schnabel, goldenen Klauen, rother Zunge, mit dem goldenen Scepter (auf dessen oberer Spitze ein schwarzer Adler ist) in der rechten u. mit blau u. goldenem Reichsapfel in der linken Klaue, wegen des Königreichs P. Das zweite Mittelschild hat im silbernen Felde einen rothen Adler mit goldenen Kleestängeln auf den Flügeln, goldenem Schnabel u. goldenen Krallen, wegen der Mark Brandenburg; das dritte Mittelschild hat im goldenen Felde, welches von abwechselnd roth u. silbernen Vierecken eingefaßt ist, einen schwarzen, roth gekrönten Löwen, wegen des Burggrafthums Nürnberg; das vierte ist silbern u. schräg geviertelt, so daß das erste Viertel silbern ist, wegen Hohenzollern. Um das Wappenschild hängt der Rothe, im weiteren Umfange der Schwarze Adlerorden. Schildhalter: zwei mit Eichenlaub bekränzte u. gegen einander gekehrte wilde Männer, welche den einen Arm auf den Schild lehnen u. mit der anderen Hand eine silberne Fahne mit goldener Einfassung halten, deren rechte den preußischen schwarzen, die linke den brandenburgischen rothen Adler zeigt. Das Ganze steht in einem Wappenzelte, dessen Gipfel mit einer Königskrone geziert ist, u. worüber das silberne Reichspanier mit einem Schwarzen Adlerorden hervorragt. Der Fuß des Wappens: golden u. blau, mit dem Wahlspruch: Gott mit uns!

Orden u. Ehrenzeichen. Der Schwanenorden, Schwarze Adlerorden, Rothe Adlerorden, Orden pour le mérité, Johanniterorden, Luisenorden, das Eiserne Kreuz (s.d. a.). Hausorden von Hohenzollern am 5. Dec. 1841 von dem Fürsten von Hohenzollern gestiftet u. am 23. Aug. 1857 unter die preußischen Orden aufgenommen. Der Orden hat drei Klassen: Ritter, Comthure u. Großcomthure. Er zerfällt in zwei Ordnungen, welche getrennt u. unabhängig von einander bestehen: der Orden des königlichen Hauses von P. u. der Orden des fürstlichen Hauses von Hohenzollern. Der Orden des königlichen Hauses ist dem Andenken an den königlichen Ursprung u. die Ausbreitung des königlichen Hauses gewidmet u. hat die Devise: Vom Fels zum Meer. Das Großmeisteramt hat der König. Der Orden wird in zwei Abtheilungen verliehen, deren erstere zur Belohnung besonderer Hingebung an das königliche Haus, die zweite zur Belohnung besonderer Verdienste um die Pflege gottesfürchtiger u. treuer Gesinnung unter der Jugend bestimmt ist. Beide Abtheilungen können neben einander getragen werden, dagegen schließt eine höhere Klasse die unteren aus. Die Prinzen des königlichen Hauses so wie die Häupter der Hohenzollerschen Häuser haben durch ihre Geburt das Recht zum Tragen der Großcomthure. Der Orden des fürstlichen Hauses Hohenzollern wird von den jeweiligen Häuptern der beiden Linien nach gemeinsamer Verabredung u. nach jedesmaliger vorgängiger eingeholter Genehmigung des Königs verliehen. Das Militärehrenzeichen erster u. zweiter Klasse, 1806 gestiftet. Goldene u. silberne Medaille, auf der einen Seite: Verdienst um den Staat, auf der andern Seite der königliche Namenszug mit der Krone, schwarzes, weißgerändertes Band, das allgemeine Ehrenzeichen erster u. zweiter Klasse, ein silbernes Kreuz u. silberne Medaille, wird an einem weißen mit orangefarbenen Streifen durchzogenen Bande getragen. Das Dienstauszeichnungskreuz für Offiziere des stehenden Heeres für fünfundzwanzigjährige Dienste, ein goldenes Kreuz mit F. W. III. als Inschrift auf der einen u. XXV. auf der andern Seite, an kornblumblauem Bande. Die Dienstauszeichnung für Unteroffiziere u. Gemeine in drei Klassen, für neun-, funfzehn- u. einundzwanzigjährige Dienste, eine eiserne, silberne od. goldene, mit dem Namenszug des Königs verzierte Platte auf blauem Grund mit bezüglich schwarzer, weißer od. gelber Einfassung. Auszeichnung für pflichttreue Dienstzeit in der Landwehr ein kornblumblaues Band, in welches mit gelber Seide der Namenszug des Königs eingewebt ist; gestiftet 1842. Kriegsdenkmünze von Kanonenmetall für die Kriegsjahre 1813–15, einerseits F. W. mit Krone, darunter: Preußens tapfern Kriegern, anderenseits ein Kreuz auf Strahlen, auf dessen Mittelschild 1813 u. 14 od. 1815; mit Lorbeeren umgeben, am Rande: Aus erobertem Geschütz; Band orange mit schwarz u. weißem Rand. Medaille für Nichtcombattanten aus Eisen, für Alle, welche ausmarschirt, aber nicht vor den Feind gekommen sind, wie auch für Theilnahme der Civilbeamten an den Feldzügen 1813, 14 u. 15, oval, einerseits: Für Pflichttreue im Krieg, u. darüber die Chiffre F. W. III. mit Krone; Umschrift: Gott war mit uns, ihm sei die Ehre! andererseits ein Kreuz auf Strahlen, in dessen Mitte die Jahreszahl; Band weiß mit schwarz u. gelbem Rand. Neufchateller Medaille für alle preußischen Kämpfer in der Schweiz von 1831 gegen die Rebellen, in Silber, Band gelb, roth, schwarz u. weiß. Rettungsmedaille in Silber an gelbem Band mit weißen Streifen. Die Hohenzollersche Medaille an schwarzweißem Bande, von Bronze, wurde allen denen verliehen, welche 1848 u. 1849 im stehenden Heere od. der Landwehr getreu dienten.

Kirchenwesen. Die Verfassung gewährleistet Freiheit des Glaubens u. freie Ausübung des Religionsdienstes. Der Genuß der bürgerlichen u. staatsbürgerlichen Rechte ist von dem Bekenntnisse unabhängig; die christliche Religion ist denjenigen Staatseinrichtungen, welche mit der Religion in Zusammenhang stehen, zu Grunde gelegt. Die Evangelische u. Katholische Kirche, sowie jede andere Religionsgesellschaft, verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig. Der Verkehr der Religionsgesellschaften mit ihren Oberen ist ungehindert; die Bekanntmachung kirchlicher Anordnungen unterliegt nur denjenigen Beschränkungen, denen alle Veröffentlichungen unterworfen sind. Seit der 1817 stattgefundenen Union bilden Lutheraner u. Reformirte in den meisten Theilen des Staates eine vereinigte Kirche. Die inneren Angelegenheiten der Evangelischen Landeskirche werden von dem durch den Erlaß vom 29. Juni 1850 gegründeten Oberkirchenrathe in Berlin geleitet; derselbe besteht aus Mitgliedern beider (lutherischer u. reformirter) Confessionen, u. zwar aus kirchlichen u. weltlichen Räthen. Unter seiner Leitung stehen: das Synodalwesen, die Aufsicht über den Gottesdienst in dogmatischer u. liturgischer Beziehung, Aufsicht über das kirchliche Prüfungswesen u. die Vorbereitung zum. geistlichen Stande, die Besetzung niederer kirchlicher Ämter, Aufsicht über Ordination, Einführung u. Vereidigung der Geistlichen, Aufsicht[511] u. Disciplin über dieselben, die Emeritirungsangelegenheiten, die Ertheilung kirchlicher Dispensationen, Aufrechthaltung der Kirchenzucht, Kirchenvisitationen u. Beaufsichtigung der kirchlichen Archive etc. Er verwaltet diese Sachen collegialisch, steht in directem Verkehr mit den übrigen Behörden u. berichtet unmittelbar an den König. Die äußeren Angelegenheiten verwaltet das Ministerium der geistlichen Angelegenheiten in einer besonderen Abtheilung (s. oben); dahin gehört bes. die Aufsicht über die Kirchenbücher, über das Vermögen der Kirchen, kirchlichen Stiftungen u. Institute, die Anstellungen der weltlichen Kirchenbedienten für die Verwaltung des kirchlichen Vermögens etc. In einigen Angelegenheiten ist ein Zusammenwirken der beiden obersten Behörden erforderlich, z.B. bei Veränderung bestehender od. Einführung neuer Stolgebühren u. Taxen, bei Anstellung der Superintendenten u. der Directoren u. Lehrer am Predigerseminare zu Wittenberg etc. Unter diesen Behörden besteht für jede Provinz ein Consistorium, an dessen Spitze der Oberpräsident der Provinz u. für die rein kirchlichen Angelegenheiten ein Generalsuperintendent, als erstes Mitglied des Consistoriums, steht. Der allerhöchste Erlaß vom 27. Febr. 1860, betreffend die Fortbildung der evangelischen Kirchenverfassung in den östlichen Provinzen, verordnete die Einrichtung eines kirchlichen Gemeindevorstandes in allen Gemeinden, welcher aus 2–12 mindestens 30 Jahre alten Hausvätern von unbescholtenem Ruf u. christlichem Wandel, den bisherigen Kirchenvorstehern u. dem vorsitzenden Pfarrer bestehen soll u. den Beruf hat, die christlichen Gemeindethätigkeiten zu fördern u. die Gemeinde zu vertreten; dadurch sollen die Gerechtsamen des Patrons nicht berührt werden, sondern in ihrer bisherigen Geltung bleiben; auch soll in dem Bekenntnißstande der Gemeinde u. in ihrer Stellung zur Union nichts geändert werden; die evangelischen Patrone können jederzeit von den Verhandlungen des Kirchenrathes Einsicht nehmen; wo die Gemeindekirchenräthe eingeführt sind, soll mit der Einrichtung u. Berufung von Kreissynoden vorgegangen werden. Jede Provinz zerfällt in eine Anzahl von Kirchenkreisen, denen ein Superintendent vorgesetzt ist. Deren hat P. 51 (darunter neun reformirte Inspectorate u. ein französisches Consistorium in Königsberg), Posen 18, Brandenburg 76, Pommern 56, Schlesien 52, Sachsen 95, Westfalen 19, die Rheinprovinz 25, in beiden letztern heißen sie Kreissynoden. Der Evangelischen Confession folgt der größere Theil der Bewohner (s. ob.), der kleinere der Katholischen; im Durchschnitt kommen von 100 Bewohnern 62,1 auf Protestanten u. 37,9 auf Katholiken; die Mischung von Protestanten u. Katholiken ist in den verschiedenen Theilen des Landes sehr verschieden. Im Jahre 1855 hatten die Protestanten 9203 Kirchen u. gottesdienstliche Versammlungsorte mit 6195 Geistlichen. Getrennte Lutheraner gibt es jetzt in. Schlesien 9552, deren Hauptstationen Namslau, Öls, Ohlau, Trebnitz u. Rothenburg sind. Die Katholische Kirche hat in P. 2 Erzbisthümer u. 6 Bisthümer; überhaupt zerfällt P. in 4 katholische Kirchenprovinzen: Gnesen u. Posen (worin das Erzbisthum Gnesen u. Posen mit 2 Metropolitankirchen u. Diöcesen zu Gnesen u. Posen, u. das Bisthum Kulm), Ermeland (dessen Sitz in Frauenburg), Breslau (das exemte Bisthum Breslau, dessen preußisches Gebiet in 8 Commissariatämter zerfällt, mit einem Delegaten in Berlin), Köln (worin die Bisthümer Münster, Paderborn u. Trier u. das Erzbisthum Köln). Unter auswärtigen Bischöfen stehen: die Grafschaft Glatz, zum Sprengel des Erzbisthums Prag gehörig; der District Katscher in Oberschlesien, unter dem Erzbisthum Olmütz; die Hohenzollernschen Lande, unter dem Erzbisthum Freiburg. In neuester Zeit sind viele Kirchen, Pfarren u. Schulen, sowie Klöster gestiftet worden (in Aachen allein 25 klösterliche Anstalten): in Paderborn auch eine Jesuitenanstalt für 40 Alumnen. Die Jesuitenmissionen sind für die Gegenden, wo Katholiken nur sporadisch wohnen, untersagt u. die Ausweisung aller Jesuiten u. katholischen Ordensleute des Auslandes, sofern sie durch Missionspredigten den confessionellen Frieden stören od. irgend eine Mißstimmung hervorrufen, angeordnet. Auch ist den katholischen Geistlichen der Besuch an ausländischen Jesuitenanstalten zu ihrer Vorbildung untersagt. Im Jahre 1855 gab es 7622 katholische Kirchen u. gottesdienstliche Versammlungsorte mit 5796 Priestern. Von andern Confessionsverwandten sind in P. vertreten: die Herrnhuter (etwa 20,000), welche ihre Sitze in Niesky, Gnadenfeld, Gnadenfrei, Gnadenberg, Neusalz an der Oder in Schlesien, in Neudietendorf bei Erfurt, Gnadau bei Barby, Rixdorf bei Berlin, bes. in Neuwied am Rhein haben; die Griechischen Christen (1331), wohnen bes. in den östlichen Provinzen u. haben sich seit 1831 namentlich in den 10 Dörfern u. Colonien des Krutinger Forstes im Regierungsbezirk Gumbinnen angesiedelt; Mennoniten (14,051, mit 30 Versammlungshäusern), wohnen namentlich in den Regierungsbezirken Danzig, Marienwerder, Königsberg, der Rheinprovinz u. Westfalen; Juden (242,416), bes. in Posen, Ost- u. Westpreußen u. in den Handelsstädten u. haben 928 Synagogen. Die Deutschkatholiken u. Mitglieder der Freigemeinden (bes. in Schlesien, Posen u. Sachsen) haben noch keine volle staatsrechtliche Anerkennung erlangt.

Schulwesen. Die Verfassung garantirt Freiheit der Wissenschaft u. ihrer Lehre. Alle öffentlichen u. Privatunterrichts- u. Erziehungsanstalten stehen unter der Staatsbehörde. Die Leitung der äußeren Angelegenheiten der Volksschule steht der Gemeinde zu. Der Staat stellt, unter gesetzlich geordneter Betheiligung der Gemeinden, die öffentlichen Lehrer an. Die Mittel zur Errichtung u. Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen werden im Allgemeinen von der Gemeinde aufgebracht. Im Jahre 1857 gab es 2,943,251 schulpflichtige Kinder, von denen 2,758,472 in Elementarschulen waren; alle Elementarlehrer bezogen 1857 einen Gehalt von 6,294,298 Thlrn.; 1859 betrug die Staatsausgabe für das Elementarschulwesen 225,363 Thlr., das Übrige tragen also die Gemeinden; für Gymnasien u. Realschulen gibt der Staat jährlich 324,100 Thlr. aus. Im Jahre 1857 gab es im Preußischen Staate: 24,292 öffentliche Elementarschulen mit 32,990 Lehrern u. 2,758,472 Schülern, 1171 concessionirte Privatschulen mit 3635 Lehrern u. 70,220 Schülern, 56 höhere Bürger- u. Realschulen mit 787 Lehrern u. 17,094 Schülern, 32 Progymnasien mit 268 Lehrern u. 3093 Schülern, 135 Gymnasien mit 1955 Lehrern u. 36,863 Schülern. Außerdem gibt es 39 evangelische u. 16 katholische Schullehrerseminare mit 2600 Zöglingen; für sie[512] gibt der Staat jährlich 151 Thlr.; ferner eine Philosophisch-theologische Lehranstalt in Paderborn, Katholische Priesterseminare in Braunsberg, Pelplin, Gnesen, Posen, Breslau, Münster, Paderborn, Köln u. Trier, ein Protestantisches Predigerseminar in Wittenberg, Seminarien für gelehrte Schulen in Berlin, Breslau u. Stettin. Für die höhere wissenschaftliche Bildung ist durch 6 Universitäten (Berlin, Bonn, Breslau, Halle-Wittenberg, Königsberg, Greifswald) gesorgt, zu denen noch die für katholische Theologen bestimmte Specialakademie in Münster u. das Lyceum Hosianum in Braunsberg kommen; dieselben hatten im Jahre 1859: 362 Professoren, 157 Privatdocenten u. 4070 Studenten, u. zwar 1875 Theologen, 830 Juristen, 803 Mediciner u. 1462 Philosophen. Von den einzelnen Universitäten kamen in demselben Jahre auf Berlin 1475 Studenten (327 Theologen, 423 Juristen, 313 Mediciner, 412 Philosophen), 98 Professoren u. 66 Privatdocenten; auf Bonn 801 Studenten (286 Theologen, 127 Juristen, 119 Mediciner, 269 Philosophen), 72 Professoren u. 16 Privatdocenten; auf Breslau 788 Studenten (291 Theologen, 132 Juristen, 107 Mediciner, 258 Philosophen), 52 Professoren u. 32 Privatdocenten; auf Halle 715 Studenten (499 Theologen, 44 Juristen, 40 Mediciner, 132 Philosophen), 45 Professoren u. 15 Privatdocenten; auf Königsberg 370 Studenten (128 Theologen, 70 Juristen, 90 Mediciner, 82 Philosophen), 43 Professoren, 16 Privatdocenten; Greifswald 294 Studenten (36 Theologen, 34 Juristen, 134 Mediciner, 90 Philosophen), 36 Professoren u. 9 Privatdocenten; auf Münster 527 Studenten (308 Theologen, 219 Philosophen), 16 Professoren u. 3 Privatdocenten. An allen Universitäten befinden sich Bibliotheken; außerdem ist zu nennen die Königliche Bibliothek in Berlin mit über 500,000 Bänden u. 10,000 Manuscripten; Sternwarten (Berlin, Königsberg, Bonn, Halle etc.), Botanische Gärten (bes. Berlin, Bonn), Sammlungen u. Museen aller Art, Theater. An der Spitze der Wissenschaftlichen Gesellschaften steht die Akademie der Wissenschaften in Berlin; außerdem sind zu erwähnen: die Naturforschenden Gesellschaften in Berlin u. Breslau, die Geographische, Polytechnische, Stenographische Gesellschaft in Berlin, die Deutschen Gesellschaften in Königsberg, Berlin u. Potsdam, die Akademie gemeinnütziger Wissenschaften in Erfurt, die Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur in Breslau u. die Westfälische in Minden, die Oberlausitzsche Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz, die Gesellschaft für pommersche Geschichte u. Alterthumskunde in Stettin etc. Für künstlerische Ausbildung bestehen: die Königliche Akademie der Künste, die Königlichen Kunstmuseen in Berlin, die Malerakademie in Düsseldorf, die Kunstakademie in Königsberg, Kunst- u. Baugewerkschulen in Magdeburg, Erfurt, Breslau, Danzig u. Königsberg, die Bauakademie in Berlin etc. Anstalten zur Ausbildung des Militärs s. oben unter Militär S. 507. Navigationsschulen gibt es in Danzig, Pillan, Memel, Stralsund, Greifswald, Wolgast u. Grabow bei Stettin. Medicinisch-chirurgische Militärakademie in Berlin, außerdem Chirurgenschulen in Breslau, Greifswald, Magdeburg u. Münster, Thierarzneischule in Berlin etc. Hebammenlehr- u. Entbindungsinstitute sind in Königsberg, Gumbinnen, Danzig, Posen, Frankfurt, Lübben, Stettin. Oppeln, Magdeburg, Wittenberg, Erfurt, Paderborn, Köln, Trier. Die Summe der Apotheken betrug 1854 1523, die Gesammtzahl der Ärzte 6907 (darunter 1811 Ärzte zweiter Klasse), der Hebammen 11,466. Wohlthätigkeitsanstalten: Taubstummenanstalten in Berlin, Breslau, Liegnitz, Ratibor, Erfurt, Posen, Königsberg, Angerburg, Marienburg, Münster, Köln (1858 13,297 Taubstumme); Blindenanstalten in Berlin, Breslau, Erfurt, Soest u. Paderborn (1858 10,205 Blinde). An Krankenanstalten zählte man 1855 684, u. zwar 370 öffentliche u. 314 private, in welchen zusammen 197,335 Kranke verpflegt wurden; in den Irrenheil- u. Irrenpflegeanstalten gab es 1851 zusammen 3250 Geisteskranke; Waisenhäuser (darunter das große Militärwaisenhaus in Potsdam), Kleinkinderbewahranstalten (in Berlin 33), Rettungshäuser etc. Für die Wohlthätigkeitsanstalten u. die Waisenhäuser gibt der Staat jährlich 75,200 Thlr. Auch gehört hierher die Hauptbibelgesellschaft in Berlin mit 95 Provinzialbibelgesellschaften, der Hauptverein für christliche Erbauungsschriften, die Berliner Missionsgesellschaft etc.

Die Bodenbeschaffenheit ist in den verschiedenen Theilen des Staats sehr verschieden. Während in der Eifel, im Hundsrück, in der Mindener u. Lippstädter Haide wenig od. keine Vegetation herrscht u. in vielen Strichen Brandenburgs, Pommerns, Preußens u. Posens der Boden dürr u. steinig ist, ist doch der größte Theil des Staats fruchtbar, ja in vielen Strichen von ausgezeichneter Ergiebigkeit, wie in der Tilsiter Niederung, im Marienburger Werder, in den Niederungen der Warthe u. Neiße, an der Plöne, am Madüesee, der nördliche u. nordöstliche Theil von Pommern mit der Insel Rügen, die Uferstrecken links der Oder in Schlesien, die Börde bei Magdeburg, die Gegenden an der Saale u. Unstrut (Goldene Aue), die Soester Börde, die Gegenden um Jülich, die Thäler der Wupper, Mosel, Saar u. Nahe. Es gibt 2277, 8 QM. Ackerland, 398 QM. Wiesen, 402,3 QM. Weiden, 67,32 QM. Gärten u. Weinberge, 1099, 2 QM. Wald, 713,5 QM. uncultivirtes Land, dazu 145,511 QM. Flüsse u. Seen. Beschäftigung: 43 Procent der Einw. leben vom Ackerbau, 13 Proc. sind Handwerker u. Künstler, 10 Proc. Fabrikanten, 9,2 Proc. Tagearbeiter, 7,9 Proc. Gesinde, 3 Proc. Handels- u. Kaufleute, 2,7 Proc. Beamte, 1,75 Proc. Rentiers u. Pensionisten, 1,5 Proc. Soldaten. So bildet die Grundlage der Nahrungsverhältnisse der Ackerbau, verbunden mit Viehzucht, welcher von der Regierung in jeder Weise gefördert u. gehoben wird. So ist 1807 die Erwerbung der Rittergüter allen Unterthanen freigegeben, 1807 u. 1820 die Aufhebung der Erbunterthänigkeit ausgesprochen, 1811 u. 1820 die Ablösung der bäuerlichen Lasten gegen Entschädigung der Gutsherren gestattet, auch Creditinstitute zum Besten der Gutsbesitzer errichtet worden. Ferner werden von der Regierung außerordentliche Unterstützungen bewilligt, es sind Musterwirthschaften u. landwirthschaftliche Anstalten errichtet worden Für die landwirthschaftliche Ausbildung bestehen 5 höhere landwirthschaftliche Lehranstalten zu Eldena bei Greifswald, Möglin in Brandenburg, Proskau bei Oppeln, Waldau in Preußen u. Poppelsdorf bei Bonn, 25 Ackerbauschulen u. niedere landwirthschaftliche Anstalten, 408 Landwirthschaftliche Vereine, außerdem Gärtnerlehranstalten[513] zu Potsdam u. zu Schöneberg bei Berlin. Eine Forstakademie ist in Neustadt-Eberswalde. Besonders seit 1850 (Beendigung der Agrargesetzgebung) haben sich die landwirthschaftlichen Verhältnisse bedeutend verändert u. gehoben; u.a. waren 60,85 QM. bisher uncultivirtes Land in Anbau genommen worden. Im Jahre 1855 gab es 2,070,157 Güter von 91,542,169 Magdeburger Morgen, auf denen sich 8,559,460 Menschen (darunter 884,815 Eigenthümer) ernährten. Das größte Gut (im Regierungsbezirk Marienwerder) hat 72,904 Morgen, eins in Posen 57,600, eins in Frankfurt 56,400 Morgen. Im Allgemeinen gab es 1855 17,675 Besitzungen von 600 u. mehr Morgen, 14,481 Besitzungen von 300–600 Morgen, 387,741 von 30–300, 598,134 von 5–30 u. 1,052,126 Besitzungen unter 5 Morgen. Gebaut wird bes. Weizen (am meisten in Schlesien, Sachsen etc.), Spelz (in den Rheinprovinzen), Roggen (fast überall), Gerste (ebenfalls im ganzen Lande), Hafer (namentlich in den östlichen Landestheilen), Buchweizen, Erbsen, Wicken, Bohnen, Linsen, Lupinen. Einen Hauptnahrungszweig bilden die Kartoffeln, dann Ölgewächse (Raps, Rübsen, Hanf, Lein, Mohn), Farbepflanzen (Krapp, Waid, Saflor, Färberscharten), Gewürzpflanzen (Senf, Kümmel, Anis), Flachs (bes. im Regierungsbezirk Königsberg, in Schlesien u. den westlichen Provinzen); bedeutend ist auch der Runkelrübenbau zur Zuckerfabrikation, bes. in Sachsen u. Schlesien (1857 gab es 147 Fabriken), Tabak (auf zusammen 1,7 QM. 238,387 Centner jährlich). Der Weinbau nahm 1857 einen Flächenraum von 2,77 QM. ein u. wird bes. in der Rheinprovinz, außerdem in Posen, Brandenburg, Sachsen (Naumburg etc.), Schlesien (Grünberg etc.) zum Keltern getrieben. Die besten Rheinweine gibt es in P. bei Bacharach, Ober-Wesel, Mannebach, Steng, Enghöll, Oberspei, Ehrenbreitstein, Linz, Erpel, Rheinbreitbach, Honnef; die besten Naheweine bei Monzingen, Laubenheim, Langen, Lonsheim, Münster, Sobernheim, Kreuznach; die besten Moselweine bei Dusemond (Pisporter), Cröv, Graach, Erden, Zeltingen, Trarbach, Traben, Trona, Enkirchen, Kosel, Trier; die feuerigen Saarweine bei Scharzberg, Kanzem, Eil; die besten Ahrweine bei Bodendorf, Heimersscheimerberg, Wadenheim, Ahrweiler, Walporzheim. Der Obstbau liefert Äpfel, Birnen, Wallnüsse, Pfirsichen, Maulbeeren; die Gartencultur ist sehr weit vorgeschritten u. baut allerhand Gemüse (bes. Erfurt). Den Waldstand betreffend, so ist der fünfte Theil des Landes mit Wald bedeckt, u. zwar herrschen Nadelwaldungen in den mittleren u. östlichen Theilen des Landes vor, Laubwaldungen mehr im Westen u. Süden (namentlich schön auf der Insel Rügen). Der Staat besitzt den dritten Theil des Waldgebiets (375,6 QM.), auf welchem 443 Forstbeamte (darunter 24 Oberforstmeister, 59 Forstinspectoren, 361 Oberförster) angestellt sind. Die größte Holzausfuhr findet auf dem Rhein u. von Memel aus statt, darnach auf der Oder u. Elbe. Die Jagd bietet Wölfe (nur in Preußen u. an der belgischen Grenze), Elennthiere (sehr wenige in Ostpreußen u. Lithauen), Dachse, Biber (nur noch bei Aken in der Elbe, in der Möhne u. untern Lenne), Hamster, Hirsche, Wildschweine, Rehe, Hafen, Kaninchen, Füchse; Geier, Adler, Falken, Rebhühner, Haselhühner (Auerhühner, Birkhühner u. Trappen selten). Durch Gesetz vom 31. Octbr. 1848 ist das Jagdrecht auf fremdem Grund u. Boden aufgehoben u. jedem Gutsbesitzer auf seinem Grund u. Boden zugetheilt, aber die Ausübung desselben durch Gesetz vom 7. März 1850 geordnet. Die Seefischerei liefert Häringe (bes. Vorpommern), Schollen, Flundern, Steinbutten, Makrelen, Dorsche, ist aber im Ganzen nicht von solcher Bedeutung als die Binnenfischerei, in welcher Störe (welche den Elbcaviar liefern), Lachse (bes. im Rhein, der Cibo, Oder, Weichsel), Lachsforellen, Lampreten, Neunaugen, Aale, Hechte etc. gefangen werden. Karpfenteiche gibt es in Schlesien, Preußen u. Brandenburg, Muränen im Madüesee in Pommern. Unter den verschiedenen Zweigen der Viehzucht bestehen für die Pferdezucht die drei Hauptgestüte zu Trakehnen, Neustadt an der Dosse u. Graditz bei Torgau, u. die 8 Landgestüte zu Trakehnen (dieses außerdem noch mit Marställen zu Insterburg u. Gudwallen), Marienwerder, Lindenau bei Neustadt an der Dosse, Leubus bei Parchwitz, Repitz bei Torgau, Zirke im Posenschen, Warendorf in Westfalen, Wickerath bei Erkelenz; es wird dadurch nicht nur die sämmtliche Remonte im Inland gewonnen, sondern auch noch Pferde ausgeführt. Rindviehzucht wird bes. ausgezeichnet am Niemen, der Weichsel u. am Pregel getrieben; Rindvieh, Butter u. Käse wird indeß auch eingeführt, bes. für Westfalen u. die Rheinprovinz; der Tilsiter Käse wird stark ausgeführt. Die Schafzucht steht auf der höchsten Höhe in Pommern, Posen, Sachsen, Schlesien, Brandenburg (wo der Staat eine Musterheerde in Frankenfelde hält), Preußen; die Wolle aus der Provinz Brandenburg gilt für die beste. Schweinezucht treibt bes. Ostpreußen, Sachsen, Westfalen (die Westfälischen Schinken sind berühmt) u. die Rheinprovinz. Die Federviehzucht liefert bes. Fasane in Schlesien u. Gänse in Pommern, der Uckermark u. Westpreußen. Bienenzucht wird bes. im Regierungsbezirk Gumbinnen getrieben, Seidenraupenzucht vornehmlich in der Provinz Brandenburg; Blutegel gibt es in den pommerschen Strandseen.

Zum Betriebe u. zur Verwaltung des Berg-Hütten- u. Salinenbaues ist P. in fünf Bezirke getheilt, jeder mit einem Oberbergamt. Diese Oberbergamtsdistricte sind: der Brandenburgisch-preußische District, bestehend aus Preußen, Pommern u. Brandenburg, dem nördlichen Theile von Posen u. Schlesien, sowie aus dem östlich an der Elbe liegenden Theile der Provinz Sachsen, Sitz des Oberbergamtes Berlin; der Schlesische District, bestehend aus dem größten Theile von Schlesien u. dem südlichen Abschnitte des Regierungsbezirks Posen, Sitz des Oberbergamts Brieg; der Sächsisch-thüringische District, bestehend. aus Sachsen, westlich an der Elbe, Sitz des Oberbergamts Halle; der Westfälische District, bestehend aus den Regierungsbezirken Minden u. Münster, dem nordwestlichsten Theile von Arnsberg u. dem östlichen von Düsseldorf, Sitz des Oberbergamtes Dortmund; der Rheinische District, bestehend aus der Rheinprovinz, mit Ausnahme des östlichen Theiles des Regierungsbezirks Düsseldorf u. der größeren Südosthälfte von Arnsberg, Sitz des Oberbergamtes Bonn. Die Oberbergämter stehen unter der fünften Abtheilung des Ministeriums für Handel, Gewerbe u. öffentliche Arbeiten, welcher auch die Oberberghauptmannschaftskasse untergeben ist. Bergwerkseleveninstitute gibt[514] es in Berlin, Bonn u. Halle. Während 1824 der Werth der Bergwerksproducte kaum 3 Millionen Thlr. betrug, war er 1854 schon auf reichlich 21 Mill. Thlr. gestiegen. Eisenerze finden sich in allen Formationen, im Brandenburgischen Districte (nur Raseneisen), im Schlesischen Bezirke (die Brauneisensteine von Tarnowitz u. Beuthen), im Thüringischen Bezirke zu Tangerhütte u. Lauchhammer, Ilsenburg u. Josephshütte, Prinz Karlshütte, Enclave Camsdorf u. im Hennebergschen (Magneteisen), in Westfalen (bes. Kohleneisensteine im Bergamtsbezirke Bochum, Braun-, Roth- u. Spatheisenstein zwischen Hagen u. Elberfeld u. an der Prinz Wilhelmsbahn die oolitischen Thoneisensteine, die Brauneisensteine im Zechstein bei Ibbenbüren u. die Raseneisenerze), im Rheinischen Bezirk, wo nur das Raseneisen fehlt, endlich im Hohenzollerschen, zusammen aus 1674 Gruben 3,078,678 Tonnen. Von Zink wurden aus 59 Gruben 5,003,583 Ctr. gefördert. Von diesen Gruben kamen 28 auf den Tarnowitzer Bezirk, wo man das Zink aus dem Galmei im Muschelkalke ge-winnt; außerdem bei Iserlohn u. Brilon, auf der Grenze des Schiefergebirges, bei Stolberg u. zwischen Stolberg u. Aachen, am Altenberge; ferner aus der vielverbreiteten Zinkblende, bes. aus dem Schiefergebirge im Siegenschen. Roh- od. Barrenzink wurde im Ganzen in 56 Hütten 1,005,551 Ctr. (davon auf den Schlesischen Bezirk 42 Hütten mit 746,813 Ctrn.) gewonnen. Die Bleierzeugung lieferte aus 156 Gruben 685,090 Ctr. Erz, in 13 Hütten 253,588 Ctr. Blei u. 26,916 Ctr. Glätte. Man gewinnt das Blei fast nur aus Bleiglanz, aus dem Dolomit bei Tarnowitz u. Beuthen, in Niederschlesien, im Unterharze, im Siegenschen in der Grauwacke (auch im Saarbrückenschen) u. im Thonschiefer, im älteren Kalkstein bei Stolberg, bes. aber bei Commern westlich von Aachen, wo die wichtigsten Lager P-s sind. Kupfer wird bes. aus dem Kupferschiefer im Mansfeldschen gewonnen (durchschnittlich geben 20 Ctr. Schiefer 1/2 Ctr. Kupfer, u. 1 Ctr. Kupfer enthält 1 Mark Silber); außerdem im Siegenschen, im Dürenschen (Commern), im Waldenburgschen (Kupferberg), im Eislebenschen (Camsdorf) u. Saarbrückenschen. An Kupfererzen wurden in 73 Gruben 1,333,388 Ctr., an Garkupfer in 20 Hütten 31,950 Ctr. erhalten. Silber, welches als Nebenproduct aus den Blei- u. Kupfererzen, namentlich aus dem Mansfelder Kupferschiefer u. aus dem Kupferfahlerz in Siegen gewonnen wird, lieferte 28,378 Pfund. Außerdem wurden gewonnen: Kobalt, Nickel, Arsenik, Antimon, Mangan, Vitriol, Schwefel, Alaun. Von der größten Bedeutung ist der Steinkohlenbau, bes. in Oberschlesien um Gleiwitz, in Niederschlesien bei Waldenburg, in Sachsen bei Wettin u. Löbejün. Die ausgedehntesten Steinkohlenlager P-s befinden sich in der Rheinprovinz, vom Rheinthale bei Duisburg u. Ruhrort bis westlich bei Unna 10 Meilen weit; im Bochumer od. Märker u. Essenschen Bezirk, im Dürenschen, bei Eschweiler, Stolberg u. Aachen, bei Saarbrücken. Im Ganzen wurden 1858 aus 495 Gruben 52,086,479 Tonnen Steinkohlen zu Tage gefördert. Seit 1824 hat sich die gesammte Förderung versechsfacht, nach von Carnalls Berechnung reicht die vorhandene Menge noch auf 10,000 Jahre; denn wirklich vorhanden können 200 QM. Flächeninhalt Kohlenablagerung angenommen werden, von denen 51 QM. gebaut werden. An Braunkohlen wird der Vorrath ebensolange nachhalten, da 100 QM. nachweislich, 200 bestimmt vorhanden sind. Im Jahre 1858 wurden im Ganzen aus 435 Gruben 19,381,200 Tonnen gewonnen, davon im Eislebenschen Bezirk 187 Gruben mit 8,771,195 Tonnen; außerdem gibt es Braunkohlengruben in der Mark Brandenburg bei Rauen, Boossen, Jahnsfelde, Buckau, Freienwalde, Wrietzen, Züllichau, Guben, Perleberg; im Regierungsbezirk Bromberg; bei Oppeln, bei Grünberg, Strehlen, Freistadt in der Oberlausitz, Muskau; um Aschersleben im Halberstädtischen, von Halle 8 Meilen weit über Merseburg, Dürrenberg, Weißenfels, Naumburg, Zeitz, zwischen Köln u. Bonn bis Düren, Bonn gegenüber bis Gladbach u. im Westerwalde, im Dürenschen Bezirke. Außerdem gewinnt man Graphit in Niederschlesien, Flußspath im Eislebenschen, Dachschiefer aus 377 Brüchen (davon 341 in den Regierungsbezirken Trier u. Coblenz), Gyps aus 136 Brüchen (die größten bei Sperenberg u. Rüdersdorf), Kalksteine in großer Menge, Marmor bei Recklinghausen, grauen bes. in Schlesien, Bausteine etc. Die Gesammtheit der Berg- u. Hüttenwerke, der staatlichen sowohl als der privaten, ergab 1854 folgende Zahlen: für Eisen 1248 Bergwerke u. 179 Hütten, für Zink 117 Bergwerke u. 50 Hütten, für Blei 150 Bergwerke u. 22 Hütten, für Kupfer 80 Bergwerke u. 15 Hütten, für andere Metalle 29 Bergwerke u. 29 Hütten, für Steinkohlen 392 Bergwerke, für Braunkohlen 384, Steinbrüche etc. etwa 1100. Dazu kommen endlich noch die 14 Staats- u. 8 Privatsalinen, erstere in Colberg, Schönebeck, Staßfurt, Halle, Dürrenberg, Artern, Königsborn u. Neusalzwerk; Privatsalinen in Greifswald, Halle, Kötschau, Teuditz, in Westfalen zu Sassendorf u. Gottesgabe, in der Rheinprovinz zu Werl, Nauwerk, Karls- u. Theodorshall; dem Staate u. Privaten gemeinschaftlich gehörige in Salzkotten, in Hoppe u. Westernkotten in den Rheinlanden. Im Jahre 1854 ergaben alle diese Salinen 61,070 Lasten (à 4000 Pfund). Zu erwähnen ist noch der Bernstein, welcher Regal ist u. bes. an der Küste Samlands reichlich gefischt, aber auch aus der Erde gegraben wird; das Regal ist verpachtet u. bringt jährlich etwa 10,000 Thlr.

Industrie u. Handel. Das Industriewesen steht in P. in hoher Blüthe Die industriereichsten Gegenden P-s sind die Regierungsbezirke Minden, Arnsberg, Aachen mit dem Wupperthale, Elberfeld u. Barmen; daneben sind zu stellen die schlesischen Regierungsbezirke Breslau u. Liegnitz, einige Theile Sachsens u. Brandenburgs u. der an Schlesien angrenzende Theil von Posen. Für die Hebung des Kunst- u. Gewerbefleißes wird durch die Regierung gesorgt; seit 28. October 1810 ist die Gewerbefreiheit eingeführt. Umänderungen erfuhr das Industriewesen durch die allgemeine Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 u. durch die Verordnung vom 9. Febr. 1849, namentlich auch durch die in Folge derselben ins Leben getretene Einrichtung von Gewerberäthen u. Gewerbegerichten. Die hier einschlagenden Schulanstalten betreffend, steht zu erwähnen das technische Gewerbeinstitut mit Sonntagsschule für Musterweberei in Berlin, 25 Provinzialgewerbeschulen (1859 mit 1418 Schülern), Webeschulen in Mühlheim an der Ruhr u. Crefeld, Webe- u. Musterzeichnenschule in Elberfeld, 265 Handwerkerfortbildungsanstalten, Privathandlungsschulen in verschiedenen Handelsstädten.[515] Die Industrie beschäftigt sich mit der Verarbeitung sowohl einheimischer, als roher ausländischer Stoffe. Am wichtigsten sind die Lein-, Baumwollen-, Wollen-, Seiden- u. Eisenfabrikation. Die Lein- u. Baumwollenfabrikation befinden sich trotz ihrer Wichtigkeit in einem mißlichen Zustande, da einestheils die Maschinenspinnerei u. Weberei sehr wenig Eingang gefunden hat u. anderntheils die preußische Production die Hälfte mehr Spindelanlagen, neunmal mehr Aufwand an Arbeitskräften, fünfzehnmal mehr Gewinn auf die Spindel braucht, als die englische Spinnerei. Leinwaaren werden bes. in Schlesien u. Westfalen (Bielefeld), Ostpreußen, den Regierungsbezirken Düsseldorf (Gladbach) u. Köln fabrizirt; 1859 gab es 18 Flachs- u. Hedespinnereien (13 in Schlesien), 1855: 46,397 Webestühle für Leinen u. Halbleinen, 288,031 Leinewebestühle nur Nebenbeschäftigung dienend, 204 Fabriken für Leinenzeug. In der Baumwollenfabrikation ist bes. die Rheinprovinz stark vertreten, in welcher von den 701 Fabriken für baumwollene Zeuge allein 318 bestehen; außerdem 209 Baumwollenspinnereien (davon 144 in Westfalen). Die Wollen- u. Seidenindustrie wird bes. in der Rheinprovinz (Crefeld, Köln), Westfalen (Iserlohn, Schwelm), Sachsen, Schlesien u. Brandenburg (Berlin u. Potsdam) betrieben. Im Betreff der Wollfabrikation zählte man 1855 1374 Wollspinnereien zu Streichgarn (davon 536 in der Provinz Brandenburg), 119 Wollspinnereien zu Kammgarn, 28,372 Webstühle für Wolle u. Halbwolle (davon 11,242 in der Rheinprovinz), 796 Tuchfabriken (335 in der Provinz Brandenburg, 256 in der Rheinprovinz) u. 281 andere Fabriken für wollene u. halbwollene Zeuge. Die Seidenfabrikation ist bes. in den Rheinlanden von großer Bedeutung u. rivalisirt mit der fremdländischen; 1855 gab es 377 Fabriken für seidene u. halbseidene Waaren (davon 299 im Regierungsbezirk Düsseldorf); im Ganzen 29,140 gehende Webstühle. Hierher gehören auch die zahlreichen Zwirn-, Garn-, Spitzen- u. Bandfabriken, die Strumpfwirkereien, Shawl-, Teppich- u. Posamentirwaarensabriken, Zeugdruckereien, Stück- u. Garnbleichereien, Türkischroth- u. Seidenfärbereien. Mit der Verarbeitung von Metallen beschäftigen sich 996 Eisenwerke, 176 Drahtwerke, 42 Nähnadelfabriken, 13 Stecknadelfabriken, 31 Kratzenfabriken, 410 Sensenhämmer, Ketten- u. Ankerschmieden, Schrauben-, Nägel- u. Stiftfabriken, 1507 Fabriken geschmiedeter Kleineisenwaaren, Eisengießereien u. Blechwaarenfabriken, 95 Stabeisenwalzwerke, 68 Blechwalzwerke, 278 Stahlfabriken (berühmt sind die Waaren aus dem Siegenschen, aus Solingen, Essen, Hagen, Remscheid, Suhl etc.; Berlin eigenthümlich sind die Schmucksachen aus grauem Eisendraht u. seine Gußwaaren); ferner 96 Stahlwaarenfabriken, 33 Kupferhämmer, 47 Messingwerke, 24 Bronzewaarenfabriken, 234 Maschinenfabriken. Außerdem sind zu erwähnen die 124 Glashütten, die 23 Porzellanfabriken (die größten die königliche in Berlin u. die Schuhmannsche in Alt-Moabit), die 285 chemischen Fabriken. Ferner zählt P. 8733 Branntweinbrennereien, 7967 Bierbrauereien (darunter 3783 Stadtbrauereien), 1665 Destilliranstalten, 646 Tabaks- u. Cigarrenfabriken, 529 Leder- u. Lederwaarenfabriken, 424 Essigfabriken, 335 Papierfabriken, 302 Seife-, Licht- u. Ölfabriken, 231 Chokolade-, Cichorien- u. Mostrichfabriken, 200 Wollkämmereien, Haarspinnereien etc., 176 Runkelrübenzuckerfabriken (bei der Stadt Magdeburg 17 Fabriken, die in Köln ist eine der größten auf dem Continent), 141 Wattenfabriken, 103 Fabriken für Obstwein u. Champagner; ferner Fabriken für Blumen, Stroh- u. Modehüte, Filz- u. Seidenhüte, Schirme, Handschuhe, Pelzwaaren, Kleider, Knöpfe, parfümirte Wasser (bes. in Köln) etc., Wachstuch u. Wachstaffet, Siegellack, Oblaten, Bleistifte, Cartonnage, buntes Papier, Goldborten, Muster, Papiertapeten, Gold- u. Silbermanufacturen, Neusilber-, Neugold-, Galvanoplastikwaaren, eiserne u. Kurzwaaren, Guß- u. Emaillewaaren, Bernstein-, Gummi-, Holzwaaren, Spielwaaren, Pianoforte, Möbels, Marmorwaaren, Eisenbahn- u. andere Wagen, Pulver, Schrot, Gewehre, Steinpappe u. Papier-maché, Leim, Gyps, Asphalt, Cement, Schlemmkreide etc. Mühlen gab es 1855 im Ganzen 40,864, (darunter 15,227 Wasser-, 12,521 Wind-, 4109 Öl-, 2638 Säge-, 356 Dampfmühlen).

Der Handel wird begünstigt u. befördert durch die vortheilhafte Lage des Staates fast in der Mitte von Europa u. an den Küsten der Ostsee, ferner durch viele schiffbare Flüsse, Kanäle, Kunststraßen, Eisenbahnen, sowie durch Handelsverträge mit den benachbarten Staaten, bes. durch den Deutschen Zollverein (s.d.), an dessen Spitze Preußen steht, sowie durch die Gewerbefreiheit, Banken (namentlich die preußische Bank in Berlin), durch Actiengesellschaften, Assecuranzen etc. Die Verordnung vom 11. Februar 1849 machte neue Bestimmungen über die Errichtung von Handelskammern, welche die Aufgabe haben, Mittel zur Hebung u. Förderung des Handels u. der Gewerbe zu erforschen; der 7. Juni 1844 errichtete Handelsrath wurde 17. April 1848 aufgehoben, indem seine Wirksamkeit auf das Staatsministerium überging. Banken. Die Preußische Bank, welche seit 1765 besteht u. auf ein Stammcapital von ungefähr 19 Millionen (einschließlich des Reservefonds u. der ihr unter Staatsgarantie überwiesenen Deposita der Gerichte u. milden Stiftungen im durchschnittlichen Betrage von etwa 18 Mill.) gegründet ist, hat das unbeschränkte Recht Noten zu emittiren; sie ist eine Giro- u. Zettelbank mit der Hauptbank in Berlin, unter welcher 111 in allen Provinzen des Staates vertheilte Filialanstalten (Comtoire, Commanditen u. Agenturen) stehen, s. u. Bank S. 283 f. Die gesammten Geschäftsumsätze der Bankhaben 1858 u. 1859 ungefähr je 2000 Mill. Thlr. betragen. Im Jahr 1859 betrug der Notenumlauf im Maximum circa 871/2 Mill. Thlr., durchschnittlich 751/2 Mill., der Baarbestand im Maximum circa 621/2 Mill., durchschnittlich 542/3 Mill., Depositen im Maximum circa 191/2 Mill., durchschnittlich 191/8 Mill. Außer der Preußischen Bank arbeiten in den verschiedenen Provinzen noch acht Privatactienbanken, deren jede zu einer Notenemission von 1 Mill. Thlr. berechtigt ist u. deren Errichtung durch Gesellschaften mit vereinigten Fonds, bei solidarischer Verpflichtung der Theilnehmer, durch die Cabinetsordre vom 11. April 1846 gestattet u. durch das Ministerialrescript vom 25. Sept. 1848 geregelt wurden. Es bestehen derzeit: die Bank des Berliner Kassenvereins (Statut vom 15. April 1850); die Ritterschaftliche Bank in Pommern (Statut vom 24. Aug. 1849), die Städtische Bank in Breslau (Statut vom 10. Juni 1848); s. u. Bank S. 284 f. Die Verkehrsmittel betreffend so existirten unter Friedrich dem Großen in [516] Preußen Chausseen noch nicht; 1797 war noch nicht die zwischen Berlin u. Potsdam beendigt, 1857 gab es im Ganzen 3071, 1 Meilen, davon 1787, 2 Staats- u. 1283, 9 Meilen Privatchausseen. Die oberste Behörde für das Postwesen ist das unter dem Handelsministerium stehende Generalpostamt; dessen Behörden in den Provinzen sind die Oberpostdirectionen; unter diesen stehen die Postämter erster u. die zweiter Klasse, sowie die 12 der Eisenbahnen. Das Postgebiet in P. umfaßte im Jahre 1860 5202 QM. mit 17,738,127 Ew.; Postanstalten bestehen gegenwärtig (1861) 2026 (1840 nur 1481). Außerdem befindet sich ein Immediatoberpostamt in Hamburg. Die Post in Hohenzollern steht noch unter Thurn- u. Taxischer Verwaltung. Postverträge in neuester Zeit sind der mit Österreich u. Sachsen 1850 geschlossene Deutsch-Österreichische Postvertrag, welcher seit dem 1. Juli 1850 in Kraft, u. dem nach u. nach alle deutsche Staaten beigetreten sind, denselben Grundsätzen entsprangen ferner andere, wie der von 1857 mit den Niederlanden; über das Postwesen in P. s. u. Post S. 423. Die Kanäle (s. ob.) nehmen eine Länge von 94 Meilen ein. Die Eisenbahnstrecken maßen Ende 1860 797 Meilen; von den Eisenbahnen gehören 5 dem Staate u. 26 Privatcompagnien; sie sind: die Berlin-Potsdam-Magdeburger Bahn, 19,51 Ml. lang, bis Potsdam 1838, bis Magdeburg 1846 eröffnet; die Magdeburg-Leipziger Bahn (die gewinnreichste), 15,77 Ml. lang (davon 11,5 preußisch), seit 1840; die Berlin-Anhaltische Bahn, 201/2 Ml. (davon 131/2 preußisch), seit 1841, mit Zweigbahn nach Röderau, 30,86 Ml.; die Berlin-Stettiner Bahn, 17,85 Ml., seit 1843, die 1846 eröffnete, 4,58 Ml. lange Strecke von Stettin nach Stargard steht unter Staatsverwaltung; die Berlin-Hamburger Bahn, 39,66 Ml. (davon 20,7 preußisch), seit 1846, mit der 39,7 Ml. langen Lauenburg-Büchener Zweigbahn; die Magdeburg-Wittenbergesche Bahn, 14,28 Ml., mit 985 Fuß langer, auf 35 Pfeilern ruhender Elbbrücke, seit 1849; die Magdeburg-Halberstädter Bahn, 7,74 Ml., seit 1843; die Stargard-Posener Bahn, 22,64 Ml., seit 1848, steht, obwohl Privatbahn, unter Verwaltung des Staates; die Ostbahn (Berlin-Danzig-Königsberg), 64,2 Ml., seit 1853, eine Staatsbahn; die Niederschlesisch-Märkische Bahn (Berlin-Breslau), 57,7 Ml., einschließlich der Zweigbahn nach Görlitz; seit 1842 bis Frankfurt, seit 1846 nach Breslau, ist vom Staate angekauft; die Oberschlesische Bahn (bis Myslowitz), 27,17 Ml., seit 1846; die Wilhelmsbahn (von Kosel nach Oderberg), mit den Zweigbahnen 20,5 Ml., seit 1847; die Niederschlesische Zweigbahn (nach Glogau), 9,5 Ml., seit 1846; die Breslau-Freiburg-Schweidnitzer Bahn, mit der Zweigbahn 19,98 Ml., seit 1843; die Brieg-Neißer Bahn, 5,83 Ml., seit 1846; die Pferdebahn von Cotbus nach dem Schwielungsee, 4 Ml.; die Thüringische Bahn (von Halle nach Gerstungen), 25,16 Ml. (davon 9,06 preußisch), seit 1849, mit der Weißenfels-Leipziger Zweigbahn, 29,34 Ml., seit 1856; die Westphälische Staatsbahn, 17,95 Ml., seit 1853; dazu gehört die Ham-Münster-Rhein Bahn, 9,76 Ml., seit 1856; die Köln-Mindener Bahn, 37,08 Ml., mit Zweigbahnen nach Duisburg, Ruhrort, Oberhausen-Arnheim (seit 1856), Köln-Gießen u. nach Siegen; die Bergisch-Märkische Bahn (Dortmund-Soest), 7,13 Ml., seit 1848; die Düsseldorf-Elberfeld-Dortmunder Bahn, 11,26 Ml., seit 1841; die Prinz Wilhelmsbahn (von Stehle nach Vohwinkel), 4,39 Ml., seit 1846; die Rheinische Bahn (Köln-Aachen-Herbesthal), 11,5 Ml., mit 3 Viaducten, 5 Tunneln u. 142 Brücken u. Kanälen, seit 1843; die zu dieser gehörige Linksrheinische Bahn (Köln-Bonn-Coblenz-Bingen), 20,4 Ml., seit 1860; die Ruhrort-Crefeld-Gladbacher Bahn, 5,6 Ml., seit 1851; die Aachen-Düsseldorfer Bahn, 11,43 Ml. (von Aachen nach Gladbach), wird in Neuß von der Köln-Crefelder Bahn geschnitten; die Aachen-Mastricht-Hasselter Bahn, 11,4 Ml. (davon 1,2 Ml. preußisch); die Rhein-Nahe Bahn (von Bingen nach Saarbrück), 18,9 Ml.; seit 1860; die Saarbrücker Staatsbahn (Saarbrück-Trier), 11,5 Ml., seit 1860; die Bahnhofsverbindung in Berlin, 1,32 Ml., seit 1851, Staatsbahn. Telegraphen. Ende 1857 waren 1946, 65 geogr. Meilen Drähte in Benutzung auf 40 Linien. Durch Rescript von 1850 sind alle Eisenbahnen zur Anlegung eines Telegraphen verpflichtet. Die Telegraphendirection hat ihren Sitz in Berlin, unter ihr stehen 9 Telegrapheninspectionen in Stettin, Königsberg, Hamburg, Köln, Hannover, Coblenz, Erfurt, Breslau mit zusammen 97 Stationen, auf 5 Hauptlinien: nach Frankfurt a. M., Verviers, Hamburg, Braunsberg, Oderberg. Durch die Verbindung der preußischen Telegraphen mit denen der Nachbarstaaten (wie mit Belgien durch Vertrag vom 16. Mai 1850), sowie durch den Vertrag mit Österreich, Baiern u. Sachsen (Deutsch-Österreichischer Telegraphenverein vom 25. Juli 1850) über Herabsetzung des Tarifes (seit dem 1. Oct. 1850) ist die Benutzung bedeutend gestiegen. Durch Erlaß vom 23. März 1849 ist zur Verwaltung der Staatstelegraphen die Telegraphendirection, unter dem Ministerium für Handel, Gewerbe u. öffentliche Bauten stehend, eingesetzt. Die schiffbaren Flüsse (Rhein, Elbe, Oder, Weichsel, Peene, Havel, Spree, Weser, Mosel) haben eine Länge von 776 Meilen. Für die Flußschifffahrt ist in neuerer Zeit durch Correctionen, Kanalisirung, Hafenanlagen, Förderung der Dampfschifffahrt (bes. auf dem Rhein), durch Verträge zur Schifffahrtserleichterung mit den Uferstaaten etc. viel geschehen. Die Dampfschifffahrt ist auf dem Rhein, der Mosel, Weser, Elbe, Havel, Spree, Oder, Peene u. Weichsel eingeführt. Während 1840 nur 40 Dampfschiffe waren, gab es 1854 schon 115 Kauffahrteidampfschiffe u. etwa 25 Dampfkähne für den Personenverkehr auf dem Rheine. Im Ganzen gab es 1855: 10,470 Flußschiffe mit 345,932 Last. Im Jahre 1858 passirten auf dem Rhein bei Coblenz 28,339 Schiffe, bei Mainz 19,107, bei Caub 14,719, bei Emmerich 12,906 Schiffe etc.; den preußischen Rhein befahren 28 preußische u. 13 niederländische Dampfschiffe u. 608 preußische Segelschiffe. Auf der Elbe passirten bei Wittenberge 6043 Fahrzeuge, auf der Weser bei Beverungen 607 Schiffe, bei Vlotho 1762 Schiffe, auf der Weichsel bei Elbing 1000, auf dem Pregel bei Königsberg 3000 Schiffe. Hauptplätze des Landhandels sind Berlin, Breslau, Magdeburg, Frankfurt, Köln, Elberfeld u. Münster. Messen werden jährlich drei in Frankfurt gehalten, deren Verkehr seit dem Bestehen des Zollvereins gestiegen ist; große Wollmärkte in Berlin, Breslau, Stettin, Königsberg, sowie zu Frankfurt, Schweidnitz, Paderborn, Coblenz u. Kottbus. Seehandel. P. hat 20 Hafenplätze an der [517] Ostsee; die vorzüglichsten derselben sind: Memel (bes. Holzhandel), Stralsund, Greifswald, Wolgast, Barth, Kolbergmünde, Rügenwaldemünde, Stolpemünde. Die Handelsmarine bestand 1859 aus 1642 Schiffen mit 174,343 Last Tragbarkeit (nämlich 1081 Seeschiffe u. 561 Küstenfahrer), darunter 66 Dampfer. Im Jahr 1859 liefen in den preußischen Häfen ein 9116 Schiffe mit 735,761 Lasten (darunter in Ballast 2668 mit 226,423 Last), u. es liefen aus 9197 Schiffe mit 707,301 Lasten (darunter in Ballast 1743 Schiffe mit 159,729 Last). Übrigens unterliegt der Seehandel P-s bedeutenden Schwankungen. Ausfuhrartikel sind: Wolle, Wollenwaaren, buntes Garn, Leder, Getreide, Leinsamen, Raps, Rübsaat, Öl, Flachs, leinene, baumwollene u. seidene Waaren, Holz, Bier, Branntwein, Salz, Bernstein, Steinkohlen, Eisen, Zink, Blei, Eisen-, Messing-, Stahlwaaren, Farben, chemische Fabrikate, Bücher; eingeführt wird: Vieh, Fische, Thran, Talg, Theer, Pelzwerk, Guano, roher u. raffinirter Zucker, Kaffee, Wein, Rum, Arak, Tabak, Harze, Baumwolle, rohe Seide, Garn, Thee, Gewürze, Südfrüchte, Hopfen, Öl, Farbematerialien, Zinn, Quecksilber, Salpeter, Glas, Soda, Thonerde.

Münzen, Maßen. Gewichte. P. rechnete vor 1826 nach Thalern zu 24 gGr. à 12 Pfennige, nach dem Münzgesetz vom 30. Sept. 1821 u. der Cabinetsordre vom 25. Octbr. 1825 nach Thalern zu 30 Silbergroschen à 12 Pfennige in der Währung des 14-Thalerfußes (s. u. Münzfuß e), 1 Thaler preußisch ist demnach 105 Kreuzer od. 1 Fl. 45 Kr. im 241/2-Guldenfuß, 226/7 Groschen Conventionsmünze, 855/7 Kreuzer od. 1 Fl. 255/7 Kr. im 20-Guldenfuß, 666/13 Grot Louisd'or à 5 Thlr. Gold in Bremen, 1 Mk. 15 Schill. 6,857 Pf. Hamburger Banco, 2 Mk 6 Schill. 10,286 Pf. Lübecker Courant in Hamburg u. Lübeck, 6/7 Thlr. od. 411/7 Schill. Mecklenburg-Schwerinsches Courant, 11/7 Thlr. od. 1 Thlr. 102/7 Grot Oldenburgisches Courant. Im Allgemeinen ist dies Verhältniß dasselbe geblieben, nur daß seit dem Vertrag vom 24. Jan. 1857 (s. u. Münzconvention g) an die Stelle des Vierzehnthalerfußes der Dreißigthalerfuß (d.h. 30 Thaler aus einem Zollpfund seinen Silbers) getreten ist, wonach der Thaler allen übrigen oben genannten Münzen gegenüber gleichgeblieben u. nur im Verhältniß zu Österreich, welches seinen Zwanzigguldenfuß in den Fünfundvierzigguldenfuß umgewandelt hat, 1 Thlr. gleich 11/2 Gulden geworden ist. a) Geprägte Münzen: aa) in Gold: Ducaten nach dem Reichsfuß zu 23/4 Thlr. Gold; 23 Karat sein 67 auf die Rauhe, 67,94336 auf die Feine Vereinsmark Gold, bis 1787, 1 Ducaten = 2 Thlr. 25 Sgr. 71/10 Pf., die Ducaten von 1787 sind etwas geringer; Friedrichsd'or seit 1764, 21 Karat 9 Grän sein, 35 auf die Rauhe, 38,6207 auf die Feine Vereinsmark, 1 Friedrichsd'or = 5 Thlr. 6,9/10 Pf., seit 1770 zu 21 Karat 8 Grän sein, 35 auf die Rauhe, 38,76923 auf die Feine Vereinsmark Gold, 1 Friedrichsd'or = 5 Thlr. Gold (seit 1822 als gesetzmäßige Ausprägung erneuert u. in allen öffentlichen Kassen gesetzlich zu 5 Thlr. 20 Sgr. angenommen); Kronen nach der Münzconvention von 1857 (s.d. g) zu,1/50 Pfund u. halbe zu 1/100 Pfund; bestimmten Silberwerth haben dieselben nicht, derselbe wird durch Angebot u. Nachfrage (Curs) bestimmt; sie haben sich bis setzt meist auf 9 Thlr. bis 9 Thlr. 5 Sgr. erhalten (vgl. Deutschland S. 20); doppelte u. halbe nach Verhältniß; bb) in Silber: Albertusthaler für den Ostseehandel, 13 Loth 16 Grän sein, 9,6 = 1 Vereinsmark sein Silber, à 1 Thlr. 13 Sgr 9 Pf. Courant; Speciesthaler seit 1764 für die Levante, 1794 für die Armee am Rhein, 13 Loth 6 Grän sein, 10 Stück = 1 Vereinsmark, à 1 Thlr. 12 Sgr. Courant, feine 2/3 von 1796 für den Hamburger Handel, 12 löthig, 18 = 1 Vereinsmark sein Silber = 23 Sgr. 4 Pf. Courant; Gulden zu 16 gGr. = 20 Sgr., 12 löthig, 21 auf die Feine Mark, für Ansbach u. Baireuth, polnische Gulden zu 4 gGr., 8 Loth 6 Grän sein, 84 = 1 seine Mark, 5 Sgr., Tympfe zu 6 Sgr. (1/4 Thlr.), 9 löthig, 70 auf die Feine Mark, für den schlesisch-polnischen Handel; Vereinsmünze nach dem Gesetz vom 30. Juli 1838 seit 1839 Doppelthaler od. 31/2-Guldenstücke, 14 Loth 7,2 Grän fein, 7 = 1 Mark sein Silber; Vereinsmünzen nach der Münzconvention von 1857 zu 2 Thalern (Doppelthaler, 31/2 Gulden rheinisch, 2 Gulden österreichisch) u. 1 Thlr. (vgl. Deutschland S. 19 u. Münzconvention g), Guldenstücke nach dem 521/2-Guldenfuß (rheinisch) für Hohenzollern; Reichsthaler seit 1764 zu 24 gGr., 12 löthig, 10,5 auf die Rauhe, 14 auf die Feine Mark, die noch jetzt seit Münzgesetz vom 30. Sept. 1821 vorgeschriebene Ausprägung, halbe Thaler zu 12 gGr. u. 1/4 Thlr. zu 6 gGr., auch 12 löthig, 1/3 zu 8 gGr., 10 Loth 12 Grän fein, 42 = 1 Feine Mark, 1/6 Thlr. zu 4 gGr., 8 Loth 6 Grän fein, u., 1/12 Thlr. zu 2 gGr., 6 löthig; die 1/2, 1/4, 1/3 u. 1/12 Thlr. werden nicht mehr, sondern nur die Doppel- u. einfachen u. 1/6, dann die Scheidemünze geprägt; Scheidemünze in Silber seit 1821 Silbergroschen zu 12 Pf., 3 Loth 10 Grän sein, 480 = 1 Feine Mark od. 101/2 Pf. Courant, u. 1/2 Sgr. zu 6 Pf., seit 1843 auch 21/2 Sgr., während die alten, 1/12 Thaler eingeschmolzen werden, wie es schon seit 29. Sept. 1840 mit den älteren 2/3, 1/2 u. 1/4 Thalern verfügt ist; seit 1850 Sechs- u. Dreikreuzerstücke nach dem rheinischen Guldenfuße (für Hohenzollern); cc) in Kupfer: seit 1821 4-, 3-, 2- u. 1-Pfenigstücke, u. für Hohenzollern Kreuzer nach dem rheinischen Guldenfuß. b) Maße: seit Gesetz vom 16. Mai 1816 sind in der ganzen Monarchie gleiche Maße u. Gewichte eingeführt. Längenmaße: der preußische Fuß ist genau der rheinländische Fuß zu 12 Zoll à 12 Linien = 139,13 Pariser Linien od. 0,31385354275 Meter, 100 Fuß = 96,618 Par., 102,972 englische, 99,295 Wiener Fuß; die Ruthe hat 12 Fuß, ist aber bei den Feldmessern in Decimalfuß u. Zoll getheilt, daher Zehntel-, Hundertelruthe; die preußische (Berliner) Elle hält 251/2 Zoll = 295,65125 Par. Linien od. 666,94 Millimeter (die alte Elle war 667,7 Millimeter, der Unterschied ist daher im Verkehr nicht zu beachten), 100 Ellen = 72,939 englische Yards; der Faden beim Seewesen ist 6 Fuß; das Lachter 80 preußische Zoll, getheilt in Achtel zu 10 Lachterzoll à 10 Primen à 10 Secunden = 9278/15 Par. Linien od.2,093257 Meter; die preußische Meile hat 2000 Ruthen = 3864,722 Toisen od. 7532,488 Meter = 1,0169 geographische Meilen, 14, rot Meilen auf den Grad des Äquators; Flächenmaß: die Quadratruthe hat 144 Quadratfuß à 144 Quadratzoll à 144 Quadratlinien, 134,4247 Par. Quadratfuß od. 14,1845327 Quadratmeter; Acker-, Wald- u. Teichmaß ist der Morgen zu 180 Quadratruthen 25,532249 französische Aren; Körpermaß: die Cubikruthe hat 1728 Cubikfuß zu 1728 Cubikzoll etc.[518] = 1558,5424 Par. Cubikfuß od. 53,42257827 Cubikmeter; Getreidemaß ist der preußische Scheffel zu 16 Metzen u. hält 3072 preußische Cubikzoll = 2770,7420 Par. Cubikzoll, die Metze 192 preußische od. 173,1714 Par. Cubikzoll od. 3,435094 Liter, 100 preußische Scheffel = 52,273 Dresdener Scheffel od. 89,387; Wiener Metzen; der Scheffel ist das einzige gesetzmäßige Fruchtmaß, im gemeinen Verkehr ist aber noch die alte Eintheilung gewöhnlich, nach dieser hat 1 Winspel 2 Malter zu 12 Scheffel à 4 Viertel à 4 Metzen à 4 Mäßchen; die Last Weizen od. Roggen hat 3 Winspel, Gerste u. Hafer 2 Winspel, gewöhnlich wird aber die Last zu 60 Scheffeln gerechnet (der alte Scheffel hielt 54,728 Liter, der neue ist daher um circa 1/2 Procent größer); Getreide wird übrigens gestrichen gemessen; die Tonne Salz, Kalk, Gyps, Stein- u. Holzkohlen hält 4 Scheffel; in den königlichen Factoreien wird die Tonne Salz zu 405 Pfund gerechnet; Flüssigkeitsmaße: das preußische Önart ist 1/3 Metze u. hält 64 preußische Cubikzoll, 57,7238 Par. Cubikzoll = 1,145031 Liter, 100 Quart = 107,109 baierische, 80,930 Wiener Maß (das alte Quart hielt 1,170346 Liter, das neue ist also 2 Proc. kleiner); Weinmaß: das Fuder hat 4 Oxhoft à 11/2 Ohm od. 3 Eimer à 2 Anker à 30 Quart, der Eimer also 60 Quart = 68,701875 Liter (der alte Weineimer hatte 64 Quart à 2 Ößel, war also 8 Proc. größer); die Flasche soll 3/4 Quart halten; Biermaß: das Gebräude hat 9 Kufen à 2 Faß à 2 (Bier-) Tonnen zu 100 Quart (die alte Biertonne hatte 4 Öhmchen od. 96 Quart, war also 2 Proc. kleiner); Branntwein wird nach Faß zu 200 Quart verkauft. Gewichte: Handelgewicht, der Centner hat 110 Pfund, das Pfund 32 Loth à 4 Quentchen; das Pfund wiegt 467,711012733 französische Gramm od. 9731,157414 holländische As; 100 Pfund = 46,771 französische Kilogr., der Centner 51,4482 Kilogr. (das alte Pfund wog 468,536 Gramm); bei Frachten hat das Schiffspfund 3 Centner (330 Pfd.), die Schiffslast gesetzlich 4000 Pfd., im Wollhandel der Stein 22 Pfd.; Zollgewicht ist seit 1. Jan. 1840 das der Vereinsstaaten, der Zoll- od. badensche Centner zu 100 Pfd. od. 50 Kilogr., 1 Zollcentner = 106,90361918 preußische Pfd. (28,9158128157 Loth); seit 1859 ist das Zollgewicht mit seinen Eintheilungen das ausschließlich gesetzliche: 1 Pfund (0,5 Kilogr. = 1,069 altes preußisches Pfd.) in 30 Loth à 10 Quentchen; Gold-, Silber- u. Münzgewicht ist die preußische (Kölnische) Mark, als Vereinsmünzmark angenommen, dem preußischen halben Pfund gleich, also 233,8555 Gramm od. 4864,579 holländische As u. ist gesetzlich nur in 288 Grän getheilt; 100 preußische od. Vereinsmark = 100,018 Kölnische Mark; die alte Eintheilung (s. u. Mark 2) b) ist nicht mehr gewöhnlich; Probiergewicht ist dieselbe Mark von 288 Grän, doch kommt hier auch die sonst gewöhnliche Eintheilung, s. u. Mark 2) a) u. b) vor; Juwelen- u. Perlengewicht ist der Karat mit reinen Halbirungen in 1/2, 1/4, 1/8 1/16, 1/32, 1/64, 160 Karat = 9 preußische Quentchen, 1 Karat = 4,276288 holländische As od.0,205537 Gramm; Medicinal- u. Apothekergewicht das Medicinalpfund mit der gewöhnlichen Eintheilung in Unzen, Drachmen etc. ist 3/4 Pfund des seither gebräuchlichen Handelsgewichts, also 350,78326 Gramm od. 7298,3384 holländische As.

Vgl. L. Krug, Topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch sämmtlicher preußischer Staaten etc., u. Aufl. mit Mützell, Halle 1820–26, 6 Bde.; I. D. F. u. H. F. Rumpf, Topogra: phisches Wörterbuch des preußischen Staats, Berl 1820–25, 4 Bde.; I. C. Müller, Geographischstatistisch-topographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Erfurt 1836– 37, 4 Bde.; Preußische Nationalencyklopädie, Berl. 1835–44, 4 Bde.; I. D. F. Rumpf u. P. Sinnhold, Neueste geographisch-statistische Darstellung des königlich preußischen Staats etc., ebd. 1816; I. A. Demian u. Ch. G. D. Stein, Der preußische Staat nach seinem gegenwärtigen Länder- u. Völkerbestande, ebd. 1818; Schlieben, Neuestes Gemälde der preußischen Monarchie, Wien 1830; Fr. Fischer, Geographische Übersicht der preußischen Monarchie, 2. Aufl. Lpz. 1833; L. Krug, Die preußische Monarchie, topographisch, statistisch u. wirthschaftlich dargestellt, Berl. 1833; Cannabich, Statistisch-geographische Beschreibung des Königreichs P., Bresl. 1835, 6 Bdchn.; F. W. Streit, Geographie des preußischen Staats, ebd. 1836; C. von Zedlitz-Neukirch, Der preußische Staat in allen seinen Beziehungen, ebo. 1835–37, 3 Bde.; Carus, Preußische Vaterlandskunde, 2. Aufl. ebd. 1839; F. Förster, Statistischtopographisch-historische Übersicht des preußischen Staats, ebd. 1839; I. G. Hoffmann, Die Bevölkerung des preußischen Staats etc., ebd. 1839; G. König, Handbuch des preußischen Staats etc., Magdeb. 1838; Robert Schneider, Der preußische Staat in geographischer, statistischer, topographischer u. militärischer Hinsicht, 3. Aufl. Bresl 1839, f.; E. Hölterhoff, Vaterlandskunde (zunächst für die Bewohner der preußischen Rheinprovinz), Soling. 1841; K. Beschoren, Historisch-geographisch-statistisch-topographische Übersicht vom preußischen Staate, Lpz. 1841; I. P. Kux, Organismus u. Statistik des preußischen Staats, 2. Aufl. ebd. 1842; I. Wagner, Beschreibung des preußischen Staats, Soest 1842; I. Schnur, Der preußische Staat, 2. Aufl. Trier 1843; Borussia, Museum für preußische Vaterlandskunde, Dresden 1838–40, 3 Bde.; Hand- u. Taschenbuch für die Einwohner des preußischen Staats, Berl. 1840; F. B. Weber, Handbuch der staatswirthschaftlichen Statistik u. Verwaltungskunde der preußischen Monarchie, Bresl. 1840; Derselbe, Statistik des preußischen Staats, Berl. 1845; Schubert, Handbuch der allgemeinen Staatskunde des preußischen Staats, Königsb. 1846, 2 Bde.; Frantz, Handbuch der Statistik, Verfassung u. Gesetzgebung P-s, Quedlinb. 1854 f., 2 Bde.; Dieterici, Statistische Übersicht der wichtigsten Gegenstände des Verkehrs u. Verbrauchs im preußischen Staate u. im deutschen Zollverbande 1831–36, Berl. 1838, vier Fortsetzungen davon, ebd. 1842–51; Derselbe, Mittheilungen des Statistischen Vereins, ebd. 1848 ff.; von Reden, Erwerbs- u. Verkehrsstatistik P-s, Darmst. 1853 f.; Archiv für Landeskunde im Königreich P., Berl. 1855 ff.; Tabellen u. amtliche Nachrichten über den preußischen Staat für 1855, Berl. 1858; Ungewitter, Die preußische Monarchie, geographisch, statistisch, topographisch u. historisch dargestellt, ebd. 1858 ff.; Töppen, Historisch-comparative Geographie von P., Goth. 1858; Brachelli, Der preußische Staat (in Wappäus Handbuch der Geographie 4. Bd. 3. Abthl.), Lpz. 1861; Ran, Hydrographische Karte vom preußischen Staate, Berl. 1828, 4 Bl.; Berghaus, Postkarte von dem preußischen Staate, Berl. 1838, 18 Bl.; P-s Se[519] atlas, ebd. 1841, 14 Bl.; Generalkarte von P., Helle 1842, 24 Bl.; Engelhardt, Generalkarte von P., Berl. 1842, 23 Bl.; Nowack u. Mahlmann, Provinzialatlas des preußischen Staats, ebd. 1842, 9 Bl.; Zindel, Zollvereins- u. Handelskarte des preußischen Staats, Magdeb. 1843, 4 Bl.; Döring, Administrativ-statistischer Atlas, Berl. 1845, 18 Bl.; Arends, Postkarte vom preußischen Staat, ebd. 1852; Kleiner Atlas des preußischen Staats, Gotha 1858, 9 Karten; Der preußische Staat, ebd. 1858, 11 Karten; Specialatlas des preußischen Staats in 26 Regierungsbezirkskarten, Erfurt 1858 ff.; Topographische Karte vom preußischen Staate, bearbeitet vom königlich preußischen Generalstab (bis 1861 311 Lieferungen).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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