Greifswald

Greifswald

Greifswald, 1) Kreis im Regierungsbezirk Stralsund der preußischen Provinz Pommern; 18,28 QM., 48,500 Ew.; eben u. fruchtbar; 2) Kreisstadt darin am schiffbaren Ryck, dessen Mündung in die Ostsee den Hafen bei dem Dorfe Wieck bildet; die alten Festungswerke sind abgetragen u. dafür auf dem Walle Spaziergänge angelegt; ist Sitz eines Appellationsgerichts u. eines Kreisgerichts, hat 3 evangelische Kirchen, darunter die Nicolai- u. Marienkirche, Gymnasium mit Realschule, Handelsschule, Schullehrerseminar, Waisenhaus, Irrenanstalt, 3 Hospitäler; die Universität wurde durch die von Rostock der Unruhen 1435–36 halber nach G. geflüchteten Professoren 1455 von Herzog Wratislaw von Pommern-Wolgast gestiftet, 1456 vom Papst Calixt I. u. Kaiser Friedrich 111. bestätigt u. am 1. Oct. inaugurirt. Beim Beginn der Reformation, welcher der Herzog von Pommern u. der Bischof von Kamin abgeneigt waren, wurden 1527 bis 1539 keine Vorlesungen gehalten; 1539 durch Herzog Philipp I. von Pommern wieder eingerichtet, bestand sie bis 1555 sehr kümmerlich u. wuchs erst, seitdem sie 1561 das Dominicanerkloster eingeräumt bekam, welches seit 1591 zum Collegiengebäude neu umgebaut wurde (nochmals umgebaut 1787–90). 1634 erhielt sie von Bogislaw XIV. das Amt Eldena geschenkt. Zur Universität gehören: die Universitätsbibliothek, gestiftet im 15 Jahrh, die Physikalische Instrument u. Modellsammlung, das Anatomische u. Zoologische Museum, der Botanische Garten, das Medicinischchirurgische Klinikum, das Landeslazareth, die Sternwarte,[579] das Theologisch-praktische Seminar, das frühere Cistercienserkloster Eldena (s.d.), jetzt Staats- u. Landwirthschaftliche Akademie. Die Universität zählt gewöhnlich gegen 200 Studenten u. feierte vom 17. bis 18. Octbr. 1856 ihr 400jähriges Stiftungsfest, zu deren Gedächtniß dabei ein Denkmal mit Medaillonbildern von ehemaligen Professoren u. von vier Landesfürsten enthüllt u. ein Universitäts-Krankenhaus gegründet wurde. G. hat außerdem eine Gesellschaft für pommerische Geschichte (s.u. Alterthumsvereine C) p), Fabriken für Seife, Öl, Nadeln, Tabak, Schlemmkreide, ein Salzwerk, Schiffsbau u. besitzt über 50 Schiffe, welche Getreide ausführen nach England, Frankreich, Holland, u. Frachtschifffahrt nach dem Mittel- u. Schwarzen Meere, sowie bis Amerika betreiben; Schauspielhaus, Freimaurerloge: Karl zu den fünf Greifen; 13,470 Ew. Die vor dem Hafen liegende Bucht heißt der Greifswalder Bodden; von diesem nach Nordosten, am Eingange des Rügen'schen Bodden, liegt die Greifswalder Öe, eine kleine Insel mit 88 Fuß hohem Leuchtthurm. – G. entstand 1233, nachdem der Abt von Eldena den seinem Kloster nahen Wald hatte lichten lassen. 1264 ließ Wratislaw II. sie mit Mauern umgeben, nachdem sie schon durch Anziehung des Handels der 1238 verwüsteten Stadt Stralsund sehr blühend geworden war. Erst im 14. Jahrh. wurde G. an den Herzog von Pommern abgetreten. 1455 wurde die Universität gegründet. Im Dreißigjährigen Kriege hatten die Kaiserlichen G. genommen u. zur Festung gemacht, räumten sie aber 1631 den Schweden, denen G. auch im Westphälischen Frieden blieb. 1678 wurde es von dem Kurfürst von Brandenburg erobert, aber 1679 zurückgegeben; 1713 von den Russen verwüstet, 1715 kam es an Dänemark, 1721 wieder an Schweden, 1815 aber an Preußen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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