Cavallerie

Cavallerie

Cavallerie, Soldaten, die zu Pferde kämpfen sollen. I. Rücksichtlich ihrer Anzahl macht die C. den zweiten Hauptbestandtheil der Armee aus, beträgt meist 1/5 bis 1/7 der Infanterie, bis zum Dreißigjährigen Kriege bildete sie den Kern der Heere. Sie hat die Fähigkeit, sich mit großer Schnelligkeit zu bewegen u. kann daher durch ihr plötzliches Erscheinen auf entfernten Punkten jede entstandene Unordnung des Feindes schnell benutzen u. den Feind überraschen. Sie vermag nach mißlungenem Angriffe schnell sich dem Bereiche des feindlichen Feuers zu entziehen, weshalb sie am Tage u. auf günstigem Terrain mehr wagen darf als Infanterie; die überlegene physische Kraft des Pferdes im Anlaufe macht es der C. möglich, die feindlichen Abtheilungen gewaltsam auseinanderzusprengen, sie ist daher der gefährlichste Feind der Infanterie, am meisten, wenn diese sich nicht in festgeschlossener Ordnung befindet. Man sagt von der C., sie kennt kein Hinderniß als das Terrain, die Hauptanforderungen an[777] dieselbe sind Schnelligkeit u. Ordnung in der Bewegung. Ihr Element ist der Angriff, das Nahgefecht; obgleich meist auch mit einer Schußwaffe versehen, besteht ihre Hauptwaffe doch in der blankan Waffe, dem Säbel od. der Lanze. Das scheinbare Übergewicht der C. über die Infanterie wird aber durch Nachtheile aufgewogen. Die blanken Waffen sind selten tödtlich, mit der Schußwaffe vermag sie fast Nichts zu leisten; sie besitzt nicht die Fähigkeit, eine örtliche Vertheidigung zu führen; sie kann sich nicht auf jedem Terrain, nur wenig vortheilhaft bei Nacht bewegen; weicher Boden vermindert ihre Geschwindigkeit, daher auch ihren Hauptvorzug; in Unordnung gerathen, ist sie sehr gefährdet; sie ist sehr abhängig vom Zustande der Pferde, bedarf viel Zeit zur Ausbildung, ist kostspielig anzuschaffen u. zu erhalten. Man theilt die C. in schwere (Linien-) u. leichte C., der Eintheilungsgrund liegt nicht lediglich in der verschiedenen Art der Ausbildung, wie bei der Infanterie, sondern die schwere C. hat auch wirklich die größeren Pferde u. Leute u. die schwerere Ausrüstung. Jede C. soll zu jedem Dienste befähigt sein, doch fällt der schweren hauptsächlich die Bestimmung zu, in großen geschlossenen Massen aufzutreten, um den Hauptschlag zu führen, eine feindliche Linie über den Haufen zu werfen, sich dem verfolgenden Feinde entgegenzuwerfen; u. die leichte C. soll vorzugsweise den Vorposten- u. Sicherheitsdienst übernehmen, soll Patrouilliren, Flankendeckungen ausführen, den geschlagenen Feind verfolgen. Für die schwere C. hat man als Motto gewählt: sie siegt od. geht unter; für die leichte: schnell verschwinden, aber schnell wiederkehren. Die schwere besteht aus Kürassieren od. Carabiniers, auch wohl Grenadieren zu Pferd; zur leichten C. gehören Husaren, leichte Reiter (Chevaux légers), Jäger zu Pferde (Chasseurs à cheval), Uhlanen (Bosniaken, Tataren, Lanciers), in Rußland Kosacken, endlich Dragoner, die ursprünglich Infanterie zu Pferde waren. Formation der C.: allgemein in Schwadrons u. Regimenter. Erstere zählen unter 120 u. über 160, doch zuweilen 200 Pferde. Die Escadron enthält 4, in manchen Armeen auch 5 Züge u. wird von einem Rittmeister befehligt. In der französischen C. besteht die Schwadron aus 2 Compagnien, deren jede von einem Rittmeister, die Schwadron gewöhnlich von einem Major (bei den Franzosen Chef d''escadron) geführt wird. 4, 5, 6, 8 od. 10 Schwadronen bilden ein Regiment. Bei den Österreichern u. Baiern bilden je 2 Escadrons, deren jede von einem Rittmeister befehligt wird, eine Division, mit einer bes. Standarte u. von einem Stabsoffizier befehligt, jede Division hat bei der Aufstellung in Regimentern eine Distanz zwischen sich u. der nächsten Division u. manövrirt bes. gleich den Bataillons der Infanterie. Von der leichten C. sind meist eine od. einige Schwadronen jeder Infanteriedivision beigegeben; bei der Avantgardendivision befinden sich meist ein od. einige Regimenter, der Rest der C. bildet in Brigaden von zwei bis vier Regimentern die Reservecavallerie jedes Armeecorps. Der Avantgardenbrigade u. der Reservecavallerie sind einige Batterien reitender Artillerie beigegeben. Diese Einrichtung modificirt sich nach der Heerbildung jeder Armee, so hatten die Franzosen eigene Cavalleriedivisionen, bes. von der schweren C. u. 1813 Cavalleriecorps von 3–4000 Mann. Die Kleidung der C. ist nach den Truppengattungen höchst verschieden, besteht aber meist, mit Ausnahme der Husaren (die einen mit Schnüren besetzten Pelz u. darunter einen Dolman haben), aus einem Collet od. einem Waffenrocke von verschiedener Farbe, mit farbigem Aufschlag, stehendem Kragen, metallenen Knöpfen u. aus einem Mantel, entweder ohne Ärmel zum Umhängen, od. mit Ärmeln zum Anziehen über die Uniform. Zum Stalldienst hat der Cavallerist eine Jacke u. einen Stallkittel. Die Beinkleider waren ehedem bei Dragonern u. Kürassieren eng u. von Leder u. darüber wurden steife Reitstiefeln getragen; jetzt trägt die C. fast durchgängig lange Pantalons mit Stegen u. kurzen Stiefeln darunter. Die Kopfbedeckung ist bei Kürassiren, Dragonern u. Chevauxlegers jetzt meist der Helm (sonst bei Dragonern der dreieckige Hut), bei Grengdieren zu Pferde u. Elitenescadrons (wo es deren gibt) die Pelzmütze, bei Jägern zu Pferde u. Husaren der Czako od. die Husarenmütze, bei Uhlanen der Tschapka (s.d.). Husaren haben u. Kürassiere hatten sonst Säbeltaschen, um das Schnupftuch u. anderes nothwendiges Geräth darin zu verwahren, da sie in den Pelzen, Dolmans u. Collets keine Taschen haben. Von Lederzeug trägt die C. das um den Leib geschnallte Säbelkoppel u. den Kartusch mit dem Kartuschriemen um die linke Schulter. Das Lederzeug pflegt bei Kürassieren, Dragonern u. Uhlmen weiß, bei den andern schwarz zu sein. Die Taktik der C. ist nach den Reglements einer jeden Macht verschieden; doch wird jede C. jetzt in geschlossener Ordnung, stets zu zwei Gliedern, nicht mehr, wie bis zum Spanischen Erbfolgekriege, in drei, vier u. mehr Gliedern, was den Choc keineswegs verstärkt, aufgestellt. Das Rechts- u. Linksummachen der C., Behufs des Flankenmarsches, kann eben so wenig, als das Kehrtmachen von jedem Reiter einzeln. ausgeführt werden, indem jeder derselben, statt wie der Infanterist ein Quadrat auszufüllen, mit dem Pferde ein Oblongum ausmacht, das dreimal so tief als breit ist. Deshalb werden die Wendungen sowohl, als das Kehrtmachen stets durch drei (auch wohl vier) Rotten auf einmal, die im ersten Falle zusammen eine Viertels-, im letzteren eine halbe Schwenkung unternehmen, ausgeführt. Diese je drei (vier) Rotten bilden dann bei der Viertelwendung, so lange der Flankenmarsch währt, ein Ganzes. Erlaubt es die Breite der Straße nicht, den Weg drei Rotten breit fortzusetzen, so bricht die dritte Nummer od. Rotte ab u. bildet, hinter das zweite Glied der ersten Rotten rückend, ein drittes Glied. Wird aufmarschirt od. eingeschwenkt, so wird die Marschordnung zu dreien vorher hergestellt u. dann die Bewegung vorgenommen. Das Kehrtmachen wird durch eine halbe Wendung dieser drei Rotten bewirkt, so daß das zweite Glied an die Stelle des ersten kommt; eben so wird die Front hergestellt. Das Manoeuvriren der C. beruht auf denselben Grundsätzen, als das der Infanterie, nur muß, da bei ihm Pferd u. Mann thätig sind u. die Bewegungen schwieriger machen, die möglichste Einfachheit noch mehr berücksichtigt werden. Abbrechen u. Abschwenken, Aufschließen der geöffneten Colonne in geschlossene, Umwandlung einer geschlossenen Colonne in eine geöffnete, Aufmärsche u. Einschwenken, der Schrägmarsch etc. sind daher ziemlich die nämlichen, wie bei der Infanterie, insofern es die[778] dreimal größere Tiefe als Breite jedes Gliedes erlaubt. Das Ab- u. Einschwenken u. die Aufmärsche geschehen stets in einem geschwinderen Tempo, als das, in welchem die C. eben sich bewegt, daher befindet sie sich im Schritt im Trabe, im Trabe im Galopp etc. Im Carriere wird in der Regel nicht aufmarschirt, um die Pferde nicht unnütz zu ermüden, doch nöthigt wohl auch im Felde die Nothwendigkeit hier zu. Da das Commando wegen des großen Lärmes nicht allemal verstanden werden würde, geschehen die Bewegungen nach Trompetensignalen. Das Hauptmanoeuver der C. ist der Choc, u. die C. muß so ausgebildet sein, daß er kraftvoll u. geschickt geschieht. Er beginnt im Schritt od. Trabe, darauf geht man, etwa 300 Schritt vom Feinde, in Galopp u. etwa 80–100 Schritt von demselben in Carriere über. Schwere C. fällt nur in verstärkten Galopp, schlecht reitende nur in Trab u. sucht die Heftigkeit des Chocs durch festes Schließen zu ersetzen; zuweilen kann auch der Fall vorkommen, daß C. gleich vom Anfange im Carriere anreitet. Die Grundformen, in denen die C. ihre Angriffe ausführt, sind entweder die geschlossene od. die geöffnete. Für die geschlossene Ordnung gibt es entweder die Form in Linie od. die in Colonne. Der Angriff in Linie ist entweder der en muraille, d.h. in geschlossener, fortlaufender Linie, ohne alle Intervalle. Die Erfahrung hat gelehrt, daß diese Erfindung des französischen Generals Puysegur mit vielen Nachtheilen verknüpft ist, namentlich entsteht bei der Attake leicht Unordnung, sie wird daher in der Jetztzeit kaum mehr angewendet werden. Dann kann der Angriff in Linie mit Intervallen ausgeführt werden, bei diesem befinden sich zwischen den Schwadronen Zwischenräume, um mit Hülfe derselben Terrainhindernisse überwinden zu können u. durch die Möglichkeit des Nachgebens auf einzelnen Punkten die Ordnung leichter festhalten zu können. Eine dritte Form des Angriffes, en échellons, war bes. zur Zeit des Siebenjährigen Krieges sehr gewöhnlich u. wird so ausgeführt, daß immer eine Abtheilung nach der anderen, die vorhergehende überflügelnd, an den Feind herankommt. Der Angriff en echiquier (schachbreiförmig) ist eigentlich nur ein Angriff en mura ille, mit abwechselnd gebrochener Front, um die Schwierigkeiten des Terrains leichter umgehen u. vermeiden zu können u. gleich eine Reserve in Bereitschaft zu haben. Der Angriff in offener Colonne mit Zugs-, halber Schwadrons- od. Schwadronsbreite u. Zugs-, halben od. ganzen Schwadronsdistanzen, verstärkt zwar nicht den Anprall der vordersten Escadron, hat aber den Vortheil, daß, im Fall der vorderste Zug geworfen wird od. flieht, sich derselbe debandirt um die Colonne herumziehen u. hinter dieser wieder sammeln kann, u. daß die an u. für sich sehr schwache Flanke der Colonne durch Einschwenken der Züge u. Bilden einer Linie gesichert ist. Ein Angriff in geschlossener Colonne ist zwar sehr kräftig, indem der Stoß bedeutend verstärkt wird u. daher bes. zum Durchbrechen von Linien, die derselben stets unterliegen werden, geeignet, jedoch hemmt der kleinste Aufenthalt, wie das Stürzen eines Pferdes an der Spitze derselben, die Colonne; auch ist die Entwickelung der Linie fast nur durch Anhalten der hintersten Züge, die so einige Distanz gewinnen, möglich, u. einmal, bes. durch Flankenangriff, geworfen, geräth die ganze Masse so in Unordnung, daß sie meist den ganzen Tag unbrauchbar wird. Nie sollte ein Choc ohne wenigstens einige Reserve unternommen werden. Diese aber hat oft Gefechte, die schon complet verloren schienen, zu Gunsten des scheinbar Unterliegenden entschieden. Über die übrige Fechtart der C. gegen feindliche C., gegen Infanterie u. Artillerie, so wie gegen Quarrés, s.u. Gefecht. Der angegriffene Theil weicht dem Choc, sobald er sich zu schwach fühlt, um denselben bestehen zu können, dadurch aus, daß er, wenn sich der Gegner in Galopp setzt, das Feld räumt u. sich halb rückwärts u. halb seitwärts zieht, so daß er, wenn die Gelegenheit sich zeigt, dem Angreifenden noch in die Flanke fallen kann, od. er stäubt, wie es die Kosacken zu thun pflegen, nach allen Richtungen auseinander, wo dann die größere Hälfte die Flanke des Gegners umreitet u. ihn in Flanke u. Rücken zu necken sucht. Hofft er dagegen den Feind zu werfen, so geht er ihm entgegen u. unternimmt gleichfalls einen Choc auf ihn. Der Linie begegnet er meist mit Linie od. Colonne, Colonne mit Colonne. Auch hier kommt es darauf in, dem Gegner die Flanke abzugewinnen u. nicht zu früh, aber auch nicht zu spät die Carriere zu beginnen. Meist wird diese aber ganz unterlassen, indem, wenn man den Gegner anstürmen sieht, die Pferde unvermerkt angehalten werden u. die Carriere zum Galopp wird. Meist weicht einer von beiden Theilen, noch ehe beide zusammen treffen, zur Flucht um, zuweilen beide. Im ersteren Falle ist der Weichende gewöhnlich schlimm daran, indem der Gegner dem Pferde die Sporen einsetzt u. ihn so doch noch erreicht. Treffen aber beide Theile wirklich zusammen, so kommt es zum Handgemenge, das meist in wenigen Augenblicken, höchstens Minuten, entschieden ist u. wo der eine Theil die Flucht ergreift. Da auch der Sieger hierbei, wie natürlich, zerstreut wird, so ist es gut, im Railliren (s.d.) gut geübt zu sein. Auch die Fälle sind dagewesen, wo beide Theile beim Angriff durch einander durchprallten u. jede Truppe sich im Rücken der anderen sammelte. Niemals wird C. den Angriff der feindlichen C. stehenden Fußes annehmen, entweder sie weicht dem Anprall aus od. geht ihm entgegen. Schwere C. gegen leichte wird bei gleicher Zahl u. Güte beim Choc stets den Sieg davon tragen, die leichte hat dann nur das Gegenmittel, daß sie zerstiebt u., den Gegner in Flanke nehmend, ihn mit Karabiner- u. Pistolenfeuer ängstigt. Leichte C. wendet auch wohl gegen schwere C. die Schwärmattake (en débandade) an, wo sich die ganze leichte C. in eine Wolke zerstreut fechtenber Reiter auflöst u. die schwere C., bes. in. er Flanke, anfällt. Das beste Mittel gegen solche Anfälle ist, der schweren C. einige Schwadronen leichte C. zur Unterstützung beizugeben. Das Blänkern der C. ist das zerstreute Gefecht der C.; dasselbe hat den Zweck, im Angriff größeren Cavallerielinien od. Massen beizukommen zu suchen u. in der Vertheidigung dieser gegen die Carabiner- u. Pistolenschüsse der leichten C. zu schützen. Die leichte C. wird mit ihren leichten u. gewandten Pferden den stärkeren, größeren u. darum unbeholfneren der schweren immer überlegen sein. Über dies zerstreute Gefecht s. mehr unter Blänkern. Die Einübung der C. geschieht mit steter Berücksichtigung der Zwecke, zu denen sie dienen soll. Zuerst wird der Rekrut in Stellung, Wendungen u. Marschiren zu Fuß angewiesen;[779] dann ihm in den Schwenkungen u. den anderen Bewegungen gleichfalls zu Fuß Unterricht ertheilt; dann wird er auf das Pferd gesetzt u. auf der Bahn in dem gehörigen Sitz u. Schluß, in der guten Führung des Pferdes, in Gewinnung einer leichten Faust, um das Pferd zu allen Gangarten zu nöthigen, auch im Lauf es schnell zu pariren, geübt. Satteln u. Zäumen, Putzen u. Pflege des Pferdes wird, sobald dem Reiter das Pferd übergeben wird, ihm gründlich gelehrt, auch von dem Hufbeschlag muß er das Nöthigste lernen. Sodann geht man zum Reiten in geschlossenen Trupps über, lehrt das Schließen, die Wendungen zu Dreien od. Vieren, Abbrechen u. Aufmärsche, die Schwenkungen etc. Während dieser Zeit sind dem Reiter zu Fuß die verschiedenen Schwadronhiebe gelehrt worden, diese werden später zu Pferd wiederholt u. der Reiter angehalten, sich während der Hiebe im Sattel zu heben u. dennoch Gleichgewicht u. Schluß zu halten. Bei einigen C-en lernt der Reiter auch fechten, doch ist dies noch nicht allgemein genug. Hierauf unterweist man den Reiter im Pistolen- u. Carabinerschießen u. dann im Blänkern. Nun kommt der Reiter in den Zug u. später in die Schwadron u. macht in beiden die Bewegungen dieser mit. Der Unterricht in dem Vorposten-, Avantgarden- u. Patrouillendienst schließt den Unterricht, zu dem noch Voltigiren u. bei den älteren u. geschickteren Reitern das Zureiten roher Pferde hinzukommt. Alles übrige ist dasselbe wie bei den anderen Waffen. Natürlich erfordert alles dieses längere Zeit, als die Ausbildung der Infanterie. Man rechnete daher sonst, daß ein Cavallerist nicht unter drei Jahren vollkommen ausgebildet wurde.

II. Welches das erste Volk gewesen, das Reiterei gehabt, darüber streitet man; so viel ist ausgemacht, daß man zu Homers Zeiten in dem Kriege nicht ritt, sondern auf Wagen fuhr. In Ägypten gab es früh schon Reiter; aber sie wurden nur als Postboten u. Stafetten gebraucht; im Kriege aber fuhr man auch auf Streitwagen. Griechenland war wegen seiner Gebirge nicht tauglich zur Pferdezucht, u. man konnte sich Pferde nur mit großen Kosten verschaffen. Berühmt waren als Reiter die Thessalier (s. Thessalien), Böoter, Lokrer u. Phocenser. Die verschiedenen Namen der Reiter bei den Griechen sind von ihrer Bewaffnung od. Kampfart hergeleitet, so Akrobalistai, die überhaupt Wurfwaffen führten; Doratophoroi u. Kontophoroi, die mit Lanzen Bewaffneten; Hippotoxotai, Bogenschützen zu Pferde. Schwere Reiterei (Dimachai), seit Alexander dem Gr., konnte zu Pferde u. zu Fuß zugleich fechten, die Reiter hatten Knappen bei sich, die im letzteren Fall die Pferde in Empfang nahmen; die Kataphráktoi waren ganz gepanzert, auch ihre Pferde. In Lacedämon dienten die Spartaner selbst nicht unter der Reiterei, s.u. Lakonika (Ant.). In Athen waren die Reiter, die sich selbst Pferde anschaffen mußten, Vornehme, s.u. Athen (Ant.) I. D). Nach Perikles bekam die C. auch aus der Staatskasse Geld zur Equipirung u. einen Sold (Katastasis). Der Sold der C. war bedeutender, als der der Fußsoldaten (täglich 1 Drachme); er wurde auch in Friedenszeiten bezahlt, weil die C. bei festlichen Aufzügen ein Hauptschmuck war, u. auch die Übung der Pferde u. der Reiter selbst viel Aufwand verursachte. Die Befehlshaber der C. hießen Hipparchoi. Die Stellung der C. in der Schlacht war sehr verschieden, bald vor, bald hinter dem Fußvolk, meist auf den Flügeln, dies Letztere hielten auch die späteren Taktiker für das Vortheilhafteste, weil sie da am freiesten fechten u. sich, im Fall sie geworfen würden, leicht wieder an das Fußvolk anschließen könnten. Die Thessalier stellten ihre Reiter in sphärischer Form. Unter den Asiaten werden die Lydier als gute Reiter gerühmt; später waren bes. die Parther treffliche leichte Reiter u. den Römern eben so furchtbar, als die numidische Reiterei in NAfrika, da sie mit leichten Wurfspießen neckend erschien u. eben so schnell wieder verschwand. Die Scythen lebten nach Art der Tartaren, Kalmücken u. Mongolen fast ganz auf dem Pferde u. waren daher geschickte Reiter. Sie wurden den Römern bei der Völkerwanderung bekannt u. gefährlich, als die Alanen, Avaren u. bes. die Hunnen in ihre Grenzen einbrachen. Sie ritten auf kleinen Pferden u. brachen in Schwärmen ein. Bei den Römern hatte sich schon Romulus eine Reiterschaar als Garde gebildet, s. Celeres; später bestand die C. bis auf Marius aus den Eq uites (s. Eques), welche von dem Staat ein Pferd erhielten; zuletzt nahmen sie auch von den Bundesgenossen C. ins Heer; s. Rom (Ant.). Auch die Galliern. Germanen hatten tüchtige leichte, wenn auch weniger zahlreiche C., s.u. Deutschland (Ant.). Die Franken u. Gothen hatten nur wenig C. u. bildeten sich dieselbe erst aus, als sie in Gallien, Spanien u. NItalien festen Fuß faßten. Im 8 bis 10. Jahrh. zwang sie die Eroberung von Spanien durch die Mauren u. das Vordringen denselben bis an die Alpen, gegen dies trefflich berutene Volk eine gute C. aufzustellen, u. dies gab vermuthlich den ersten Anlaß zum Ritterwesen (sd.). Im 10. u. 11. Jahrh., als sich dieses mehr ausbildete, wurde eine ganz andere Art die C. zu bilden gewöhnlich. Bei der schweren Bewaffnung erfüllte aber die C. den Hauptzweck der C., Schnelligkeit im Angriff u. Bewegungen, nicht. Die C. focht meist einzeln od. in ungeordneten Schwärmen u. jeder Ritter suchte sich einen beliebigen Feind. Schon unter Heinrich dem Vogler trieben die leichtbewaffneten Reiterschaaren der Ungarn die deutschen Schwerbewaffneten in die Enge, eben so die Sarazenen während der Kreuzzüge, u. in der Mitte des 13. Jahrh. blieben die leichten Reiterschwärme der Mongolen in Schlesien, Polen u. Ungarn gegen die schwerere u. unbehülflichere abendländische C. fast immer Sieger. Die Niederlagen, welche die schweizerischen Bauern in den Schlachten von Morgarten u. Sempach den österreichischen Rittern beibrachten u. sie fast gänzlich vernichteten, raubte der C. im 14. Jahrhundert einen großen Theil ihres Ansehens, u. die Erfindung des Schießpulvers brachte sie noch mehr in Mißcredit. Dennoch legten die Ritter ihre Rüstung nicht ab, u. man suchte die Stärke der C. in regulärerer Formation derselben. So wurden Anfangs des 15. Jahrhunderts in Frankreich die Ordonnanzcompagnien gebildet, die aus 1 Hauptmann, 1 Lieutenant, 1 Führer u. 100 Lanzen (Glaiven) zusammengesetzt waren. Jede Lanze bestand aus einem völlig gepanzerten Mann (Gensdarm), 3 leicht bewaffneten Bogenschützen, die später mit Feuergewehren bewaffnet wurden u. meist zu Fuße fochten, 1 Knappen u. 1 Pagen. Alle waren beritten u. 1 Compagnie bildete also zusammen über 600 M. Die Ritter fochten,[780] von den Knappen u. Pagen begleitet, in einem Glied allein, die Schützen, abgesessen u. die Pferde gekoppelt habend, zu Fuße. Sich in Colonnen zu setzen od. regelmäßig abzubrechen, aufzumarschiren od. zu schwenken waren sie nicht im Stande. Fast gleichzeitig entstanden unter den Deutschen die deutschen Reiter. Sie waren in Compagnien (Cornetten) formirt u. der Reiter mußte beim Entstehen derselben von Adel, ganz geharnischt sein u. sich Pferd, Waffen u. Fourage selbst schaffen, doch erhielt er Sold u. hatte einen etwas leichter gewaffneten Knecht. Doch hörte nach u. nach das Aufgebot der Vasallen u. die Forderung, daß die C. von Adel sein müsse, ganz auf. Im 15. u. 16. Jahrhundert nöthigte die Vervollkommnung der Feuerwaffe die Ritter die schweren ganzen Rüstungen nach u. nach abzulegen u. in einem leichteren Küraß u. einer Pickelhaube in den Kampf zu ziehen; doch bestanden die ganz geharnischten deutschen Reiter u. Ordonnanzcompagnien noch bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts fort u. gingen erst hier in den niederländischen Kriegen in die etwas leichtere Bewaffnung über, wodurch die Kürassiere entstanden. Schon früher hatte man Compagnien berittener Hakenschützen (bei den Franzosen Carabiniers). Karl V. warb zu seinen Kriegen aus den Völkern an der türkischen Grenze albanesische Reiter u. Stratioten, u. alle diese wurden der Stamm zur nachmaligen leichten C. Doch am besten bewahrten die Ungarn u. Polen, durch ihre Kriege mit den Türken, den Sinn hierfür. Männlich widerstanden sie, jene mit dem Säbel, diese mit der Lanze, beide ohne Rüstungen od. doch mit sehr leichten, den Einfällen der türkischen C., u. aus ersteren entstanden durch ein Aufgebot des je 20. Mannes die Husaren. In den niederländischen Kriegen errichtete Moritz von Oranien zuerst Dragoner, eigentlich Infanterie, die nur die Pferde zum schnelleren Fortkommen haben sollten, bald aber als C. verwendet wurden. Derselbe lehrte auch seiner leichter gewordenen C. Abbrechen, Aufmarschiren u. Ab- u. Einschwenken, während früher die C. nur in einer Linie gefochten hatte. Herzog Alba brauchte seine leichte C. zuerst zum Fechten in geschlossener Ordnung. Um die Zeit des Dreißigjährigen Krieges entledigte Gustav Adolf, aus den früheren Kriegen mit den Polen belehrt, seine schwere C. aller überflüssigen Waffenstücke, führte nun Dragoner, die ohne Panzer meist zu Pferd fochten, ein, schaffte seiner C. ein auffallendes Übergewicht über die schwere kaiserliche, setzte die Tiefe der Schwadron von mehr Gliedern auf 3 u. unternahm selbst einige Cavalleriechargen. Um diese Zeit wurde auch Speer u. Lanze (außer bei Polen u. Russen) fast allenthalben durch den Pallasch ersetzt, so daß man im Schritt od. Trab 30–50 Schritte vor die feindliche Fronte ritt, dann eine Salve mit dem Carabiner od. mit den Pistolen gab u. hierauf mit dem Pallasch einzubrechen suchte. Nach dem Dreißigjährigen Kriege waren die Türkenkriege u. die Kriege gegen Ludwig XIV. in der 2. Hälfte des 17. Jahrh. die Schule der C. Fast alle Armeen waren in Kürassiere, Carabiniers u. Dragoner formirt, die Franzosen hatten auch Grenadiere zu Pferd. Husaren hatten nur die Kaiserlichen u. nach ihnen die Franzosen. Während des Spanischen Erbfolgekriegs u. später wurde die schwere C. immer mehr von dem alten Panzer erleichtert, dennoch erwarteten sie den Angriff des Gegners enggeschlossen im Anschlage u. zogen daher meist gegen die kühneren, aber auch nur im Trabe mit weiten Zwischenräumen, so daß sie ungehindert auf- u. absitzen konnten, angreifenden Gegner, wie die Franzosen u. bes. die Schweden unter Karl XII., den Kürzern. Vortreffliche C. waren in dieser Zeit die Türken, die in starken Massen leicht u. gewandt dahersprengend den Feind umzingelten u. so die schwerfälligen Reiterschaaren der Deutschen fast immer besiegten. Beim Ausbruch des Österreichischen Erbfolgekriegs 1740 war die österreichische C. der preußischen in Allem überlegen, bes. fehlte letzterer die leichte C., die Husaren. Friedrich II. befahl daher seinen Reitern, so schnell als möglich, den Degen in der Faust, in den Feind einzubrechen. Dies u. die Vermehrung der Husaren u. ihre Ausbildung durch österreichische Offiziere u. Unteroffiziere, bes. aber durch Seidlitz u. Ziethen, gab ihr im Siebenjährigen Kriege Überlegenheit über den Feind. Diese stellten sie in 2 Glieder, führten den Choc ein, lehrten schneller u. leichter schwenken, deployiren u. Colonne formiren u. brachten die Cavallerietaktik auf den Punkt, wo sie jetzt steht. Die Österreicher widerstanden zwar diesen Neuerungen u. gewannen den Preußen mit ihren besseren Pferden u. gewandteren Reitern, indem sie dem Choc durch Theilen der Linie auswichen u. den Angreifenden feuernd in die Flanke fielen, mehrmals Vortheile ab; endlich mußten sie aber nach dem Dresdner Frieden die neuen Einrichtungen doch nachahmen. Besonders vervollkommneten sie ihre leichte C. Bisher hatte man es nicht für nöthig gehalten, die Pferde der Gemeinen zuzureiten, sondern sie nur an den Zaum u. Schuß gewöhnt; nun wurde es aber doch nöthig, auch die Pferde der Gemeinen eigentlich zuzureiten. Schon nach den ersten Schlesischen Kriegen wurden in der preußischen Armee bei den Regimentern Reitbahnen errichtet; andere Armeen folgten, u. die C. erhielt einen bisher noch nicht gekannten Grad der Vollkommenheit. Nur die Franzosen blieben in der Reitkunst zurück u. suchten die Fertigkeit durch enges Schließen zu ersetzen. Auch die englische C. eiferte nach. Im Anfange des Französischen Revolutionskrieges bewies die preußische, sächsische, englische u. bes. die österreichische C. große Überlegenheit über die französische, nur 1796–1800 hatte die österreichische C. durch die Strapazen zu viel gelitten, u. der Geist sich in der französischen sehr gehoben, u. letztere erlangte daher oft Vortheile. Noch mehr steigerte sich dieser Geist 1805–12 durch die Anführer, bes. Murat, u. die französische C. war, obschon schlecht beritten u. ohne Talent zum Reiten, doch durch Geist, Fechtart in geschlossenen Colonnen u. Chocs in großen Massen fast immer überlegen. 1807 wurde durch die Polnische Insurrection in SPreußen die Lanze bei der C. wieder gewöhnlicher. Zwar hatte schon der Marschall von. Sachsen bei den Franzosen Uhlanen errichtet u. auch die Preußen, Österreicher etc. hatten dergleichen, jedoch nur wenige (s. Towarczys u. Uhlanen). 1807 u. 1809, ferner in Spanien u. 1812 in Rußland erwiesen die polnischen Lanciers sich vortrefflich. Als überdies bei dem Rückzug der Franzosen aus Rußland sich die Kosacken Ruf erwarben, kam die Lanze als Cavalleriewaffe vollends wieder zu Ehren; die Russen gaben den ersten Gliedern einiger Kürassier- u. Husarenregimenter Lanzen, die Preußen bewaffneten ihre Landwehrcavallerie damit u. auch die [781] Franzosen hatten einige Lancierregimenter errichtet. Seitdem ist in der Organisation u. Taktik der C. keine Änderung vorgekommen, obschon der württembergische General v. Bismark deren mehrere vorschlug. Man strebt nur überall darnach, beide zu vereinfachen u. die großen Kosten, welche die C. verursacht, durch Ersparnisse möglichst zu vermindern.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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