Bettelmönche

Bettelmönche

Bettelmönche, Mönchsorden, deren Hauptlebenselement auf Armuth beruhen sollte, die mithin ihren Lebensunterhalt erbetteln müssen. Das Geschäft des Bettelns heißt Terminiren, die dieses Geschäft betreibenden Mönche nennt man Terminanten. Nachdem zu Anfang des 13. Jahrh. die Wirkungen des Mönchswesens durch dessen Unordnungen, Reichthümer u. Zänkereien sehr geschwächt waren, u. selbst Papst Innocenz III. an dessen Läuterung verzweifelte, entstand der Gedanke eines neuen Mönchswesens von ursprünglich apostolischer Reinheit u. Armuth, namentlich nach dem Muster des St. Franz von Assisi, u. das 4. Lateransche Concil verwirklichte ihn 1215 durch Bildung der 4 sogenannten großen Bettelorden: Franciscaner, Dominicaner, Karmeliter u. Augustinereinsiedler (s.d. a.), welchen indeß später noch viele andere hinzugefügt wurden. Da sie große Privilegien u. päpstlichen Vorschub erhielten, die auf demselben Concil kanonisch angeordnete Ohrenbeichte bei ihrem täglichen unmittelbaren Verkehr mit dem Volk selbst zum Nachtheil der Pfarrer u. Bischöfe benutzen konnten, gleich Anfangs einen fanatischen Charakter entwickelten, in allen Geschäften des Papstes vorzugsweise als Gesandte verwendet wurden, bei einer mehr monarchischen Verfassung unter ihrem stets in Rom residirenden General, concentrischer u. energischer Durchführung eines Gedankens fähiger waren, als die übrigen Orden, an beinahe allen Höfen Europas die Beichtvaterstellen u. an Schulen u. Universitäten die wichtigsten Lehrämter erhielten: so wurde ihr Einfluß auf die Welt um so bedeutender, nachdem sie bald durch Einführung der Brüderschaften u. Tertiarier (s.d.) in allen Landen Hunderttausende aller Stände innigst an ihr Interesse u. an Rom fesselten, ohne diesen zugleich die herbsten Lasten des Mönchthums aufzubürden. Zur größten Macht unter den B-n erhoben sich die Franciscaner u. Dominicaner mit ihren vielen Abzweigungen u. trotz ihren ewigen Zänkereien unter einander; die Augustiner verloren viel bei ihrer Kirche, weil Martin Luther aus ihrer Mitte entstand u. so viele seiner Brüder mit fortriß. Von dieser Zeit an beherrschte der jüngere Bettlerorden, die Jesuiten (s.d.), seine älteren Brüder, u. erscheint namentlich durch die Franciscaner, Kapuziner etc. sehr thätig. In neueren Zeiten verloren Augustiner, Karmeliter, Dominicaner viel von ihrer ehemaligen Bedeutung, während die Franciscaner trotz der ungeheuern Verluste in Portugal, Spanien, Frankreich etc. unter dem Schutz der Jesuiten od. als heimliche Vorkämpfer u. Beförderer des Jesuitismus in Europa, sich in neuester Zeit wieder sehr thatkräftig zeigen, in manchen Staaten um so freier sich bewegen, als sie des Bettelns überhoben sind od. nicht mehr bedürfen u. dem Brüderschaftswesen etc. neuen Eingang u. Schwung zu verschaffen wissen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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