Theodĕrich

Theodĕrich

Theodĕrich (Theodorich, Theuderich), altdeutscher Name, später Dietrich, d.i. Volksfürst. I. Fürsten: a) König von Bernicia: 1) Sohn Idas, regierte 579–586, s. England S. 707. b) König der Franken: 2) Th. I., natürlicher Sohn Chlodwigs, geb. 484, erhielt bei der Theilung des väterlichen Reiches 511 Austrasien u. st. 534. s. Franken S. 468. 3) Th. II., Sohn Childeberts II., folgte seinem Vater 596 in Burgund u. entriß 612 seinem Bruder Theodebert II. auch Austrasien; er st. 613, s. ebd. S. 470 u. Burgund S. 480. 4) Th. III., Sohn Chlodwigs II., wurde nach seinem Bruder Chlotar III. 669 König von Neustrien u. Burgund u. st. 691; s. Franken S. 471. 5) Th. IV. von Chelles (so genannt weil er in dem Kloster Chelles erzogen wurde), Sohn Dagoberts III., wurde 720 König der Franken u. st. 737; für ihn regierte Karl Martell; s. Franken S. 472. c) Herzöge von Lothringen: 6) Th. I., Sohn Friedrichs, folgte diesem 984 in Oberlothringen u. Bar bis 1026, wo er starb, s. Lothringen S. 530. Vermählt mit Richilde. 7) Th. II., Sohn Gerards, folgte diesem 1070 unmündig unter der Vormundschaft seiner Mutter Hadwig (Hataide) u. st. 1115, s. ebd. Vermählt mit Hedwig, Gräfin von Formbach, dann mit Gertrud, Gräfin von Flandern. d) König der Ostgothen: 8) Th. der Große, Sohn Theodemirs, geb. 455 (456), kam in seiner frühesten Jugend als Geißel nach Constantinopel, wo er eine sorgfältige Erziehung genoß. In seinem 18. Jahr kehrte er nach seinem Vaterland zurück u. führte schon bei Lebzeiten seines Vaters einen Theil der Ostgothen aus Pannonien auf griechisches Gebiet; 475 folgte er seinem Vater als König der Ostgothen. Er zog 488 gegen Odoaker in Italien, schlug denselben bei Aquileja u. Verona, eroberte Pavia u. Mailand, besiegte Odoaker 490 nochmals an der Adda u. erhielt 493 Ravenna in Übergabe nebst Odoaker; er besetzte nun ganz Italien nebst Sicilien, gründete hier das Ostgothische Reich u. nannte sich König von Italien, in welcher Würde unter Oberhoheit des byzantinischen Kaisers Anastasius er auch von demselben anerkannt wurde. Außer Italien gehörte auch Rhätien, Noricum u. Pannonien zu seinem Reiche, welches er von Ravenna u. Verona aus regierte u. welches er 507 noch mit der Provence vermehrte, welches Land er für die Unterstützung seines Enkels, des Westgothenkönigs Amalarich, gegen die Franken erhalten hatte. Außerdem machte er noch einen Zug zur Unterwerfung Gesalichs, des empörerischen Halbbruders Amalarichs, u. einen andern gegen die räuberischen Bulgaren. Sonst war seine Regierung friedlich, unter welcher in Italien Ackerbau, Künste u. Gewerbe blühten, klassische Gelehrsamkeit u. Bildung begünstigt, für die Erhaltung der alten Bauwerke in Rom u. für die Errichtung neuer in Ravenna gesorgt wurde. An die 200,000 Germanen, welche er nach Italien geführt hatte, wurde 1/3 des Grund u. Bodens vertheilt; sie bildeten das Heer u. blieben durch Heerverfassung, Sprache, Sitte u. Confession (sie waren Arianer) ganz von den katholischen Italienern geschieden, wogegen die Staatsverfassung römisch u. in den Händen der Nationalitaliener blieb; selbst die Bestimmungen des Edictum Theoderici über Rechtsverhältnisse zwischen Gothen u. Italienern beruhten auf Römischem Recht. Unter seine Minister gehörte Cassiodorus (s.d.). Einen Schatten auf seine sonst durch Gerechtigkeit u. Milde ausgezeichnete Regierung warf die Hinrichtung des Senators Albinus (welcher mit dem byzantinischen Kaiser in sträflichen Unterhandlungen gegen ihn gestanden haben sollte), sowie des Philosophen Boethius, welcher den Albinus vertheidigt hatte, u. des Symmachus (s.d. a.). Th. st. 18. Mai 526 in Ravenna; s.u. Gothen S. 497. In der deutschen Heldensage ist er als Dietrich von Bern (s.d.) berühmt. Th. hatte von seiner Gemahlin Audaflede, einer Schwester Chlodwigs, eine Tochter Amalaswintha, Gemahlin Eutharichs, deren Sohn Athalarich sein Nachfolger wurde; außerdem zwei natürliche Töchter, Ostrogotha, Gemahlin des Königs Sigmund von Burgund, u. Theodorota, Gemahlin des westgothischen Königs Alarich. Vgl. den Panegyricus des Ennodius auf Th.; Cochläus, Vita Theodori M., herausgeg. von Peringskold, Stockh. 1699; Du Roure, Histoire de Th. le Grand, Par. 1846, 2 Bde. e) Der Westgothen: 9) Th. I., edler Westgothe, folgte auf Wallia als König der Westgothen u. regierte 419–451, wo er bei Chalons gegen Attila fiel, s.u. Gothen S. 498. 10) Th. II. Sohn des Vor., folgte seinem Bruder Thorismnud 453–466, wo er von seinem Bruder [477] Eurich ermordet wurde, s. ebd. II. Papst: 11) Th., ein Römer, Gegenpapst von Paschalis II., von der Stadt Palestrina gewählt, s.u. Papst S. 642. III. Erzbischöfe von Köln: 12) Th., Graf von Heinsberg, 1208–1216, wo er abgesetzt wurde, s.u. Köln S. 662. 13) Th. von Mörs, 1414–1468, s. ebd. S. 663. IV. Andere Personen: 14) Th. Strabo, Westgothe, Sohn des Triarius, stand in Constantinopel in großem Ansehen. Nach dem Tode seines Schwagers Aspar (471) erhielt er die Oberaufseherstelle, welche er jedoch nicht lange bekleidete, weil er dem Kaiser verdächtig war mit dem König Th. dem Großen ein geheimes Bündniß zu unterhalten; seiner Absetzung kam sein Tod zuvor, welchen er in einer Schlacht fand. 15) Maler, ein Böhme aus dem 14. Jahrh., Hofmaler des Königs. Karl IV., dessen Schloß Karlstein bei Prag er mit Staffelei- u. Frescobildern schmückte.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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