- Polybĭos
Polybĭos, 1) Sohn des Lykortas, geb. zwischen 212 u. 204 v. Chr. zu Megalopolis in Arkadien, wurde frühzeitig unter Philopömen zum Staatsmanne u. Feldherrn gebildet, bemühte sich die Unabhängigkeit seines Vaterlandes den Römern gegenüber zu wahren u. spielte namentlich in der Geschichte des Achäischen Bundes eine bedeutende Rolle. Er bekleidete die wichtigsten Ämter in seiner Vaterstadt u. ging 180 v. Chr. als Gesandter zu Ptolemäos Epiphanes nach Ägypten. Den Römern verdächtig, wurde er 166 mit andern Häuptern des Achäischen Bundes nach Rom geschickt u. daselbst 17 Jahre zurückgehalten, während welcher Zeit er Umgang mit Scipio Ämilianus u.a. großen Feldherren u. Staatsmännern hatte u. Zutritt zu den römischen Staatsarchiven erhielt. Dieser Umgang u. die Beobachtung des geordneten Staatswesens in Rom gegenüber dem Parteitreiben in seiner Heimath söhnte ihn völlig mit dem Römerthum aus. Im Jahre 150 ging er in sein Vaterland zurück, folgte dem Scipio im folgenden Jahre nach Afrika u. besuchte während der Belagerung Carthagos die Nord- u. Westküste Afrikas. Als darauf der Achäische Krieg begann, eilte er nach Griechenland zurück, wo er unmittelbar nach der Zerstörung Korinths u. der Unterwerfung Griechenlands unter die römische Herrschaft ankam u. durch seine Dazwischenkunft noch manches Unheil von den Städten Griechenlands u. größeres Unglück von seinem Vaterland abwendete, auch manches Kunstwerk rettete. Er erhielt von den Römern nachher den Auftrag, die griechischen Städte zu bereisen, die Streitigkeiten zu schlichten u. die Griechen an die neue Ordnung der Dinge zu gewöhnen, welchen Auftrag er zu beiderseitiger Zufriedenheit ausführte. Er schrieb dann sein Geschichtswerk, wozu er noch mehre Reisen unternahm, mit welchem er Vater der pragmatischen Geschichtsschreibung wurde, u. st. 122 v. Chr. Sein Geschichtswerk, Ἱστορία καϑολική, ist eine Universalgeschichte mit Beschränkung auf die Länder des Römischen Reiches, vom zweiten Punischen Krieg bis zur Eroberung Macedoniens, 220–165 v. Chr., in 40 Büchern; übrig sind die fünf ersten, größere Bruchstücke aus dem 6._– 17., außerdem noch kleinere Fragmente; 1. Ausg. von Obsopöus, Hagen 1530, Fol.; von Casaubonus, Par. 1609, Fol.; von Jak. Gronov, Amsterd. 1670, 3 Bde.; von J. A. Ernesti, Lpz. 1763 f., 3 Bde.; von Schweighäuser, ebd. 1789–95, 9 Bde., n.A. Oxford 1831, 5 Bde., Par. 1839; von Becker, Berl. 1844, 2 Bde.; Fragmente des 6._– 39. Buchs aus vaticanischen Handschriften entdeckt von A. Mai u. herausgeg. im 2. Bd. der Scriptorum vet. nova collectio, van Geel, Leyd. 1829, u. von Lucht, Altona 1830; deutsch von Ölsnitz u. Trossel, Berl. 1755–69, 7 Bde.; von Seybold, Lemgo 1779–83, 4 Bde.; von Benicken, Weim. 1820; von Storch, Prenzl. 1828 f.; französisch von Thuillier, mit Erläuterungen von Folard, Par. 1727–30, 6 Bde., u. A. Amsterd. 1777, 7 Bde. Vgl. van Heusde, De school van P., Amsterd. 1841; Nitzsch, P., Kiel 1842; Brandstätter, Bemerkungen über das Geschichtswerk des P., Danz. 1843; La Roche, Charakteristik des P., Lpz. 1857. 2) P. aus Megalopolis, focht in der Schlacht bei Mantinea 207 v. Chr. unter Philopömen. 3) P., Freigelassener des Kaisers Claudius, welchem er bei seinen gelehrten Liebhabereien diente; er fiel durch Messalina's Ränke. An ihn ist Seneca's Consolatio ad Polybium geschrieben.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.