- Harmŏnie
Harmŏnie (v. gr.), 1) Zusammenfügung, Verbindung; daher 2) der Zusammenklang mehrer Töne, welche nach gewissen, auf die Natur sich gründenden Regeln verbunden werden; 3) jeder musikalische Wohlklang; daher 4) H. der Sphären eine Hypothese des Pythagoras od. vielmehr seiner Schule, daß nämlich die Himmelskörper, bes. die sieben damals bekannten Planeten (daher Siebenlaut), durch ihre Bewegung in dem Himmelsäther Töne hervorbrächten, welche aber für das sterbliche Ohr nicht vernehmbar wären. Die Töne sollten um so höher sein, einen je weiteren Kreis der bezügliche Planet auf seinem Umlauf um die Sonne beschrieb, um so tiefer, je kleiner der Kreis u. je näher sein Lauf an der Erde war. Als man später acht Planeten kannte, gab man zweien gleiche Bahn u. gleichen Ton; 5) die Übereinstimmung der Theile eines Gemäldes. Wiewohl sich dies auf Formen, Ausführung, Behandlung etc. so gut bezieht, als auf Farben, so spricht man in der Regel doch nur in Bezug auf letztere von H. Zu den größten Meistern in dieser Beziehung gehören Tizian u. Correggio; 6) H. der Evangelisten, Übereinstimmung der Verfasser der vier Evangelien in den von Jesu Leben, Thaten, Reden u. Schicksalen gegebenen Nachrichten. Sie läßt sich allerdings[43] in den Hauptsachen behaupten u. wird durch einzelne unwesentliche Abweichungen nicht aufgehoben. In der neueren Zeit hat man sie mehr nur den drei ersten Evangelien zugestanden (s. Synopse) u. Differenzen des Johannes nachgewiesen, s. Evangelienharmonie; 7) Biblische H., Übereinstimmung nicht nur der Evangelien des N. T., sondern auch beider Testamente, wie sie seit dem 17. Jahrh. in der Protestantischen Kirche mit Gelehrsamkeit nachzuweisen versucht wurden. Die damals sich dazu eigens bildende theologische Wissenschaft, Harmonistik, bemühte sich vornehmlich, alle Discrepanzen od. Widersprüche beider Testamente in sich selbst u. unter einander hinwegzuräumen, z.B. die Opferung Isaaks Genes. 9,6 vgl. mit Exod. 20, 13; od. Genes. 2, 18 vgl. mit Corinth. 1,7,8. Die Harmonistik wurde von Calvin angeregt u. von Andr. Osiander streng geübt; Mich. Walther schr. Harmonia biblica, Lpz. 1638; Calixt Concordia IV. evangeliorum, Goslar 1538; Calov, Harmonia sola coagmentatione verborum divinorum complenda; 8) die Übereinstimmung der Gesinnungen sowohl im eignen Gemüth, woraus der Friede des Geistes als Bedingung eines dauernden Glücks hervorgeht, als auch in einem geselligen Vereine der sämmtlichen Glieder derselben in Hinsicht auf den Gesellschaftszweck; 9) eine Art von unmittelbarer Verbindung von zwei Knochen, welche durch einfaches Aneinanderliegen ungezähnter u. nicht schuppenförmig über einander liegender Ränder derselben bewirkt wird.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.