Kappadokien

Kappadokien

Kappadokien (a. Geogr.), Landschaft in Kleinasien. a) Vor der Eroberung der Perser begrenzt vom Pontos Euxinos, Armenien, dem Antitauros, Lykaonien, Paphlagonien u. Groß-Phrygien; b) die Perser theilten es in zwei Satrapien, Kappadokia am Pontos (K. Pontĭke) od. Pontos u. K. am Tauros das eigentliche od. alte K. mit [292] Melitene u. Kataonien. Es war gebirgig durch den Antitauros, dessen höchste Spitze hier der Argäos (j. Ardschisch) war; daher rauh, nur an wenigen Stellen fruchtbar, wie in Melitene, wo alle Gewächse Kleinasiens, selbst der Ölbaum u. Wein, gediehen; Kataonien war zur Viehzucht geeignet; Hauptproducte waren noch: Oryxe, Alabaster, Krystall, Marienglas, Zinnober, Weizen, Pferde, wilde Esel; Flüsse: Halys mit dem Kappadox, der Melas, Karmalas u.a. Die Einwohner waren syrischen Stammes u. hießen Leukosyrer, welcher Name später für die Bewohner des nördlichen Küstenstrichs beibehalten wurde, während die südlichen Kappadŏkes genannt wurden; sie waren leichtsinnig, treulos u. sklavischen Sinnes. Getheilt war das Land in sechs Districte: Morimene, Kammanene, Gaosauritis, Sargarausene, Cilicien u. Tyanitis; die vornehmsten, meist erst zur Zeit der Römer gegründeten Städte waren: Mazaka, die Hauptstadt, Tyana, Komana, berühmte Tempelstadt, Melitä etc. Bei den Römern standen die Kappadokier in solcher Verachtung, daß ein Kappadokier u. ein Einfaltspinsel bei ihnen synonym war; ihre Religion war ein Gemisch der hellenischen Mythen u. der Lehre des Zoroaster. c) Zur Zeit der römischen Herrschaft wurde zu dem alten K. noch Pontos u. Kleinarmenien geschlagen u. so das Land eine der größten Provinzen des Römischen Reichs, es begriff in der Größe von mehr als 3000 QM. fast den dritten Theil von ganz Vorderasien u. war in fünf Unterabtheilungen getheilt: K. längs des Antitauros, Kleinarmenien mit Melitene u. Kataonien, Pontus Galaticus. Pontus Polemoniacus u. Pontus Cappadocius.

Der Satrap Ariarathes I., Sohn des Ariamnes I., Enkel des Datames (der auch einst Statthalter in Kappadokien gewesen war), erhielt 363 v. Chr. dies Land als persisches Vasallenreich. Mit Artaxerxes Ochos 361 gegen Ägypten ziehend, übergab er seinem Bruder Holofernes die Regierung u. st. nach seiner Rückkehr als Privatmann. Sein Sohn, Ariarathes II., seit 333, wurde von Perdikkas 321 überwunden u. getödtet, u. sein Reich unter macedonische Herrschaft gethan; aber schon dessen Sohn, Ariarathes III., warf das macedonische Joch 310 wieder ab. Nach ihm regierte um 300 Ariamnes II., dann dessen Sohn Ariarathes IV., der 254 die Parther schlug. Dessen Sohn Ariarathes V. erhielt das Reich von seinem noch lebenden Vater als Knabe; als Schwiegersohn Antiochos des Großen focht er mit diesem gegen die Römer, mußte aber später deren Freundschaft erkaufen. Diese schützten dann seinen Sohn Ariarathes VI. gegen seinen Stiefbruder Holofernes u. die Syrier. Als Ariarathes 130 im Kriege gegen Aristonikos umgekommen war, folgte ihm sein Sohn Ariarathes VII., welcher allein der Herrschsucht seiner Mutter Laodike, die nach ihres Gemahls Tode ihre fünf anderen Söhne umbringen ließ, um selbst zu herrschen, entgangen war, aber auf Befehl seines Schwagers, des Mithridates von Pontos, wurde er getödtet u. seine Gemahlin Laodike heirathete den König Nikomedes von Bithynien. Nach dessen Vertreibung setzte Mithridates den Sohn der Laodike, Ariarathes VIII., auf den Thron, aber dieser gerieth mit seinem Oheim in Streit u. wurde ermordet. Nun wurde Ariarathes IX., Sohn des Vor., als Knabe von acht Jahren König, aber er verlor das Reich durch Rikomedes u. Mithridates nach einem Ausspruche der Römer, welche dasselbe nach dem Wunsche des Volkes dem Ariobarzanes I. 90 v. Chr. zutheilten. Dieser wurde drei Mal von Mithridates vertrieben, welcher den Tigranes an seine Stelle setzte, aber er kehrte eben so oft auf den Thron zurück. Ariarathes X., Sohn des Ariobarzanes I., stand in den römischen Bürgerkriegen auf der Partei des Pompejus, söhnte sich jedoch nachher mit Julius Cäsar aus u. folgte seinem Bruder Ariobarzanes II., wurde aber auf Befehl des Antonius ermordet. Als 34 v. Chr. Ariobarzanes III., welcher erst die Partei des Pompejus, dann die des Cäsar ergriffen hatte, von Cassius ermordet ward, wurde Archelaos König. Tiberius aber lockte diesen nach Rom, ließ ihn tödten u. verleibte K. 16 n.Chr. dem Römerreiche ein. In der Folge unterlag es den Schicksalen der Byzantinischen Monarchie. Bis zum 12. Jahrh. regierte die Dynastie der Danischmende; dieser entriß das Land Kilidsch Arslan 1106 durch Eroberung der Hauptstädte Malatia u. Karaman. In dem heutigen Karaman ist von dem alten Stamme nichts mehr übrig, die Einw. sind Turkmanen; die Städte bewohnen Osmanen, Griechen, Armenier u. Juden.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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