- Mustāpha
Mustāpha (Mustāsa), I. Türkische Großsultane: 1) M. I., Sohn Muhameds III. u. Bruder Achmeds I., folgte Letzterem 1617, wurde nach 3 Monaten entthront u. eingekerkert, aber 1622 nach der Ermordung des Sultans Osman II. wieder auf den Thron erhoben; 1623 wurde er nochmals abgesetzt u. 1639 auf Befehl seines Neffen Muhammed IV. erdrosselt; s. Türkisches Reich (Gesch.). 2) M. II., Sohn Muhammeds IV., folgte 1695 auf seinen Oheim Achmed II. u. regierte bis 1702; er st. 1703. 3) M. III., ältester Sohn des Sultans Achmed III.; folgte 1757 auf seinen Vetter Osman III. u. regierte bis 1774, s. ebd. 4) M. IV., ältester Sohn Abdul Hamids u. Nachfolger Selims III.; wurde nach dem Sturz des Letzteren 1807 aus dem alten Serail gezogen u. auf den Thron gesetzt; er regierte bis 1808, wo er hingerichtet wurde. II. Türkische Prinzen: 5) M., ältester Sohn Muhammeds II., erhielt von seinem Vater Karamanien als souveränes Fürstenthum u. besiegte 1469 u. 1470 die Perser. Nach Constantinopel zurückgekehrt, entführte er eine Gemahlin des Großveziers mit Gewalt aus den öffentlichen Bädern u. wurde auf Befehl seines Vaters erdrosselt. 6) M., ältester Sohn Solimans I., von der Sklavin Bosporane; war zu dessen Nachfolger bestimmt u. einstweilen Statthalter von Amasien. Seine Stiefmutter Roxelane u. der Großvezier Rustan verschworen sich gegen ihn u. machten ihn durch übertriebene Lobeserhebungen bei dem Sultan verdächtig, als wolle er ihn vom Throne stoßen; Soliman ließ ihn deshalb 1553 erdrosseln. Sein Schicksal ist mehrmals der Stoff zu französischen Tragödien gewesen. III. Türkische Kronprätendenten: 7) M., Sohn Bajazets I., war in der Schlacht von Ankyra geblieben, dennoch konnten sein Bruder Muhammed I. u. sein Neffe Murad II. keine Gewißheit hierüber erlangen u. mußten nach u. nach 30 falsche M-s verfolgen u. hinrichten lassen; der, von welchem es am wahrscheinlichsten ist, daß er wirklich M. war, kam 1414 zum Vorschein, wurde von Muhammed I. geschlagen u. floh zum Kaiser Manuel von Thessalonich, der ihn bis 1421 in Hast hielt; darauf bemächtigte sich M. Adrianopels, herrschte dort als Sultan, wurde aber 1422 verrathen u. von Murad II. 1422 hingerichtet. 8) M., jüngerer Sohn Muhammeds M.; trat, von den Griechen aufgereizt, um 1423 als Gegner des Sultans Murad II. auf, allein sein Feldherr Elias wurde geschlagen u. M. hingerichtet. 9) M., gab sich für M. 6) aus, zeigte sich 1554 zuerst bei Nikopoli u. gab vor, daß er, von seines Vaters Argwohn unterrichtet, einen Andern untergeschoben habe, welcher auch hingerichtet worden sei. Er gewann in der Moldau u. Walachei viele Anhänger, welche ihn aber verließen, als der Großvezier Achmed gegen ihn anrückte; er wurde gefangen vor Muhammed II. gebracht u. im Bosporus ersäuft. IV. Feldherrn u. Staatsmänner: 10) M., [591] Kialu, Schwager Solimans I.; nahm Belgrad ein, wurde deshalb zum Vezier ernannt, befehligte 1522 die zweite türkische Expedition gegen Rhodus, doch Soliman, erzürnt durch die lange Dauer der Belagerung, setzte M. abu. sendete ihn nach Ägypten gegen die Rebellen. Dort suchte er selbst eine Rebellion anzuzetteln, seine Absicht wurde aber verrathen u. er um 1525 hingerichtet. 11) M. Pascha, bewog 1557 Selim II. sich von Neuem in die schon verlorne Schlacht mit seinem Bruder Bajazet bei Ikonium zu stürzen, kam dadurch in große Gunst u. erhielt 1570 als Seraskier den Auftrag, Cypern zu erobern. Er wurde 1576 seines Geizes u. seiner Grausamkeit wegen von Murad III. zurückgerufen, gegen die Perser gesandt u. dort 1579 von Schach Abbas dem Großen gänzlich geschlagen. Er gab sich, 1581 zum gemeinen Janitscharen degradirt, selbst den Tod. 12) Kara M., Schwager des Großvezirs Achmed Kiuperli; er wurde nach dessen Tode 1675 Großvezier, war Anfangs gegen die Polen glücklich, schloß Sobiesky am Dnister ein u. schloß einen günstigen Frieden; weniger glücklich war er gegen Rußland, schloß aber 1680 Frieden mit diesem Staat, setzte 1681 den Krieg gegen den deutschen Kaiser durch, belagerte 1683 Wien, wurde aber von Sobiesky u. dem Herzog von Lothringen am 12. Sept. genöthigt, die Belagerung aufzuheben u. mit großem Verlust nach Ungarn zu entfliehen (s.u. Türken, Gesch.). Dort ließ er acht seiner Paschas, denen er seine Niederlage Schuld gab, hinrichten, indessen wurde er selbst 1684 zu Ofen erdrosselt. 13) M. Kiuperli, s. Kiuperli 3). 14) W. Daltaban (d.i. ohne Schuhe), im Palast Achmeds Kiuperli's erzogen, blieb nach dessen u. Kara Mustaphas Tode lange unbemerkt, wurde dann Janitscharen-Aga u. Pascha von Silistria, Seraskier u. 1692 Begler Beg in Natolien. Kurz vor der Schlacht von Szenta 1697 wurde er nach Bosnien exilirt. Nach dem Carlowitzer Frieden wurde er Pascha von Bosnien u. 1702 Großvezier, aber als solcher 1703 enthauptet. 15) M. Bairakdar, d.i. Fahnenträger, geb. 1755 in Rasgard, Sohn eines Bauers, war erst Landmann dann Pferdehändler, endlich Soldat bei dem Pascha von Rustschuck, wo er sich im Kriege gegen Paswan Oglu auszeichnete u. unter andern eine Fahne nahm (daher sein Zuname). 1804 wurde er selbst Pascha von Rustschuck u. zeichnete sich 1806 gegen die Russen aus. Als Selim III. 1807 entthront u. M. IV. auf den Thron gesetzt wurde, nahm sich M. der Sache des Ersteren an, rückte nach Constantinopel, fand aber, als er das Serail stürmte, diesen nur noch als Leiche vor. Er ließ alle an dem Morde des Sultans Betheiligten hinrichten, stieß M. IV. wieder vom Thron u. setzte dessen Bruder, Mahmud II., ein, der ihn nun zu seinem Großvezier wählte. Er verstärkte die regelmäßige Armee zur Vernichtung der Janitscharen; diese aber empörten sich, forderten M-s IV. Wiedereinsetzung als Sultan u. drangen gegen das Serail vor; um nicht in die Hände der Empörer zu fallen, sprengte er sich, nachdem er den Sultan Mustapha IV. ermordet hatte, mit den Seinen am 14. Nov. 1808 in die Luft. 16) M. Pascha, commandirte seit Februar 1828 die ägyptischen Truppen auf der Insel Candia, besiegte im Mai den griechischen Anführer Michalis bei Castel-Franco, wurde aber am 5. Juni bei Apokorona geschlagen u. konnte sich nur mit großem Verluste retten; über die Insurgenten bei Malara siegte er am lt. Aug. desselben Jahres. Als nach Anerkennung Griechenlands Candia an Ägypten kam, wurde M. dort Generalgouverneur, u. es gelang ihm durch ein glückliches Gefecht am 1. Nov. 1830 die ganze Insel unter seine Gewalt zu bringen. In Folge der Unterwerfung des Vicekönigs unter die Herrschaft der Pforte verließ er Candia wieder.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.