Hühnerhund

Hühnerhund

Hühnerhund (Canis familiaris aviarius s. avicularius), Hunderace aus der Abtheilung der eigentlichen Jagdhunde, bes. zur Hafen-, Rebhühner-, Fasanen-, Schnepfen-, Entenjagd u. dergl. bestimmt, von mittler Größe, mit starkem Oberkopfe, breiter Stirn, lebhaften, reinnußbraunen Augen, breiter Nase, großen, weitgeöffneten Nasenlöchern, breitem langen Behänge (Ohren), breiter Brust, starkem, aber nicht plumpem Knochenbaue u. kurzem Schwanze; die gewöhnliche Farbe ist braun, schwarz (die besten, aber auch die hartnäckigsten), hellbraun, gelb, weiß (zärter u. williger), braun u. weiß gefleckt, weiß u. schwarz getigert (Bengalischer H., Tigerhund), auch lang u. kurzhaarig. Über das Naturgeschichtliche des H-es s. Hund c). Der H. sucht das oben genannte Wild auf, zieht sich an dasselbe langsam heran u. steht (vorsteht) dasselbe, d.h. er bleibt 10–12 Schritte vor demselben unbeweglich stehen u. zeigt durch festes Blicken nach demselben od. irgend ein Zeichen, häufig durch Aufhebung des Hinterfußes, an, daß er etwas gefunden habe, u. sieht nach der Gegend hin, wo das Wild liegt. In dieser Stellung bleibt der Hund ruhig, bis der Jäger an ihn heran-, od. in einem Kreise um ihn herumgeht (kreiset) u. das Wild erblickt. Nur auf Befehl des Jägers jagt der Hund den Hafen od. die Hühner aus dem Lager auf; auch nur, wenn es ihm befohlen ist, darf er den angeschossenen Hafen verfolgen u. fangen, muß denselben dann aber auch weit verfolgen u. apportiren. Ein gut dressirter od. ferner H. muß auf Pfeifen od. Zuruf genau folgen, er darf nicht zu viel Feld einnehmen (schwärmen), d.h. höchstens 40–50 Schritte vom Jäger entfernt suchen, er darf nicht jagen, nicht vor dem Schießen od. dem Zurufe das Wild verfolgen, nicht das gefangene Wild rupfen od. anschneiden, nicht blos nach der Fährte, sondern auch nach dem Wilde suchen, muß die Nase hoch tragen, auch nicht gerade aus, sondern hin u. her suchen. Sein ganzes Benehmen beim Suchen heißt die Suche, Fehler u. Tugenden dabei erben gewöhnlich in der Race fort. Ein H. muß auch im Holze suchen u. aus dem Wasser apportiren, für die Wasserarbeit hat die langhaarige polnische Race mehr Ausdauer (Wasserhund, Polnischer, Niederländischer, Amerikanischer H.). Der H. ist der gewöhnlichste zur Jagd gebrauchte Hund. Er muß außer seiner wahren Bestimmung noch im Nothfall den Finder, den Schweiß-, Jagd-, Parforce- u. selbst den Leithund (s.d. a.) machen. Seine Dressur muß daher alle diese Eigenschaften umfassen. Man wählt gewöhnlich im ersten Frühjahr belegte Hündinnen zu der Zucht u. erzieht sie meist im Hause, selten in einem eigenen Hundezwinger od. Hundestall, wie man den H. überhaupt gewöhnlich wegen seiner Gutmüthigkeit wie ein völliges Haus- u. Stubenthier behandelt. Die Parforcedressur ist besser als die durch Güte, indem die H-e mit dieser besser u. ferner werden. Nachdem der H. führig gemacht u. ihm, an die Leine genommen, auf das Wort Zurück (derrière) das Zurückbleiben hinter dem Jäger od. vielmehr das links neben ihm Gehen beigebracht ist, wird die Stubendressur, wo möglich im Februar u. März, begonnen u. ihm hier das beigebracht, was er in der Stube lernen kann. Dies ist zunächst das Hierher (Ici) machen, wo er auf den Pfiff od. Ruf zu dem Dressirenden kommen muß; gehorcht er nicht, so wird er mit der Hundepeitsche gestraft, widersetzt er sich, so wird er an die Dressirleine genommen u. noch stärker gezüchtigt, gehorcht er, so wird ihm Recht gegeben. Hierbei lernt er zugleich unter trillerndem Pfiff, wie beim Hühnersuchen unter dem Wort Herum! das Wenden, od. die Bewegung mit dem Kopf nach der Seite u. das Herumgehen. Nun wird mittelst des Dressirbockes (s.d.), welcher vor ihn gelegt u., wo es nöthig, in den Rachen geschoben u. dabei Faß! (Tiens) gesprochen wird, das Fassen gelehrt; später, od. oft auch gleich Anfangs von Natur, nimmt er es freiwillig u. bringt es auf Apporte! dem Dressirenden getragen. Er muß dies später bei allen Dingen, bei aller Art Wild, Krähen, Füchsen, selbst bei Schlüsseln u. Geld machen. Widerspenstige Hunde werden durch das Dressirjoch u. den Dressirhaken zum endlichen Apportiren gezwungen, er muß das, was er im Rachen hat, auf Aus (Lache)! hergeben. Hierauf wird ihm gelehrt das Ausgeben sitzend, od. gar hoch- (adroit-) machend, ja selbst wohl tourné machend ausgeben, indem er sich auf den Hinterläufen in die Höhe richtet u. bei ersterem dem Dressirenden den Unterleib, bei letzterem den Rücken zukehrt. Vor od. nach dieser Übung kommt das tout beau od. Couche-machen, wo sich der H. auf die genannten Wörter vor einem hingeworfenen Gegenstand (vor dem man ihn bei diesen Worten Anfangs niederdrückt) hinwirft. Man schmeichelt ihm hierauf, sobald er gehorcht, od. straft ihn im entgegengesetzten Falle. Thut es der Hund endlich aus freien Stücken, so läßt man ihn auf avance! kriechend vorwärts gehen u. auf Halt! wieder anhalten. Diesen Übungen schließt sich das Verlorensuchen an, wobei er den gefundenen Gegenstand apportiren muß. Nach 4–8 Wochen hebt die Felddressur an, indem man im Garten den Appell praktisch einübt, u. der H. zuweilen durch ein, an einen Bindfaden gebundenes lebendes Rebhuhn[597] zu dem Zuruf Wahr dich! u. zum Vorstehen gewöhnt wird, indem man ihn tout beau machen läßt, dann das Huhn vor ihm schießt u. zuletzt es apportiren läßt. Öfters wird das Vorstehen gleich praktisch bei der Hühnerpaare geübt, wo man die Rebhühner gegen den Wind aufsucht u. wenn er durch Wedeln mit dem Schwanze u. Aufmerksamkeit zeigt, daß er sie in der Nase hat, ihn durch den Zuruf: Wahre dich! zum Anhalten bewegt, wenn er anzieht, od. langsam stutzt u. aufmerksam nach den Hühnern sieht, u. er endlich wirklich steht, ihn lobt, auch wohl tout beau machen läßt. Springt er aber ein u. jagt die Hühner auf, so nimmt man ihn lang an die Leine, kürzt diese, wenn er vorsichtig gehen soll, unter dem Zuruf Sachte! durch Auftreten des Fußes so, bis er es begreift. Fährten von Lerchen u. dergl. anzunehmen, wehrt man durch Pfui Vogel! Will man, daß der H. einspringt, so geschieht es auf das Wort Faß! wo er zufahren u. das Wild fassen od. aufjagen muß. Vor u. nach dem Schuß regellos zu schwärmen, od. sich mehr als 60 Schritt zu entfernen, muß man nicht dulden, eben so wenig, daß er den Hühnern folgt. Das Suchen muß immer quer vor dem Schützen u. nicht vor- u. rückwärts geschehen. Auch Hafen werden mit Hunden auf der Suche aufgesucht, der Unterricht hiervor, im September beginnend, ist mit dem vorigen ziemlich gleich. Stößt er auf einen Hafen, so muß er denselben eben so stehen, wie die Hühner. Hat er einen Hafen aus dem Lager gejagt, so nimmt man ihn an der Leine, schnellt ihn einige Male ins leere Lager, läßt ihn tout beau machen u. bestraft ihn um das Herumjagen. Soll er dem Hafen nicht folgen, so verwehrt man dies durch einen Pfiff u. den Zuruf Pfui Has! Ein H., welcher dem Hafen gar nicht mehr folgt, ohne daß es befohlen ist, ist hasenrein. Man ermuntert den H. im Suchen auf Hühner u. Hafen durch einen trillernden Pfiff u. den Zuruf Hulalalala. Endlich gewöhnt man den H. noch an das Stillliegen auf dem Anstande, indem man ihn Couche machen läßt, ihn dann an einen Strauch u. dergl. anlegt u. weggeht, so, daß man den Hund, derselbe aber den Jäger nicht sieht. Steht er auf, so straft man ihn. Vom Feld geht man ins Holz, wo der Hund sehr kurz suchen muß u. oft durch Sachte! Herum! angehalten wird. Er steht dort vor Hühnern, Schnepfen, Fasanen u. dergl. Ein so ferner H. wird durch die Wasserarbeit an das Wasser gewöhnt, doch geht nicht jeder H. ins Wasser, vorzüglich wenn er schwimmen u. apportiren muß. Im. Wasser muß er im Schilf auf Schnepfen u. Enten eben so gut suchen (Wassersuche), als auf dem offenen Felde. Zuletzt wird der H. auch noch als Schweißhund gewöhnt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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