- Schleuder
Schleuder, 1) Werkzeug zum Werfen; besteht aus einem langen, in der Mitte breitern Streifen von Leder, Wolle, Binsen, Haaren, Sehnen, od. aus einem Stücke Leder, an dessen Seiten zwei Schnuren befestigt sind. Um mit der S. zu werfen, nimmt man beide Enden in die Hand, legt in die Mitte einen glatten Stein od. eine Kugel, schwingt die S. ein od. einige Male u. läßt das eine Ende in dem Augenblicke los, wo man glaubt, daß der Stein das gewünschte Ziel treffen werde. Die S. war im Morgenlande, wo sie die Phöniker erfunden haben sollen, schon früh u. fast allenthalben üblich. Bei den Hebräern waren die Benjamiten als gute Schleuderer gerühmt, u. bekannt ist David, welcher den Goliath mit der S. (Kela) erlegte; auch die Hirten bedienten sich der S., um Raubthiere von den Herden abzuwehren. Die Marder trugen ihre S. nun den Kopf, zugleich als Kopfputz. Von den Griechen wurde die S. (Sphendone) nicht gebraucht, aber die Leichtbewaffneten bei den Thessaliern, Akarnanern u. Ätolern waren gute Schleuderer (Sphendonetai, Spbendonistai). Die Römer bedienten sich der Schleuderer (Funditores) als leichter Truppen, welche von den Balearen stammten. Diese balearischen Schleuderer, die berühmtesten des Alterthums, trugen drei S-n bei sich, eine um den Kopf, eine um die Lenden, eine in den Händen; mit den geschleuderten Steinen durchbohrten sie Schilde u. Helme der in der Feldschlacht Kämpfenden u. schlugen auch den Städtevertheidigern auf der Mauer gefährliche Wunden. Außer der gewöhnlichen S. (Funda), womit sie Steine, Kugeln, Bleistücke (Glandes) warfen, hatten die Römer seit der Kaiserzeit noch eine besondere Art S. (Fustibalus), an welcher statt des einen schmalen Theiles ein 4 Fuß langer Stock gebunden war; mit bei den Händen geschwungen schleuderten sie große Massen fort. Solche [280] Schleuderer hießen Fundibalatores od. Fustibalatores; sie trafen noch auf 600 Schritte weit das Ziel mit ziemlicher Sicherheit. Neben den Handschlendern brauchte man auch bei Belagerungen Scheudermaschinen (Ballisten, s.d.); eine solche war auch der von den Macedoniern im Kriege gegen die Römer erfundene Kestros (Kestrosphendone); sie hatte die Seitenstücke ungleich, so daß der Schleuderer das längere in der Hand behielt, das kürzere aber fahren ließ, wenn das Geschoß, welches hier in einem langen, an kurzem Schaft befestigten u. mit Flugfedern versehenen Spieß bestand, fortgescheudert wurde. Im Mittelalter kamen die S-n über den Armbrüsten nach u. nach ab, doch wurden sie von den Spaniern u. Basken noch lange im Kriege geführt, in Frankreich u. andern Ländern aber blos von den Hirten gebraucht. 2) Riemen, mit welchem der Mähder die Getreidegestellsense an den rechten Arm hängt, um sie leichterer u. sicherer führen zu können. 3) Beim Schlittenfahren eine Stelle an abhängigen Wegen, wo der Schlitten leicht aus der Bahn kommt, seitwärts abgleitet (schleudert) u. dadurch leicht umwirft; 4) (Funda), vierköpfige schleuderartige Hauptbinde für Verletzungen des Kopfes, der Nase u. des Kinns; ein 1–11/2 Ellen langes u. 1/4 Elle breites Stück Leinwand, von beiden. Seiten bis zur Mitte, wo ein Stück ungetheilt bleibt, gespalten; 5) (Bot.), so v.w. Elateres.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.