Musēum

Musēum

Musēum (griech. Museion), hieß bei den Griechen 1) zunächst ein Musentempel; dânu 2) überhaupt ein den Musen, d.h. den Wissenschaften u. Künsten, geweihter Ort. Das erste M. in letzterm Sinne errichtete Ptolemäos Philadelphos (284–46 v. Chr.) zu Alexandria in Ägypten. Es bestand in einem Theile des Palastes Brucheion, in welchem eine Anzahl von ausgezeichneten Gelehrten lebten u. auf Staatskosten unterhalten wurden, um sich ungestört ihren Studien u. gelehrten Bestrebungen hingeben zu können. Später fügte der römische Kaiser Claudius noch ein zweites hinzu, welches nach ihm Museum Claudianum benannt wurde. Ähnliche Institute bestanden in Pergamum, Antiochia u. Byzanz. Vgl. Parthey, Das Alexandrinische M., Berl. 1838; Klippel, Über das Alexandrinische M., ebd. 1838. 3) Seit Ausgang des Mittelalters bezeichnet man mit dem Namen M. zunächst eine Sammlung von Alterthümern u. Kunstgegenständen, dann aber hat man die Benennung auch auf Sammlungen von Gegenständen sehr verschiedener Art übertragen, so daß man von archäologischen, historischen, naturhistorischen, anatomischen etc. Museen spricht, od. auch wohl einen ganzen Complex solcher Sammlungen für besondere Fächer, nebst Bibliotheken u. dgl., unter dem Namen M. zusammenfaßt. Eigentliche Museen od. Galerieen kannte das Alterthum noch nicht; die Anfänge zu denselben wurden im Zeitalter der Mediceer in Florenz gemacht. Cosmo I. fing an Antiken zu sammeln u. legte den Grund zu dem berühmten Florentinischen M.; Papst Leo X., ein Mediceer, sammelte Kunstschätze in der Villa Medici auf dem Monte Pincio zu Rom; bald wetteiferten die edlen Familien Italiens, ihre Paläste mit Sammlungen antiker Kunstwerke zu schmücken. Die bedeutendsten Museen Italiens sind: in Florenz: das erwähnte Florentinische M. im Palazzo degli Uffici (vgl. Museum Florentinum, mit Erklärungen von Gori, Flor. 1731–42, 6 Bde., Fol.); in Rom: das Capitolinische M., eine reiche Sammlung von Antiken (vgl. Bottari u. Foggini, Museum Capitolinum, Rom 1748, 4 Bde.), die Sammlungen im Vatican (vgl. Pistolesi, Il Vaticano descritto, 8 Bde., gr. Fol.), worunter das Museo Pio-Clementino (vgl. Visconti, Il Museo Pio Clementino, Rom 1782–[574] 1807, 7 Bde.), das Museo Chiaramonti (vgl. Visconti u. Guattani, Museo Chiaramonti, Rom 1808, Bd. 1), Museo Grogorlano etc.; ferner das in neuerer Zeit eingerichtete Museo Lateranense; in Neapel: das Museo Borbonico, dessen schönste Zierden die Broncen, Vasen u. geschnittenen Steine sind. In Frankreich behauptete das M. zu Paris im Louvre zu Napoleons Zeit, wo es auch den Namen Musée Napoléon, wegen der damals von Frankreich aus den unterjochten Staaten zusammengeraubten u. daselbst aufgehäuften Kunstschätzen den ersten Rang in Europa u. gehört auch jetzt noch, nach Zurückgabe jener, zu den reichsten der Welt, vgl. Robillard-Peronville u. Laurent, Musée françois, Par. 1803–11, 4 Bde., Fol., mit Erklärungen von Croze-Magnan, Viscont, Em. David; als Fortsetzung Laurent's (des Sohnes) Musée royal; Petit-Radel, Les monum. antiq. de Musée Napol., Par. 1804–1806, 4 Bde.; Clarai, Musée de sculpture antiq. et moderne, Par. 1826, Fol.; Bouillon, Musée des antiques, mit Erklärungen von St. Victor, 3 Bde., 1812–17. Unter den zahlreichen englischen Museen ist das von Elias Ashmole 1679 in Oxford angelegte u. nach ihm auch benannte (Ashmolean M.), das älteste; das bedeutendste aber in jeder Beziehung das British M. (s. Britisches Museum), welches außer einem großen Schatze von Antiken (vgl. Taylor Combe, Ancient marbles of the British Museum, Lond. 1612–18, 4 Bde.), auch eine ungemein reiche Sammlung von Antiquitäten, Naturalien u. eine der bedeutendsten Bibliotheken Europas umfaßt. Deutschland zählt mehr Museen als irgend ein anderes Land. Die bedeutendsten sind die in Dresden (vgl. Becker, Augusteum, Dresd. 1804–11, 3 Bde., Fol.), in Berlin, München (M., Pinakothek u. Glyptothek), Nürnberg (Germanisches Museum) u. Wien. Mehre Museen in Deutschland haben beschränktere Zwecke, wie das M. in Breslau, Prag, Bonn, Schwerin u.a. Orten für vaterländische Alterthumskunde. Auch die Kunstsammlungen, welche in Stuttgart, Frankfurt a. M. (Städelsches Museum), Kassel, Braunschweig, Darmstadt, Gotha, Leipzig, Köln als M. bestehen, verdienen Beachtung. An letztere schließen sich auch eine Anzahl zum Theil sehr reicher derartiger Privatsammlungen, z.B. die Ramboux'sche Sammlung für ältere christliche Kunst in Düsseldorf, die Galerie von Ravené in Berlin, Baron Speck von Sternberg in Lützschena bei Leipzig, das culturhistorische M. von Klemm in Dresden u. viele andere. In Rußland besitzt namentlich Petersburg, wo auch ein Asiatisches M. befindlich ist, eine reiche u. werthvolle Sammlung von Sculpturen, Gemmen, Antiquitäten aller Art, Gemälden u. Kupferstichen; dazu die durch die Ausgrabungen u. Funde in Südrußland wichtigen Sammlungen in Odessa u. Kertsch (im Krimmkriege 1857 sehr mitgenommen). In Schweden besitzt Stockholm ein nicht unbedeutendes M.; in Kopenhagen sind das Thorwaldsensche M. u. die Sammlungen für Nordische Alterthümer von hohem Interesse. Die Niederlande besitzen in Leyden u. im Haag, Belgien in Brüssel u. Gent ansehnliche Sammlungen. In Spanien ist vor allem Madrid, dann Barcelona, Taragona u. Valencia, in Portugal Lissabon u. Coimbra zu nennen. Das M. in Athen hat für die archäologischen Studien bereits Wichtigkeit erlangt. Die Kenntniß der Museen u. der in ihnen aufgespeicherten Schätze (Museographie) bildet eine Hülfswissenschaft der Archäologie u. Kunstgeschichte. Vgl. Müller, Die Museen u. Kunstwerke Deutschlands, Lpz. 1857, 2 Bde. 4) In beschränkterem Sinne werden auch Anstalten für Journallecture, in Verbindung mit buchhändlerisch-mercantilischen Zwecken, als Museen bezeichnet; solche literarische Museen finden sich in Dresden, Göttingen, Leipzig (seit 1844) u.a. Orten; 5) mit noch engerem Begriff in früherer Zeit ein bloßes Studierzimmer, mit Bibliothek, Kunst- u. Naturaliensammlungen; 6) auch wird M. gegenwärtig noch vielfach als Gesammttitel für Zeitschriften gebraucht, z.B. Deutsches Museum, s. Zeitungen u. Zeitschriften.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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