- Rugier
Rugier, germanisches Volk an der Nordküste Deutschlands zwischen der Oder u. Weichsel u. auf Rügen. Sie hatten Könige u. bedienten sich im Kriege runder Schilder u. kurzer Schwerter. In der Mitte des 5. Jahrh. erscheinen sie nebst Skiren u. Herulern unter den Banden Attilas. Nachdem die Gothen in Pannonien die Skiren von der Nordseite der Donau vertrieben hatten, nahmen die R. deren Wohnsitze ein u. erstreckten sich also durch das jetzige Österreich u. einen Theil von Ober-Ungarn (Rugiland, vgl. Mähren [Gesch.]). Hier traten sie in. Verbindung mit den Gothen u. nahmen das Christenthum nach der Arianischen Confession an. Im 5. Jahrh. herrschte Flaccitheus bei ihnen, welchem sein Sohn Feletheus (Fava, Feba) folgte. Als Odoacer, welcher mit R-n u. Herulern einen Zug nach Italien gemacht u. dort 476 die Herrschaft des Landes an sich gerissen hatte, 487 wieder nach Rugiland kam, besiegte er den König Fava u. nahm dessen Gemahlin Gise mit nach Italien. Fava's Sohn, Friedrich, welcher sich geflüchtet hatte, kehrte nach Odoacers Abzug nach Rugiland zurück, übernahm die Herrschaft u. machte Einfälle in Noricum. Da Odoacer aber gegen ihn ein Heer unter Anaulf schickte, entfloh Friedrich wieder u. ging nach Novä in Mösien zum ostgothischen Könige Theoderich dem Großen. Die R. hatten nun keinen eigenen König mehr, sie wurden einzeln besiegt, u. zerstreut verbanden sie sich theils mit den Gothen, theils wanderten sie nach Rhätien, wo sich ihr Name verlor; in ihr Land zogen die Longobarden. Zu den R-n gehörten die weiter östlich an der Weichselmündung wohnenden Ulmerugier. Der Hauptort in ihrem ursprünglichen Vaterland war Rugium, am östlichen Arm der Oder, j. Kamin.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.