- Harz [1]
Harz, 1) (Harzgebirge), das nördlichste Gebirge in Deutschland, welches im Längendurchschnitt von Nordwest nach Südost von Seesen bis Hettstädt etwa 12 Meilen, im größten Querdurchschnitt von Blankenburg bis Walkenried 4 Meilen mißt u. sich über einen Flächenraum von 37,16 QM. erstreckt, wovon 13,42 QM. auf Braunschweig, 12,41 auf Hannover, 9,033 auf die preußische Provinz Sachsen u. 2,3 auf Anhalt-Bernburg kommen; die über die angegebenen Grenzen im Süden u. Westen hinausreichenden Höhen werden Vorharz genannt. Das Hauptgebirge bildet nicht einen Gebirgszug mit Flächenthälern, sondern eine abgeschlossene Gebirgsmasse, deren Basis an den Austrittsstellen der Flüsse aus dem Gebirge im Durchschnitt 680 Fuß über dem Meere (auf der Südseite 720, auf der Nordseite 640 Fuß) liegt; darüber erhebt sich das Gebirge als ein zusammenhängendes, oft nur flach gewelltes, aber von einzelnen tiefen Thälern durchschnittenes Plateau ohne einen deutlichen Hauptrücken u. nur mit einem Hauptgipfel, dem Brocken, u. zwar steigt derselbe von Südost nach Nordwest allmälig empor; am südöstlichen Ende 900–1000 Fuß hoch, erreicht es in der Umgebung von Clausthal eine mittlere Höhe von 1800 F. über dem Meere. Nach dieser ungleichen Erhebung unterscheidet man den Oberharz, westlich vom Brocken, von etwa 131/2 QM. Fläche u. 2000 F. durchschnittlicher Höhe, u. den Unterharz, östlich vom Brocken, von 23,66 QM. Fläche u. 1500 Fuß durchschnittlicher Höhe. Die Berge erheben sich auf dem Plateau sanft gewölbt wie Buckel u. die beträchtlichsten sind: der Brocken 3508 Fuß hoch, die Heinrichshöhe 3168 F., der Königsberg 3102 F., der Bruchberg 3036 F., der Wormberg 2880 F., der Winterberg 2682 Fuß, der Ewers- (Ebers-) berg, Ravensberg, Auersberg, Achtermannshöhe, Rammelsberg (s.d. a.) etc. Der höchste bewohnte Ort ist Andreasberg in 1884 F., dann das Dorf Hohegeis in 1848 F. u. die Stadt Clausthal in 1740 F. Höhe. Die östlich entspringenden Flüsse (Zorge, Wipper, Eine, Selke, Bode, Holzemme) gehören zum Elbegebiet, die westlichen (Oder, Siebe, Söse, Nette, Innerste, Ocker, Ecker, Ilse) zum Wesergebiet. Der innere Bau des H-es ist ziemlich einfach; er besteht seiner Hauptmasse nach aus Thonschiefer u. Grauwacke, welche von Grünstein in seinen verschiedenen Arten, von granitischem Gestein (bes. um den Brocken), Eisenstein etc. durchbrochen ist; außerordentlich reich ist der H. an Erzen, nämlich Silber, Eisen, Blei, Kupfer, Zink, Arsenik etc. u. steht an Mineralreichthum in Deutschland nur dem Erzgebirge nach; die Ausbeute an Silber beträgt im ganzen H. durchschnittlich 60–70,000 Mark Silber, an Gold nur etwa 10 Mark, das im Rammelsberge gewonnen wird; außerdem bricht man auch Marmor, Granit, Alabaster etc., u. am östlichen Fuße befinden sich ergiebige Salzquellen. Der H. hat[72] reiche Waldungen, Nadel- u. Laubholz, darin viel Wild, als Hirsche, Rehe, Schweine, Luchse, Füchse, wilde Katzen; ferner zahlreiche officinelle Pflanzen, Isländisches Moos, verschiedene Waldbeeren u. Trüffeln. Die Bevölkerung des H-es ist dicht u. wird zu 70,000 angenommen, die sich auf etwa 40 Städte u. Dörfer vertheilen; Erwerbszweige für dieselben sind Feldbau, der sich jedoch nur wenig auf Getreide, meist nur auf Hafer u. Kartoffeln erstreckt; dagegen nähren sich auf den herrlichen Weiden des. H-es große Viehheerden; der Bergbau, seit dem 10. Jahrh. durch fränkische Bergleute eröffnet u. jetzt zu dem wichtigsten in Deutschland zu zählend, beschäftigt 30,000 Menschen; außerdem bildet der Holzhandel einen wichtigen Nahrungszweig. Die Ober- u. Unterharzer sprechen eine verschiedene Mundart. Die schönsten Thäler des H-es sind das Selkethal, Bodethal, Ilsethal; andere Sehenswürdigkeiten sind außer dem Brocken der Stauffenberg mit den Ruinen der Burg Heinrichs I., die Teufelsmühle, die Roßtrappe, der Mägdesprung, Schloß Falkenstein, Alexisbad, Victorshöhe, Stubenberg, die Baumanns- u. Bielshöhle, die Kelle, das Einhorn- u. Weingartenloch etc. Die Eigenthümlichkeit der Natur in den Schluchten, Thälern u. Bergen zieht alljährlich viele Fremde in den H., für deren Fortkommen durch gute Wege nach allen Orten bis auf den Brocken hinauf, sowie auch für bequeme Gasthäuser gesorgt ist. Vgl. Zimmermann, Das Harzgebirge, Darmst. 1834, 2 Bde.; J. Fr. L. Hansmann, Über die Bildung des Harzgebirges, Gött. 1842; Gottschalk, Taschenbuch für Reisende in den H., Magdeb., 5. Aufl. 1843; Brederlow, Der H., zur Belehrung u. Unterhaltung für Harzreisende, Braunschw., 2. Aufl. 1851; W. Lachmann, Nivellement des Harzgebirges, ebd. 1851; Schweizer, Reisehandbuch für den H., Berl., 2. Aufl. 1852; Nauenburg, der Lustwanderer im H. (mit Generalreiseplan), Eisl. 1857; Wegweiser im H. u. dessen Umgegend (Griebens Reisebibliothek 2.), 5. Aufl., Berl. 1857; Spieker, der H., seine Ruinen u. Sagen, Berl., 2. Aufl. 1857; Helmbrecht, Der Führer in u. um den Harz, Braunschw. 1858. Vom H. hatte 2) ein Departement im ehemaligen Königreich Westfalen den Namen Harz- (u. Leine-) Departement, es begriff einen Theil von Grubenhagen, das Eichsfeld, Walkenried, Mühlhausen, Nordhausen, Stücke von Niederhessen u. Blankenburg, hatte auf 74 QM. 203,000 Ew. u. zur Hauptstadt Heiligenstadt; 3) sonst Theil des hannöverschen Fürstenthums Grubenhagen, begriff den hannöverschen Oberharz u. den Commununterharz, genoß verschiedene Freiheiten, gab keine Abgaben, doch den Überschuß des Forst- u. Bergbauertrages. Der Oberharz (Einseitiger H.) bildet aber ietzt die Berghauptmannschaft Clausthal (s.d.). Der Communharz gehört Hannover u. Braunschweig gemeinschaftlich, wird auch gemeinschaftlich unter wechselndem Directorium verwaltet, ist reich an ergiebigen Bergwerken u. gibt reichliche Ausbeute. Zu ihm gehören der Rammelsberg, der Iberg u. die Saline Juliushall, die Langelsheimer Hütten, das Vitriolwerk bei Goslar, überhaupt 107 Wohngebäude mit 700 Ew.; der jährliche Reinertrag beträgt über 50,000 Thlr., wovon Hannover 4/7 u. Braunschweig 3/7 erhält. Vgl. J. Fr. L. Hausmann, Über den gegenwärtigen Zustand u. die Wichtigkeit des hannöverschen H-es, Gött. 1832.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.