- Galicien
Galicien, der nordwestliche Theil Spaniens, mit dem Titel eines Königreichs, auf 748 QM. 1,730,000 Ew. zählend; grenzt im N. u. W. an den Atlantischen Ocean, im S. an Portugal, davon zum Theil durch den Minho getrennt, u. im O. an Leon u. Asturien. Das Ganze bildet ein breites Bergland, indem das Cantabrische Gebirge sich bis hierher fortsetzt u. sich in verschiedenen Richtungen über das Land verzweigt; die Hauptkette, das Cebrerogebirge, steht zwischen dem Minho u. seinem Nebenfluß, dem Sil, u. ist bis zu 6000 Fuß hoch; zu beiden Seiten derselben sind öde, pflanzenarme Hochflächen, Parameros genannt, welche wiederum durch einzelne kahle Felskämme um 1000–1500 Fuß überragt werden; so gehen nach N. die Sierra Constantina, de Mondonedo, de Guadramonte, nach W. die Montes de la Tecyra, nach SW. die S. de Testeyro u. Faro, nach S. die S. de San Mamed; das Land dacht sich terrassenförmig ab u. wird an den Küsten wieder von Felsgebirgen, die sich bis zu 3000 Fuß erheben, umwallt; die Küsten sind nackt, gerissen u. wild zerklüstet; die Flüsse, der en bedeutendster der Minho mit Sil, Lerez, u. lla, Eo, Navia ist, bilden an ihren Mündungen tief einschneidende Buchten, welche gute Hafen u. Rheden abgeben u. Rias heißen, wie die Rias de Vigo, Pontevedra, Arosa, Noya, Coreublen, Camariñas, Ribadeo, Ferrol, Virero u. viele kleinere; dazwischen ragen zahlreiche Vorgebirge in das Meer hinaus, worunter die Caps Ortegal u. Vaca die nördlichsten Spitzen Spaniens sind, Finisterre aber die westlichste; das Klima ist sehr verschieden, im Allgemeinen im Innern rauh, an den Küsten feucht u. gemäßigt; der Boden steinig, kalkig u. dürr u. in den tiefen, schwerzugänglichen Thälern nur durch große Thätigkeit fruchtbar; dagegen hat die Küstenterrasse gutes Weideland u. wird sogar zu Wein- u. Orangenbau benutzt; Erzeugnisse sind etwas Getreide, Gerste, Hafer, viel Kartoffeln, Flachs, Hanf, Nüsse, Kastanien, Äpfel, Rindvieh, Geflügel, Maulesel, Schweine, Z;legen, Fische; die Gewerbthätigkeit ist gering u. besteht in Leinwand-, Tuch- u. Segeltuchweberei; die Fischerei u. Schifffahrt sind die Hauptnahrungszweige; die Bewohner, Gallegos sind groß, stark gebaut, ehrlich u. sehr thätig u. taugen vorzüglich zum Kriegsdienst; viele derselben ziehen in Spanien umher u. suchen sich durch die beschwerlichsten Arbeiten, bes. als Wasserträger in Madrid, etwas zu verdienen, um dann daheim leben zu können. Münzen, Maße u. Gewichte. G. rechnet, wie Castilien, nach Reales de Vellon à 34 Maravedis. s.u. Spanien Geogr.); bes. für G. geprägte Münzen gibt es nicht Maße: Längenmaße: der Fuß (Pié) u. die Elle (Vara) sind gewöhnlich die castilischen; für Leinwand ist jedoch die galicische Vara (V. gallega), 30 Proc. größer als die castilische, I Vara gallega = 1,0855 Meter od. 481,1978 Par. Linien; Getreidemaß: die Fanega hat 4 Ferrados; der gewöhnliche Ferrado von Ferrol, Neda etc. ist = 11/3 castil. Fanega, daher 1 Fanega von Ferrol = 11/3 castil. Fanega, also = 73,0667 (1/15) Liter od. 2762,6 Par. Cubikzoll, 100 Fanegas von Ferrol = 132,942 preuß. Scheffel; die Fanega von Coruña ist 102/5 Proc. kleiner, also = 69,1927 Liter od. 3336,9 Par. Cubikzoll, 100 Fanegas von Coruña = 120,435 preuß. Scheffel; Weinmaß: der Moyo (Müdd) hat 4 Cañadas, 16 Ollas, 68 Azumbres, 272 Quartillos; 1 Quartillo = 0,576327 Liter od. 29,054 Par. Cubikzoll, 1 Cañada = 1,0929 Frankfurter Ohm od. 2,2818 preuß. Eimer; Gewichte: Handelsgewicht:[857] das galicische Pfund (Libra gallega) ist = 21/2 castilische Mark, s.u. Centner (Coruña); 100 Libras gallegas = 123,073 preuß. Pfund; Gold- u. Silbergewicht ist das castilische. G. hat ein eigenes Gesetzbuch u. mehrere Freiheiten; theilt sich neuerer Zeit in die Provinzen Coruña, Lugo, Orense, Pontevedra. G. hat seinen Namen von den Calláci (sd.), welche das nördlichste Portugal bewohnten Als die Römer dasselbe besiegten, wurde G. römische Provinz, kam dann, wie das übrige Spanien, unter die Herrschaft der Vandalen, Westgothen u. Sarazenen u. gehörte später zum Gebiete der Könige von Leon u. Castilien. Ferdinand der Große erhob G. um 1060 zum Königreich u. gab es seinem Sohn Garcias zur Apanage. Unter gleichen Umständen kam es an Heinrich I., Grafen von Portugal, s.d. (Gesch.). Unter Ferdinand dem Katholischen hatte sich der Adel von G. fast ganz unabhängig gemacht, so daß das Land nur dem Namen nach noch Spanien unterthan war; zwar brachte Ferdinand den Adel zum Gehorsam zurück, mußte ihm aber große Freiheiten einräumen. Übrigens vgl. Spanien (Gesch.).
Pierer's Lexicon. 1857–1865.