Taschenbuch

Taschenbuch

Taschenbuch, 1) ein Buch von kleinem, handlichem Format u. leicht unterhaltendem Inhalt, welches man bequem in die Tasche stecken kann; 2) Buch mit weißen Blättern, in klein Octav od. Duodezformat, oft mit Brieftaschen verbunden, in denen das eigentliche T. die Einlage bildet, oft auch Kalender (dann Taschenkalender, od. wenn die Kalenderblätter mit weißen Blättern wechseln, Schreibkalender). Diese Art Kalender enthalten oft Anhänge über allerhand praktische Dinge, wie Postberichte, Münz- u. andere Rechnungs-tabellen, genealogische Nachrichten etc; 3) (Almanach), Buch in klein Octav, Sedez od. Octodez, welches entweder genealogische Nachrichten (genealogische Almanache), od. andere Aufsätze gemeinnützen, z.B. naturwissenschaftlichen, geschichtlichen etc. Inhalts, od. lauter Arbeiten in gebundener Rede (Musenalmanache), od. lauter dramatische Stücke (dramatische Almanache), od. Novellen u. Erzählungen mit Poesien untermischt enthalten u. meist mit Kupferstichen versehen sind. Einer der ersten Almanachs war der Neuverbesserte Gothaische Genealogische u. Schreibkalender, Gotha 1740; diesem folgte der Almanac necessaire, von Wilh. von Rotberg, ebd. 1763 (in Dieterichschem Verlag), an dessen Stelle Em. Chr. Klüpfel 1764 den Almanac de Gotha, contenant diverses connoissances et utiles, ebd., herausgab, welcher seit 1765 auch deutsch als Gothaischer Hofkalender erschien; er währt in beiden Ausgaben ohne Unterbrechung bis jetzt fort. Er enthält die Genealogie der europäischen Regenten, anderer fürstlichen Häuser u. derjenigen deutschen gräflichen Familien, deren Häuptern das Prädicat Erlaucht zukommt, außerdem ein Diplomatisches Jahrbuch, worin die Ministerien, obersten Civil- u. Militärbehörden vorzugsweise der europäischen u. amerikanischen Staaten, so wie die bei den verschiedenen Regierungen beglaubigten diplomatischen Agenten nebst statistischen Nachrichten verzeichnet sind. Außerdem enthielt er sonst allerhand belehrende Notizen aus der Astronomie, Mathematik, Geographie, Handelskunde u. historische Abhandlungen u. seit 1794 eine Jahreschronik, welche jetzt die einzige Zugabe bildet. Die Kupfer, welche seit 1768 beigegeben wurden, stellten Scenen aus bes. beliebten Romanen, geographische u. geschichtliche Gegenstände, neuerdings aber Porträts von fürstlichen Personen u. berühmten Staatsmännern dar. Die Bearbeiter des Hofkalenders waren nach Klüpfel (st. 1776) Ludw. Christ. Lichtenberg (in Ettingerschem Verlag), seit 1812 H. A. O. Reichard, seit 1816 E. A. von Hoff (in Perthesschem Verlag), seit 1823 Karl Christian von Wüstemann, seit 1827 W. H. D. Ewald, 1851–1859 von L. Davanture. Auch besteht seit 1825 ein Genealogisches T. der gräflichen Häuser, welches die Genealogie aller gräflichen Häuser aufführt, wozu 1855 ein Historisch-Heraldisches Handbuch erschien; das Genealogische T. der freiherrlichen Häuser, welches zuerst 1848 u. 49 erschien, hat erst seit 1853 einen regelmäßigen Fortgang genommen Ein zweiter Almanach (jedoch mehr Musenalmanach) war der Lauenburger, welcher von 1770–98, dann unter anderem Titel bis 1800 herausgegeben wurde u. darauf einging. Der Göttinger Taschenkalender, 1776–1813, gab früher verkleinert Partien der Hogarthschen Kupfer u. Lichtenbergs Commentar zu denselben. Der Leipziger Kalender für Frauenzimmer, kam von 1784–1820 heraus u. wurde bis 1816 von Claudius in Leipzig redigirt; früher verlegte ihn Böhme, seit 1817 Enabloch unter Redaction des Hofraths Rochlitz; 1820 erhielt er den Titel: Jährliche Mittheilungen, herausgegeben von Rochlitz, endigte aber schon 1823. Das Beckersche T. zum geselligen Vergnügen gab die Form für die meisten nachherigen Almanachs an; es enthielt Erzählungen, Gedichte, die Zeichnungen der neuesten Tänze etc., u. erschien 1791–1815, unter Redaction des Hofraths Becker in Leipzig, erst bei Voß, später bei Gleditsch; seit 1815 redigirte es Fr. Kind, gerieth aber mit dem Verleger in Streit u. gab das T. unter demselben Titel 1820–28 bei Göschen u. 1829 bei Hartmann heraus. Das andere T. zum geselligen Vergnügen erschien fortwährend bei Gleditsch unter Redaction Wendt's, bis es 1827 in den Verlag von L. Voß überging; 1830 vereinigten sich beide bei Hartmann wieder, doch ging es 1833 ein. Unter den Nachahmern, welche dieses T. hervorrief, war das T. für Damen, Tübingen bei Cotta, 1798–1822, dann 1828–31 mit Stahlstichen, eines der besten. Mit ihm wetteiferte das T. für Liebe u. Freundschaft, welches von St. Schütze redigirt wurde, es kam Anfangs in Bremen, dann in Frankfurt bei Fr. Wilmanns von 1801–1839 heraus, für 1840 u. 1841 übernahm L. Storch die Redaction, worauf es einging. Cornelia, T. für deutsche Frauen, herausgeg. von Aloys Schreiber, erschien Heidelberg bei Engelmann seit 1805, zuletzt bei Lange in Darmstadt für 1844 von Amalie Schoppe herausgegeben. Minerva, T. für Damen, erschien seit 1809, Leipzig bei Gerh. Fleischer, 1829–[264] 1831 bei Friedr. Fleischer, zuletzt 1833. Die Alpenrosen erschienen seit 1811 in Bern. 1810 erschien Urania, Altenburg u. später Leipzig, bei Brockhaus, sie kam unter verschiedenen Redactionen 1810, 1812 u. von 1815 an ununterbrochen heraus; sie enthält Erzählungen u. gibt nur ein Porträt eines in Wissenschaft od. Kunst ausgezeichneten Mannes. Die Penelope, herausgegeben von Th. Hell, erscheint seit 1811 bis jetzt, Leipzig bei Hinrichs. Das Rheinische T., bis 1844 von Adrian, für 1845 u. 1846 von C. Dräxler Manfred redigirt, Frankfurt bei Sauerländer, besteht seit 1812. Früher hatte das Niederrheinische T., Düsseldorf bei Schreiner, von 1799–1803 u. 1805 Ruf; es enthielt Copien der ersten Bilder der damaligen Düsseldorfer Gallerie. Das Frauentaschenbuch, Nürnberg bei Schrag, eine Zeit lang von Fouqué redigirt, erschien seit 1815, ging aber 1831 wieder ein. 1815 entstand die Aglaja, Wien bei Wallishauser; sie enthielt meist Copien von Gemälden der Wiener Gallerien u. endigte mit dem Tode des Verlegers 1832. Das T. Vergißmeinnicht von Clauren (Heun) seit 1818–31, mehr noch durch seine netten Kupfer von schönen Frauengestalten, als durch seine nur von Clauren gelieferten Erzählungen ausgezeichnet; 1832 erschien es nicht, 1833 u. 34 wieder u. seit 1835, mit den Rosen vereinigt, unter Leitung des Verlegers Leo in Leipzig; es hörte 1845 auf. Derselbe gab ebenfalls die Rosen 1827–34 (1832 pausirend) heraus. Der Berliner Kalender wird seit 1816 von der preußischen Kalenderdeputation herausgegeben u. enthält nebst genealogischen Nachrichten, Einzelheiten der preußischen Geschichte, Erzählungen u. Kupfer. Die Huldigung der Frauen, von Castelli redigirt, erschien 1823–25 in Leipzig u. kam 1827–46 in Wien heraus; ebendort erschien die Vesta unter der Leitung von A. Rackert seit 1832–36; seit 1832 bis jetzt das Gedenkemein, bei Pfautsch; ein anderes Gedenkemein erschien Naumburg 1828 bei Wild u. 1829 Magdeburg bei Creuz, von Archibald (von Röder) redigirt. In Wien erschien noch unter Redaction von F. X. Told 1824–38 Fortuna; die Orphea, Leipzig 1824–31 bei Ernst Fleischer, welche Kupfer zu beliebten Opern (Freischütz, Figaro etc.) gab, wurde später mit der Minerva vereinigt. Der Helvetische Almanach kam Zürich 1800–22 heraus. Die Perlen erschienen Leipzig bei Philipp Reclam jun. unter R. Hellers Redaction 1841–45 u. für 1846 bei Friedr. Korn in Nürnberg. Die Iris, herausgeg. von Joh. Grasen von Mailáth bei Heckenast in Pesth für 1839–46, ebenso die Lilien, herausgeg. von C. von Wachsmann, bei Karl Focke in Leipzig 1837–46 mit Stahlstichen. Nicht nur die Erzählungen u. Gedichte mehrer Verfasser enthalten die T-er, sondern es gibt u. gab auch mehre von Einem Verfasser, so außer Claurens Vergißmeinnicht u. Hellers' Rosen (s. oben) noch Tromlitz' Vielliebchen, fortgesetzt von Berndt v. Guseck, Leipzig bei Baumgärtner 1828–1846; Spindlers Vergißmeinnicht, Stuttgart bei Hallberger 1829–1843, u. Waiblingers T. aus Italien, Berlin bei Reimer 1829 u. 30. Die blos Gedichte enthaltenden Musenalmanache s.u. Musenalmanach. Die dramatischen Almanache enthalten nur Stüche für das Theater; der bekannteste ist Kotzebues Almanach dramatischer Spiele, Berlin 1803–1807, Leipzig 1808–20, fortgesetzt nach Kotzebues Tode ebd. 1821–26 von Lebrün, Hamburg 1827–34, 31 Jahrg.; Kurländers Almanach dramatischer Spiele, Wien 1811–17, Lpz. 1818–41, 31 Jahrg.; das Wiener Hoftheatertaschenbuch, Wien 1804–19; Müllners Almanach für Privatbühnen, Lpz. 1817–1819; Almanach der deutschen Bühne, herausgeg. von E. Beurmann, Frankf. 1835. Verschieden hiervon sind die Theateralmanache, welche Kritiken, Nachrichten von Büchern, Theateranekdoten. Repertoiren u. dgl. behandeln; so: O. Reichards Theaterkalender, Gotha 1775–1800; Schinks, Theateralmanach, Wien 1782; Schneiders T. für das Theater, Hamb. 1798, 1790 u. 1801; Ifflands Almanach für das Theater, Berl. 1807, 1808, 1611 u. 1812; Klingemanns Allgemeiner deutscher Theateralmanach, Braunschw. 1812; Lemberts T. für Schauspieler u. Schauspielfreunde, Stuttg. u. Wien 1816, 1817 u. 1821–23. Noch andere T-er für andere Zweige der Literatur sind: Falks T. für Freunde des Scherzes u. der Satire, Lpz., später Weim. u. Tüb. 1797–1801;. das T. ohne Titel (von Ferd. Hempel), Lpz. 1822 u. 1830; Wildungens T. für Jagdliebhaber, Marb. 1794–1817; Zimmermanns (von 1819 an von Rühs u. Lichtensteins) T. der Reisen, Lpz. 1802–19; das T. für deutsche Wundärzte, Altenb. 1783–93; von Hormayrs T. für vaterländische Geschichte, Wien 1811 ff.; W. Menzels T. der neuesten Geschichte, Stuttg. 1829 ff., 1834–39 fortgesetzt von Fr. Thiersch; Raumers historisches T., Lpz. 1830–1844. Noch ist der Bijouxalmanach, Karlsr. 1822–1832, wegen seiner Kleinheit zu bemerken, indem er nur die Größe eines Zolles einnahm. In England bildete erst 1824 Rudolf Ackermann in London sein Forget me not (Vergißmeinnicht) den deutschen Taschenbüchern nach u. dessenschöne Kupferchen fanden so viel Beifall, daß sich eine große Zahl Nachahmungen, das Amulet, Comic Annual;. Drawing-Room-Scrap-Book, Friendship's. offering. Heaths Picturesque Annual, Heaths. Gems of Beauty, Iuvenile Forget me not; Keepsake, Landscape Annual, Litterary souvenir, New-Year's Gift, Oriental Annual, Furker's Annual etc. fanden, welche aber nach u. nach zu blosen jährlichen Kupferstichsammlungen wurden, wozu Ackermann durch seine Flowers of Loveliness ebenfalls den Anlaß gegeben. Nachahmungen der englischen Almanache sind die nord-amerikanischen, welche ähnlich eingerichtet sind. Auch in Frankreich u. in anderen Ländern Europas haben sich Taschenbücher auf deutsche Weise eingefunden. In neuester Zeit sind die vorzugsweise belletristischen Taschenbücher, sowohl durch die sogen. Volkskalender (v. Gubitz, Nieritz, Trowitzsch, Trewendt, Steffens u.a.) als durch die periodische Presse (Journale, Zeitschriften), welche in gewandter Form zu gleicher Zeit populär-natur-wissenschaftliche od. die großen Tagesfragen behandelnde Aufsätze, sowie Novellen, Erzählungen etc. bietet (Gartenlaube, Natur, Heimath, Familienjournal etc.) sehr in den Hntergrund gedrängt worden.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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