- Marwar
Marwar, unter britischem Protectorat stehender Radschputenstaat in Ostindien, 1686 QM. groß, vom Flusse Loony in zwei Hälften getheilt, von denen die südöstliche fruchtbar, die westliche aber an die Wüste von Sindh grenzend, meist Sandwüste. Das Klima ist im Sommer sehr heiß, im Winter aber kühl u. windig u. selbst starke Fröste nicht selten; der westliche Theil meist trocken u. gesund. Salz ist ein Hauptproduct des Landes; es wird in großen Massen am Sambhursee, bei Deedwana, Puchbhudra u. Phulowdee gewonnen; in den Gebirgszügen im Süden u. Osten des Landes gibt es Blei, Eisen, Kupfer u. Silber, doch werden diese Schätze nicht ausgebeutet; Zimmern. Blei werden zu Sojut, Alaun um Pali, Eisen in den Grenzgebieten gegen Guzerat gewonnen, außerdem wird weißer Marmor bei Mukrana gebrochen u. Baumwolle, Getreide in den gutbewässerten Districten am Fuße der Aravallikette reichlich gebaut; es gibt Tiger, Leoparden, Löwen, Füchse u.a. Raubthiere, in den Wüstenstrecken wilde Esel; viele Schlangen; Kameele u. Pferde werden gezüchtet. Die Industrie beschränkt sich auf grobe Baumwollenwaaren für den inneren Bedarf, Gewebe u. Geflechte aus Gräsern, auf Waffen (Dschudpoor), Nagor u. Pali); Dschudpoor ist berühmt durch seine Elfenbeinarbeiten, Leder- u. Glaswaaren; Eisen- u. Metallwaaren aller Art werden zu Nagor producirt. Die Bevölkerung (1,780,000) besteht zu 5/8 aus Jats, wozu 2/8 Radschputen vom Stamme Rahtor, 1/8 Brahminen u. Jainas kommen. Den meisten Einfluß üben die Charuns, ein Radschputenstamm; in geringerem Grade auch die Bhats od. die Barden des Landes. Alle Klassen der Bevölkerung sind dem Opiumrauchen ergeben. Das Verbrennen der Wittwen war früher in M. sehr gewöhnlich u. hat selbst in neuester Zeit nicht völlig verhindert werden können. Die Bewohner sprechen einen besonderen Dialekt des Hindi, das Marwari. Der Herrscher führt den Titel Maharadscha; die Truppenmacht bestand vor dem indischen Aufstand aus der Joudpore-Legion, 1246 Mann stark, u. außerdem 5850 Mann Infanterie u. 2680 Mann Cavallerie; die Einkünfte betragen 175,252 Pfd. St., der jährliche Tribut an die Briten 108,000 Rupien, nebst 115,000 Rupien Beitrag für die Dschudpoor-Legion. Als Begründer der Dynastie von M. gilt Seoji od. Sivaji (um 1212), der Sohn des letzten Hindu-königs von Canoje; 1459 wurde die Residenz von Mundor nach Dschudpoore verlegt. Um 1569 unterwarf sich Akbar die Fürsten von M.; 1680 machte Aurungzeb einen Einfall, zerstörte die Hindutempel u. zwang viele Radschputen zur Annahme des Islam. Von 1818 datirt der Vertrag mit den Briten. In den letzten Jahrzehenden ist in Folge britischen Einflusses Manches zum. Besten des Landes u. Volkes geschehen. Die Hauptstadt von M. u. die Residenz des Maharadscha ist Dschudpoor, s.d.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.