Hannover [1]

Hannover [1]

Hannover, Königreich in Norddeutschland; besteht aus drei Theilen, von denen der östliche (die Landdrosteibezirke Hannover, Lüneburg u. Stade, so wie das Fürstenthum Hildesheim [der Landdrosteibezirk gleiches Namens]), ungefähr noch einmal so groß, als die beiden anderen, an die Nordsee, das hamburgische Amt Ritzebüttel, Holstein, Hamburg, Lauenburg, Mecklenburg-Schwerin, die preußische Provinz Sachsen, Braunschweig, Waldeck, Lippe, die preußische Provinz Westfalen, Oldenburg u. Bremen grenzt u. durch ein kleines, kaum zwei Meilen breites Stück Landes in der Gegend des Dümmersees mit dem westlichen Theil (dem Landdrosteibezirk Osnabrück u. Aurich) zusammenhängt; dieser grenzt an die Nordsee, Oldenburg, die preußische Provinz Westfalen u. die Niederlande; der südliche Theil (der Harz, so wie die Fürstenthümer Göttingen u. Grubenhagen u. die Grafschaft Hohnstein von dem Landdrosteibezirk Hildesheim), durch ein Stück braunschweigisches Gebiet von der übrigen Ländermasse getrennt, grenzt außer an Braunschweig noch an die preußischen Provinzen Sachsen u. Westfalen u. an Kurhessen. Außerdem besitzt das Königreich H. die vor der Küste von Ostfriesland liegende Inselreihe Spikeröge, Langeroge, Baltrum, Norderney, Juist u. Borkum, sowie mehrere in fremdem Gebiet liegende Enclaven (die Ämter Elbingrode u. Polle, die Grafschaft Hohnstein u. die Stadt Badenwerder), wogegen es selbst mehrere hessische, braunschweigische etc. Gebietstheile, so wie auch das Hauptland von Oldenburg u. Bremen u. das hamburgische Amt Ritzebüttel umschließt. Größe: 698,655 QM. Gebirgig ist H. nur im südlichen Theile, zu dem der westliche Theil des Harzes mit den Königsberg, 3200 Fuß, dem Bruchberg, 2800 Fuß, dem Rammelsberg, 1900 Fuß hoch, u.a. gehört; von dem Harz aus ziehen sich in nordwestlicher Richtung mehrere niedrige, mit Wald bedeckte Höhenzüge längs der Weser bis Minden hin, der Sölling, Iht, Süntel (Suntelwald), Deister; jenseits der Weser setzen sich diese Höhenzüge nebst Theilen des Teutoburger Waldes bis gegen die niederländische Grenze hin fort; doch beträgt das eigentliche Gebirgsland nur den siebenten Theil des Ganzen. Das übrige ist eine weite Ebene u. völliges Tiefland, das theils aus tragbarem (Großland, wie im Bremischen) od. unfruchtbarem Sandboden (Heiden, besonders die Lüneburger Heide u. der Hümling in Ostfriesland), theils aus fruchtbarem Marschland, an den Ufern der Flüsse u. der Nordsee, theils aus weiten Torfmoorflächen besteht. Die Küstenstriche sind gegen das Meer, hier u. da auch gegen die Flüsse durch Deiche geschützt, die aber bisweilen auch nicht genügen. Flüsse: die Elbe, welche auf einer Strecke von 34 Meilen die nordöstliche Grenze bildet u. aus H. die Jeetze, Ilmenau, Seeve, Este, Schwinge, Oste u. Medem aufnimmt; die Weser durchströmt das Land 30 Meilen weit, verstärkt durch die Aller mit Oker, Leine u. Örze, durch die Wumme, Lessum, Aue, Delme u. Hunte; die Ems mit Leda u. Hase u. die Vechte fließen in Ostfriesland. Kanäle: der Emskanal (s. Ems 1) zwischen Meppen u. Lingen, der Treckschuyten- (Auricher) Kanal, von Aurich nach Emden, der Bremische Kanal, welcher die Wumme mit der Schwinge u. diese mit der Oste u. so Weser u. Elbe verbindet. Seen sind das Steinhuder Meer, der Dümmersee, der Bodenteicher u. Seeburger See; die Nordsee bildet an der Wesermündung den Meerbusen Dollart; die Küsten sind von Sandbänken umgeben u. schwer zugänglich. Moräste: der jetzt ausgetrocknete Duivelsmoor; Mineralwasser: nur wenige; die bekanntesten zu Rehburg, Rothenfelde u. Nordheim; ein Seebad ist auf Norderney. Klima: am Strande feucht u. nebelig, höher hinauf rein, aber scharf u. veränderlich; die mittlere Jahrestemperatur beträgt + 7°44', die des Winters + 0°80', des Sommers + 14°48', die höchste Kälte –27°, die höchste Wärme + 28°, die jährliche Regenmenge 20–30 Zoll. Haiderauch ist häufig, doch ist die Luft nicht ungesund; nur das feuchte Niederland ist häufig Fiebern ausgesetzt. Producte: der Harz liefert Silber, Blei, Kupfer, Eisen, Zink, Galmei, Arsenik, Schwefel; außerdem findet man Stein- u. Braunkohlen, Torf (sehr viel), Vitriol, Alaun, Quellsalz (in 14 Salzwerken), Bau- u. Mühlsteine, Schiefer, Marmor, Kalk, Alabaster, Gyps, Mergel, Pfeifen-, Fayence-, Walker-, Farbenerde, Erdölquellen; aus dem Pflanzenreich gibt es Getreide hinreichend, namentlich auch Weizen, doch ist H. nur in den Flußthälern u. den Marschländern an der Nordsee fruchtbar, Buchweizen in der Heide, guten Flachs, Hanf, Tabak, Cichorien, Hülsenfrüchte, Gemüse, Rübsen u. Raps, Obst (in dem westlichen Theile), viel Wald auf dem Harz, Solling, Deister etc. u. im Lüneburgischen Nadelwälder u. Heidelbeeren (zur Ausfuhr); von Thieren: vortreffliche Pferde liefern Lüneburg, Bremen, Hoya, Kalenberg, Ostfriesland (Gestüte zu Herrenhausen, Celle, Memsen, Neuhaus, ein Maulthiergestüt zu Behre); die Rindviehzucht ist bedeutend in Ostfriesland u. den Marschen, wo sie nach holländischer, u. im Harz, wo sie nach Schweizer Art betrieben wird, Schafe, auch veredelte u. halbwilde (Heideschnucken in der Lüneburger Heide), Schweine (besonders Fin Westfalen), Ziegen, Federvieh (besonders Gänse in Hoya), Wildpret (viel Hochwild, Schnepfen, weniger Hafen), Fische (Lüneburger Bricken, Häringsfang von Emden aus, Schellfische u. andere Seefische), Bienen (besonders in der Lüneburger Heide); einzeln werden im Lüneburgischen auch Perlenmuscheln gefunden.

Einwohner hat H. 1,819,777, die sich auf 45 selbständige, 25 andere Städte, 108 Flecken, 960 größere, 4920 kleinere Dörfer u. Weiler, 926 Vorwerke u. Höfe vertheilen. Der Abstammung nach sind die Einwohner Niederdeutsche (Sachsen), doch nordwestlich auch Friesen, Wenden (an der Oberelbe H-s, doch längst germanisirt), im Harz eine[2] Colonie Franken (Bergleute). Sprache: auf dem Lande durchgängig plattdeutsch, in den Städten u. in den höheren Ständen hochdeutsch. Der Religion nach sind: 1,496,443 Lutheraner, 94,304 Reformirte (besonders in den nordwestlichen Theilen), 216,144 Katholiken (diese drei Confessionen in gleichen Rechten), 1434 Anhänger von christlichen Secten (Mennoniten, Herrnhuter etc.) u. 11,452 Juden. Die Erwerbsthätigkeit besteht in Ackerbau, der nicht überall gehörig betrieben wird, am besten in Hildesheim, Kalenberg, Göttingen, Grubenhagen u. im Eichsfelde, an der Weser u. Elbe, in Ostfriesland u. im Bremischen. In bergigen Gegenden herrscht die Dreifelderwirthschaft, in Marschländern tritt ein eigenthümlicher Anbau ein. Getreide kommt gewöhnlich zur Ausfuhr. Gartenbau blüht besonders um H., Celle u. Bardewieck (diese Städte führen Sämereien aus), Flachsbau bei Ülzen, Hanfbau bei Bremen u. Lüneburg, kaum genügend, Tabak- u. Hopfenbau auf dem Eichsfelde u. zu Alsfeld, Rübsen- u. Rapsbau in Bremen u. Ostfriesland. Außerdem treibt man Viehzucht, Forstcultur, Jagd (meist Hochwild), Bergbau. Außer Fleisch u. Zuchtthieren führt H. viel Butter u. Käse aus. Aus den westfälischen Niederungen gehen im Frühjahr viel arme Arbeiter zur Ernte, Torfstechen, Deicharbeit nach Holland (Holländergehn) u. bringen jeder 20–50 Thaler wieder zurück, doch ist dieser Erwerb durch neue niederländische Gesetze sehr vermindert. Die eigentliche Industrie ist geringer, als in dem größten Theile des übrigen Deutschlands; stark ist nur die Fabrikation von Garn u. Leinwand, welche durch Linnenleggen, besonders in Westfalen, gehoben wird. Die Wollenweberei, besonders im südlichen Theile, hat zugenommen, doch muß Tuch bedeutend eingeführt werden; im Westen strickt man Strümpfe u. Handschuhe. Auch die Baumwollenweberei hat zugenommen, doch webt man meist auf Stühlen. Seidenfabrikation ist unbedeutend, meist Bandweberei, Weben seidener Strümpfe u. halbseidener Zeuge; Töpfereien (besonders in dem Amte Lauenstein), Ziegelbrennereien, Pfeifenfabriken zahlreich; Glashütten gibt es 9, Papiermühlen 52; man bleicht viel Wachs, fabricirt viel Tabak, gerbt Leder, braut Bier (Goslarsche Gose) u. Essig, brennt Branntwein; außerdem bestehen Zuckersiedereien, Ölmühlen, viele Seifensiedereien, Chemische Fabriken, Cichorienfabriken, Schiffsbauereien. Am besten steht es mit der Fabrikation von Metallwaaren; in Herzberg gibt es eine Gewehr-, in Linden bei Hannover eine Maschinenfabrik etc.; der ganze Harz lebtvon Berg- u. Hüttenwesen, Holz- u. Kohlengewerbe; Hochöfen mit Eisengießereien, Eisenhämmer u. Hüttenwerke, Frisch-, Zain- u. Reckfeuer, Kupferhämmer, Messinghütten, Drahtfabriken, Silber- u. Bleihütten, Vitriolsiedereien, Schwefelhütten etc. sind im thätigsten Betrieb. Der Bergbau u. seine Gewerbe nähren an 35,000 Menschen. Auch Holzwaaren liefert der Harz u. verführt sie selbst über See. Der Handel, obgleich durch die Nordsee u. die in sie fallenden schiffbaren Flüsse, Elbe, Weser u. Ems, begünstigt, ist unbedeutend, geht aber durch den Anschluß H-s an den Deutschen Zollverein, laut Vertrag vom 4. April 1853, der am 1. Januar 1854 in Kraft getreten ist, einer größeren Entwickelung entgegen. Man führt die Landesproducte u. Industrieerzeugnisse, besonders des Bergbaues, u. Leinwand aus u. Colonialproducte ein. Seehandel wird von Emden, Leer, Norden, Harburg u. Papenburg aus, auch indirect über Bremen, Bremerhaven u. hauptsächlich über Hamburg betrieben; die Rhederei ist die bedeutendste in Norddeutschland; an Handelsschiffen besaß H. 1855734 Fahrzeuge mit 36,000 Commerzlasten Tragfähigkeit; der Speditions- u. Transitohandel sehr lebhaft, bes. blühend in Harburg, Lüneburg, Münden u. Leer. Die Straßen sind zum Theil Chausseen (gegen 330 Meilen), doch fehlt es, besonders in den nördlicheren Provinzen, noch sehr daran. Eisenbahnen besitzt H. in einer Länge von 98 Meilen, wovon 944 Meilen auf Staats- u. 31/8 Meile auf Privatbahnen kommen; die große Bahn von Berlin nach Köln durchschneidet H. von Braunschweig her über Lehrte u. H. bis Wunstorf, um bald nach letzterer Station auf hessisches etc. Gebiet überzugehen; an diese Hauptbahn schließen sich bei Lehrte die Bahnen über Celle u. Lüneburg nach Harburg, bei Hannover die Südbahn über Göttingen nach Kassel, in welche die Bahn von Lehrte über Hildesheim bei Nordstemmen einmündet, u. bei Wunstorf die Bahn über Verden nach Bremen, deren Fortsetzung bis Bremerhaven projectirt ist; außerdem hat H. noch die Bahn von Emden über Lehr u. Lingen nach Rheina, wo sie sich theilt u. einerseits über Münster nach Hamm, andererseits über Osnabrück nach Minden weiterführt, u. wird von der Braunschweig-Harzburg- u. Kreiensen-Börsumer Bahn durchschnitten; concessionirt ist ferner eine Bahn von Bremen nach Elze, wo sie in die Südbahn einmünden wird. Telegraphisch verbunden ist H. mit Berlin über Braunschweig u. mit Köln über Mainz; außerdem bestehen mehrere Telegraphenlinien als Privatunternehmungen. Haupthandelsplätze sind besonders Emden, Leer, Harburg, Hannover, Lüneburg u. Münden, doch auch, obschon von minderem Belang, Papenburg u. Celle.

Verfassung. Seit dem 12. Oct. 1814 ist H. souveraines Königreich des Deutschen Bundes, führt im engeren Rathe des Bundestages eine Stimme, im Plenum vier Stimmen u. sein Contingent bildet den Hauptbestandtheil des 10. Armeecorps. H. ist eine Erbmonarchie mit landständischer Verfassung, welche nach Aufhebung des Staatsgrundgesetzes vom 26. September 1833 durch königliches Patent vom 1. November 1837 (nach interimistischer Geltung der durch Edict bedeutend veränderten Constitution von 1819 u. nach Annahme der neuen Constitution), auf dem Landesverfassungsgesetze vom 6. August 1840 beruht, auf welches durch königliche Verordnung vom 4. April 1855, welche das neue Staatsgrundgesetz vom 5. Sept. 1848 aufhob, zurückgegangen worden ist. Der mit vollendetem 18. Lebensjahre volljährig werdende König vereinigt die gesammte Staatsgewalt ungetheilt in sich u. ist in der Ausübung bestimmter Rechte an die ständische Mitwirkung gebunden. Die Thronfolge in dem Hause Braunschweig-Lüneburg ist reine Linealfolge nach dem Rechte der Erstgeburt, geht bei Erlöschen des Mannsstammes auf Braunschweig-Wolfenbüttel u. bei dessen Erlöschen auf die weibliche Succession unter Vorzug der Verwandtschaftsnähe mit dem letzten Könige, des Alters der Linie u. Lebensalters über. Das Familienstatut von 1836 bestimmt über Vermählung der Glieder des Hauses, Succession, Regentschaft,[3] Privatvermögen u. Seniorat. Die Regentschaft bei Minderjährigkeit od. regierungsunfähigem, geistigem Zustande des Königs gebührt dem nächsten Agnaten, dann der Königin, Königin Mutter, Großmutter väterlicher Seits, außerdem drei von dem Bundestag benannten Bundesfürsten, die einen wenigstens 25jährigen deutschen Prinzen aus souveränem Hause zum Vormund ernennen. (Über die bei der Blindheit des jetzigen Königs ordnungsmäßige Thätigkeit der Minister u. Generalsecretäre bei Regierungshandlungen u. Verfügungen, welche der königlichen Entschließung od. Unterschrift bedürfen, sind durch Erlaß vom 24. November 1850 Bestimmungen getroffen). Die zur Landesvertretung berufene allgemeine Ständeversammlung, auf sechs Jahre gewählt, hält alle zwei Jahre ordentliche Diäten, von in der Regel nicht über drei Monaten; ihre Mitwirkung ist aber nicht erforderlich für Gesetze, welche der König in Bezug auf das Heer, dessen Formation, Disciplin etc. erläßt; die Steuerbewilligung soll an keine Bedingung geknüpft werden, welche nicht das Wesen u. die Verordnung der Steuern selbst betreffe. Die Veröffentlichung der Verhandlungen erfolgt durch Auszüge in der Hannöverischen Zeitung u. durch den Abdruck der Actenstücke. Die erste Kammer besteht aus den Prinzen des königlichen Hauses, den Herzögen von Aremberg u. Lootz-Corswarem, dem Fürsten von Bentheim, dem Erblandmarschall, den Grafen von Stolberg-Wernigerode, von Stolberg-Stolberg u. von Platen-Hallermund, dem Abte von Loccum, den Präsidenten der Bremischen Ritterschaft u. des Schatzcollegiums, dem katholischen Bischof, einem auf die Dauer des Landtags vom König zu ernennenden evangelischen Geistlichen, den vom Könige mit einer erblichen Virilstimme versehenen Majoratsherren, dem Director der königlichen Domänenkammer, dem Commissär der ersten Kammer für Schulden- u. Rechnungswesen u. 35 ritterschaftlichen Deputirten mit einem reinen Einkommen von je 600 Thalern. Die zweite Kammer besteht aus den Commissären der zweiten Kammer für Schulden- u. Rechnungswesen, drei von dem König ernannten Mitgliedern, drei Deputirten der Stifter, einem Deputirten der Universität Göttingen, zwei von den evangelischen königlichen Consistorien zu erwählenden, einem des Domcapitels zu Hildesheim, 38 Deputirten von Städten u. Flecken, 41 Deputirten der sämmtlichen Grundbesitzer. Die Deputirten der Städte u. Flecken müssen ein reines Einkommen von 300 Thalern od. eine Diensteinnahme von 800 Thalern od. als Gemeindebeamte von 400 Thalern, die der Grundbesitzer von 300 Thalern haben. Alle Ständemitglieder müssen Christen u. 25 Jahr alt sein. Außerdem bestehen sieben Provinziallandschaften, denen das Zustimmungsrecht zur Provinzialgesetzgebung u. zur Aufbringung der provinziellen Abgaben u. Lasten gebührt. Diese Provinziallandschaften sind für die Fürstenthümer Kalenberg, Grubenhagen u. Göttingen, für das Fürstenthum Osnabrück, für das Fürstenthum Hildesheim u. für das Fürstenthum Ostfriesland. Man unterscheidet in H. folgende Stände: a) Adel, er hat in den Ritterschaften, besondern Curien der Landschaften, seine Vertretung, u. aus ihnen werden die Mitglieder der ersten Ständeversammlung gewählt, ein Vorrecht, das ihnen 1848 entzogen, 1855 aber durch Bundesbeschluß wiedergegeben wurde. Herkömmlich unterscheidet man alten u. Briefadel; über beiden stehen die mediatisirten Standesherren als hoher Adel; b) Bürger, die Stadtbewohner mit den gewöhnlichen Rechten anderer deutscher Staaten; die arbeitenden Klassen leben in ziemlich beschränkten Verhältnissen; c) Bauern, alle frei, nachdem alle dinglichen u. persönlichen Lasten derselben seit der Ablösungsordnung vom 10. November 1831, sowie durch die neueste Entwickelung seit 1848 u. unter Förderung durch die 1841 gegründete Creditkasse zu Vermittlung von Darlehen abgelöst worden sind.

Die Landesverwaltung überwacht für außerordentliche Fälle der Staatsrath, welcher durch königliche Verordnung vom 26. Januar u. 7. September 1856 neugebildet, in die Abtheilungen für Rechtspflege, für innere Verwaltung, für geistliche u. Unterrichtsangelegenheiten, für Finanzen u. Handel, für Militärsachen u. für Competenzconflicte geschieden ist. Durch die am 22. März 1848 erfolgte Aufhebung des Cabinets des Königs sind die sechs Departementsminister, des königlichen Hauses u. der auswärtigen Angelegenheiten, des Krieges, der Finanzen u. des Handels, der Justiz, des Innern, des Cultus u. Unterrichts, selbständig geworden, u. ihre Vorträge gehen unmittelbar an den König. Die Finanzverwaltung besorgt unter dem Finanzminister die Domänenkammer zu Hannover, die Verwaltung der Forsten wird durch 31 Forstinspectionen, die der Bergwerke u. Salinen durch die Berghauptmannschaft, das Berg- u. Forstamt zu Clausthal, die Berghandlungsadministration, sechs Administrationen der Kohlenbergwerke u. eben so viele Salineninspectionen geleitet, die Generaldirection der Zölle verwaltet die Zölle u. Schifffahrtsabgaben; das Schatzcollegium, bestehend aus einem Präsidenten, zwei von den Ständen erwählten Mitgliedern u. den zwei Generalsecretären der Ständeversammlung, prüft die Rechnungen der Generalkasse, überwacht den Gang des Staatshaushaltes u. nimmt Theil an der Verwaltung des Staatsschuldenwesens u. auch der Steuern. Diese letzteren stehen unter der Direction eines Obersteuercollegiums; die directen Steuern werden durch Steuerämter, die indirecten Steuern durch Zollämter unter besonderen Directionen erhoben. Als Mittelbehörden sind die sechs Landdrosteibezirke u. eine Berghauptmannschaft eingesetzt. Diese Landdrosteien sind: A) der Landdrosteibezirk Hannover, welcher das Fürstenthum Kalenberg (Hauptstadt Hannover), die Grafschaft Hoya, die Grafschaft Diepholz, begreift; B) Hildesheim, welcher das Fürstenthum Hildesheim, das Fürstenthum Göttingen, das Fürstenthum Grubenhagen, die Grafschaft Hohnstein umfaßt; C) Lüneburg, aus dem Fürstenthum gleiches Namens bestehend; D) Stade, welcher das Herzogthum Bremen, das Herzogthum Verden, das Land Hadeln begreift; E) Osnabrück mit der Grafschaft Lingen, dem Fürstenthum Osnabrück, dem Herzogthum Aremberg-Meppen u. der Grafschaft Bentheim; F) Aurich (das Fürstenthum Ostfriesland) umfassend; G) die Berghauptmannschaft zu Clausthal, welche den hannöverschen Harz begreift u. zugleich die Geschäfte des Communionharzes, welchen H. u. Braunschweig gemeinschaftlich besitzen, hannöverischerseits leitet. Jedem[4] Landdrosteibezirk steht ein Landdrost vor, der wieder ein Regierungscollegium unter sich hat. Die Administration u. Justiz, die früher in den Städten u. Ämtern vereinigt war, ist seit dem 1. October 852 getrennt, u. jene wird durch Magistrate u. Administrationsämter (175), diese durch Obergerichte u. Amtsgerichte ausgeübt. Außerdem bestehen besondere Münz-, Post-, Forst-, Floß-, Wegbau-, Medicinal- etc. Behörden. Die Kirchenverwaltung leiten fünf lutherische Consistorien zu Hannover, Stade, Otterndorf, Osnabrück u. Aurich, die bischöfliche Oberbehörde u. die katholischen Consistorien zu Hildesheim u. Osnabrück, die reformirte Synode der reformirte Oberkirchenrath in der Grafschaft Bentheim u. die religiösen Angelegenheiten der Israeliten der Landrabiner. Rechtsverwaltung: In oberster Instanz entscheidet das in mehrere Urtheilssenate getheilte Oberappellationsgericht in Celle (über die frühere eigenthümliche Verfassung desselben vgl. Spangenberg, Oberappellationsgericht in Celle nach seiner Verfassung dargestellt, Celle 1833). Der Staatsgerichtshof in H., durch Gesetz vom 7. October 1855 errichtet, entscheidet über Beamte, welche bei Erkenntnissen, Bescheiden, Erlassen od. sonst bei amtlichen Handlungen die Verfassungsmäßigkeit u. Rechtsgültigkeit der vom König verkündigten Gesetze u. Verordnungen ihrer Beurtheilung unterziehen u. bestreiten. Mittelinstanzen für Civilsachen sind nach der seit dem 1. October 1852 in Kraft getretenen Gerichtsverfassung 12 große Obergerichte in Aurich, Celle, Göttingen, Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Meppen, Osnabrück, Osterode, Stade u. Verden, u. vier kleine Obergerichte in Dannenberg, Goslar, Hameln u. Lehe; unter ihnen stehen die Stadt- u. Amtsgerichte. Für Criminalsachen ist seit 1848 das öffentliche u. mündliche Verfahren mit Geschworenen eingeführt, bei jedem Obergerichte besteht eine Staatsanwaltschaft. Doch ist diese Organisation eben jetzt in einer Umwandlung begriffen. Außerordentliche Gerichte sind die Kirchenverwaltungsbehörden, Lehn-, Deich-, Militär-, Akademische Gerichte u. das Oberhofmarschallamt. Die Gesetzgebung erscheint, redigirt von der Gesetzsammlungscommission, seit 1818 in einer Gesetzsammlung für das Königreich H. Die früheren allgemeinen Gesetze sind gesammelt: die älteren bis 1740 in dem Corpus constitut. Calenberg., desgleichen dem Corp. const. Luneburgens., des Herzogthums Bremen u. Verden Polizei- etc. Ordnung; die von 1740–1803 in: Spangenberg, Sammlung der Verordnungen u. Ausschreiben, Hann. 1825, 7 Abth.; die seit 1813–17: Hagemann, Sammlung, ebd. 1817, 11 Bde. Die älteren Landesgesetze der Provinzen Hildesheim u. Osnabrück bis 1803 sind in ähnlichen Sammlungen zusammengedruckt. In H. gilt außer vielen örtlichen Abweichungen u. landesherrlichen Einzelverordnungen, auch dem preußischen Landrechte u. kurhessischen Gesetzen für einzelne Districte, gemeines Recht für Civilsachen, sehr ausgebildet durch Praktiker, von denen die Hauptautoritäten sind: Pufendorf, Observationes jur., Hann. 1744–70, 4 Bde.; Struben, Rechtliche Bedenken, ebd. 1760, herausgegeben von Spangenberg, ebd. 1827, 4 Bde.; Ramdohr, Juristische Erfahrungen, ebd. 1809, 3 Bde.; Bülow u. Hagemann, Praktische Erörterungen, fortgesetzt von Spangenberg, 9 Bde., u. A.; vgl. Sammlung der gemeinen Bescheide des Oberappellationsgerichts in Celle von Benecke, Hann. 1794, der Justizkanzlei in Celle von Conradi, Celle 1820, u. von Th. Hagemann, ebd. 1825; der Justizkanzlei in H. von Breuer, Hann. 1828; der Justizkanzlei u. des früheren Hofgerichts in Stade, Lüneb. 1833. Systeme des hannöverschen Privatrechts: Grefe, Leitfaden zum Studium des hannoverschen Rechts, 2. Ausgabe Gött. 1838, 2 Bde. Das Civilverfahren ist geregelt durch die Proceßordnung für die Untergerichte vom 5. Oct. 1827 (herausgegeben nebst Sporteltaxe, Celle 1833, 2. Ausg. 1835, mit Anmerkungen, ebd. 1833; Spangenberg, Commentar dazu, Hannov. 1829–30, 2 Bde.) u. das Gesetz, die Beschränkung der bei den Untergerichten zu verhandelnden geringeren Schuldsachen vom 13. December 1834, u. die Oberappellations- u. Obergerichtsordnungen, welche durch die von den Oberrichtern selbst erlassenen Gemeinbescheide ergänzt werden. Vgl. Österley, Handbuch des bürgerlichen u. peinlichen Processes, Götting. 1819, 3 Bde. Das Strafrecht ist umgestaltet durch allgemeines Criminalgesetzbuch vom 8. August 1840 (herausgegeben von Schlüter, Lüneb. 1842, u. Brandis, Die Strafgesetze des Königreichs H., Hannov. 1854), Gesetz über Wilddiebstahl vom 8. Sept. 1840, über Fisch- u. Krebsdiebstahl vom 8. Sept. 1840; das Strafverfahren ist öffentlich u. mündlich nach den Grundsätzen des Anklageverfahrens u. mit Staatsanwaltschaft auf Grund der Strafproceßordnung vom 8. Nov. 1850, welche an Stelle des provisorischen Gesetzes vom 24. Dec. 1849 trat. Zeitschriften über hannöverische Rechtskunde: Duve, Zeitschrift für Gesetzgebung, Rechtswesen u. Rechtspflege, Lüneb 1821–22; Gans, Zeitschrift für Civil- u. Crtminalrechtspslege, Hann. 1826–28; Wallis u. Schlüter, Juristische Zeitung, ebd. seit 1827, dazu alphabetisches Register, Lüneb. 1841; Annalen des Advocatenvereins, s.u. Zeitungen. Die Polizei gehört in erster Instanz den Ämtern u. Städten, doch bestehen in den größeren Städten auch königliche Polizeidirectionen; in zweiter den Landdrosteien, in dritter dem Ministerium des Innern; ein Landgendarmeriecorps von 441 Mann sorgt für die öffentliche Sicherheit. Mehrere Straf-, Besserungs- u. Arbeitsanstalten sorgen für die Bewahrung u. Bestrafung der Verbrecher. Die Unterrichtsanstalten H-s, von denen die gelehrten Schulen (nicht die Universität) seit 1830 durch ein Oberschulcollegium zu Hannover geleitet werden, sind: die Universität zu Göttingen, die Ritterakademie zu Lüneburg, Pädagogium zu Ilefeld, Militärschule zu Hannover, 17 Gymnasien, 13 Progymnasien, 21 höhere Gewerbschulen, Taubstummeninstitute, 5 Schullehrerseminarien, Chirurgische Schule, Berg- u. Forstschule zu Clausthal, Handelsschulen, 6 Hebammenschulen, 2 Thierarzneischulen, 3561 Stadt- u. Landschulen. In mehreren Städten, bes. des östlichen Theils, bestehen Privatlehranstalten, Töchterschulen etc.; doch ist für den Primärunterricht, bes. den weiblichen, weniger gesorgt, als für den höheren. Unter den wissenschaftlichen Anstalten zeichnen sich außer den königlichen Sammlungen u. Gärten in u. bei Hannover, u. außer der Bibliothek u. den anderen zu der Universität in Göttingen gehörigen Sammlungen, die Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen,[5] der Historische Verein für Niedersachsen zu Hannover, die königliche Landwirthschaftsgesellschaft in Celle aus. Der Staatshaushalt des Königreichs H. theilt sich nach Einführung des neuen Finanzgesetzes vom 24. März 1857 in zwei Hauptkassen: A) die königliche Generalkasse, in welche die früher bei der Kassentrennung bestehende königliche Kasse u. Landeskasse vereinigt sind; in dieselbe fließen alle Einkünfte von directen u. indirecten Steuern, Ein- u. Ausgangsabgaben, sowie auch von den Domänen u. Regalien nach Abzug der Bedarfsumme für den König u. das königliche Haus, wofür außer den Zinsen von bestimmten Capitalien noch 600,000 Thlr. Landesmünze festgesetzt sind, zu deren Deckung der König einen Complex von Domanialgütern ausscheiden u. getrennt von dem übrigen Domanium für die vom Minister des königlichen Hauses verwaltete Kronkasse verwalten lassen kann; die Domänen u. Regalien zusammen aber bilden ein seinem Gesammtbestande nach stets zu erhaltendes Fideicommiß. Aus der königlichen Generalkasse, deren Verwaltung ein Recht des Königs ist, werden alle Kosten der Landesverwaltung, der Militäretat etc. bestritten. B) Die Hauptklosterkasse. Das von den vormaligen Klöstern u. anderen ähnlichen Stiftungen in den verschiedenen Theilen des Landes herrührende, zu einer abgesonderten Masse vereinigte Vermögen soll von den übrigen öffentlichen Kassen gänzlich getrennt bleiben u. allein zu Zuschüssen für die Universität, für Kirchen u. Schulen, auch zu milden Zwecken aller Art verwendet werden. Die Staats einnahmen zusammen betrugen im Jahre 1858/59: 19,108,586 Thlr., die Staats aus gaben 19,203,270 Thlr., daher ein Deficit von 94,684 Thlrn. Die Staatsschulden in demselben Jahre beliefen sich, mit Einschluß von mehr als 30 Mill. Eisenbahnschulden, auf 46,213,300 Thlr., deren Verzinsung die Summe von 2,092,120 Thlrn. erfordert. Diese Schuld wird indeß durch die regelmäßigen Abzahlungen der wohl ausgestatteten Schuldentilgungskasse von Jahr zu Jahr vermindert.

Die Armee besteht aus: a) Infanterie: 1 Garde- u. 7 Infanterieregimenter, die in 2 Divisionen à 2 Brigaden formirt sind; zu jeder Brigade gehören 2 Regimenter zu 2 Bataillonen u. ein Jägerbataillon; außerdem besteht noch ein Feldjägercorps, zusammen 20,464 Mann; b) die Cavallerie besteht aus 1 Division von 3 Brigaden von zusammen 6 Regimentern, nämlich 2 Cürassier-, 2 Husaren- u. 2 Dragonerregimentern à 4 Schwadronen, zusammen 3078 Mann; c) die Artillerie bildet 1 Brigade von 1 Stab, 2 Compagnien reitende, 3 Bataillone Fußartillerie, deren jedes 3 Feld- u. 1 Park- u. Reservecompagnie zählt, u. 1 Compagnie Artilleriehandwerker; sie zählt zusammen 2666 Mann; d) Ingenieurcorps: 1 Stab, 1 Pionnier- u. Pontoniercompagnie, 257 Mann; e) Gendarmerie: 441 Mann. Die Generalität u. der Armeestab beträgt 32 Mann, so daß die ganze Armee 26,938 Mann zählt. Bundescontingent: 15,230 Mann ohne die Reserve; mit dieser 19,581 Mann ohne die Nichtstreitbaren u. den Train, außerdem noch die Ersatzmannschaft; es gehört zum 10. deutschen Armeecorps. Die Uniformirung ist bei der Infanterie dunkelblauer Waffenrock mit Scharlach, bei den Jägern dunkelgrau mit schwarz, bei den Kürassieren weiß mit hellblau, bei der übrigen Cavallerie blau mit verschiedenen Aufschlägen, bei der Artillerie dunkelblau mit schwarz; Kopfbedeckung der Infanterie u. Artillerie ist der Helm, die der Jäger das Käppi; Bewaffnung der Infanterie mit gezogenen Gewehren. Die Ergänzung der Armee erfolgt bei der Infanterie durch Loosung der conscriptionspflichtigen Mannschaft; Stellvertretung ist gestattet. Dienstzeit: im Frieden vom 21. bis zum vollendeten 27. Jahre; das 7. Jahr bildet eine Kriegsreserve. Die Cavallerie hat 10 Jahre Dienstzeit; dennoch finden sich viele Bauerssöhne als Freiwillige, da sie nach dem Einexerciren auf Urlaub mit Uniform u. Pferd entlassen werden, dieses füttern, dafür eine gewisse Vergütung erhalten u. erst zur Exercirzeit zurückkehren. Obschon dies System in keiner anderen Armee eingeführt ist, ist es doch der Hauptgrund, warum die hannöverische Cavallerie so tüchtig ist. Die Artillerie u. Pionniere u. Pontoniere zerfallen in zwei Klassen, die erste besteht aus Geworbenen, welche den eigentlichen Dienst, Bedienung des Geschützes etc. verrichten, sie dienen 6 Jahre immer fort; die zweite Klasse (welche z.B. die Geschütze fahren) nur 13 Monate u. werden beurlaubt. Nach dem neuen Militärstrafgesetzbuch ist das Duell dem Offizier erlaubt, wenn dasselbe durch eine Ehrenkränkung veranlaßt ist, welche nach obwaltenden Standesmeinungen über den Ehrenpunkt nicht auf eine andere Art ausgeglichen werden kann, u. wenn ein solches Duell auf herkömmliche Art, namentlich in Gegenwart von zwei Secundanten u. eines Wundarztes, vollzogen ist. Festungen: Stade u. Harburg, letzteres ein schwach befestigtes, fast verfallenes Fort. Orden u. Medaillen: der St. Georgs- u. der Guelfenorden (s. b.), die silberne Guelfenordensmedaille, die Waterloomedaille, das Wilhelmskreuz (Dienstkreuz), die goldene u. silberne Wilhelmsmedaille, das Ernst-August-Kreuz, die Kriegsdenkmünze für Freiwillige 1813, u. die für in die Deutsche Legion Eingetretenen, die Verdienstmedaille in Gold u. Silber, das allgemeine Ehrenzeichen, die goldene Ehrenmedaille für Kunst u. Wissenschaft, die Verdienstmedaille für Rettung aus Gefahr. Feldzeichen u. Landesfarben: weiß u. gelb; auch die Offiziere tragen dergl. Schärpen. Cocarde: schwarz mit gelb u. weißer Einfassung. Die Handelsflagge ist roth, in der oberen Ecke ein blaues Viereck, auf welchem aufeinander gelegt ein rothes, weiß eingefaßtes Kreuz u. ein dergl. Andreaskreuz, auf dessen Mitte ein weißes Pferd. Wappen: ein gespaltenes Schild mit einer unten eingepfropften Spitze u. einem Herzschilde. Im vordersten Felde zwei goldene Leoparden in Roth (Wappen der alt-braunschweigischen Linie); im hintern: blauer Löwe in mit rothen Herzen bestreutem goldenen Felde (das der alt-lüneburgischen Linie). Unten in der Spitze das weiße Roß in Roth, ursprünglich nur auf dem Helme befindlich, jetzt als Gesammtwappen des Königreichs betrachtet; im rothen Herzschilde die goldene Kaiserkrone, wegen des ehemaligen Reichs-Erzschatzmeisteramts. Dies Wappen liegt als Mittelschild auf dem großbritannischen, welches oben mit einem silbernen Turnierkragen, dem Abzeichen der Nebenlinie Cumberland, belegt ist. Darüber die hannöverische Königskrone, welche auf dem großen Staatssiegel auf einem von roth u. silbernen Helmdecken umflatterten Helme ruht,[6] daneben als Schildhalter Löwe u. Einhorn, auf deren Brust der Turnierkragen, unten der königliche Wahlspruch: Suscipere et finire (d.h. unternehmen u. beendigen).

Münzen, Maße u. Gewichte: H. rechnet nach Thalern zu 30 Silbergroschen à 12 Pfennigen u. gehört mit zu dem allgemeinen Deutschen Münzverein, welcher am 1. Mai 1857 in Kraft getreten ist (s.u. Deutschland, Geogr. u. Stat.), wornach an die Stelle des bisherigen 14 Thaler- der 30 Thalerfuß getreten ist. Außer den neuen Vereinsmünzen in Silber u. Gold sind ausgeprägt in Silber: 1-Thalerstücke zu 12 Loth sein (früher auch zu 158/9 Loth sein), 1/6- u. 1/12-Thalerstücke justirt; in Gold: einfache, doppelte u. halbe Pistolen (211/2 Karat sein, 391/4 Stück auf die Feine Mark), Ernst-August- od. George d'or, deren Kassenwerth von Zeit zu Zeit durch die betreffende Behörde veröffentlicht wird. Scheidemünze aus Silber: 1/1 Silbergroschen zu 12 Pfennigen, 1/2 Silbergroschen; in Kupfer: Pfennige u. Doppelpfennige. Maße: Seit 11. Juli 1837 sind nach Gesetz vom 19. August 1836 Maße u. Gewichte im Königreich gleich u. folgende: Längenmaße: der Fuß, die Einheit aller Maße, hält 12 Zoll à 12 Linien, u. ist 0,2921 Metre; die Elle = 2 Fuß = 0,58418 Mètre; als Garnmaß hat der Faden 33/4 Ellen, 60 Fäden sind = 10 Gebind od. 1 Stück (Lopp), 20 Lopp = 1 Bund; sonst hat der Faden od. die Klafter 6 Fuß, die Ruthe 16 Fuß, die Meile 15871/2 Ruthen (14,976 auf 1 Äquatorialgrad). Das Lachter Bergwerksmaß von 8 Spann zu 10 Lachterzoll = 1,9198 Mètre; außer diesen Längenmaßen werden häufig auch die preußischen angewendet. Feldmaß: der Morgen hat 120 Quadratruthen, 100 hannöverische Morgen = 102,6549 preußischen Morgen; Körpermaße: sie bestehen aus den Würfeln des Längenmaßes; der Cubikfuß hat 1728 Cubikzoll à 1728 Cubiklinien; Brennholzmaß: die hannöverische Klafter ist entweder 6 u. 6. u. 6 Fuß = 216 Quadratfuß, od. 6 u. 6 u. 4 Fuß = 144 Quadratfuß (diese beiden nur selten noch gebraucht), od. 5 u. 5 u. 5 Fuß = 125 Quadratfuß; Getreidemaß: die Last hat 16 Malter à 6 Himten, der Himten 4 Metzen od. Spint à 4 Sechzehntel (Mühlenköpfe od. Hoop), 1 Himten = 11/4 Cubiksust, 100 Himten = 56,6790 preußische Scheffel; Flüssigkeitsmaß ist die Kanne zu 2 Quartier à 2 Nösel à 2 Ort = 1,94698 Litres, od. das Stübchen zu 2 Kannen; 1 Fuder hat 4 Oxhoft (6 Ohm) zu 6 Anker à 10 Stübchen à 2 Kannen; 100 hannöverische Kannen sind = 194,698 Litres u. = 170,037 preuß. Quart. Gewichte: Handelsgewicht s. Centner: Hannover; Münzgewicht ist das Zollpfund zu 30 Loth: Apothekergewicht: 3/4 Handelspfund = 1 Pfund Apothekergewicht mit den gewöhnlichen Eintheilungen; Juwelengewicht ist das Karat, gleich dem preußischen. Vgl. H. Sonne, Beschreibung des Königreichs H., Hann. 1829–34, 5 Bde.; Ubbelohde, Statistisches Repertorium des Königreichs H., ebd. 1823; Derselbe, Über die Finanzen des Königreichs H., ebd. 1834; Marcard, Zur Beurtheilung des Nationalwohlstandes, des Handels u. der Gewerbe im Königreich H., ebd. 1836; F. von Reden, Das Königreich H. statistisch beschrieben, ebd. 1839, 2 Bde.; Heinemann, Das Königreich H. historisch u. topographisch beschrieben, Darmst. 1859; Hannöverischer Staatskalender seit 1823 bis jetzt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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