- Trauer
Trauer, 1) die durch ein schmerzliches Ereigniß veranlaßte niedergeschlagene Gemüthsstimmung. 2) Die Äußerung des Schmerzes über den Verlust der Seinen durch den Tod. Die Juden erhoben dabei die Hände u. schlugen sie über dem Kopf zusammen, od. schlugen mit denselben an Brust u. Hüften, zerrissen das Kleid (s. Kleiderzerreißen), streuten Asche, Sand, Erde, Staub auf den Kopf; das Zerkratzen u. Zerfleischen des Gesichts u. Körpers wurde später als eine, auch den Philistern, Moabitern u.a. heidnischen Völkern eigenthümliche Sitte verboten. Außerdem wurde noch gefastet u. Trauernde mußten sich 30 Tage, wenn eins von den Eltern gestorben waren, ein Jahr von der Theilnahme an Gastmälern enthalten; das Bart- u. Haupthaar wurde abgeschoren, das Unterkinn od. das Haupt verhüllt, die Kleider nicht gewaschen u. gereinigt, die Sandalen abgelegt, die Nägel nicht verschnitten u. als Trauerkleid der sogenannte Sack (s.d. 2) angelegt. Auch die Enthaltung vom ehelichen Beiwohnen gehörte zur T., u. Trauernde durften mehre Tage lang die ihnen Begegnenden nicht grüßen. Das Beweinen des Todten währte drei Tage, die ganze T. aber regelmäßig sieben, bei Angesehenen u. Geachteten 30 Tage; während dieser Trauerzeit wurden Klagelieder gesungen. Die Nachtrauer dauerte nach ägyptischer Sitte, z.B. um Jakob, 70 od. 72 Tage. Vgl. M. Geier, De Hebraeorum luctu lugentiumque ritibus, Lpz. 1666. Bei den Griechen war das Beweinen die Hauptsache der T., es war das Ehrengeschenk der Todten; man bestreute außerdem das Haupt mit Asche, verhüllte sich, wenn man über die Straße ging, legte die Sandalen ab, schor Bart- u. Haupthaar ab, zog schwarze u. grobe Trauerkleider an; das Zerkratzen des Gesichts u. Körpers war in Athen durch Solons Gesetze verboten. Um verdiente Männer trauerten auch Staaten, um geliebte Führer die Heere; Staatstrauer wurde veranstaltet bei dem Tode obrigkeitlicher Personen od. solcher, welche sich um bessere Einrichtung des Staats u. Belehrung der Bürger verdient gemacht hatten; zu der gewöhnlichen T. kamen hier noch die Unterbrechung der Volksversammlung, das Schließen der Tempel u. Gymnasien, der Werkstätte etc. Die Zeit der T. war, je nach den Gegenstande der T., verschieden; Achilles wurde 17 Tage beweint. Über die T. der Griechen schrieb Lucian die Schrift Περὶ πένϑους. Bei den Römern war die Trauerzeit mit den Leichenceremonien vorgeschrieben u. die Bestimmungen gründeten sich (angeblich) auf die Verordnungen des Numa; Männern zwar galt diese Bestimmung nicht, sie trauerten nur wenige Tage, aber den Frauen um den Mann u. um Eltern schrieb das Gesetz 1 (römisches) Jahr T. vor; sie zerrissen die Kleider u. legten den Schmuck ab; nach den Gesetzen der Zwölf Tafeln sollten sie aber die Wangen nicht zerkratzen. Die Trauerceremonien waren übrigens den der Griechen sehr ähnlich, doch ließen sie in der T. Haar u. Bart lang wachsen od. zerstreut fliegen u. mieden Gastmäler u. Festlichkeiten. Die Trauerkleidung war schwarz od. dunkel, in der Kaiserzeit weiß; bei öffentlicher T. legten die Senatoren den Clavus latus von der Toga u. ihre Ringe ab, so wie die Magistratspersonen die Auszeichnungen ihres Amtes, auch die Consuln saßen nicht auf ihrer Sella curulis, sondern auf Bänken, die Gerichte wurden geschlossen (s. Justitium) etc. Verboten war die T. über die der Vaterlandsfeindschaft Angeklagten u. die, welche sich vor Beendigung eines Processes entleibten. Die Deutschen überließen Klagen u. Weinen den Weibern, die Männer legten den Schmerz bald ab u. ehrten die Todten durch Lobpreisung u. Erinnerung an ihre Tugenden. Bei den Christen war Anfangs die T. einfach u. kurz. Mit der Zeit kamen Trauerkleider auf, für welche Farbe u. Stoff vorgeschrieben ist, je nach der Art der T., ob es nämlich nähere od. fernere Verwandten sind, um welche getrauert wird, u. nach der Zeit, wie lange man schon getrauert hat. Es gibt tiefe T., um die nächsten Verwandten (Eltern, Ehemänner); Halbtrauer um fernere Verwandte u. während der letzten Hälfte der Trauerzeit; Austrauer beim Ende der Trauerzeit. Die Trauerfarbe ist schwarz od. schwarz u. weiß, doch darf bei tiefer T. die weiße Farbe nicht erscheinen. An dem französischen Hofe trauert der König in Violett (nur Ludwig XII. u. Ludwig XIV. trauerten schwarz, der Erstere um seine Gemahlin Anna, der Letztere um Cromwell), die Königin bei Lebzeiten ihres Gemahls kastanienbraun, als Wittwe weiß; die alten Könige von Castilien wurden weiß betrauert (zum letzten Male König Johann 1498); um den Dogen von Venedig trauerte der Senat roth; die Chinesen trauern weiß, die Ägyptier gelb, die Äthiopier braun od. grau, die Türken blau. Männer trauern bei uns in Tuch, Frauen in Krepp u. wollenem Zeug, auch, bes. bei Halbtrauer u. im Sommer, in Kattun, bei der Halbtrauer kann die weiße Farbe an Hauben, Krausen, Strümpfen etc. getragen werden, violett u. grau auch bei der Austrauer; hier kann man auch mit seidenen Stoffen trauern, in denen man sonst bei der T. nur als verwandt in den fernsten Graden mit Anstand erscheinen kann. Bei der tiefen T. sind auch an den Schuhen Glanzleder u. glacirte Handschuhe nicht erlaubt, letztere müssen von rauhem Leder sein. Von Männern werden um den linken Oberarm Trauerbinden von Flor[768] band od. Krepp od. von Eisendraht um den Knöchel der Hand getragen; Trauerhüte, mit schwarzen Flören od. Kreppstreifen besetzt, welche Besetzung vorn zu einer runden Schleife zusammengesteckt ist, od. wie bei der T. um Fürsten, zum Theil über den Rücken hinabhängend getragen wird; Trauerstöre, entweder die Flöre an Trauerhüten, od. die an Stäben von Marschällen od. Zugführern der Leichenbegleitung getragen werden; Trauerdegen, deren Scheide von schwarzem Leder, der Griff aber von blau angelaufenem Stahl mit Flor od. Krepp umwunden ist; Trauerschneppen der Frauen, ein von Krepp umzogenes Stirnband, welches in der tiefen T. um die ganze Stirn reicht, nach u. nach aber immer tiefer geschnitten, endlich die Form einer ganz spitzigen Schneppe bekommt. Die Trauerzeit anlangend, so ist für die tiefste T., als der Frau um den Mann, ein Jahr bestimmt (s. Trauerzeit), des Mannes um die Frau u. um Eltern 1/2 Jahr, um Geschwister 1/4 Jahr, um nähere u. fernere Verwandte 1–2 Monate. Bei Hoftrauer ist nicht allein für einzelne Todesfälle Zeit u. Dauer der T. vorgeschrieben, sondern auch die verschiedenen Trachten zu den verschiedenen Zeitmomenten der T. selbst. Es unterscheiden sich aber hier Hoftrauer im engern Sinne, welche alle die angeht, welche als Hofdienerschaft u. fürstliche Diener zum Hofstaat gehören, u. Kammertrauer, welche nur von den fürstlichen Personen u. deren nächster Umgebung angelegt u. beobachtet wird. Beim Tode des Landesherrn u. dessen Gemahlin erstreckt sich die T. auf das ganze Land u. wird Landtrauer. Vormals war sie von sehr langer Dauer u. betraf speciell die Dienerschaft des Staates, welcher sich die wohlhabenderen Unterthanen in der Kleidung anzuschließen pflegen; jetzt ist sie in den meisten Staaten abgekürzt worden. Sie schließt die lauten Vergnügungen, Theater, Tanzmusik u. dgl. aus, dagegen findet das Geläute der Kirchenglocken (Trauergeläute) eine Zeitlang während der Landestrauer statt. Die Standesherren haben kein Recht auf die Auszeichnung der Landtrauer in ihren vormaligen Landeshoheiten. Daß die Zeitungen u. Zeitblätter eines Landes, worin die Regierung eine Landtrauer ausgeschrieben hat, mit schwarzem Rande eingefaßt werden, ist nicht vorgeschrieben, sondern eine freiwillige Devotion, auch nicht allgemein. Kirchentrauer im engeren Sinne war sonst, wenn ein Kirchenpatron od. seine Gemahlin starb, u. bestand im Läuten mit den Glocken, Unterlassung des Orgelspiels, Behängung der Kirche mit schwarzem Zeuch etc., ist aber jetzt selten mehr gebräuchlich. Die T. beim Militär besteht, wenn am leichtesten getrauert wird, in dem Anlegen von Flor um den Arm, wenn tiefer, in dem Umhüllen der Epauletten, Achselschnuren, Porte-épées u. Schärpen der Offiziere mit Flor; im letzteren Falle werden meist auch die Bänder an der Fahne der Truppe, sowie die Trommeln mit Flor umhüllt. Es tritt die T. beim Militär ein bei Todesfällen des Landesherrn od. aus dessen Familie, bisweilen wohl auch beim Tode hoher Generale u. des Regimentschefs. Wegen des großen Aufwandes bei der T. vereinigte sich schon 1707 der Adel von Holland dahin, daß die Trauerbekleidung an Wagen u. Häusern, so wie die Spendung der Trauerkleidung an die Dienerschaft aufhören sollte; im Kurfürstenthum Sachsen wurden im 17. Jahrh. wegen der übergroßen Unkosten bei der T. Sumtuargesetze gegeben, welche durch das Mandat von 1739 erneuert u. noch mehr ausgedehnt, Trauerzeit u. T. selbst aber mehr eingeschränkt wurden; ein gleiches Mandat für Preußen erschien 1716. Noch mehr that der Geist der Zeit, die Trauerceremonien zu verringern; 3) so v.w. Trauerkleidung; 4) in Nieder-Deutschland das Leichengefolge; die enge T. besteht aus den nächsten Verwandten, die kurze T. aus dem Gefolge der Vornehmen, die lange T. aus den Übrigen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.