- Curĭe
Curĭe (Curia), 1) (röm. Ant.), einer der 30 Theile, in welche Romulus das römische Volk eintheilte, indem er jede der 3 Tribus (s.d.) in 10 C-n schied u. jeder C. 10 Gentes zutheilte. Ihrem Wesen nach erscheinen die C-n als für den Zweck des Staatslebens abgegrenzte Kreise, deren Mitglieder, Curiales, durch Gemeinsamkeit des religiösen [590] Cultus, so wie der politischen Rechte u. Pflichten vereinigt waren. Die C-n hatten besondere Namen, welche nach der Sage von den geraubten Sabinerinnen, die den Streit zwischen den Ihrigen u. ihren neuen Gatten geschlichtet hatten, herrührten; solcher Namen sind nur noch wenige bekannt, z.B. Foriensis, Rapta, Veliensis, Titia, Faucia etc. An der Spitze jeder C. stand ein Curio, überhaupt ihr Vorstand, bes. in Bezug auf die Religionshandlungen, wozu ihnen noch ein Curialis flamen beigegeben war. Alle Curiones standen unter dem Curio maximus, der von allen C-n in Curiencomitien gewählt wurde. Die nach C-n gehaltenen Volksversammlungen hießen Comitia curiata, s. u. Comitien 1) A) b). 2) Versammlungsgebäude einer C., in dem über die Angelegenheiten derselben berathschlagt, auch Gottesdienst u. die damit verbundenen gemeinschaftlichen Mahlzeiten gehalten wurden; Anfangs waren die Säle der verschiedenen Curien in Einem Hause auf dem Palatinischen Berge; später, da dessen Räumlichkeit nicht mehr ausreichend war, wurde nahe am Compitum Fabricii ein neues, Curiae novae, gebaut, worin sich 26 C-n versammelten, die übrigen blieben in dem früheren, Curiae veteres. 3) Überhaupt Versammlungshaus, wie Curia Calabra, Curia Julia, Curia Marcelli (Curia Octaviae), Curia Pompeji, Curia Saliorum, s. u. Rom (a. Geogr.), bes. die Curia Hostilia, der Versammlungsort des Senats, an der Nordseite des Forum, vom König Tullus Hostilius erbaut u. über 600 Jahre zu seinem ursprünglichen Zwecke benutzt, bis nachmals die C. Pompeji u. C. Caesaris dazu benutzt wurden; 4) Rath, Gericht, z.B. Curia appellationum, Appellationsgericht; Curia baronis (C. inferior), die Patrimonialgerichte eines Lehnsherrn innerhalb der Grenzen seines Lehns; Curia dominica (C. placiti, C. judicialis), Dinghof; Curia feudalis, Lehnshof; Curia imperialis, Reichshof; Curia major, das Gericht im Mittelalter, in welchem die Magnaten unter dem Vorsitz von 2 Bischöfen u. 2 Abbaten über die Staatsangelegenheiten ihrer Provinz sich berathschlagten, auch die Streitigkeiten der Vasallen ihrer Provinz entschieden; Curia solennis (C. generalis, C. augustalis, C. publica), Versammlung, zu der ein König im Mittelalter an einem Hauptfeste des Jahres, z.B. Ostern (dann C. paschalis), alle Magnaten u. Prälaten berief, wo die wichtigsten Geschäfte abgemacht u. die Streitigkeiten der Großen entschieden wurden; 5) so v.w. Lehnscurie; 6) Römische C., Inbegriff aller römischen Tribunale u. Congregationen der Cardinäle; die vom Papst angeordneten Justiz- u. Regierungscollegien (Curia justitiae u. Curia gratiae); zu ersteren gehören die Rota romana, die Signatura justitiae, die Signatura gratiae; zu letzteren die Römische Kanzlei (Cancellaria romana), die Datarie, die Pönitentiarie, die Römische Kammer, das Apostolische Secretariat; daher 7) überhaupt Regierung, Hof, Ministerium des Papstes; 8) in den von älterer Zeit her bestehenden landständischen Verfassungen so v.w. Kammer; 9) die Vereinigung mehrerer Stimmen auf dem ehemaligen Reichstage u. jetzt beim Bundestage, s. Curiatstimme; 10) die Wohnungen der Domherren.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.