- Kirchentag
Kirchentag, eine freie Versammlung von evangelischen Geistlichen u. Laien in Deutschland, die bei ihren meist jährlichen Zusammenkünften über religiöse u. kirchliche Angelegenheiten berathet. Der Evangelische K. entstand durch den auf dem Sandhose bei Frankfurt besprochenen u. den 21.–23. September 1848 in Wittenberg gestifteten Kirchenbund, welcher als kirchliche Conföderation alle auf den reformatorischen Bekenntnissen stehenden Kirchengemeinschaften umfaßte u. den destructiven Tendenzen jener Zeit entgegenwirkte. K-e wurden unter Stahl u. Bethmann: wilweg gehalten: 1849 in Wittenberg, 1850 in Stuttgart, 1851 in Elberfeld, 1852 in Bremen, 1853 in Berlin, 1854 in Frankfurt (der 1855 nach Halle bestimmte fiel wegen der dort herrschenden Cholera aus), 1856 in Lübeck, 1857 in Stuttgart, 1858 in Hamburg. Die streng lutherisch Gesinnten[532] nehmen nicht daran Theil. Die wichtigsten Verhandlungen wurden von einem od. zwei Referenten eingeleitet u. betrafen die Trauung, die Sonntagsfeier, die Eidesformeln, das Kirchengut, die Gymnasien, den Hausgottesdienst, die Privatbeichte, die Jesuitenmissionen, die Augsburgische Confession, den Gebrauch der Bibel, die Ehescheidung, die Hazardspiele, die Kirchenzucht, das kirchliche Amt, den modernen Materialismus, die Heidenmission, die evangelische Katholicität, die gerichtlichen Eide, die Gemeindeämter, das zeitliche Gut etc. Die Leitung hat ein weiterer u. engerer Ausschuß. Verbunden damit war der Congreß für Innere Mission (s.d.). Die Verhandlungen wurden in jedem Jahr durch den Druck veröffentlicht. Auch wurden von auswärtigen Kanzelrednern Predigten gehalten. Verschieden davon ist der Thüringer K., der sich jährlich in einer thüringischen Stadt versammelt u. kirchliche Fragen bespricht. Vgl. Dorner, Über Reform der evangelischen Landeskirchen, 1848; Entstehung u. Geschichte des K-s, 1853; Gegenschrift: Das Bekenntniß der Lutherischen Kirche, 1853.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.