Basel [1]

Basel [1]

Basel (Geographie u. Statistik), 1) Canton der Schweiz, grenzt an Frankreich, Baden, den Rhein (nur ein kleiner Theil liegt am rechten Ufer) u. die Cantone Aargau, Bern u. Solothurn; ist gut angebaut, fruchtbar (an Getreide, Obst, bes. Kirschen, Wein), meist bergig (Fuß des Jura), doch auch Ebenen (bes. um B.) enthaltend; Flüsse: Rhein, Birs, Ergolz u. a.; Flächengehalt: 8 3/4 QM.; Einwohner: 78,000, darunter 63,000 Reformirte u. 15,000 Katholiken. Beschäftigung: Landbau, Viehzucht, Fisch- (Lachs-) fang, bes. Seidenband- (diese sehr groß) u. Baumwollenweberei, Papiermacherei, Gerberei u. (Transito-) Handel. Der Canton, der 11. im Bunde, seit 1501 bestehend, bildet nach Beschluß der Tagsatzung vom 17. August 1833 zwei souveräne Halbcantone, Baselstadt u. Baselland, zwischen welche ein eidgenössisches Schiedsgericht das Staatsvermögen theilte (vgl. Die Baseler Theilungssache, Aarau 1834–1836, 3 Abthl.) u. deren jeder in der Bundesversammlung bes. vertreten ist. A) Baselstadt, aus der Stadt u. 3 Landgemeinden, Riehen, Bettingen u. Kleinhüningen, mit 1,6 QM. u. 30,000 Ew. bestehend. Nach der neuesten, am 8. April 1847 angenommenen Staatsverfassung steht die Souveränetät bei der Gesammtheit der Activbürger, welche in 18 Wahlzünften u. in den Bezirksversammlungen 131 Bürger auf 6 Jahre zum Großen Rath wählen, dessen Hälfte alle 3 Jahre ausscheidet u. der in wenigstens 6 Mal im Jahre zusammenberufenen öffentlichen Versammlungen die höchste Gewalt, die Besteuerung u. Gesetzgebung, ausübt. 15 von u. aus ihm auf 6 Jahre gewählte Mitglieder verwalten als Kleiner Rath die Vollziehung u. Vorbereitung der Gesetze, ernennen die meisten Beamten u. legen jährlich dem Großen Rath Rechenschaftsbericht u. Budget vor. Zwei von dem Großen Rath erwählte Bürgermeister führen abwechselnd, jeder 1 Jahr, den Vorsitz in dem Kleinen Rathe. Für die einzelnen Verwaltungszweige bestehen Collegien u. Commissionen. Die Landeskirche ist die Evangelisch-Reformirte; die Verfassung garantirt Preßfreiheit, Petitionsrecht, völlige politische Gleichheit u. allgemeine Militärpflicht u. verbietet Capitulationen für fremde Kriegsdienste. Seit dem Jahre 1818 wurde die Wahlfähigkeit auch auf alle niedergelassenen Schweizerbürger ausgedehnt, Gerichtsverfassung: 2 Instanzen, das Appellationsgericht, aus 13 vom Großen Rath erwählten Mitgliedern gebildet, urtheilt in höchster Instanz über alle bürgerlichen u. Strafrechtsfälle u. hat die Aufsicht über die Untergerichte, von denen 2 Bezirksgerichte die Civilsachen, 1 Criminalgericht die Straf- u. 1 correctionelles Gericht die Polizeisachen verhandeln. Die Gesetzgebung ist durch das Criminal- u. correctionelle Gesetzbuch (Bas. 1846), die Statuta u. Gerichtsordnung von 1719 (nebst Anhang herausgegeben 1848), eine Ehegerichtsordnung (Bas. 1837) etc. geordnet u. in Sammlungen der Gesetze von 1803–1853 in 13 Bänden gesammelt. Über die älteren Gesetze s. Frey, Die Quellen des Basler Stadtrechts, 1830, u. Schnell, Die Rechtsquellen von B., 1856. Die Finanzen des Halbcantons sind gut geordnet; Ausgabe u. Einnahme jährlich 900,000 Franes, die Staatsschuld aber fast 5 Mill. Francs, die Activa etwa 2/3 davon. Der Canton wählt 1 Mitglied in den Schweizerischen Nationalrath. B) Basellandschaft, dessen Hauptort u. Regierungssitz Liestal ist, zerfällt in 4 Amts- u. Verwaltungsbezirke: Waldenburg, Sissach, Liestal u. Arlesheim, mit 7,1 QM. u. 48,000 Einwohnern. Die am 6. Mai 1832 angenommene, 1839 u. 1850 revidirte, rein demokratisch-republikanische Verfassung gewährleistet Glaubens-, Lehr-, Rede-, Preß-, Niederlassungs- u. Gewerbsfreiheit, Associations- u. Petitionsrecht, politische u. bürgerliche Gleichheit. Als Stellvertreter der Gesammtbürgerschaft steht einem auf 3 Jahre gewählten u. wenigstens alle 3 Monate öffentlich versammelten Landrath,[370] zu welchem je 800 Bewohner ein Mitglied erwählen, die gesetzgebende u. höchste Verwaltungsgewalt u. bei gefahrvollen Ereignissen die Bestellung eines ihm verantwortlichen Ausschusses zu. Er wählt aus der Bürgerschaft auf 3 Jahre 5 Mitglieder zum Regierungsrath, der höchsten Vollziehungs- u. Verwaltungsbehörde. Nach Gesetz vom 27. Mai 1834 steht jedem Bezirk ein Bezirksverwalter vor; die 75 Gemeinden verwalten ihre Angelegenheiten durch Gemeindebeschlüsse, welche der Gemeindepräsident vollzieht, während ein Gemeinderath das Kassenwesen prüft. Durch Gesetz vom 16. November 1835 sind 4 Bezirksschulen errichtet. Ein vom Landrath beschlossenes Gesetz erlangt erst Gültigkeit, wenn nicht innerhalb 14 Tagen von der Publication an dagegen Veto eingebracht wird; zu einem Veto muß aber wenigstens die absolute Mehrheit der Gesammtzahl aller Activbürger einstimmen. Gerichtsverfassung. Nur auf, zur amtlichen Kenntniß gelangten Thatsachen u. mit Angabe der Beweggründe kann ein Urtheil gesprochen werden. Instanzen: das Obergericht, für Civil- u. Criminalsachen, aus 9 vom Landrath auf 3 Jahre erwählten Mitgliedern; 5 Bezirksgerichte als Untergerichte. Die Finanzen sind gegenwärtig wohlgeordnet; das jährliche Budget beträgt 5–600,000 Francs. Zur Hebung des Wohlstandes ist 1849 eine Hypothekenbank errichtet worden. Der Canton wählt 2 Mitglieder in den Nationalrath. Contingent von Baselstadt u. Basellandschaft: gemeinschaftlich nach Verhältniß etwa 1400 Mann, das Nähere s.u. Schweiz. Münzen: B. rechnete seit 1798 nach Franken u. Rappen. 10 Rappen = 1 Batzen, 10 Batzen = 1 Frank. 2) Stadt, liegt am Rhein, der hier das Flüßchen Birsig aufnimmt. Er theilt dieselbe in Groß- (das mehrere) u. Klein- (das mindere) Basel, letzteres auf dem rechten Ufer; seit 1226 verbindet beide eine 715 Fuß lange hölzerne, zur Hälfte auf steinernen Pfeilern, zur Hälfte auf Holzpfählen ruhende Brücke. B., der Knotenpunkt von drei Eisenbahnen, der Badischen, der Straßburger u. der Schweizerischen Centralbahn, ist mit (im Kriege widerstandsunfähigen) Mauern u. Gräben umgeben, die in Folge des wachsenden Verkehrs nach u. nach entfernt werden; zerfällt in eine innere u. eine äußere Stadt, deren Grenze nur auf wenigen Stellen an Mauern u. Thoren erkennbar ist. Um die äußere Stadt (Vorstädte) hat sich in neuerer Zeit wiederum ein Häusergürtel gebildet, der nach dem Abbruch der Mauern mit der Stadt vereinigt werden wird. Es hat 7 Thore, einige schöne Plätze (den Fischmarkt mit einem gothischen Brunnen, den Münsterplatz mit dem gothischen Münster u. den Markt mit dem ebenfalls im Gothischen Style erbauten Rathhause) u. in der inneren Stadt viele enge Straßen; Sitz der Cantonbehörden von Baselstadt u. des Bischofs; 10 Kirchen, darunter das Münster (Kathedrale), welches sich an der höchsten Uferstelle des Rheins auf der Pfalz (70 Fuß über dem Rhein) erhebt, mit Grabmälern der Kaiserin Anna, Gemahlin Rudolfs von Habsburg, des Erasmus, Öcolampadins etc., die Prediger-(Dominikaner-) Kirche (sonst auf deren Kirchhof sehr berühmter Todtentanz, seit 1804 ist die Mauer, woran derselbe gemalt war, abgetragen; ein weit älterer war der, jetzt fast ganz zerstörte in dem Kreuzgange des Klingethals, eines ehemaligen Nonnenklosters zu Klein-Basel; s. Todtentanz), mehrere Privatbethäuser; Rathhaus mit Glasmalereien, Zeughaus (mit Alterthümern u. der Rüstung Karls des Kühnen von Burgund), das neue Posthaus, Waisen- u. Zuchthaus; die Universität, gestiftet 1459 vom Papst Pius II. (Äneas Sylvius), eingeweiht 1460, blühte zur Zeit des Erasmus von Rotterdam u. der Amerbachs, gerieth später in Verfall u. ist trotz ihrer Reorganisation noch immer die wenigst besuchte der schweizerischen Universitäten. Das mit ihr verbundene, im griechischen Styl erbaute Museum umschließt die an alten Drucken reiche Bibliothek von 70,000 Bänden (darin des Erasmus Laus stultitiae mit den Originalzeichnungen von H. Holbein dem Jüngern), ferner die. Amerbachsche, später vermehrte Sammlung von Antiquitäten, Münzen etc., die Bildergallerie mit vielen Holbeinschen Handzeichnungen u. Ölgemälden (durch viele alte u. moderne Kunstwerke bereichert) u. ein Naturaliencabinet; Pädagogium mit Gymnasium, Taubstummenanstalt, Handwerker-Sonntagsschule, landwirthschaftliche Armenschule, Arbeitsschule u. mehrere andere öffentliche u. Privatschulen; Seminar für Missionäre zur Heidenbekehrung u. damit verbundene Missionsgesellschaft mit Hülfsvereinen zu Stuttgart, Strasburg, Leipzig etc., deutsche Bibelgesellschaft, Protestantischer Hülfsverein mit Zweigvereinen in der Schweiz; mehrere Gelehrten- u. Kunstvereine, darunter die Naturforschende, Historische u. Antiquarische Gesellschaft, welche sämmtlich ihre Verhandlungen veröffentlichen; die von Iselin 1777 gestiftete Gesellschaft zur Beförderung u. Aufmunterung des Guten u. Gemeinnützigen, die Allgemeine Lesegesellschaft u. mehrere Privatsammlungen. Wohlthätigkeisanstalten: Armenanstalt, Kranken- u. Frauenverein, Bürgerhospital u. Rumfordsche Suppenanstalt. Industrie: hauptsächlich in Seidenbändern, mechanische Werkstätten, Papier, Backwerk (Baseler Leckerli), Kirschwasser u.a.; B. treibt auch viel Speditionshandel u. ist der bedeutendste Wechselplatz der Schweiz u. seit 1843 eine Handelsbank. Im 15. u. 16. Jahrh. war B. wegen seiner schönen Drucke u. guten Ausgaben berühmt; H. Amerbach, H. Froben, I. Herwag, Oporin, W. Haas sind als Drucker u. Verleger bes. berühmt. B. hat viele reiche Familien. Einwohner: 28,000, dieselben sollen manches Eigenthümliche in den Sitten aus früheren Zeiten bewahrt haben, indem sie bis in die neueste Zeit fremde Elemente von sich fern zu halten suchten. B. ist der Geburtsort von I. Iselin, L. Euler, der Bernoullis, der Buxtorfs, Burckhardt, Merian, Wettstein, Froben, Grynäus. Vor dem Aschenthore die 1824 errichtete gothische Spitzsäule zum Andenken der Schlacht am 26. August 1444 bei St. Jakob, an der Birs, zwischen den Schweizern u. dem Dauphin von Frankreich. Der auf der Wahlstatt wachsende rothe Wein wird Schweizerblut genannt. Wappen: der sogenannte Baslerstab, ein Bischofsstab mit dem Schifferstachel in Verbindung gebracht, schwarz in weißem Felde. Sonst schlug die Basler Uhr eine Stunde früher als gewöhnlich, weil einst, als ein Verrath (nach Anderen ein Überfall) im Werke war, der davon benachrichtigte Magistrat die Uhr eine Stunde zu früh stellen ließ, wo denn die Verschwörer wähnten zu spät gekommen zu sein u. das Unternehmen[371] aufgaben; nach Anderen, um dem Concil 1431 in Erinnerung zu bringen, sich zu sputen; seit 1798 jedoch abgeschafft. Die Bischöfe von B. residirten seit der Reformation nicht mehr in der Stadt, sondern von 1529–1792 in Pruntrut, dann in Offenburg, seit 1829 in Solothurn.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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