- Tarragōna
Tarragōna, 1) Provinz des spanischen Fürstenthums Catalonien, zwischen Valencia, Aragonien, den catalonischen Provinzen Lerida u. Barcelona u. dem Mittelmeer, 204,8 QLeguas (115,2 geogr. QM.) mit 320,600 Ew., ist durch die Plateaus u. zerstreuten Gebirge des nordöstlichen Theils der Valencianischen Terrasse bergig, wird vom Ebro bewässert u. bringt Getreide, Öl, Seide, viel Wein u. Südfrüchte, Erze, Steinkohlen, Salz, Mineralquellen; sie wird in 8 Gerichtsbezirke eingetheilt; 2) Hauptstadt u. Festung darin, auf einem Berge links an der Mündung des Francoli ins Mittelmeer, am Rande des Campo de T. u. an der von hier nach Reus führenden Eisenbahn, besteht aus der oberen, älteren, unregelmäßig gebauten Stadt, welche von starken Festungswerken umgeben ist, u. aus der unteren, neueren, regelmäßig angelegten, welche bes. durch das Fuerte Real geschützt wird; das im Westen der Stadt hochgelegene Fort Oliveto beherrscht die ganze Stadt, das Fort Francoli den Hafen. T. ist Sitz eines Erzbischofs mit dem Titel Fürst von T., hat eine gothische Kathedrale (von 1120) u. viele andere Kirchen, 4 Nonnenklöster, Institute, Normalschule, Seminar, Akademie der Schönen Künste mit Schulen für Mathematik u. Architektur, Alterthümermuseum, Theater, verschiedene Handelsanstalten, 2 Spitäler, 2 Waisenhäuser, Zuchthaus, Correctionsanstalt, Überreste aus der Römerzeit (der Aquäduct Puente de las Ferreras von 876 Fuß Länge u. 83 Fuß Höhe, Amphitheater, Reste von den Palästen des Kaisers Augustus u. des angeblich von hier stammenden Pontius Pilatus, Stadtmauern, viele Inschriften etc.); Seidenweberei, Garnspinnerei, Hafen, lebhafter Handel u. Schifffahrt; 18,000 Ew. Dabei der sogenannte Thurm der Scipionen, ein römisches Grabmal u. der Arco de Sura, ein römischer Triumphbogen an der Straße nach Barcelona. – T. wurde von den Massiliern gegründet u. hieß Tarraco (Tarracon). Die Stadt war fest u. in der Umgegend wuchs viel Wein. Später wurde es zerstört, die Römer bauten sie aber wieder auf, Zur Zeit der Scipionen war sie ein Hauptwaffenplatz der Römer, welche sie auch bedeutend erweiterten, einen Obergerichtshof daselbst errichteten u. sie colonisirten (Colonia Julia victrix); sie war die zweite Stadt des ganzen Reiches u. soll über eine Mill. Einwohner gehabt haben. Augustus, welcher sich eine Zeitlang hier aufhielt, nannte sie Augusta; Antoninus Pius ließ 150 n. Chr. den Hafen vergrößern. Angeblich gründete der Apostel Jakobus, welcher sich hier, um nach Jerusalem zurückzukehren, eingeschifft haben soll, zu T. die erste Christliche Kirche in Spanien. Bei den Einfällen der Sueven, Vandalen u. Gothen litt T. viel, doch blieb es immer Hauptstadt des nach ihr benannten Tarraconensischen Spanien (s.u. Spanien S. 333), bis 484 die Römer die letzten Reste ihres Besitzes durch die Westgothen verloren. 714 wurde T. durch Abdalaziz, einen sarazenischen Feldherrn, erobert u. theilweis verwüstet, hatte aber unter Abdur-Rahman (780) immer noch über 300,000 Einwohner. Nach 1038 wurde der Bischofstuhl gegründet u. 1154 das Bisthum zum Erzbisthum erhoben. 1119 wurde T. den Arabern von Alfons I. von Aragonien abgenommen (s. Spanien S. 358); 1641 belagerten die Franzosen die Stadt, doch wurde sie entsetzt; 1706 ergab sie sich an Karl III. von Österreich, welcher sie in guten Vertheidigungs zustand setzte. Hier 13. Januar 1809 Sieg der Franzosen unter Victor über die Spanier unter Venegas, s. ebd. S. 474. 1811 wurde T. am 9. Mai von den Franzosen belagert u. 28. Juni mit Sturm eingenommen, s. Spanisch-Portugiesischer Befreiungskrieg S. 483. 1813 kam es nach zweimaligem vergeblichem Versuch der Engländer u. Spanier es wiederzunehmen, erst am 18. Aug. wieder in deren Hände, nachdem die Franzosen die Festungswerke gesprengt u. dabei einen großen Theil der Stadt zerstört hatten, s. ebd. S. 491. 3) (Campo de T.), kunstvoll bewässerte, sehr fruchtbare Ebene bei der Vorigen, ist reich an Getreide, Gemüse, Oliven, Wein, Südfrüchten u. umfaßt 60 Ortschaften mit gegen 25,000 Ew.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.