- Schelde
Schelde (franz. l'Escaut), 1) Fluß, entspringt bei dem Flecken Beaurevoir im Arrondissement St. Quentin des französischen Departements Aisne, wird bei Condé schiffbar, tritt bei St. Antoing nach Belgien über, durchfließt dort die Provinzen Henegau, Ost- u. Westflandern u. Antwerpen, theilt sich, in die Niederlande übergetreten, nordwestlich von Zandvlieth in die Ooster- u. Wester-S. (od. Hont), bildet dadurch mehre Inseln (Zuid- u. Nordbeveland, Walcheren u.a.) u. ergießt sich nach einem Lauf von 44 Meilen bei Bließingen in die Nordsee. In beiden Mündungsarmen ist die Schifffahrt wegen der Sandbänke gefährlich. Die Oostern-S. steht mit dem südlichen Arme der Maas durch mehre natürliche Kanäle in Verbindung, von denen der Eendracht u. Masgat-naar-de-Zyge die bedeutendsten sind. Nebenflüsse sind in Frankreich links: Sensee, Scarpe, rechts die Selle, Ronelle, Haine; in Belgien links: Lys, Durme (schiffbar), rechts: Ronne, Dender (aus Hennegau, schiffbar), Rupel u.a. Die S. ist bei Dendermonde 600, bei Antwerpen 1600 F. breit, u. zur Fluth (die noch oberhalb Antwerpen sichtbar ist) 45 Fuß tief. Im Westfälischen Frieden 1648 wurde die Sperrung des Ausflusses der S. bestimmt, d.h. festgesetzt, daß keine Schiffe von da in die See od. von der See in die S. laufen dürften. Da Holland zu beiden Seiten der S., unterhalb Antwerpen, Gebiet besaß, so war es diesem leicht diese Sperre durchzusetzen u. die Schifffahrt zu hemmen, wie denn auch der Handelsneid der Holländer, bes. Rotterdams u. Amsterdams, gegen Antwerpen diese Maßregel veranlaßt hatte. Wirklich sank Antwerpen dadurch von einer der ersten Handelsstädte der Welt schnell bis zur Mittelmäßigkeit herab. Erst 1783 erhob Kaiser Joseph II., als damaliger Besitzer Antwerpens, gegen diesen Vertrag seine Stimme u. verlangte u.a., daß künftig die S. für aus- u. einfahrende Schiffe frei sein sollte. Allein Holland u. Frankreich widersetzten sich, u. so wurde 1784 der Kaiser zum Vertrage von Fontainebleau genöthigt, wo er gegen Abtretungen u. eine Entschädigung von 94 Mill. Gulden zugestand, daß die S. geschlossen blieb. Doch die Französische Revolution entfesselte die S., denn in dem mit der Batavischen Republik[124] geschlossenen Frieden wurde 1795 das südliche Gebiet Hollands bis an die S. an Frankreich abgetreten u. die S. dadurch frei. Antwerpens Handel hob sich, bes. seit 1814, nach der Vereinigung Belgiens mit Holland zum Königreich der Niederlande, wo die S. geöffnet blieb. Bei der Trennung Belgiens von Holland verlangte Holland seine alten Grenzen, also auch den südlich gelegenen altholländischen Theil von Brabant wieder, welchen es bis 1795 besessen hatte, um dort, wo nicht die S. wieder zu schließen, doch den Handel auf der S. durch holle Zölle für Ausländer sehr zu erschweren. Aber die Londoner Conferenz entschied gegen Holland, obgleich sie ihm das alte Gebiet südlich der S. zugestanden hat. Der König von Holland weigerte sich aber beharrlich sich dieser Entscheidung zu fügen u. glaubte vorzüglich durch den Besitz der Citadelle von Antwerpen u. von einigen Forts die Scheldeschifffahrt zu beherrschen. Doch nachdem im December 1832 ein französisches Heer die Citadelle von Antwerpen für Belgien erobert hatte, behaupten die Holländer nur noch einige Forts unterhalb Antwerpen an der S., u. die Freiheit der S. wurde, da die Großmächte durchaus auf derselben bestanden, 1833 theilweis u. im Definitivvertrag vom 19. April 1839 zwischen Holland u. Belgien von ersterem vollends anerkannt. Vgl. Schlettwein, Die Gerechtigkeit u. die allgemeine europäischen Staatsinteressen beidem Streite über die Öffnung der S.u. des ostindischen Handels für die österreichischen Niederlande, Gießen 1785. 2) Sonst Departement in Frankreich, 58 QM. groß, 630,000 Ew., gebildet aus Theilen von Brabant u. Flandern, Hauptstadt Gent. 3) Departement Scheldemündungen, bestehend aus obigen u. einigen andern Inseln, 18 QM., 74,000 Ew.; Hauptstadt Middelburg.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.