- Quaestiōnes perpetŭae
Quaestiōnes perpetŭae, in Rom die ständigen Criminalgerichte, welche 149 v. Chr. durch die Calpurnia lex u. zwar Anfangs blos zum Besten der verbündeten u. dem Reiche unterworfenen Völker gegen Gelderpressungen (Repetundarum) durch die römischen Beamteten eingeführt wurden; zu den Quästionen über dieses Verbrechen kamen später noch die Crimina majestatis, peculatus, ambitus, inter sicarios, veneficii, vis u. falsi. Der Vorsitzende des Gerichtshofes war einer der Prätoren (s.d.), mit Ausnahme des Praetor urbanus u. peregrinus, u. wenn die Prätoren nicht ausreichten, ein Judex quaestionis. Die dazu gewählten Beisitzer waren früher blos Senatorische Männer, seit den Gracchischen Unruhen bald Senatoren, bald Ritter, bald Ärartribunen. In älterer Zeit war für jede Untersuchung eine bestimmte Anzahl Richter, nachmals wurden von den Prätoren Richterlisten entworfen, aus denen eine für einzelne Fälle verschiedene Anzahl Richter genommen wurden (so waren in dem Proceß gegen Milo 51, gegen Clodius 56, gegen Piso 75 etc.). Die Gerichtsstätte war das Tribunal des Prätors. Das einleitende Verfahren begann mit dem Gesuch (Petitio) des Klägers (Accusator, Actor), an den Quästor eine Klage (Accusatio) gegen Einen vorzubringen; waren mehre Ankläger zugleich, so wurde durch die Divinatio entschieden, welcher der Kläger sein sollte; hatte der Quästor die Klagbarkeit anerkannt u. die Erlaubniß zur Stellung der Anklage gegeben, so erfolgte diese in Gegenwart des Angeklagten (Reus) u. zugleich die Fragstellung (Interrogatio) von Seiten des Klägers an den Angeklagten; wenn dieser das Recht des Klägers einräumte, so kam die Sache nicht zum Proceß, wenn er es aber läugnete, so erfolgte die Annahme der Sache (Nominis receptio) Seitens des Prätors, u. nun begann der Proceß selbst mit Feststellung eines Termins zur Untersuchung vor dem Richter (Cognitio). Wer in dem Termin nicht erschien, wurde in contumaciam verurtheilt; waren aber beide Parteien erschienen, so wurden zunächst die Richter ernannt u. beeidigt, Kläger u. Beklagter stellten ihre Klage u. Vertheidigung in einer Rede dar, zu welcher seit Pompejus eine bestimmte Zeit gegeben war; außer dem Ankläger traten oft noch Subscriptores, welche die Klage mit unterschrieben hatten, auf; für den Angeklagten ein Patronus causae. Außer den Subscriptoren u. Patronen konnte jede Partei noch eine ungemessene Anzahl Advocati mitbringen, welche durch ihre bloße Anwesenheit die Theilnahme für ihre Partei bezeugten. Nach Beendigung der Reden folgte die Altercatio, d.h. die kurzen Fragen des Klägers u. Antworten des Angeklagten; hierauf die Probatio, d.h. das Beweisverfahren nach Geständniß, Zeugenaussagen, Urkunden u. Indicien; u. endlich die Sententia judicum, d.h. das Urtheil der Richter, gegen welches keine Provation od. Appellation gestattet war, doch konnte ein verdammendes Urtheil später durch einen Volksbeschluß wieder aufgehoben werden.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.