Flußübergang

Flußübergang

Flußübergang u. Flußvertheidigung. Während die Flüsse den friedlichen Verkehr in einem Lande ungemein zu fördern vermögen u. als bequeme, natürliche Verbindungswege getrennter Orte dienen werden, bilden sie im Kriege zwischen den feindlichen Parteien erhebliche Trennungen u. wichtige Abschnitte des Kriegsschauplatzes. Die Schwierigkeit, sie zu überschreiten, bestimmt sehr oft den Vertheidiger, sich gerade hier dem Feinde mit Nachdruck entgegenzustellen. Am meisten in Frage werden dabei stehen: die allgemeine Richtung des Flußlauses,[398] sowie dessen Abweichungen, die Breite, die Tiefe, das Gefälle des Flusses, die Schiffbarkeit u. deren Hindernisse, die Größe, Einrichtung u. Zahl der vorhandenen Fahrzeuge, die Beschaffenheit der Ufer u. Thalwände, die vorhandenen Übergänge, ob Furthen, Sandbänke, Inseln vorhanden sind u. dgl. mehr, u. diese besonderen Umstände sind bald dem Angreifenden, bald dem Vertheidiger günstig. Ein Flußübergang im Angesichte des Feindes würde eine Angriffsschlacht unter erschwerenden Verhältnissen herbeiführen; weil aber der Übergang meist nur an einer od. an einigen Stellen u. allmälig wird erfolgen können, so vermag der Vertheidiger die übergegangenen Truppen mit Übermacht anzugreifen. Daraus geht hervor, daß in der Regel der Vertheidiger entweder durch Demonstrationen über den wirklichen Punkt des Übergangs getäuscht od. durch geschickte Bewegungen außer Stand gesetzt werden muß, den übergehenden Truppen mit zahlreichen Kräften entgegenzutreten. Die Erfahrung hat gelehrt, daß das Eine od. das Andere immer möglich, wenn auch bisweilen nur mit großen Opfern zu erreichen sein wird. Sobald nach Maßgabe der taktischen od. technischen Verhältnisse der Punkt des Übergangs bestimmt ist (meistens an einem nach dem Vertheidiger hin concaven Flußbogen, weil in diesem Falle vom diesseitigen Ufer aus die feindliche Stellung umfaßt werden kann), so wird die Avantgarde auf Kähnen an das jenseitige Ufer gesetzt, um sich daselbst festzusetzen u. den Bau einer Brücke u. den ferneren Übergang der Truppen zu decken. Fast immer wird man die Herstellung einer Brücke dem Übersetzen auf Kähnen, Fähren u. sonstigen Fahrzengen vorziehen. Die Avantgarde errichtet sofort einen Brückenkopf am jenseitigen Ufer. Ist dies geschehen u. die Brücke vollendet, so wird der Übergang möglichst schnell ausgeführt u. die Truppen werden am jenseitigen Ufer sofort in die Gefechtsstellungen gebracht. Natürlich werden sich herbei die Schwierigkeiten steigern, je breiter der Fluß ist, je größer die Truppenzahl ist, welche übergehen soll u. je näher der Feind steht. Die Vertheidigung einer langen Flußstrecke gegen einen klugen Feind ist schwer u. ohne Hülfe von Festungen fast nicht auszuführen. Der günstigste Fall tritt dann ein, wenn der Fluß einen Bogen um die zu vertheidigende Stellung herum macht. Man stellt sich dann, nachdem man die nicht durch Festungen od. Brückenköpfe in diesseitigen Händen befindlichen u. also nicht gesicherten Brücken abgetragen od. gesprengt hat, im Mittelpunkt des Bogens auf u. läßt den F. durch kleine Detachements beobächten; diese senden zahlreiche Patrouillen aus, welche das, was am anderen Ufer vorgeht, beobachten u. bei Nacht an Punkten, wo es der Feind nicht vermuthet, auf Nachen übergehen u. Nachrichten einziehen etc. Bes. müssen sie die jenseitigen Mündungen von Flüssen in den zu vertheidigenden Flüssen u. Stellen, wo der Feind Fahrzeuge verbergen kann, beobachten. Sobald sie bemerken, daß der Feind Miene macht, überzugehen, melden sie es dem Hauptcorps. Dieses geht, sobald es sich überzeugt hat, daß der Übergang nicht ein Scheinangriff ist, auf den Feind los, um ihn wo möglich noch im Übergehen zu treffen u. so getheilt zu schlagen. Hält man durch eine Festung od. einen doppelten Brückenkopf beide Flußufer fest, so kann man, auch während der Feind übergegangen ist selbst den Fluß überschreiten u. in seinem Rücken die Brücken zerstören, wodurch er in große Verlegenheit kommen wird. Die ganze Armee am Ufer zu vertheilen, ist unzweckmäßig, indem der Feind dann doch an einem Punkt den Übergang erzwingen u. die beobachten den Corps einzeln aufreiben wird. Eine concentrirte Stellung dagegen kann den Feind, selbst wenn er den Übergang schon vollendet hat, möglicherweise am weiteren Vordringen hindern u. veranlassen von selbst wieder auf das jenseitige Ufer zurückzugehen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Flußubergang — rėva statusas T sritis ekologija ir aplinkotyra apibrėžtis Upės slenkstis, sekluma smėlėtu ar akmenuotu dugnu, per kurią vandens tėkmė pereina į priešingoje pusėje esančią sietuvą. atitikmenys: angl. river rapids; shaltow; shoal vok. Flußubergang …   Ekologijos terminų aiškinamasis žodynas

  • Hassberge — Die Haßberge sind ein bis 512,2 m ü. NN hoher Mittelgebirgszug nördlich des Mains in Unterfranken, Bayern (Deutschland). Das Hügelland wird durch das Maintal von seinem Schwestergebirge, dem Steigerwald getrennt. Die Randhöhen beider Waldgebirge… …   Deutsch Wikipedia

  • Legio XI Claudia — Die Legio XI Claudia war eine Legion der römischen Armee. Der Ursprung der Legion ist nicht genau zu ermitteln, vermutlich wurde sie von Gaius Iulius Caesar um 58 v. Chr. aufgestellt und bestand bis ins frühe 5. Jahrhundert. Sie erhielt ihren… …   Deutsch Wikipedia

  • Beobachtungscorps — Beobachtungscorps, Armeecorps, bestimmt, eine Unternehmung, z.B. die Belagerung einer Festung etc., gegen eine Störung des Feindes zu decken, od. auch eine feindliche Operation, ein Vorrücken der feindlichen Streitkräfte gegen unsere Stellung,… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Fluß [1] — Fluß, jedes bedeutende, nach einer bestimmten Richtung hin in Vertiefungen (Flußbett) von Seitenerhöhungen (Ufern) begrenzte, seiner natürlichen Senkung nach abfließende Wasser. Wenn der F. seinen Ursprung in weichem sumpfigem Boden hat, so sagt… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Französischer Revolutionskrieg — Französischer Revolutionskrieg. I. Veranlassungen. Die großen innerlichen Erschütterungen Frankreichs durch die Revolution machten die benachbarten deutschen Mächte besorgt für die eigene Sicherheit. Dennoch trug sowohl Österreich wie Preußen… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Enniskillen — Enniskillen, Hauptstadt der irischen Grafschaft Fermanagh, auf einer Insel und an den Ufern der Erne zwischen dem Obern und Untern Ernesee gelegen, mit Rathaus und berühmter Lateinschule (Portora School), hat eine Leinwandfabrik, Sägemühlen,… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Sulpitius, S. (2) — 2S. Sulpitius, Ep. (17. Jan. al 27. Aug.). Dieser hl. Bischof von Bourges (apud Bituriges), d. N. der Zweite, der 29. in der Reihenfolge. führt im Mart. Rom. und sonst den Beinamen Pius, d. i. der Fromme. Er ist nicht zu verwechseln mit dem… …   Vollständiges Heiligen-Lexikon

  • Tilly — Tilly, Joh. Tzerklas, Graf von, geb. 1559 auf dem Schlosse T. bei Gembloux in Brabant, machte seine Kriegsschule unter Alba u. dem Herzog von Parma in den Niederlanden, focht seit 1600 in kaiserlichen Diensten gegen die Türken, organisirte… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Burgstall Löweneck — Bild 1: Burgstall Löweneck Ansicht aus nordwestlicher Richtung …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”