- Nismes [1]
Nismes (spr. Nihm), 1) Arrondissement im französischen Departem. Gard; 28,9 QM., 124,000 Ew.; 2) Hauptstadt darin u. des Departements, an der Eisenbahn von Avignon nach Cette, liegt in einer weiten Ebene; hat Departementalbehörden, Präfect, 3 Friedensgerichte, Bischof, königlichen Gerichtshof, Handelsgericht, Citadelle, Kathedrale, 15 Kirchen (darunter 5 reformirte), Hospital. Durch Abtragung der Wälle sind schöne Boulevards entstanden, welche die Stadt von den 8 Vorstädten scheiden. In N. sind mehre römische Alterthümer, so ein wohlerhaltenes Amphitheater (ein Oval, 117 Fuß lang, für 20,000 Zuschauer) u. das Maison carrée (einen antiken Tempel, 1820 durch Ludwig XVIII. restaurirt), Dianatempel, Augustusthor, die Tourmagne, ein uralter Wartthurm auf einem Berge, an dessen Fuß wieder hergestellte römische Bäder. Ferner hat N. Justizpalast, Theater, Lyceum, Akademie der Wissenschaften, Zeichnenakademie, Medicinische, Ackerbau-Gesellschaft, Bibliothek, Seidenfabriken (bes. für Strümpfe), Fabriken in baumwollenen, wollenen u. leinenen Waaren, Gerbereien, Branntweinbrennereien, Handel mit Seidenwaaren, Spitzen, Leder, Sämereien u. Gewächsen; 49,000 Ew., worunter 24,000 Reformirte. Dabei die berühmte aus drei Bogen über einander bestehende Wasserleitung Pont du Gard, s.u. Gard 1). – N. hieß in ältester Zeit Nemausus (Nemausum); 500 v. Chr. breitete sich die phokäische Colonie von Marseille nach N. aus. Später war sie Hauptstadt der Volcä Arecomici (daher Metropolis Volcarum Arecomicorum) u. kam, als diese von Fabius Maximus besiegt worden waren, unter die Römer, fiel jedoch wieder ab, wurde aber von Pompejus von Neuem besiegt. Es wurde nun römische Colonie, hieß dann Colonia Augusta u. erhielt ein Amphitheater, welches später die Gothen als Castell benutzten u. wovon noch Ruinen vorhanden sind. Die Stadt hatte 24 Flecken unter sich, stand nicht unter den römischen Statthaltern u. hatte das Jus Latii. 410 n. Chr. kam N. an die Gothen; 673 eroberten die Westgothen unter Wamba N., worein sich der Usurpator Paulus geworfen hatte, 725 erobertenesdie Sarazenen; Karl Martell nahm es aber nach der Schlacht von Poitiers wieder u. zerstörte es fast ganz. Die Sarazenen nahmen die Stadt nochmals u. behielten sie bis zu Pipins Zeiten. Es regierten darauf in N. Vicomtes, welche unter den Herzögen von Septimanien standen. Diese machten sich im 10. Jahrh. zu Eigenthumsherren u. führten von nun an den Titel als Grafen. Raimund von Toulouse maßte sich einige Zeit lang das Eigenthum von N. an, auch die Grafen u. Vicomten von Carcassonne u. Beziers machten darauf Ansprüche, u. der Lehnsherr, König von Aragonien, zog darum N. ganz an sich. 1226 nahm es Ludwig VIII. ein u. 1258 trat es Jakob von Aragon an Ludwig IX. ab. Im 13. Jahrh. war N. auch der Sitz der Albigenser. 1417 wurde N. von den Engländern unter dem Prinzen Johann von Chalons u. Oranien erobert u. damals auch das Theater zur Citadelle eingerichtet. Im 16. Jahrh. erklärte sich ein großer Theil N. für die Reformation bis zum Widerruf des Edicts von Nantes. 1815 gab die Wiederherstellung der Bourbons nach den Hundert Tagen hier zu großen Gräueln Anlaß; die Katholiken verfolgten im August u. September durch die Bandes Verdets unter Dupont, genannt Traftaillon, die protestantischen Einwohner mit Mord u. Brand; nur wiederholte Versuche des Herzogs von Angoulème machten diesen Unordnungen ein Ende. Ende August 1830 erhob sich nach der Julirevolution die katholische fanatische Partei für Karl X. u. verübte zahlreiche Unordnungen, wurde aber bald unterdrückt. 1835 wüthete die Cholera in N. N. ist der Geburtsort des Kaisers Antoninus Pius, I. Nicots, S. Petits, I. Saurins u. Florians.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.