- Kirchenbann
Kirchenbann, die höchste Kirchenstrafe besteht in der Katholischen Kirche in Ausschließung aus der kirchlichen Gemeinschaft. Er ist: a) kleinerer K. (Excommunicatio minor), der zum Genuß der heiligen Sacramente u. zur Übernahme eines kirchlichen Benesiciums od. einer kirchlichen Würde unfähig macht; er ist für Vergehungen geringerer Art bestimmt u. allen denen zugedacht, welche mit einem in den K. Verfallenen u. zu Vermeidenden (vitandus), den in den Canones verbotenen Umgang pflegen; b) größerer K. (Excommunicatio maior, Anathema den Häretikern gegenüber), wodurch ein, trotz vorhergegangener Ermahnung von Seiten der kirchlichen Behörde dennoch in seinem sündhaften u. widersetzlichen Zustande Verharrender (s. Kirchenstrafen) aus der kirchlichen Gemeinschaft mit Entziehung aller kirchlichen Güter ausgeschlossen wird. Das Canonische Recht unterscheidet geduldete Excommunicirte (tolerati), mit denen der Verkehr der Gläubigen gestattet ist, u. nicht geduldete (non tolerati od. vitandi) mit denen er untersagt ist. Letztere sind diejenigen, welche öffentlich als solche von der kirchlichen Behörde bezeichnet sind. In beiden Fällen muß der Gebannte sich wieder mit der Kirche aussöhnen, wofern er an den Rechten u. Gütern abermals Antheil zu nehmen wünscht. Dies geschieht auf die durch das Römische Ritual u. Pontificale vorgeschriebene Weise, nachdem der in den K. Verfallene die geforderte Genugthuung entweder wirklich geleistet, od. doch zu leisten versprochen hat. Stirbt er vor der Genugthuung u. Aussöhnung, so bleibt er sogar des Rechtes eines chirstlichen Begräbnisses beraubt; doch kann er auch nach dem Tode der Kirche wieder gegeben werden, wenn er in Reue u. mit dem Wunsche genugzuthun gestorben ist. Die kirchlichen Wirkungen des K. in Einzelnen sind: Ausschließung von den Sacramenten, dem öffentlichen Kirchengebet, der Messe, Entziehung der kirchlichen Jurisdiction, der Beneficien, jeder Theilnahme an gerichtlichen Dingen, der bürgerlichen Gemeinschaft u.[503] des kirchlichen Begräbnisses. Den kleinen K. übte die Kirche vom Apostolischen Zeitalter an gegen offenbare Verbreche l u. Lasterhafte, man schloß diese, wenn keine Besserung eintrat, ganz von der Gemeinde aus. Bald sprachen die Bischöfe ihn nicht blos gegen wirklich Lasterhafte od. vom Glauben Abgefallene (Lapsi, Proditores), sondern auch bei Abweichungen vom Kirchenglauben. so seit dem 4 Jahrh. Man theilte die Bannsprüche andern Gemeinden mit. u. diese versagten nun dem Ausgeschlossenen die Aufnahme, so lange er nicht durch Kirchrnbuße mit seiner Gemeinde wieder ausgesöhnt war. Er war bald auch mit bürgerlichen Nachtheilen verknüpft. Auch Landesherren wurden von Bischöfen excommunicirt. u. schon seit dem 9. Jahrh. brauchten bes. die römischen Bischöfe den K. als gewöhnliche Waffe gegen die weltliche Macht, welche die Kirche befeindete, u. steigere sich der K. nicht selten zum Interdicte (s.d.). Im Mittelalter verlor der K. viel von seinem Ansehen durch Spaltungen in der Kirche, indem der rechtmäßige u. der aufgedrungene Papst sich gegenseitig in den K. thaten, in späteren Zeilen durch die zunehmende Glaubenslosigkeit, so daß der K. seltener zur Anwendung kam. Die neueste Zeit hat jedoch wieder manches eclatante Beispiel geliefert. Auch die Griechische Kirche hat ihren K., mit dem sie jährlich zu Contantinopel, am Sonntage Invocavit, die Römische Kirche neu belegt, wobei man zum Kennzeichen des Fluches einen Nagel in die Erde schlügt Die Evangelische Kirche behielt nur den kleinern K. bei. die Ausschließung vom Abendmahle, legte ihn Anfangs in die Hände, jedes Pfarrers, doch als er gemißbraucht wurde, nahmen die Consistorien denselben an sich u. verfügen ihn in besondern Fällen, doch nur sehr selten; s. Kirchenbuße.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.