- Selim
Selim, Großsultane der Osmanen: 1) S. I., der Scharfe, der Wilde, der Henker, Sohn Bajazets II., geb. 1467, folgte 1512 seinem Vater, nachdem er sich gegen ihn empört hatte; auf dem türkischen Throne, er führte eine kluge aber grausame Regierung, kämpfte glücklich gegen Persien, stürzte 1514 den Sultan der Mamluken, eroberte Kurdistan, Syrien u. Ägypten, unterwarf Mekka der Pforte u. legte den Grund zur türkischen Seemacht; er war ein vortrefflicher Feldherr u. Freund der Poesie u. Gelehrsamkeit, auch selbst Dichter u. starb 22. Sept. 1520, im Begriff einen Zug gegen Persien zu machen, in Tschurlou, s. Türken (Gesch.). 2) S. II., Enkel des Vorigen, Sohn Solimans des Großen u. der Roxelane, geb. 1522, folgte 1566 seinem Vater, regierte bis zum 12. Dec. 1574, wo er an den Folgen eines Falles starb; er überließ die Regierung seinem Großvezier u. führte ein sinnliches Haremsleben, s. Türken (Gesch.). 3) S. III., Sohn Mustaphas III., geb. 23. Dec. 1761, wurde von seinem Oheim Abdul Hamid zwar ins Serail eingeschlossen, aber gut behandelt, da derselbe damals selbst noch keine Söhne hatte u. seinen Neffen sehr liebte. Zum Jüngling herangereift, unterhielt er aus dem Serail heraus eine Correspondenz mit mehren alten Dienern seines Vaters u. seines Oheims, u. da ihm die Belehrungen dieser Staatsmänner nicht zureichend schienen, so trat er 1786 mit dem französischen Gesandten in Constantinopel, Choiseul, in Briefwechsel u. bat[818] um die Erlaubniß Isaak Bei, seinen Vertrauten, insgeheim nach Frankreich senden zu dürfen, um sich dort über mehre Verwaltungsgegenstände zu unterrichten. Isaak Bei reiste auch dahin ab, u. durch ihn begann S. einen Briefwechsel mit Ludwig XVI., welchen er bis zu seiner Gelangung auf den Thron fortsetzte. 1789 starb Abdul Hamid u. S. gelangte zur Regierung. Sein Bestreben das Reich zu reformiren wurde Anfangs durch die Kriege mit Österreich, Rußland u. Frankreich u. mehre Empörungen in seinem Reiche gehindert; nach Beseitigung dieser Hindernisse begann er sein Reformwerk in der Verwaltung u. dem Heerwesen, erregte aber dadurch die Unzufriedenheit des indolenten Volkes u. der zuchtlosen Janitscharen, daß allgemein seine Absetzung verlangt wurde, was auch im Mai 1807 geschah. S. wurde in einem Kiosk im Serail eingesperrt u. beschäftigte sich hier wissenschaftlich. Als aber 1808 sein. Anhänger, Mustapha Beiraktar, eine Empörung gegen den neuen Sultan Mustapha IV. machte u. S. wieder auf den Thron setzen wollte, ließ der Sultan am 28. Juli den gefangenen S. ermorden u. seinen Leichnam auf die Straße werfen, s. Türken (Gesch.).
Pierer's Lexicon. 1857–1865.