Brod [1]

Brod [1]

Brod, 1) Gebäck aus mehligen Substanzen, besonders aus Getreidemehl, gewöhnlich ohne weitere Zuthaten. I. Das B. besteht aus Krume, einer schwammigen, elastischen, mehr od. weniger weißen, überall mit größeren u. kleineren Löchern durchwebten, mehr od. minder säuerlich riechenden Masse, u. Rinde, einem harten, zerbrechlichen u. trockenen Stoff. Die nährenden Eigenschaften des Brodes beruhen auf seinem Gehalt an stickstoffhaltendem Kleber, Stärkemehl u. Zucker. Diese Bestandtheile sind in gutem B. so gemischt, daß sie zum Wiederersatz der Stoffe des menschlichen Körpers die passendste Grundlage darbieten. (Vgl. Nahrungsmittel). B. wird von den verschiedensten Substanzen bereitet a) Weizen-B. (Weiß-B.), bes. in England gebräuchlich. Gemeiniglich nimmt man an, daß B. vom feinsten Mehle das beste u. daß die Weiße des B-s der Beweis seiner guten Beschaffenheit sei; wogegen[326] die Wissenschaft lehrt, daß gröberes u. schwärzeres B. weit nahrhafter ist, als das B. aus sehr seinem u. weißem Mehl, indem jenes alle Stoffe enthält, die zur Ernährung der verschiedenen Theile des menschlichen Körpers wesentlich nothwendig sind, was beim Weizen-B. nicht der Fall ist. Winterweizen liefert besseres, als Sommerweizen. Gutes Weiß-B., wie es in Paris, England, Süddeutschland etc. gewöhlich ist, muß weiß, lockerkrumig, schwammig, elastisch u. die Rinde gelb, glatt, scharf u. mürbe sein; vgl. Semmel u. Milchbrod. b) Roggen-B. (Schwarz-B.) ist das nahrhafteste, am leichtesten verdauliche B., wenn es gut ausgebacken u. nicht frisch ist. Sommerroggen ist besser, als Winterroggen. Roggenmehl vom 1. Gange muß, von der Kleie gesondert, weiß, trocken, fandstaubfrei, von reinem, frischem Geruch sein u. gibt ein weißes, aber leicht austrocknendes B., das sogen. Bäcker-B. Noch besser ausgebacken ist das hausbackene B.; schwärzer, jedoch immer noch gesund u. nahrhaft ist das für Soldaten bestimmte Commiß-B. u. der Westfälische Pumpernickel, in welchem die Kleie beigemengt bleibt. c) Gersten-B. ist schwer, gröber u. streng, auf der Oberfläche rissig, guck weit austrocknender, als Roggen-B. d) Haser-B., welches in den Gebirgen Schott (ands u. auch in unfruchtbaren Strichen Deutschlands gebacken wird, ist schwarz, streng, grobkrumig, spröde u. trocken. Aus mehreren Fruchtarten, Gerste, Hafer, Linsen, Erbsen, Roggen, Dinkel, vermischt, bäckt man e) Gemang-B. Aus 3/4 Roggen u. 1/4 Gerstemehl erhält man ein wohlschmeckendes, gesundes B. Auch eine Mischung von: Roggen od. Dinkel u. 1/3 Hafermehl liefert ein sehr gutes, schmackhaftes B. Weniger tauglich zu B. ist aber das Mehl von Hülfenfrüchten, weil dasselbe nur wenig Kleber enthält; deshalb ist fast alles mit großer Menge Mehl von Hülsenfrüchten vermischte B. schwer u. wenig verdaulich; der Nahrungsstoff verhält sich zu dem des Weizens. – 570_: 1000. f) Reis-B. geht in der Regel nicht gut auf, besser, wenn man von kohlensaurem Natrum u. Salzsäure so viel nimmt, daß sie einander neutralisiren u. beide abgesondert schnell unterknetet. g) B. von ägyptischen Hirse (Durra) ist säuerlich u. wird, über 1 Tag alt, übel schmeckend. h) Mais-B. fällt weiß, trocken, schmackhaft, jedoch grob u. schwer u. krümelig aus. k) B. aus Moos u. Flechten wird in Island gegessen. l) Cassava- (Manihot-) B. ist ein von den Brasiliern aus der Wurzel der Jatropha janipha u. Manihot (.Janipha Loefflingii u. Manihot) bereitetes, wohlschmeckendes, nährendes, jedoch schwer verdauliches B.; minder gewöhlich ist die Bereitung des B-s aus m) den Wurzeln der Caltha palustris, Menyanthes trifoliata, des Arums, Asphodelus luteus, Butomus umbellatus, von den Kalmücken bereitet u. aus Queckenwurzeln, Wurzeln der Wasserschwertlilie, in Schweden aus den Körnern der Arachis, mit gleichen Theilen Weizenmehl u. etwas Sauerteig gemischt, in Spanien, aus den n) Früchten des Brodbaums, den Bataten, Bananen, dem Juckahon in Indien, aus Mandeln in Afrika, aus guten Kastanien, die man dörrt u. mahlt, in SFrankreich, aus Buchweizen, Bucheckern, aus mehreren Orchisarten, Roßkastanien, Schweinsbrod, Steinbrech, Weißdorn, aus Baumrinde in Norwegen u. auf den Amboinischen Inseln, aus Eicheln, Rüben u. Kürbissen, mit etwas Mehl u. Sauerteig gemischt, aus Zuckerrübenpreßrückständen, Bierbrauerteig, Erdbirnen etc. Letztere B-arten sind nur die Erzeugnisse der Hungersnoth. Alle diese Ersatzmittel haben einen sehr geringen od. gar keinen Werth; sie sind entweder bloße Magenfüllungsmittel, u. wenn sie nahrhafte Stoffe enthalten, ist es weit zweckmäßiger, sie frisch allein als Gemüse zur Nahrung zuzubereiten; dasselbe gilt mit von den Kartoffeln. Nicht nur daß Kartossel-B. weniger nahrhaft, weniger wohlschmeckend u. schwerer ist, als das Getreide-B., so wird auch durch das Verbacken der Kartoffeln zu B. nichts erspart, denn wenn auch das Kartoffel-B. um etwas billiger ist, als das Getreide-B., so ist doch jenes bei weitem nicht so nahrhaft als dieses, u. man muß deshalb mehr davon essen, um satt zu werden.

II. Da das B. als das einfachste u. natürlichste Nahrungsmittel aller Klassen eins der unmittelbarsten Bedürfnisse des Lebens ist, so macht sich die Preisbewegung desselben vor jeder anderen Waare am stärksten in der Bevölkerung fühlbar u. wirkt stets auf das Sinken u. Fallen anderer Verbrauchsartikel, je nachdem sie mehr od. weniger die Stelle des B-s vertreten, ein Von Alters her wurde es daher als eine wichtige Aufgabe des Staates angesehen, seinen Angehörigen billiges B. zu schaffen u. der natürlichen, wie der künstlichen Theuerung desselben entgegenzuwirken. Der natürlichen Theuerung, die in schlechten Ernten ihren Grund hat, gegenüber sind indeß alle Bestrebungen des Staates so gut wie wirkungslos gewesen, da die Anlage u. Verwaltung so großer u. vieler Getreidemagazine als nöthig wären, um einen starken Ernteausfall zu decken, abgesehen von dem Eingriffe in die naturgemäße Bewegung des Handels, ferner die Schwierigkeiten, welche die Austheilung der Vorräthe haben würde, um auch den vorgesetzten Zweck zu erreichen, eine derartige Vorsorge unausführbar, ja selbst ganz nutzlos machen würde. Um einer künstlichen Theuerung vorzubeugen, die durch gemeinsames Handeln der Getreide- u. B-verkäufer, da eben das B. unentbehrliches Lebensbedürfniß ist, leicht hervorgerufen werden könnte, sind oft polizeiliche Maßregeln von Seiten des Staates od. einzelner Städte angeordnet worden, welche zum Theil jetzt noch, zumal in den Ländern bestehen, in denen die freie Concurrenz durch Zunft- u. Innungszwang beschränkt ist. Dahin gehört die Brodtaxe, ein Tarif für die verschiedenen B-qualitäten, welcher nach der Höhe der Getreidepreise in gewissen Zeitfristen von den städtischen Behörden festgestellt wird. Ein solcher Tarif nimmt Rücksicht auf die Menge, Beschaffenheit u. den Preis des Getreides, auf die Güte u. Menge des Mehles, die Mahlkosten, den Aufwand für die B-bereitung, den Unterhalt u. einen billigen Gewerbsgewinn für die Bäcker. Dies Alles zeigt, nach öfteren vorgängigen Mahl- u. Backproben mit mannigfaltigen Getreidesorten, wie sich, nach der Verschiedenheit der Durchschnittsgetreidepreise eines nicht blos von den Bäckern eines Ortes allein besuchten öffentlichen Marktes, entweder das Gewicht einer bestimmten B-quantität für einen bestimmten Geldpreis, od. dieser sich, bei gleichbleibenden B-gewichte,[327] in der Geldgröße ändern müsse. Im Allgemeinen haben aber solche Taxen wenig Werth, da die Beschaffenheit des Getreides eine sehr verschiedene ist; deshalb sind auch in neuester Zeit die B-taxen an vielen Orten aufgehoben worden. Durch Veröffentlichung der Preise, zu welchen die einzelnen Bäcker ihr B. verkaufen, hat man versucht, an einzelnen Orten sich vor Übertheuerung zu sichern u. dieses Mittel für Regulirung der B. preise mehrfach empfohlen. Noch wirksamergegen Übervortheilung haben sich in neuerer Zeit die auf Actien gegründeten B-bäckereien od. Brodfabriken (s.d.) bewährt, die gewöhnlich mit Dampfmühlen verbunden, durch einen großartigen Betrieb unter Anwendung von Knetmaschinen (s.d.) u. umfangreichen, mit Steinkohlen geheizten Backöfen im Stande sind, das B. billiger u. oft auch besser herzustellen. Das technische Verfahren bei der Bereitung des B-s (Brodbacken) s.u. Backen.

III. B. ist eine der gesündesten u. nahrhaftesten Speisen. Mit den Säften des Magens u. Mundes vermischt, bildet es einen milchartigen Brei, der bereits mit dem Milchsafte Ähnlichkeit hat. Auch die Fettigkeiten hilft es im Magen mit dem Wasser vereinen u. hat also dadurch seifenartige Kraft. Das gilt aber nur von dem gut ausgebackenen Getreide-B. Nicht gut ausgebackenes, zu schweres, losrindiges, schliffiges B. ist nie gut. Gutes B. hat eine dicke, harte, nicht rissige Rinde, keine Schuppen, keine verbrannten Blasen, es ist gut aufgegangen, die Krume locker, nicht röthlich, nicht mehlig, der Geruch angenehm Altes B. sättigt mehr als frisches, letzteres ist überhaupt minder zuträglich wie jenes, warmes B. sogar schädlich. B. kann auch als Heilmittel verwendet werden. Trocknes Weißbrot mit etwas Wein heilt Erkältungsdiarrhöe, Schwarzbrod, Pumpernickel mit Butter, Wasser od. Bier dient als gelindes Abführmittel. Sängern kann trockenes Schwarzbrod als Mittel gegen trockene Kehle empfohlen werden. Abgekochte Brodrinde (mit Zucker u. Citronensaft) gibt ein angenehmes Getränk für Kranke. Außer vor B. aus unreinen, von dem Kornwurm angegangenen od. von der Made angefressenen, dickschaligen, brandigen u. ganz frischen u. neuen Körnern, die das B. zähe u. unverdaulich machen, od. dumpfigem, klitschigem, feuchtem, stark erhitzt gewesenem, zu altem, zumal in feuchten Magazinen gusbewahrtem, od. zur Zerstörung des Kornwurms mit giftigen Flüssigkeiten, wie einer Vitriolauflösung, tingirtem Getreide, hüte man sich vorzüglich vor dem dem Getreide beigemischten Unkraut, als Raden, Klaffer, Hirtentasche, Roggentrespe, Wachtelweizen, Sommerlolch etc., welche oft Schwindel verursachen, u. Verfälschungen mit Gyps-, Alabaster- u. Kalkmehl sind gefährlich. Erstere verrathen sich dadurch, daß sich solches Mehl nicht zusammenballen läßt, sondern sogleich aus einander fällt, letztere dadurch, daß das Mehl, mit einer Säure angemacht, aufbraust. Um das B. lange aufzubewahren, hat man das Pressen desselben empfohlen. Gut aufbewahren läßt sich das B. auch, wenn man die warmen B. nicht zu schnell abkühlen läßt, sie in ein trockenes, lustiges Behältniß bringt u. entweder in Backschüsseln legt od. neben einander aufstellt, od. wenn man die B-e, sowie sie aus dem Ofen kommen, in einen Mehlsack bringt, an welchem noch Mehl hängt, jeden Laib mit der oberen Rinde auf einander, den Sack zubindet u. ihn an einem lustigen Ort frei aufhängt. Dadurch wird namentlich das Schimmeln verhütet Ehe man so aufbewahrtes B. verbraucht, bestreicht man es mit Wasser u. legt es 1 Tag in den Keller. Schimmliges B. ist der Gesundheit nachtheilig.

IV. Schon in Ägypten kannte man in den ältesten Zeiten das B. (Kyllostis) bes. aus Gerste; auch die Patriarchen der Juden genossen B. Zur Passahzeit mußten die Juden 7 Tage (Tage der süßen B-e) lang ungesäuertes B. (B. des Elends), aus Weizenmehl, jedoch ohne beigemischtes Öl, Salz od. dergl., essen zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten, wo man wegen der Eilfertigkeit das B. ungesäuert backen mußte. Über die 12 im Tempel aufgestellten B-e s. Schaubrode. Die Griechen unterschieden schon in der homerischen Zeit Weizen- (Artos) u. Gersten-B. (Maza); ein seines, kuchenartiges B. hieß Alphita; in Athen war man erfinderisch in der Bereitung vieler u. schöner Arten von B-en. Die Form war gewöhnlich rund, die Größe verschieden; gewöhnlich wurden aus einem Chönix 4 große od. 8 kleine B-e gebacken, so groß sie zu einer Tagesportion sein mußten, wiewohl deren auch größere, z.B. auf 3 Tage, genannt werden. Zwar kannte man den Backofen (Ipnos), doch zog man es vor, das B. in irdenen od. eisernen Geschirren (Klibauoi, Kribauoi), welche über das Feuer od. in Kohlen gelegt wurden, zu backen, weil es so wegen der gleichmäßigen, eingeschlossenen Hitze besser gerieth; solche B-e hießen Klibanitai od. Kribanitai; od. man buk das B. in heißer Asche, dann hießen sie Enkryphiai od. Spoditai; Obeliä od. Obelitâ waren solche, die an Gabeln od. bratspießartigen Hölzern gebacken wurden, während Andere meinen, diese hätten von dem Preise (einem Obelos) den Namen erhalten. Große B-e, die aus 1 bis 3 Medimnen gebacken waren, trug man zu Athen an den Dionysien dem Bakchos, als dem Erfinder des B-backens zu Ehren, in Procession umher. Bei den Römern hieß das B. Panis, u. ihre Grammatiker erklärten den Namen daher, weil die Weiber den B-n ursprünglich die Gestalt des Pan gegeben hätten, od. weil Pan der Erfinder des B-backens wäre. In der Zeit des Luxus gab es sehr verschiedene Sorten in Rom; im Allgemeinen unterschied man schwarzes B., wie es gemeine Leute aßen (P. plebejus), u. weißes od. Weizen-B. (P. siligineus); dann aber, je nachdem es zu verschiedenen Speisen gegessen wurde, z.B. P. ostrearius, welches man zu Austern aß etc Gebacken wurde das B. ebenfalls entweder in dem Ofen (P. furnaceus), od. in besonderen Pfannen (P. artopticius); B., welches durch schnelle Hitze gebacken wurde, hieß P. speusticus (nach And. war dies B. ohne Säurung); wo man zum Kneten viel Wasser nahm, daß es sehr locker u. leicht wurde, P. aquaticus. Auch scheint man eine Art Zwieback gebacken zu haben, welcher für die Schiffer bestimmt war, wenigstens kommt ein P. nauticus vor. In Gallien buk man B. aus der Weizenart Far, es war leicht u. gut u. zum Aufgehen brauchte man Bierhefen. Die alten Germanen kannten das B. nicht, bei ihnen kam es erst im Mittelalter auf.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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